Gerd Buurmann / 13.07.2020 / 10:00 / Foto: Tim Maxeiner / 45 / Seite ausdrucken

Es tut mir leid, dass ich Ihr Bild zerstören muss, weißer Mann

In der Kommentarspalte von Tapfer im Nirgendwo auf Facebook entwickelte sich Anfang Juli 2020 ein Gespräch zwischen einem Mann aus Deutschland und einem Mann aus dem Gazastreifen. Dieses Gespräch gebe ich hier in einer deutschen Übersetzung von mir wieder. Die Debatte wurde im Original auf Englisch geführt.

Alles begann damit, dass ich von einem Leser gefragt wurde, warum ich die Diskriminierung arabischer Israelis und Nicht-Juden in Israel leugnen würde. Gestellt wurde diese Frage mit Verlinkung zu einem Artikel der Süddeutschen Zeitung

Ich schlug vor, statt nur die falsche Interpretation des Gesetzes durch die SZ zu lesen, lieber das Gesetz selbst zu lesen und verwies zu einem Link zu dem Gesetzestext. Daraufhin klinkte sich ein weiterer Leser in das Gespräch ein und fragte den SZ-Leser:

Al-Jabari Ahmed: Welche Version haben Sie gelesen? Die arabische, die hebräische oder die englische Presseversion, für die sich die verantwortlichen Journalisten später entschuldigen mussten, da die Übersetzung absoluter bullshit war? An diesem Gesetz ist nichts falsch. Arabisch hat nie an Wert verloren. Es war noch nie eine „Staatssprache“, aber es ist jetzt eine spezielle Statussprache. Kann es vielleicht sein, dass Sie Ausländer nicht damit leben können, dass dieser Staat unabhängig wurde, um die jüdische Geschichte zu schützen? Nun, dass Israel so ein Land ist, wussten wir Nichtjuden schon, als wir dort hin gezogen sind, um zu leben. Das diskriminiert mich nicht, ich werde nicht gezwungen, auf Hebräisch zu beten. 

SZ-Leser: Ich lehne den parteipolitischen jüdischen Nationalismus ab, der von Menschen wie Ihnen mit der israelischen Flagge als Profilbild gefördert wird. Diese Art von Aktivismus kenne ich sehr gut. Zu gut, fürchte ich. Danke Ihnen!

Al-Jabari Ahmed: Ich bin Palästinenser, also bin ich mir ziemlich sicher, dass Sie einen Kehricht über meine Art von Aktivismus wissen. Sie Ausländer sind nicht in der Lage, ein angeblich „anti-arabisches“ Gesetz vor jemandem mit einer arabischen Identität zu kritisieren. Deshalb benutzen Sie mein Profilbild als Ausrede.

SZ-Leser: Nicht, dass ich Ihnen kein Wort glaube, aber wie wäre es, auf meine Argumentation zu antworten.

Al-Jabari Ahmed: Natürlich glauben Sie mir kein Wort. Ein Palästinenser, der sich für Israel ausspricht, ist gegen Ihre kleine Weltanschauung, in der die Menschen so sind, dass Sie alle ständig gegeneinander kämpfen und keinen Kontakt miteinander haben. Willkommen in der Realität

SZ-Leser: Es gibt keine Religionsgleichheit mehr in Israel. Lesen Sie mal das hier: Aljazeera

Al-Jabari Ahmed: Aljazeera? Warum teilen Sie nicht gleich etwas von der Fatah? Hat die gleiche Neutralität. Israel wurde als sicherer Staat unabhängig, als einziger Staat weltweit, in dem Juden offen jüdisch leben können, ohne diskriminiert zu werden. Wenn Sie das wegnehmen wollen, dann wollen Sie genau den gleichen Bullshit, der bei Hexenjagden gegen Juden endete. Wenn Menschen diese Werte nicht mögen, können sie gerne woanders leben. Dies ist ein Einwanderungsland, niemand kam dort hin, ohne zu wissen, was ihn erwartet. Das ist, als würden Sie sich ein Haus neben einem Flughafen kaufen und sich dann wegen des Lärms beschweren. Ich habe alle Rechte in diesem Land. Ich kann alles werden, sogar Politiker. Ich könnte verdammt nochmal sogar Premierminister werden. Alle meine Dokumente kann ich in vier verschiedenen Sprachen haben, einschließlich Arabisch. Die Knesset und die Gerichtssprache sind Hebräisch und Arabisch. Ich kann sogar an mehr Orte gehen als Juden, denn Juden dürfen selbst in diesem Land nicht alle arabischen Stellen besuchen, aber die Araber dürfen alle jüdischen Stellen besuchen. Ich kann wählen, ob ich zum Militär möchte. Ich kann wählen, ob ich eine arabische oder eine hebräische Schule besuchen möchte. Ihr Artikel von Aljazeera spricht von Besetzung und vom Rückkehrrecht. Es gibt keine Besetzung. Palästinensische Zivilisten waren immer gegen die Definition des UNRWA-Rückkehrrechts. Wen interessiert es, was Nicht-Israelis denken? Israel macht das Gesetz für Israel. Die Palästinensische Autonomiebehörde macht das Gesetz für palästinensische Gebiete. Da beschweren Sie sich aber nicht. Wann hätte ich das letzte Mal in meinem Leben dort wählen können? Lassen Sie mich nachdenken. Oh, stimmt ja, nie. Ich bin einfach zu jung. In Palästina gibt es seit über fünfzehn Jahren keine Wahlen mehr.

SZ- und Al-Jazeera-Leser: In den USA oder in der Apartheid in Südafrika gab es immer Schwarze, die rassistische Gesetze verteidigten. Aber natürlich war es immer eine winzige Minderheit. Gleiches gilt hier für Sie als angeblicher Palästinenser zugunsten Israels.

Al-Jabari Ahmed: Sie wissen nicht mal wer ich bin. „Angeblicher Palästinenser“. Was kommt als nächstes, Junge? Die palästinensische Arbeiterklasse ist für Israel. Ihre Meinung ist eine Meinung, die von Fatah und Hamas gestützt wird. Ich bin übrigens gegen Netanyahu und ich muss kein Fan von ihm sein. Es ist aber keine „Apartheid“, wenn man das gleiche Stimmrecht hat, die selben Straßen benutzt, in der selben Regierung ist, die selbe Sprache spricht und die gleichen Arbeitsbedingungen hat. Es tut mir leid, dass ich Ihr Bild zerstören muss, weißer Mann.

 

Dieses Gespräch bringt einiges auf den Punkt. Hier sehen wir die typische Arroganz eines Deutschen, der einem Palästinenser seine Identität abspricht, wenn er es wagt, sich nicht so zu verhalten, wie es von ihm erwartet wird, nämlich als Israelkritiker. 

In Deutschland gibt es sehr viele Menschen, die ein großes Interesse daran haben, Araber, Muslime, Palästinenser und Juden gegeneinander aufzubringen, selbst wenn sie alle vier in Frieden in Israel leben. Diese Deutschen befeuern den Streit und den Hass. Sie wollen keine Annäherung und keinen Frieden. Darum versuchen sie, jene zum Schweigen zu bringen, die bereit sind, Frieden mit Israel zu schließen. Sie rufen sogar zu deren Boykott auf.

Wenn Sie mehr muslimische und arabische Menschen kennenlernen möchten, die Frieden mit Israel geschlossen haben und dies gut begründen können, klicken Sie auf diesen Link: „Muslime für Israel“.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Gerd Buurmanns „Tapfer im Niregndwo".

Foto: Tim Maxeiner

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Günter Wagner / 13.07.2020

Herr Buurmann, ganz herzlichen Dank für diesen Beitrag. Dieser Typus sz-Leser, begegnet mir leider auch unentwegt in vielerlei Diskussionen. Er ist selbstgefällig, uninformiert, zu faul, sich ein unvoreingenommenes Bild zu machen. Eine Mixtur, die einfach unerträglich ist und die sich leider auch in den Kreisen Regierender in unserer Berliner Republik reichlich findet und sich arrogant erfrecht, am laufenden Band Resolutionen gegen den Staat Israel zu unterstützen, wo sie doch angeblich wegen Auschwitz in die Politik gegangen sind. Ich bin inzwischen der Meinung, dass sich diese Propagandisten antizionistisch nennen, in Wahrheit aber definitiv Antisemiten einer pseudointellektuellen Sonderklasse sind! Ich schäme mich für diese Leute, für die nichts wichtiger ist, als Leute (Opfer!?!) zu unterstützen, die es für angebracht halten, andere aus welchen Grund auch immer an Baukränen aufzuhängen und zu hoffen, dass es keiner merkt, oder die das Wasser des Mittelmeeres anpumpen, um dann zu behaupten, Israel lasse sie verdursten. In jeder Beziehung schäbige Zeitgenossen, gegen deren fakes einfach kein Kraut gewachsen zu sein scheint.

B.Kröger / 13.07.2020

Ein sehr interessanter Dialog Herr Buurmann. Vielen dank!

Klaus Biskaborn / 13.07.2020

Typischer SZ Leser und sicher ein Mensch linker Gesinnung. Lebt in seiner Ideologie aus dem es kein Entrinnen n gibt. Gutes Beispiel für viele Menschen in Deutschland, viel zu viele wie ich vermute, die durch linke Medien derart indoktriniert sind , das sie diesen mehr glauben als, wie in unserem Beispiel, betroffenen Menschen. Differenzieren, sich vielseitig belesen und sich dann eine eigene Meinung bilden überfordert diese Klientel. Genau solche Menschen will dieser auf linke Ideologie gedrehte Staat, es schein immer besser zu gelingen.

E. Müsch / 13.07.2020

Klassicher Verlauf einer nicht stattfinden Diskusion mit einem dieser gehingewaschenen besser Menschen. Der war von Anfang an nur auf eine Bestätigung seiner Weltsicht aus, alles andere führt zum Beißreflex. Da sind Argumente vergebliche Liebesmühe. Sein Hinweis, dass er schließlich seine Wissen, also Indoktrinierung, aus der SZ hat, setzt dem Ganzen das Sahnehäubchen auf. Solche Leute glaubten auch im April 45 an den Endsieg, allerdings mit der Frage verbunden, ob es jetzt nicht langsam Zeit wird die Wunderwaffen einzusetzen.

Peter Holschke / 13.07.2020

Dem wackeren Deutschen ist klar, der Jude ist schuld, muss schuld sein, war schon immer schuld. Und genau, in Palästina hat man ihm mit der Hand in der Keksdose erwischt. Dauernd und für immer. Goebbels, Himmler und Eichmann würde es freuen, sich von derart aufgeklärten Volhsgenossen bestätigt zu sehen.  Die Realität? Wozu braucht man denn Realität, wenn die richtige Gesinnung reicht!

J.G.R. Benthien / 13.07.2020

Jetzt haben Sie mich verunsichert. Zitat: »...Araber, Muslime, Palästinenser und Juden gegeneinander aufzubringen, selbst wenn sie alle vier in Frieden in Israel leben.« Sind Palästinenser nicht auch Araber?

Fabian Sadowski / 13.07.2020

Ich musste unwillkürlich and die großartige Monty Python Szene “What have the Romans ever done for us?” denken!

S.Donner / 13.07.2020

Respekt für Al-Jabari Ahmed und seine Art & Weise der sachlichen Argumentation! Was man vom arroganten SZ-Leser nicht sagen kann..

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