Henryk M. Broder / 26.06.2020 / 14:00 / Foto: A.Savin / 54 / Seite ausdrucken

Heiko Maas oder: Die Liebe zu toten Juden

In seiner Antrittsrede als neuer Außenminister im März 2018 sagte Heiko Maas einen Satz, der ihn seitdem begleitet wie seine Lufthansa-Senator-Karte: „Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen." Es darf kein neues Auschwitz geben. Etwas ganz anderes ist das, was die iranischen Mullahs und Ayatollahs planen: Die Endlösung der Israelfrage im Nahen Osten. Aber die fällt nicht in den Beritt des deutschen Außenministers. Er redet lieber über den letzten Holocaust – und über die "rassistische Tötung George Floyds" in den USA.

 

Grußwort von Außenminister Heiko Maas bei der Berliner Plenartagung der International Holocaust Remembrance Alliance

Wann immer ich mit Überlebenden des Holocaust oder ihren Nachfahren spreche, gibt es ein Wort, das mich erschauern lässt. Ein Wort, das bis ins Mark erschüttert. Es ist das Wort „wieder“, wenn Überlebende und ihre Nachfahren es verwenden, um aktuelle Entwicklungen in Politik und Gesellschaft zu beschreiben. So wie Sally Perel, der „Hitlerjunge Salomon“, der bereits vor zwei Jahren sagte: „Es geht wieder los.“

Meine Damen und Herren, das ist der schlimmste Satz, den ich mir vorstellen kann. „Wieder“ ist ein Wort, das wir in diesem Zusammenhang schlicht nicht hinnehmen können. Es steht im Widerspruch zu der Zukunftsvorstellung, die wir hier bei der IHRA alle mittragen: Eine Welt, die sich an den Holocaust erinnert. Eine Welt ohne Völkermord. Es steht auch im Widerspruch zu einem der Leitsätze der deutschen Außenpolitik: Nie wieder!

Und dennoch können wir der Einschätzung Sally Perels nicht widersprechen.

Die Angriffe rechtsextremer Terroristen in deutschen Städten wie Hanau, Halle und Kassel geben die tödliche Geschichte eines zunehmenden Rassismus und Antisemitismus nur allzu klar wieder.

Die COVID-19-Pandemie hat wilde Verschwörungstheorien aufkommen lassen und zu einem Hass gegenüber Minderheiten geführt, der an das finsterste Mittelalter erinnert.

Und sogar der Holocaust selbst wird für üble Vergleiche mit der aktuellen Situation missbraucht.

Wir können und werden das nicht hinnehmen. In unserer diesjährigen Ministererklärung sind wir die Verpflichtung eingegangen, Antisemitismus, Antiziganismus und alle sonstigen Formen von Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen. Es ist an der Zeit, unseren Worten Taten folgen zu lassen.

Ein entscheidender Schritt ist es, die Verfälschung des Holocaust in all ihren Formen zu bekämpfen. Um unsere gemeinsame Arbeit voranzubringen, haben wir in diesem Jahr eine Globale Task Force gegen Holocaustleugnung und ‑verfälschung eingesetzt.

Das ist wichtig, denn wir können Antisemitismus sowie Holocaustleugnung und ‑verfälschung nur bekämpfen, wenn wir sie klar benennen. Mit der Festlegung konkreter Arbeitsdefinitionen hat die IHRA in diesem Bereich Großes geleistet.

Wir sollten auch für den Antiziganismus eine solche Arbeitsdefinition verabschieden. Ich hoffe, dass wir diese wichtige Aufgabe so früh wie möglich während des deutschen Vorsitzes zum Abschluss bringen werden. Es ist höchste Zeit, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie gefährdet und schutzbedürftig Europas größte Minderheit noch immer ist.

2020 ist ein Jahr des Gedenkens. 75 Jahre nach der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager kommt uns Deutschen eine besondere Verantwortung dafür zu, die Erinnerung an die Überlebenden wachzuhalten. In den kommenden Jahren werden uns immer weniger von ihnen ihre Geschichte erzählen können.

Und so werden Orte des Lernens wie Museen, Gedenkstätten und Archive immer wichtiger werden. Wir werden die unerlässliche Arbeit der IHRA in dieser Hinsicht weiter unterstützen.

Meine Damen und Herren, mit Demut, aber auch mit großer Freude führen wir unsere Organisation durch dieses Jahr des Gedenkens. Hätte es die COVID-19-Pandemie nicht gegeben, hätten wir Sie gern als unsere Gäste hier in Berlin begrüßt, in der Stadt, in der uns beinahe jeder Winkel daran erinnert, was geschieht, wenn ein ganzes Land dem Pfad des Hasses folgt.

Es begann mit Worten. Worten, die Vorurteile schüren und in Gewalt münden – damals wie heute. Dagegen hilft nur, aufzustehen und die Stimme gegen Diskriminierung und Hass zu erheben. So, wie es Millionen Menschen auf der ganzen Welt getan haben, als sie sich nach der rassistischen Tötung George Floyds zu friedlichen Protesten versammelten.

Ihre Proteste können uns alle daran erinnern, dass wir unsere Bekenntnisse mit Leben erfüllen müssen, allen voran das Bekenntnis zu gewährleisten, dass das Wort „wieder“ nicht allein steht, wenn über das größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit gesprochen wird. Sondern dass es zu einem klaren und entschlossenen „Nie wieder!“ wird. Nie wieder Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Hass!

Vielen Dank, dass Sie alle sich uns anschließen! Lassen Sie nicht nach in Ihrer so wichtigen Arbeit! Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche und inspirierende Zusammenkunft. 

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Leserpost

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Karl-Heinz Vonderstein / 26.06.2020

Heute über den aktuellen Antisemitismus und der Gefahr, denen Juden immer noch oder wieder ausgesetzt sind, nur weil sie Juden sind, zu reden und dabei das Regime im Iran und dessen Bedrohung für Israel nicht zu erwähnen, ist ungefähr so, als würde man über die Pandemie sprechen und das Covid-19 nicht erwähnen.  

Wilfried Düring / 26.06.2020

Der Außenminister Maas hat in diesem Jahr eine ‘Globale Task Force gegen Holocaustleugnung’ mitbegründet (wer ist in diesem Zusammenhang ‘wir’?). Welche Personen gehören dieser ‘Task Force’ an? Der Bundespräsident Steinmeier gratuliert zeitversetzt den ansemitischen Revolutionären des Iran zum Jahrestag ihres blutiges Putsches. Auf den Tätigkeitsbericht der Maas-schen ’ Global Task Force’ bin ich gespannt. Was sie wohl ausrichten wird im Iran, im Gaza-Streifen, im Libanon usw. . Was für ein hohles und dämliches Gequatsche. Was für ein peinliches Abstimmungsverhalten Deutschland in der UNO. Seitdem Steinmeier Präsident und Maas Außenminister ist, schäme ich mich Deutscher zu sein (auch ein Dunkel-Deutscher ist ja ein Deutscher, auch wenn manche das gerne vergessen). Zu Israel und zum Thema Antisemistismus gibt es ein mannhaftes und glasklares Wort, das man jeden Tag zitieren müßte. Es stammt (zufällig leider ?) von dem als ‘Rechts-Populisten’ diffamierten Geert Wilders: ‘Wir alle sind Israel - und Israel ist in uns allen!’. Das ist meine Position! Meine Bitte an alle Achse-Leser und Autoren: Lassen Sie es uns genauso miteinander halten.

Gidon David / 26.06.2020

Was mich “erschauern” lässt ist, wenn der “Maas-Anzug” kurz in den Fernsehnachrichten auftaucht, und meine Ruthi vom Flur reinkommt, ihn offenbar verpasst hat und fragt: “Gidi, was hat denn Eichmann gesagt?” ...

RMPetersen / 26.06.2020

“... COVID-19-Pandemie hat wilde Verschwörungstheorien aufkommen lassen und zu einem Hass gegenüber Minderheiten geführt ...” Hass gegenüber der Minderheit der Virologen?

Burkhart Berthold / 26.06.2020

Wer etwas für die Juden tun will, unterstützt Israel. Wer Israel nicht unterstützt, kann sich die Kränze sparen. Also: Deutsche Botschaft nach Jerusalem!

Manfred Westphal / 26.06.2020

Meine gestrige mail an Herrn Maas zu seiner Rede:Guten Tag Herr Maas. Zu “NIE WIEDER” gehört für mich, dass Politiker in Ihren Reden nichts weg lassen oder verharmlosen. Wieder einmal erwähnen Sie nur Angriffe der rechtsextremen Terroristen, aber nicht die der linksextremen und der islamischen Täter. “Nie wieder” beginnt nicht erst mit Terror, sondern, wie Sie ja betonen,  bereits mit Sätzen, wie “man wird ja noch sagen dürfen…”, dass “waren die Bulgaren und Rumänen” usw. die in Politik, Presse und der sog. Mitte der Gesellschaft hoffähig sind. Und….. die Mehrzahl der Demonstrationen für George Floyd waren keineswegs friedlich, sondern sind vom überwiegend linken Mob für Schlimmes genutzt worden. Und…... hat nicht gerade Deutschland im Menschenrechtsrat zweimal gegen Israel gestimmt, anstatt den Antrag zu stellen, den ständigen T.O.P. ISRAEL für jede Sitzung zu streichen ?  Auch das gehört für mich zu “NIE WIEDER”. Mit freundlichen Grüßen Manfred Westphal

M. Scholz / 26.06.2020

@Stefan Rimmele: Sie sind ein Philosoph! Mega-Kommentar!

Thomas Eder / 26.06.2020

Erst dachte ich, ist der Broder jetzt bekloppt? Dann habe ich nachträglich ich die fettgedruckte Überschrift entdeckt und gemerkt, dass das der werte deutsche Außenmini verzapft hat. Zum Fremdschämen.

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