Eine etwas überspannte Kritik. Manches wird reingelesen und behauptet, obwohl das nicht behauptet wird. “Ein im Kern antisemitisches Schauermörchen” hört sich dramatisch an, ist aber dem Text von Lichtmesz nicht zu entnehmen, außer man definiert die Nennung jüdischer Intellektueller als “im Kern antisemitisch”.
Also, Herr Ermler, mit dieser Artikelserie haben Sie sich komplett blamiert. Eigentlich hätte der Titel lauten müssen: Lichtmesz, Gedeon und Kubitschek und ihr Verhältnis zu Israel. Die Verbindungen zu Höcke mag es schon geben, aber von Gedeon ist bekannt, dass er aus der AfD ausgeschlossen wurde, bei den anderen zweien weiß ich nichts Genaueres. Interessant und die Ärmlichkeit Ihrer Darstellung in gleißendes Licht setzend, sind die spärlichen Bezüge zu AfD Politikern in herausgehobener Position. Neben einigen dünnen Verbindungslinien zu Höcke gibt es z.B. noch ein Zitat von Gauland - danke, dass Sie das Original verlinken, so dass jeder den Duktus des Zitats nachlesen kann - in dem er sagte, Israel sei ein Fremdkörper in der Region. Da kann ich nur fragen: Ist es das etwa nicht? Wer nicht blind ist, muss dies so sehen. Gauland redet dem Respekt gegenüber “arabisch-islamischer” Kultur das Wort und er pflegt keine antisemitischen Ressentiments - so verstehe ich es wenigstens. Ich stimme Gauland zwar in seiner Analyse nur teilweise zu. Die gegenwärtige “arabisch-islamische Kultur” mag sich ja bedroht fühlen, aber dafür gibt es genügend Gründe und die beste Zeit dieser Kultur ist lange vorbei. Deshalb kann ich Gauland dennoch keinen Antisemitismus und auch keinen Anti-Israelismus unterstellen.
Und noch etwas hinterher, weil der Platz nicht gereicht hat und ich nicht missverstanden werden will: Ich halte das grundlegende Anliegen von Höcke, Kubitschek & co,, die eigenen Werte und die eigene Kultur hochzuhalten und so zu erhalten, für absolut richtig und deren tatkräftigen Einsatz für überaus dankenswert. Es braucht hin und wieder aber etwas äußeren Input und einen anderen Blickwinkel aus einem anderen Teil des rechten Spektrums, damit sich der Horizont nicht in alten festgefahrenen Bahnen verfängt. Deutschland braucht zwingend einen gesunden Patriotismus, der unser Land zusammenhält und uns positiven Respekt und Ansehen in der Welt einbringt. Die Grenze zwischen respektiert zu werden und gefürchtet und dann geächtet zu werden, ist jedoch sehr schmal. Das Gelände ist extrem vermint. Wir haben nur eine einzige Chance es diesmal richtig zu machen, Altlasten endlich abzuwerfen und so als Gewinner vom Platz zu gehen. Das geht. Aber nicht im nationalen Alleingang.
Ich kann nur wiederholen, was ich unter dem vorhergehenden Artikel dieser Serie kommentiert habe. Wer das Problem Nahostkonflikt einzig aus der deutschen Perspektive heraus beurteilt, ignoriert dass die eigene Nation in eine Welt voller anderer Nationen eingebettet ist und mit diesen interagiert. Und diese anderen Nationen haben alle ihre eigenen Baustellen, die sich aus der Entfernung heraus nur sehr schwer korrekt einschätzen lassen. Wir sind nicht autark und werden es bei unseren Ansprüchen niemals ganz sein können. Wir sind auf verlässliche internationale Bündnisse zwingend angewiesen. Dies führt unweigerlich zu Kompromissen in der Außenpolitik, die auf die Innenpolitik zurückschlagen. Sind wir zu diesen Kompromissen nicht bereit, werden wir uns isolieren. So wie wir es 1933 taten und es Erdogan heute tut. Wie so etwas ausgeht, ist klar. Ich bin kein Globalist, aber die Politik lässt sich in einer mittlerweile vollkommen vernetzten Informations- und Handelswelt nicht mehr allein über eine auf sich selbst fokussierte Innenpolitik regeln. Im Gegenteil. Geopolitische Interessen überschatten alles und jeden. Und wir sind mittendrin statt nur dabei. Dass Israel ein jüdischer Siedlerstaat ist, kann man den Israelis nicht vorwerfen. Die USA sind auch ein Siedlerstaat voller Europäer. Und für den Islam, der seinen Ursprung in der Wüste Arabiens hat, ist ganz Persien, sämtliche turkmenischen Gebiete inklusive der Türkei und ganz Nordafrika Siedlungsgebiet. Wer bei der Sachlage einzig die Israelis kritisiert, der ist auf die selektive Propaganda radikalislamischer Interessengruppen hereingefallen. Das linke Spektrum in Deutschland hat dieses Problem schon lange. Das rechte Spektrum hat dieses Problem hin und wieder. Und wenn das rechte und das linke Spektrum sich in ihrer Weltanschauung annähern, dann landen wir beim Hufeisen. Und wenn dann noch der Draht zum fundamentalen Islam steht, dann haben wir sämtliche Fehler unserer Vergangenheit wiederholt.
Was mit diesem detailreichen Dreiteiler noch einmal zutage tritt, wie entscheidend die moderne Staatsgründung Israels, im Kerngebiet seiner historischen Lage, war und ist, den jüdischen Mitmenschen eine Zuflucht geschaffen zu haben. Was Lichtmesz, Gauland oder Kubitschek nicht wissen, daß zuvor schon die modernen Staaten Libanon und Syrien gegründet wurden. Ebenfalls auf den Kerngebieten ihrer historischen Lagen. Hinzu kamen die Neugründungen Irak und das Ostjordanland, welches, 3 mal größer als Israel, eigens die arabische Bevölkerung des Britischen Mandats aufnehmen sollte. - - - Zum nie abklingenden Phantomschmerz über die winzige, rein symbolische Abfindung Israels für die Enteignung und den Holocaust, kommt der nie abklingende Schmerz, daß die Araber, wegen Israel, ein Volk ohne Raum seien. - - - Zu Lichtmesz, Gauland oder Kubitschek hat sich Dietrich Bonhoeffer allzeit gültig geäußert. Wonach “Dummheit ... nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind.”
Ach gott, mal wieder in Achgut-Artikel, der auf der AfD rumhackt. Der Flügel, das sind die Menschen, die die ethnische Wahl verstanden haben und wissen, dass alles Herumgerede um den ethnischen Brei der Untergang Europas sein wird. Die cuckservativen “Civic nationalists”, die meinen, man könnte aus 1000 netten Nichteuropäern ganze tolle Verfechter der europäischen Zivilisation machen, die dann alle brav “konservativ” wählen (de facto werden mindestens 950 für linke Parteien stimmen), sollten mal schleunigst aufwachen, denn sie spielen ein zivilisatorisches Selbstmordspiel.
Danke übrigens auch für den Link auf den Lichtmesz-Artikel in der “Sezession”: Ich hatte vergessen, dass Marcus Ermler in diesem furiosen Text eine intellektuelle Ohrfeige erntet. Zu lesen ist dort nämlich auch: “Die Lust an der Inquisitorenrolle wird somit nicht nur auf der Linken zum Feind jeglichen nuancierten Denkens. Hier nähert sich das sogenannte “liberal-konservative” Spektrum immer mehr dem linken Diffamierungsstil an ... Als markantes Beispiel für diesen Stil diene dieser aktuelle und erheiternd wirre Artikel von Marcus Ermler auf Achgut.com [vom 30.01.2020 - A.R.] . Was “projüdisch” ist, wird hier anhand einiger dogmatischer, vorwiegend rechtszionistischer und schuldkultgläubiger Richtlinien festgenagelt, während Ermler wie selbstverständlich davon ausgeht, die Abweichler von dieser reinen Lehre durch bloßes Zitieren erledigen zu können (natürlich möglichst aus dem Kontext gerissen und auf Signalwörter abgescannt).” Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dass sich der Kreis links- und rechtsextremistischer Ansichten und Ideologien irgendwo und irgendwann schließt, ist geschichtsnotorisch, also nicht neu. Vielleicht hätte Herr Ermler besser auf die interesssanten Kommentare auf Teil 1 eingehen sollen.
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