Thilo Schneider / 26.06.2021 / 10:00 / Foto: Timo Raab / 45 / Seite ausdrucken

Grüne verirrt beim Geschlechtertango

Bei den Grünen im Saarland knirscht es gewaltig im sexuellen Gebälk. Gemäß Satzung muss bei den Grünen nämlich stets eine Frau auf Platz 1 und auf den nachfolgenden Listenplätzen ebenfalls stets eine Frau auf den ungeraden Plätzen stehen. Eine kleine Ausnahme gibt es allerdings: wenn die Womanforce Number One beim Abstimmen durchfällt. Dann darf Platz 1 auch für eine Frau mit Penis – vulgo „Mann“ – freigegeben werden. Genau das ist beim Grünen-Landesparteitag passiert: Die satzungsgemäß vorgesehene Landesvorsitzende Tina Schöpfer ist gleich dreimal durchgefallen, sodass der nicht unbedingt sehr geliebte Hubert Ulrich sich überraschend Platz 1 der Landesliste sichern konnte und damit ziemlich sicher auch ab September in den Genuss von Bundestagsabgeordnetenpensionen und Dienstwagen kommen wird.

Hubert Ulrich ist bei den Grünen kein Unbekannter. Sein Ortsverband Saarlouis umfasst knapp 700 Mitglieder, wodurch er knapp ein Drittel aller Delegierten beim Landesparteitag stellen konnte. Ulrich schmiedete 2009 die erste Jamaika-Koalition, wobei die Spende der Firma eines FDP-Abgeordneten von, laut neuesten Angaben, 47.500 Euro an die Grünen definitiv nicht hinderlich war. Jetzt hat es also Tina Schöpfer erwischt. Und zwar derart erwischt, dass auf Listenplatz 2 Irina Gaydukova kandidiert, von der später noch die Rede sein wird.

Bei den Bundesgrünen sorgt das prompt für Ärger, zumal sich Ulrich bisher nicht als Transfluider outen wollte, der sich im Moment der Wahl für sein weibliches Geschlecht entschieden hatte und für eine Stunde Hubertine oder Huberta war. „Wir haben uns das anders gewünscht“, kommentiert die in politischen und sachlichen Fragen auf Wunschdenken spezialisierte Völkerlinkslerin und Kanzlerinnenkandidatinin Annalena Baerbock. Und will sich „im intensiven Austausch mit dem Landesverband“ die Frau mit Penis sozusagen noch einmal zur Brust nehmen.

Neuer Frauenstern am grünen Firmament

Besonders ärgerlich: Nach dem Durchrutschen von Tina Schöpfer hätte eigentlich eine andere Frau ohne männliche Konkurrenz auf Platz 1 kandidieren müssen – aber eine clevere Versammlungsleitung hat dies wohl „vergessen“. Und so gewann Hubert(a) Ullrich (oder, für 60 Minuten: „Ulrike“) gegen die aus Verlegenheit im entscheidenden Wahlgang spontan antretende Vorsitzende der Grünen Jugend, Jeanne Dillschneider:In, die mit Jahrgang 1995 auch schon auf die dreißig zugeht. Jetzt ist er nun einmal da und es fehlt die entscheidende Hand einer Kanzlerin oder -Kandidatin, die „die Wahl rückgängig macht“. Selbst die Mahnungen des als Beobachter:In der Bundespartei anwesenden Michael Kellner:In wurden nonchalant von der Versammlungsleitung (kein „:In“) ignoriert. In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass die komplette Listenaufstellung schlicht ungültig, da nicht satzungsgemäß durchgeführt ist. Für die Vertrauensleute, die eine ordnungsgemäße Aufstellung „an Eides statt“ gegenüber dem Landeswahlleiter versichern müssen, könnte dies noch recht… „interessant“ werden…

Aber es gibt im Schlechten auch Gutes: Durch das nassforsche und feuchtfröhliche Hinwegsetzen über Parteistatuten gibt es einen neuen Frauenstern am grünen Firmament. Iryna Gaydukova ist auf Platz 2 der Landesliste gerutscht. Gemäß der inoffiziellen grünen Satzung, nach der auf jeden cleveren Mann ein Mensch mit Menstruationsabgrund, völlig unabhängig von seiner Qualifikation und seinem Intelligenzquotienten, folgen muss, hat sich hier ein neuer Typ Grünenpolitikerin etabliert, gegen den sich Annalena Baerbock wie eine waschechte Akademikerin mit richtigem Masterinnenabschluss ausnimmt.

Erst 2018 den Grünen beigetreten, will sich die künftige Bundestagsabgeordnete deswegen engagieren, weil sie sich durch „den erstaunlichen und anhaltenden Erfolg von Extremisten erschreckt“ hat. Gemäß dem Motto „If you can´t beat them, join them“ hat sich die sympathische Ex-Ukrainerin daher ausgerechnet die Grünen als nicht allzu hohes Sprungbrett zu Diäten und Dienstwagen ausgesucht. In der mutmaßlich nicht unberechtigten Hoffnung, dass alleine das „Gay“ im Nachnamen für eine Spitzenpositionierung bei den Unbedarfteren unter den Regenbogenreiter:Innen genügen dürfte.

„Ich stehe positiv“

Frau Gaydukova weiß natürlich, laut Eigentext auf ihrer Kandidat-Innenseite, „dass man nur Entscheidungen treffen kann, wenn man zuvor die Sachlage genau analysiert hat“. Wie diese „genaue Analyse“ aussieht, zeigt die spitze Kandidatin dann in ihrer Befragung und legt quasi im Vorbeireden eine neue Messlatte im reichhaltigen politischen Diskurs. Auf die Frage: „Wie stehst Du zur Fahrradpolitik? Fahrrad!“ antwortet sie glashart und ehrlich: „Ja, ich stehe positiv. Sehr positiv. Ich mein: Was erwartet man von mir zu diese Frage? Ja klar, klar! Kann man von eine Grüne erwarten eine andere Antwort?“ Nein, kann man nicht. Vor diesem Ausbruch an brillanter Schlagfertigkeit und sprühendem Intellekt verneige wenigstens ich mich. Wenn´s schon kein anderer tut.

Wie Iryna Gaydukova „soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz sinnvoll verbinden“ will, hat sie auch gesagt: „Hab ich Zeit zum Überlegen?“ Nein. Hat sie nicht. Sie scheint dann entweder auf den Publikumsjoker zu warten, obwohl sie einen Zettel lesen könnte, oder sie ist noch mit Analysieren beschäftigt, als sie die nächste Frage wie ein Blitz aus erheiterndem Himmel trifft: „Was halten SIE von dem CO2-Zertifikatshandel? Zertifikatehandel!“ Ihre Antwort kommt wie aus der Pistole mit Ladehemmung geschossen: „………………“ Das denke ich allerdings auch!

Nein, ich habe mir das nicht ausgedacht. Grünenbundespolitiker:Innen, zieht euch warm an – ein neues Talent ist euch auf den Achillesfersen! Wenn und sofern es der Kanzlerkandidatin der Herzen nicht gelingt, „die Rahl wückrängig zu machen“!

(Weitere knallharte Fragen des Autors unter www.politticker.de)  

Postscriptum: Annalena Baerbock muss doch nicht tätig werden: Nach Informationen des Saarländischen Rundfunks ist Iryna Gaydukova aus der Partei ausgetreten. Sic transit gloria mundi...

 
Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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Günter Wagner / 26.06.2021

Hätte sie ‘Kobold’ und das ‘Netz ist der Speicher’ gesagt, es wäre nichts passiert!

Ulla Schneider / 26.06.2021

Was ist daran so schlimm? Junges Polithuhn eben. Heute läuft das mit Expertenjokeys die ihre Pferdchen trimmen. Dazu gab es wohl noch keine Zeit. Die Menge der sogenannten Experten übersteigt mittlerweile die Abgeordnetenzahl. Ich finde es viel schlimmer, daß der AFD- Abgeordnete bei Merkels Erklärungen zu einem Test( welcher war das noch??) nicht nachgefragt hat ” ... sind Sie ganz sicher ? ...etc"Das wäre eine Klasse des Amusements für sich gewesen. Insgesamt zeigt es doch die vorhandenen Oberstübchenstrukturen. Kann sich jemand noch an das Interview Merkel-Gaus erinnern. Wenn der legendäre Gaus nicht so ein Tierfreund gewesen wäre, manoman.

Ulrich Jäger / 26.06.2021

@Peter Bauch: Ich gehe da eher mit Irynas Expartei-Exfreund Chem Özdemir, der ja auch hinter dem Sche…esturm gegen die hochwohllgebildete Kanzlerin-Kandidatin den Kreml mit seinem Finsterfürsten Putin verortet hat. Iryna ist wohl eher die Pedantin zu Stasi-Oberst Günter Guillaume, quasi die Frau, “die aus der Kälte kam”. Leider hat der russische Geheimdienst bei der Schulung nicht bedacht, das zur Kandidatenkür bei den Grünen auch die Beantwortung strunzdummer Fragen gehört.

Heiko Stadler / 26.06.2021

Ich halte Frau Gaydukova für eine der intelligentesten Grüninnen. Sie schwurbelt nicht lange über Kobolde oder stromspeichernde Netze rum, wenn sie nichts weiß, sondern hält einfach die Klappe. Außerdem hat sie Anstand und weiß was sich gehört, nämlich der Austritt aus den Grünen. Andere Grüne sollten sich ein Beispiel daran nehmen! Zeugen Jehovas, Grüne, Scientology und andere Sekten braucht niemand.

Gerd Maar / 26.06.2021

Ich finde das ungerecht. Schliesslich hat die gute Frau auch nichts anderes gesagt als die Baerbock, nur mit weniger Worten.

Ralf Kreibich / 26.06.2021

Ich finde die Kritik an Gaydukova, ehrlich gesagt, nicht so toll. Sicherlich hat sie keine Ahnung von Sachfragen, aber da reiht sie sich nahtlos in die Riege von Politikern beiderlei Geschlechts und jedweder politischen Ausrichtung mit ein. So weit, so gut. Allerdings habe ich bei Gaydukova den Eindruck, dass sie hier benutzt wurde, um mit der Doppelquote Frau und Migrationshintergrund bei der Kernklientel zu punkten, ihr persönlich das aber gar nicht bewusst war. Da mehr als der erste auf der Liste nicht in den Bundestag einziehen würde, schienen Kompetenz und rhetorische Begabung soweit entbehrlich, das man nicht einmal den Anschein zu erwecken versuchte. Aber man wollte wieder einmal “ein Zeichen setzen”. Man sollte also Spott und Häme nicht über der Frau auslassen, die sich - sicherlich auch naiv - hier hat vor den politischen Karren spannen lassen, sondern über der Partei, die ihre Mitglieder so verheizt und dem Spott der Öffentlichkeit preisgibt.

Claudius Pappe / 26.06.2021

Gespielter Blondinenwitz. Sie hat einen Bachelordoppelpunktinnen an der Saarbrücker Hochschule in Finance Controller. Diesen Studiengang gibt es dort nicht mehr. Bemerkenswert: An der FOM kann man /frau auch ohne Fachhochschulabschluß gegen 12500 Euro 7 Semester studieren. ( Früheres Dipl.-Ing. ( FH)  Studium war umsonst und hat 6 Semester gedauert. Voraussetzung: Fachhochschulabschluss -12 Jahre Schule mit Abschluss) )  Dubiose Abschlüsse aus der Ukraine werden wohl anerkannt. Der Fragesteller hatte sich durch seine langsame Art der Fragestellung auf mögliche Schwächen der Kandidatin in der deutschen Sprache eingestellt. Was macht eine Frau aus der Ukraine ( Mann aus Somalia ) in Deutschland ? Herr Grimm: Sind das die Zuwanderer die der deutsche Arbeitsmarkt braucht ( 20 Jahre in Deutschland und nicht wissen was ein Fahrrad ist )

Max Tischenreuth / 26.06.2021

Sorry, aber die Dame passt nicht zu den Grünen im Besonderen bzw. dem Politikbetrieb im Allgemeinen. Ihr fehlt eine ganz wesentliche Eigenschaft - diejenige aus eigenen Fehlern keine Konsequenzen zu ziehen.

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