Dirk Maxeiner / 23.07.2019 / 06:01 / Foto: Pixabay / 73 / Seite ausdrucken

Facebook zahlt Gerichtskosten nicht, Steinhöfel pfändet CDU und SPD

Das Zentrum für Politische Schönheit befindet sich ab sofort in einer Hamburger Anwaltskanzlei. Bislang hatte eine Berliner Initiative von Kunsthandwerkern, Yoga-Lehrern und Batik-Designern diesen an und für sich schönen Namen gekapert. Auf deren Website heißt es unter anderem: „Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) ist eine Sturmtruppe zur Errichtung moralischer Schönheit, politischer Poesie und menschlicher Großgesinntheit“. Jetzt lassen wir mal die Sturmtruppe, die Moral und die Großgesinnheit weg und konzentrieren uns auf Poesie und Schönheit. Und damit sind wir bei Joachim Steinhöfel, dem Hamburger Anwalt und Achgut.com-Autor.

Es ist ja durchaus bekannt, dass Poesie im Anwaltsberuf eine feste Heimstatt hat, nun wird auch klar, dass Eleganz und Schönheit des Denkens nach langer Abstinenz in deutsche Gerichtssäle zurückkehrt. Wie sonst sollte man Steinhöfels jüngsten Coup in der Auseinandersetzung mit Facebook beschreiben. Steinhöfel engagiert sich seit langem gegen Lösch- und Zensurmaßnahmen von Facebook und Friends, teilweise im Auftrag, teilweise Pro bono mit seiner von Spenden getragenen Initiative „Meinungsfreiheit im Netz“. Achgut.com ist ständiger Chronist seiner unterhaltsamen Art, daran zu erinnern, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Siehe beispielsweise hierhierhierhier und hier.

Steinhöfel prozessiert gewissermaßen mit einem Schwarzen Loch, das viel Geld hat und sich teure Anwälte und Schriftsätze in der Seitenstärke von Doktor Schiwago leisten kann, und deshalb meint, nach wie vor nach Gutsherrenart agieren zu können. Daraus resultiert offenbar auch die Tatsache, dass das Schwarze Loch glaubt, Gerichtskosten von verlorenen Prozessen respektive einstweiligen Verfügungen nicht erstatten zu müssen. Doch wie kriegt man von einem Schwarzen Loch sein Geld? Man kann in einem solchen Fall jammern, krakeelen oder den großen Bruder schicken, der in den Hausflur pinkeln soll. Doch wo ist der Hausflur von Facebook?

Und jetzt kommt – Trommelwirbel meine Damen und Herren – die Schönheit und Eleganz des Denk-Ansatzes zur Wirkung. Und die Kernidee lautet: Wir holen es bei denen, die den ganzen Schlamassel verursacht haben. Also bei denen, die entsprechende Zensurgesetze verabschiedet haben, die jetzt studentische und sonstige Hilfskräfte bei Facebook völlig undurchsichtig und in vorauseilendem Gehorsam exekutieren.

Steinhöfel lässt deshalb kurzerhand Konten von CDU und SPD pfänden. Im Eislauf nennt man solche  wunderschönen Darbietungen Axel oder Rittberger, in der Kunstgeschichte ist es vergleichbar mit Mona Lisa oder Nofretete. Steinhöfel: “Die Koalitionsparteien sind genau die richtigen Adressaten für die Kontopfändung. Denn sie sind aufgrund des NetzDGs für die erratischen Eingriffe von Facebook in die Meinungsfreiheit mitverantwortlich. In einer dritten Sache verabreichen wir heute auch noch der CSU ein wenig von dieser Medizin.”

Aber wie ist das möglich? Ganz einfach: Beide Parteien schalten massiv Werbung bei Facebook, und das Unternehmen Facebook hat damit Forderungen gegen die Parteien. Oder sagen wir es so: Es hat Forderungen gegen die Parteien gehabt, weil Steinhöfel das Geld vorher abgreifen lässt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bewirkt die Beschlagnahme der Forderung auf den Konten der Koalitionsparteien. Anstatt an Facebook für die geschaltete Werbung zu zahlen, sind die offenen Forderungen jetzt an Steinhöfel, beziehungsweise seinen Mandanten zu leisten. 

Wie sagte der Medienwissenschaftler Norbert Bolz in einem Gespräch mit Achgut.com zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz so schön: „Wer traut sich im Moment zu lachen? Man könnte diese lächerlichen Strukturen eigentlich nur durch ein großes Gelächter zum Zusammenbruch bringen“. Steinhöfels Aktion ist in jedem Fall die schönste Kombination von Humor und Rechtsstaat, seit es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gibt.

Joachim Steinhöfels Fonds “Meinungsfreiheit im Netz” finden Sie hier.

Foto: Pixabay

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Sebastian Bremer / 23.07.2019

Großartige taktische Maßnahme. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss veranlasst die kontoführende Bank immer dazu, die betreffenden Konten zu sperren und anderweitige Verfügungen nicht zuzulassen. Folge für die betroffenen Kontoinhaber sind Rücklastschriften, darauf anfallende Gebühren und - sofern die Pfändung mehrere Tage bestehen sollte - eine automatische Herabstufung des Ratings, also der Bonität der Kontoinhaber. Willkommen in der Sanierungsabteilung der Banken, liebe CDU, CSU und SPD. Die Pfändung, die sich originär gegen Facebook richtet, mag zwar nur der Anlass sein, aber wie weit es mit der Sanierungsfähigkeit dieser Parteien bestellt ist, erscheint zumindest fraglich. Auf eine gescheiterte Sanierung erfolgt immer die Verwertung und Abwicklung.

Helge Lange / 23.07.2019

Geil! Bravo, Herr Steinhöfel! Gleichzeitig aber erschreckend, dass in einem Staat, der offiziell noch immer als Rechtsstaat gilt, solche juristischen Tricks nötig sind, um schlicht und einfach nur zu seinem Recht zu kommen. Wie kann es sein, dass einzelne Unternehmen bzw. Organisationen de facto über dem Gesetz stehen?

Gerhard Döring / 23.07.2019

Das ist sogar ein Doppelachsel ! Hoffe die ändern nicht geltendes Recht und verklagen Facebook. Die gesamte GroKo wird eines Tages für ihr Unrecht bezahlen müssen welches bisher dem Deutschen Volk angetan wurde.

beat schaller / 23.07.2019

Herrlich Herr Steinhöfel, und danke Herr Maxeiner, dass Sie das Ganze hier so “unverpackt” servieren. Der einzig richtige Weg. Ich bin ja mal sehr gespannt wie ein Gericht nun “Gleiches mit Gleichem” vergleichen und bestrafen will. Hoffentlich werden wir mit den Antworten bedient. Klingt jedenfalls einfach und einleuchtend! b.schaller

Arnd Siewert / 23.07.2019

Phantastisch - im Gegensatz zu VW ! Der Konzern wurde von mittlerer Funktionsebene geleitet…..Wann hat man solchen Schmarn in Dland verzapft?

Annette Mueller / 23.07.2019

Brilliant, aber ich fürchte diese Vollzeitversager bei irgenwas mit ehemals christlich und co, sowie den Spezialdemokraten rafft niemand den Zusammenhang zwischen ihrem unsinnigen Wirken und der Forderungspfändung. Da brauchen Sie erstmal wieder eine Beraterfirma.

Sabine Lotus / 23.07.2019

Applaus. Haben diese beiden Verursacher CDUSPD durch gesetzgeberische Unterlassung nicht auch dafür gesorgt, daß dieser Milliardenclub immer noch Steuerschlupflöcher nutzen kann? Schade, daß die entgangenen Steuern nicht ebenfalls bei CDUSPD eingeklagt werden können. Parallel dazu Apple, Amazon, Starbucks et alii. Könnte man das abpfänden, wären die beiden Karnevalsvereine übermorgen pleite. Hach, wäre das eine ‘Politische Schönheit’.

Thomas Weidner / 23.07.2019

“Das Zentrum für Politische Schönheit befindet sich ab sofort in einer Hamburger Anwaltskanzlei”. Der Satz ist pure Poesie….

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