Frau Giffey und die Doktorspiele

Das Corona-Virus liegt wie ein Leichentuch über Deutschland. Kinos, Theater, Restaurants, Museen, Kosmetiksalons geschlossen. Hochkonjunktur für Psychiater. Und jetzt noch Totensonntag. Düsternis allüberall. 

Dazu folgende Richtigstellung: 

Wo viel Dunkel ist, gibt’s auch Heiterkeit und Frohsinn. Fangen wir mal an bei Frau Giffey. Sie hat an ihrer Doktorarbeit herumgedoktert und gesagt, sie werde als Ministerin zurücktreten, falls ihr der Titel aberkannt werde. Offenbar, um dem zuvorzukommen, hat sie den Doktortitel freiwillig zurückgegeben – was notabene rechtlich gar nicht möglich ist. Für mich bleibt sie immer Frau Doktor.

Mit ihren Doktorspielen aber könnte sie im Quatsch Comedy Club auftreten, der derzeit leider geschlossen hat. Dort wären ihr Lachsalven sicher, wie auch den Politiker-Kollegen Karl Lauterbach, Armin Laschet und dem ewig nörgelnden weiß-blauen Maskenmann, der sich den deutschen Bürger an die Kandare wünscht. Nur am Rande erwähnt: Giffeys Anwalt Andreas Köhler hat, wie man hört, einen echten Doktortitel, obwohl er Sozialdemokrat ist. 

Bei der Gelegenheit ein Lob der Maskenpflicht. Sie hat auch ihre guten Seiten. Es bleibt einem der Anblick vieler Querdenkergesichter und anderer Schießbudenfiguren erspart. Mit Maske bleiben nur die Augen, und die sind – wie bei Dackeln – meistens gütig.

Womit wir wieder mal bei Claas Relotius wären, dem besten Märchenerzähler seit den Gebrüdern Grimm und Konrad Kujau alias Adolf Hitler. Relotius ist ja, wie Jan Marsalek von Wirecard, über Nacht von der Bildfläche verschwunden. Jetzt wurde er entdeckt. Er wohnt, kauzig in selbstgewählter Quarantäne, in der Lüneburger Heide, zuhause bei Mama. Was macht er da? Die Öffentlichkeit meidet er konsequent. Er versteht die Welt nicht mehr, weil sie anders ist, als er sie beschrieben hat. Ein Dichter in seiner Einsamkeit. 

Zuerst erschienen im Euro am Sonntag

Foto: Martin Kraft CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ralf Pöhling / 22.11.2020

Wie sagt man so schön? Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Es gab mal ein Zeit, da wurden Adelstitel quasi gehandelt. Da wurde aus einem Herrn Ribbentrop plötzlich ein Herr von Ribbentrop. Bei Doktortiteln scheint es sich ganz ähnlich zu verhalten. Man verspricht sich davon offenbar einen Imagegewinn. Ist ein solcher Titel für die politische Kompetenz und Karriere einer Person wirklich wichtig? Wenn ich in die Geschichte dieser Welt schaue, sehe ich das nicht. Diejenigen, die die Welt wirklich nachhaltig bewegt und verändert haben, hatten oftmals gar keinen Titel. Dieser Wahn mit den Titeln ist ein deutscher. Was wiederum mit der deutschen Obrigkeitshörigkeit zu tun hat. Wer einen Titel hat, der steht über dem, der keinen hat. Zumindest meinen das so manche. Was dann zu solchen Auswüchsen führt, wie im Fall Giffey. Die Frau sollte nach ihrer Arbeitsleistung und ihren Ergebnissen im Amt beurteilt werden. Und zwar nur danach, denn darauf kommt es letztlich an.

Alexander Remarque / 22.11.2020

Auf der Homepage von Fr Giffey (...) (Anm. d. Red.: Links sind hier leider nicht zugelassen.) ist ihr Promotion zum Dr. rer. pol. noch genannt. Ebenso auf ihrer Ministeriums-Homepage. Wie macht man das eigentlich, „einen Titel nicht mehr führen“??? Kann mir dazu jemand aus der Leserschaft der Achse dazu sachdienliche Hinweise geben?? Wahrscheinlich lässt man sich sinnvollerweise erst einmal auf Steuerzahlerkosten neue Visitenkarten drucken?!

Sirius Bellt / 22.11.2020

Frau Giffey kann den Titel zwar nicht zurückgeben, aber sie kann sehr wohl darauf verzichten den Titel im Namen mitzuführen. Was Relotius angeht bin ich zwiegespalten. Ich habe weder ein Statement von ihm gelesen noch ein Interview mit ihm gesehen, wo er sich zu dem Vorfall geäußert hätte. Ich höre mir grundsätzlich gerne beide Seiten an, bevor ich mir ein endgültiges Urteil erlaube. Heutzutage kann einem (dank der Technik und auch sonst) blitzschnell etwas untergeschoben werden. Und Neid war schon immer eine starke Triebfeder.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 30.01.2022 / 12:00 / 56

Lieber Herr Bundespräsident…

Was ist das Problem Steinmeiers? Die Rhetorik? Das fehlende Charisma? Nein: Es sind die ambitionslosen Reden oder die Redenschreiber. Unser Präsident spricht unentwegt, was bleibt im…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 23.01.2022 / 11:00 / 29

Corona-Zahlen bitte schätzen!

Karl Lauterbach sei Dank. Mit ihm als Minister kommt aus der Politik eine Stimme, die unüberhörbar und glaubwürdig ist. Lauterbach steht für Vernunft und Vertrauen,…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 16.01.2022 / 12:00 / 46

Merkel forever!

Sie kannten Sachsen-Anhalts CDU-Chef Sven Schulze nicht? Macht nichts. Der Mann hat vorgeschlagen, „Angela Merkels Lebensleistung“ parteiintern zu würdigen. Und zwar nicht in der Bütt,…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 09.01.2022 / 16:00 / 8

2022. Jahr der Sensationen

Das Jahr hat begonnen, wie das vorige endete: trüb, regnerisch, lustfrei. Unerwarteter Höhepunkt Ende 2021: Der führende Haltungsjournalist Claus Kleber (ZDF), im Nebenberuf TV-Erfinder der…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 02.01.2022 / 11:00 / 10

Mach’s noch einmal, Clint!

Schon wieder geht so ein Corona-Jahr zu Ende, schlechter als gedacht. Es waren zwölf Monate voller Unerfreulichkeiten. Die CDU hat sich verzwergt, das Bundesverfassungsgericht hat…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 19.12.2021 / 12:00 / 33

Großes Saubermachen in Berlin: Weg mit Wagner,  Luther, Seghers!

Die wesentlichen Fakten über Berlin sind bekannt: Der schlechteste Flughafen, die blamabelste Verwaltung, die peinlichsten Bürgermeister, die lernschwächsten Schüler, sinnfreie Volksentscheide, die unfreundlichsten Taxifahrer. Det…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 12.12.2021 / 11:00 / 37

Boostern gegen die Dummheit

Zu Weihnachten hat jeder einen Wunsch frei. Der Papst wünscht sich gebührliche Priester, Boris Johnson wünscht die EU zum Teufel, Putin wünscht sich noch ’ne…/ mehr

Hans-Hermann Tiedje, Gastautor / 05.12.2021 / 10:00 / 25

Advent, Advent,  die Hose brennt!

Jetzt brennen sie wieder, die Lichter in den Städten, in den Herzen, in den Augen. Advent. Die Hotlines der Lieferdienste glühen, und Russlands Außenminister Sergei…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com