Claudio Casula / 08.04.2022 / 14:31 / Foto: Kyle Flood / 132 / Seite ausdrucken

Heult leiser, Kollegen!

Die Presse trägt Trauer: Monatelang hat man in den Medienhäusern des Landes für die Impfpflicht getrommelt, gegen „Ungeimpfte" Stimmung gemacht, das offizielle Narrativ nicht nur verbreitet, sondern sogar verstärkt. Und dann das!

Fast hat man den Eindruck, die Entscheidung des Bundestags gegen eine Impfpflicht werde medial als persönliche Kränkung empfunden. Hat man nicht über zwei Jahre rund um die Uhr vor der gar schröcklichen Pandemie gewarnt? Sich täglich als Superspreader der düsteren Prophezeiungen aus dem Hause Lauterbach hergegeben? Brav stets die neuesten Ansteckungszahlen verbreitet, die Definition von „Corona-Toten“ ungefragt übernommen? Den Segen der Covid-Impfstoffe gepriesen und Impfschäden ignoriert? Ungeimpfte Bürger als gemeingefährlich gebrandmarkt, Maßnahmenkritiker als „Schwurbler" und „Covidioten" diffamiert und die Entwarnung in den Nachbarländern souverän überhört?

Und dann vermasseln diese Volksvertreter ihnen den Triumph. Was erlaube Bundestag?! „Feixende AfD, ein düpierter Kanzler, ein sorgenzerzauster Gesundheitsminister, Parlament fatal. Alles nicht schön“, greint Tagesthemen-Kommentatorin Hanni Hüsch im Telegramm-Stil, spricht vom „Elend so vieler“, das ihr während des siebenmonatigen November-Lockdowns allerdings keine Kopfschmerzen bereitet hat, und von einer möglichen „neuen, fiesen Coronawelle“, die „über unser Land schwappt“. Als sei das ein realistisches Szenario in der endemischen Phase, und als sei das, geschähe es denn tatsächlich so, mit einer „Impfpflicht ab 60“ auch ganz sicher zu verhindern.

Das Parlament habe es – anders als die unfehlbare Journaille natürlich – „versemmelt“. Doch folgt eine sensationelle Erkenntnis auf dem Fuße: „Da dämmert mir, dass wir es selber wuppen müssen“, meint Hanni Hüsch, das ihr offenbar bis dato unbekannte Prinzip der Eigenverantwortung entdeckend, denn schließlich war sie, wie fast alle Staatsfunker, bisher davon ausgegangen, dass Vater Staat am besten weiß, wie man sich vor einem Erkältungsvirus schützt. „Also: Krone richten, Rücksicht nehmen, Maske auf."

Auch nach Stalingrad war noch nicht Schluss

Im SPIEGEL spricht Markus Feldenkirchen von einem „unwürdigen Schauspiel mit größtmöglichem Schaden“ und vom Versagen des gesamten Parlaments. „Nun könnten Deutsche mit ihrem Leben bezahlen.“ Gruselig! Auch die Hamburger Morgenpost glaubt: „Wirklich gewonnen hat nur das Virus“. Denn: „Wir lassen es einfach laufen!“ Wie andere Länder schon längst, und zwar ohne Schaden, aber da ist die Wahrnehmung vieler Journalisten sehr selektiv. Angeführt wird etwa „Italien, das eine Impfpflicht ab 50 eingeführt hat“, wobei verschwiegen wird (oder gar nicht registriert wurde), dass man diese schon wieder einkassiert hat.

In der Frankfurter Rundschau meint Michael Bayer: „Die wichtigste politische Aufgabe dieser Zeit ist also, die Menschen dazu zu bewegen, sich die Piekse (sic!) zu holen.“, ohne zu hinterfragen, wie denn ein Impfstoff, dessen Wirkung schon gegen die aktuelle Virusvariante fragwürdig ist, gegen eine mögliche (!) Variante wirken soll, deren Eigenschaften derzeit völlig unbekannt sind. Der Kommentator kritisiert die Regierung aus der noch radikaleren Coronoiker-Ecke. Für ihn besteht das Versagen im „Aus für die epidemische Lage von nationaler Tragweite mitten in einer ansteigenden Infektionswelle“; ein Gesundheitsminister müsse „den Handel anflehen, via Hausrecht Masken zu verlangen, weil er keine Befugnisse mehr hat“; die Idee, es Infizierten zu überlassen, ob sie sich isolieren oder nicht, sei „irrsinnig“. Jetzt würden wir „kaum geschützt in die nächste Corona-Welle gehen“. Und all das, weil nur 90 Prozent der über 60-Jährigen geimpft sind. Sapperlot!

Aber Bayer gibt nicht auf, er will bis zum Endsieg kämpfen. Die Möglichkeit eines saisonalen Charakters des Virus zieht er immerhin in Betracht, und dann bliebe ja noch Zeit bis zum Herbst – bis dahin könnten sich Bundesregierung, Opposition und die Länder „besinnen“ und „gemeinsam einen neuen Anlauf zu einer allgemeinen Impfpflicht nehmen.“ Auch nach Stalingrad war noch nicht Schluss, man hielt noch mehr als zwei Jahre durch. Unterschätze niemand den eisernen deutschen Willen!

Das offizielle Corona-Narrativ bis auf den allerletzten Krümel gefressen

Von einem „fatalen Signal" wehklagt die Magdeburger Volksstimme und fragt: „War da mal was mit Seuche? Kaum ist das Land halbwegs der Pandemie entronnen (sic!), geht die Politik zur Tagesordnung über. Die nächste Welle kann uns mal!“ Huch! Und die Freie Presse (Chemnitz) orakelt: „Einen Sommer lang werden sich die Verhinderer einer Impfpflicht daran freuen können, dass die Inzidenzen mal wieder sinken und das Leben annähernd normal verläuft. Danach kommt der Herbst, mit ihm neue Virusvarianten. Alle bis zum Überdruss bekannten Diskussionen werden wieder geführt werden: Wann kommt der Lockdown? Und wenn er nicht kommt: Wann laufen die Intensivstationen über?“ Tja, wann? Bisher nicht, nicht einmal annähernd in den beiden „Corona-Jahren“. Aber wir können es trotzdem immer und immer wieder behaupten, bis es jeder für möglich hält, nicht wahr?

Auch die Neue Osnabrücker Zeitung teilt das von Lauterbach verbreitete Narrativ von der Impfung als einziger Maßnahme, die einen weiteren Lockdown und ähnliche Grundrechtseinschränkungen verhindern könnte: „Für die Pandemie-Bekämpfung im nächsten Herbst und Winter ist es fatal, dass nun jedes Instrument fehlt, um die Impfquote im Falle neuer Varianten per Impfpflicht zu erhöhen. Damit könnte ein nächster Winter der Beschränkungen drohen, wie ihn niemand noch einmal erleben will.“, was so viel heißt wie: Wir haben euch gewarnt, aber wenn ihr euch den Impfstoff nicht alle reinjagen lassen wollt, packen wir die Folterwerkzeuge eben noch einmal aus!

In seinem Kommentar für den NDR zeigt sich ein Jan Zimmermann betrübt über die Entscheidung des Bundestages: „Die Impfpflicht für Ältere wäre eine Möglichkeit gewesen, Impflücken bei denjenigen zu schließen, die besonders gefährdet sind. Nicht um die Betroffenen, die sich partout nicht impfen lassen wollen, vor einer Erkrankung zu schützen, nein, sondern um alle anderen vor neuen Einschränkungen und Schließungen zu bewahren, wenn wieder eine Überlastung der Kliniken droht.“

Gääääähn! Aber abgesehen von Ausnahmen wie der Berliner Zeitung und einigen kleineren Lokalblättern ist das der Tenor der meisten Medien, die das offizielle Corona-Narrativ bis auf den allerletzten Krümel gefressen haben und ihr Leibgericht bis auf den heutigen Tag genussvoll wiederkäuen, mag man sich auch außerhalb unserer Grenzen längst über die German Angst wundern bzw. belustigen. Der Tag, an dem die „Pandemie" auch in Deutschland für beendet erklärt würde, wäre für die Qualitätsjournalisten (Eigendefinition) des Landes ein Trauertag, daher gilt es, ihn möglichst weit in die Zukunft hinauszuschieben. Wer weiß, mit etwas Glück kommt im Herbst doch noch eine gefährlichere Variante. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, noch nach der Impfpflicht.

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Leserpost

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Ralf.Michael / 08.04.2022

Herr Casula : Als Extraterristrier bin ich dem nicht ausgestzt. Warum auch bitte muss ich unbedingt dort Wohnen und Leben wo der weltweit allergrösste Schwachsinn verzapft wird ? Muss ich Nicht. 頑張ってください

Ulrich Müller / 08.04.2022

Ich hab schon meine Gründe, warum ich solche Elaborate (warum geht mir nur die Bezeichnung “Propagandaschleudern” nicht aus dem Kopf) wie Spiegel, FAZ, Morgenpost, Tagesspiegel oder Süddeutsche überhaupt nicht mehr kaufe und noch nicht mal dann lese, wenn ich es kostenlos tun könnte, zb im Wartezimmer. Reine Zeitverschwendung! Auch die GEZ Sender kann man ja inzwischen völlig knicken. Es lebe Achgut^^

Markus Knust / 08.04.2022

Völlig logisch: Die medialen, sich freiwillig prostituierenden Zuarbeiter, wähnen sich als Teil der Elite. Da muss es wie Verrat erscheinen, wenn die Politikdarstellenden nicht das Beschließen was das Tintenprekariat tagtäglich niederschmiert. Ganz nebenher offenbaren die Herr*Innen mal wieder ihr Verhältnis zur Demokratie. Die taugt nur dann, wenn das Gewünschte beschieden wird - und irgendwas mit AfD.

Dr. Elke Schmidt / 08.04.2022

Um es mit Brecht zu sagen: die Journalisten sind mit dem Parlament unzufrieden, sie sollten ein neues Parlament wählen. Spaß beiseite, seit der bleiernen Zeit unserer klugen und vorausschauenden „Cancelerin“ Angela der Großen bin ich zum ersten Mal mit dem Parlament zufrieden.

Torsten Hopp / 08.04.2022

Einfach nur erbärmlich und dumm diese Kritzelbande. Auf der anderen Seite konsequent, wenn plötzlich eine Welt zusammenbricht.

sybille eden / 08.04.2022

Ich finde der Bundestag, die Regierung und das Bundesgesundheitsministerium sollten sofort aufgelöst werden und die Führung dieses Landes in die Verantwortung der Medien übergeben werden ! Wieder einmal hat sich doch gezeigt, dass die Demokratie und das Parlament total versagt haben ! Nur die Medien und und die führenden Journalisten sind doch in der Lage, diese Pandemie erfolgreich zu bekämpfen ! Wozu brauchen wir einen Bundestag wenn dort sowieso immer falsch abgestimmt wird und sich die Regierung nicht durchsetzen kann ?

Andy Malinski / 08.04.2022

Die Euphorie ist verfrüht, denn die Zeugen Coronas haben zwar eine Schlacht verloren, aber ihre Macht (Geld und Mediensteuerung) ist noch so stark vorhanden wie eh und je. Also wird es einen neuen Anlauf geben, sobald die beim letzten Durchgang gemachten Fehler analysiert und passende Vermeidungsstrategien entwickelt worden sind ... und für das, was auf nationaler Ebene nicht geklappt hat, gibt es ja immer noch die paneuropäische ...

Mario Bast / 08.04.2022

Man könnte an einen verspäteten Aprilscherz glauben. Aber das, Claudio Casula hier so akkurat zusammenfasst, ist tatsächlich deutsche Realität. Es ist Wahnsinn, wie “hochdekorierte” Journalisten hier die Basics ihrer Arbeit vergessen oder ignorieren. Dabei geht es gar nicht darum, mögliche Gefahren klein zu reden. Sondern zu recherchieren und zu berichten. Möglichst umfassend und ideologiefrei. Aber das ist hierzulande einfach nicht mehr möglich. Die kleine deutsche Welt dreht sich um geschlechtersensible Sprache, das (alleinige) Retten des Weltklimas und eben eine tödliche Pandemie, die ihren Schrecken allerdings an den Außengrenzen Deutschlands abgibt. Die German Angst sorgt offenbar dafür, dass das Gehirn nicht mehr funktioniert. Wie traurig. Dabei galten wir einmal das Land der Dichter und Denker. Andererseits war dem deutschen Ingenieur mal nichts zu schwör. Heute brauchen wir für einen Flughafen gefühlt so lange, wie die Ägypter einst für den Bau einer Pyramide (wobei die keine Maschinen zur Verfügung hatten). Und unsere Bäcker sterben aus, weil der Nachwuchs lieber Influencer wird und die Energiepreise schon vor Putins Privatkrieg zu hoch waren. Dabei gilt deutsches Brot als das beste der Welt.

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