Die über Graichen gehen

Jetzt ist er nun mal weg: Patrick Graichen, der Vertraute des Wirtschaftsministers Robert Habeck, muss seinen Posten als Staatssekretär räumen. Auf der grünen Besetzungscouch geht's aber weiter drunter und drüber.

Sichtlich angeschlagen und gefühlt um zehn Jahre gealtert trat Robert Habeck heute um 11.00 Uhr vor die Presse und las mit zerknirschtem Gesichtsausdruck eine Erklärung ab. Zwar habe der Umfang an Aufträgen und Zuwendungen an Öko-Institut, BUND und Agora unter Staatssekretär Graichen nicht zugenommen, jedoch hätten interne Prüfungen einen neuen Sachverhalt ergeben, „der bisher öffentlich nicht diskutiert wurde“. Demnach billigte Graichen bereits am 30. November vergangenen Jahres einen Förderungsantrag für ein Projekt über 600.000 Euro des BUND-Landesverbandes Berlin, wo, genau: seine Schwester Verena Vorstandsmitglied war. Dies sei „als Compliance-Verstoß zu werten“.

Auch bei der Besetzung der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring sei „der Anschein der Parteilichkeit“ nicht vermieden worden. Graichen schusterte also nicht nur seinen Verwandten Aufträge in Höhe von mehreren hunderttausend Euro zu, sondern auch Posten – wie zuletzt seinem Trauzeugen Michael Schäfer, den er im Bewerbungsgespräch siezte und seinen beiden Kollegen anschließend für den Posten des DENA-Chefs empfahl, sie im Unklaren über das persönliche Verhältnis zu Schäfer lassend. Für die anderen zehn Bewerber hatte man, um mit Heidi Klum zu sprechen, „diesmal kein Foto“; Schäfer bekam den Job, den er dann aber doch nicht antrat, als alles herauskam. 

Zurück zu Habeck, der maulte, die „Compliance-Brandmauer“ habe nun „Risse bekommen“, Graichens „Fehler“ (die ja menschlich sind) seien nämlich „in der Gesamtschau zu sehen“. Graichen habe sich „zu angreifbar gemacht“. „Der eine Fehler zu viel“ habe Graichen nun das Genick gebrochen, die noch vor einer Woche geltende Einschätzung habe sich „geändert – von ent-lastend auf be-lastend“.

Bauernopfer gebracht, um sich selbst zu retten

Gestern Abend habe er, Habeck, ein schweres Gespräch mit Patrick Graichen gehabt und nun werde er Präsident Steinmeier um die Versetzung Graichens in den einstweiligen Ruhestand bitten. Der Minister würdigte das Treiben seines Staatssekretärs noch einmal und hob dessen vermeintliche Verdienste hervor, vergaß aber auch nicht, sich über Angriffe und Lügen seiner Ansicht nach „rechtsextremer und prorussischer Accounts“ zu beklagen. 

Dabei ist der Filz im Ministerium, wo sich der Graichen-Clan auf wichtigen Positionen breitgemacht hat und nicht nur entscheidenden Einfluss auf die Politik ausübt, sondern auch lukrative Aufträge an Land zieht, eigentlich Grund genug, in der Affäre Graichen auch eine Affäre Habeck zu sehen, der das Treiben des grünen Clans nicht unterbunden hat. Ganz zu schweigen von anderen Fällen, in denen der Minister – vorsichtig gesagt – unglücklich agierte, etwa als Kanzler Scholz seine umstrittene Gasumlage kippte.

Er wird dennoch versuchen, das Gebäudeenergiegesetz vulgo „Heizungs-Hammer“ durchzupeitschen, auf dem nun wirklich kein Segen liegt – auch wenn der Architekt der „Wärmewende“ den Sommer jetzt im heimischen Garten verbringt. Das Verbot von Öl- und Gasheizungen soll den Bürger mehr als eine Billion (!) Euro kosten und würde Millionen in den Ruin treiben, was allein schon Grund genug wäre, den Kinderbuchautor Habeck von seinen Aufgaben zu entbinden.

Und er ist beileibe nicht der einzige Minister, der gehen müsste: Da wäre noch ein Gesundheitsminister, der ein ganzes Land in die Angststörung trieb und Abermilliarden für nutzlose und mitunter gefährliche Impfstoffe verpulverte, die man am Ende wegschmeißen muss; eine Außenministerin, die en passant der Atommacht Russland den Krieg erklärte; eine Innenministerin, die ein Problem mit der Demonstrationsfreiheit hat und Kritik als „Delegitimierung des Staates“ kriminalisiert; ein Finanzminister, der dreistellige Milliardenschulden als „Sondervermögen“ deklariert. Und da ist der Kanzler selbst, der die Öffentlichkeit mit vorgeblich nicht bekanntem Wissen über schwere Nebenwirkungen der Corona-„Impfung“ täuschte und den nur sein schlechtes Gedächtnis einstweilen vor Strafverfolgung in der Cum-ex-Affäre schützt. 

Die müssen alle gut zusammenhalten, wenn es sie nicht einen nach dem anderen wegpusten soll. Zur Not bringt man eben ein Bauernopfer. Dann geht man auch mal über Graichen.

Foto: Illustration Rudolf Wildermann

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Leserpost

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Gus Schiller / 17.05.2023

In Koblenz begann heute der Prozess gegen eine “TERRORISTISCHE VEREINIGUNG” von fünf! verwirrten Cordhosenträger*innen. Da schlägt der Rächtsstaat wieder mir voller Härte zu (Corona lässt grüßen). In einer Regierungspartei werden Gelder in Millionenhöhe in dubiose Kanäle verschoben. Ach, das ist doch nichts. Peanuts halt. Dafür brauchts weder einen Untersuchungsausschuss noch einen Prozess.

Harald Hotz / 17.05.2023

Die Ökonomie der Psyche legt nahe, daß man sich nicht gleichzeitig vor zu vielen Dingen ängstigen kann. Man muß sich auch in seiner Angst konzentrieren. Wenn nichts zu befürchten ist, ängstigt man sich vielleicht vor dem Unbekannten, dem Möglichen, dem Hypothetischen, wenn aber eine reale Gefahr vor der Tür steht und sie eintritt, dann sind die dumpfen Ängste weggeblasen wie schlechte Träume nach einer kalten Dusche. So könnte es auch der “Klimaangst” ergehen. Wenn erst mal der Arbeitsplatz bedroht ist, erstmals die Rente nicht mehr ausreicht, um auch nur die Heizkosten zu zahlen, wenn es sich abzeichnet, daß die Zwangsmodernisierung des sauer ersparten Häuschens oder der Eigentumswohnung alle Ruhestandsträume zunichte macht, dann können “die da oben” sich ihre 1,5° sonstwohin schmieren. Wenn schon kein Dach über dem Kopf, dann bitteschön soll es ruhig wärmer werden! Dann muß man wenigstens nicht nach Afrika auswandern. Dann klebt sich sogar der deutsche Rentner auf die Straße oder an seinen alten Heizkessel, der Facharbeiter an die Hauswand des Energieversorgers, dann werden Parteizentralen blockiert… So gesehen sollten die Graichens ruhig noch eine Weile bleiben, damit das aufkeimende Selbstbewußtsein der Bürger nicht gleich wieder in irgendeinder Konsenssauce ertränkt wird begleitet von den rührseligen Worten: “Aber wir lieben Euch doch alle!”-Sie lieben weder uns noch dieses Land! Sie lieben nur sich und ihre “Mission”!

Gus Schiller / 17.05.2023

@Bernd Michalski; ““Das ganze System ist ein verkommener Bereicherungsapparat auf Kosten der Allgemeinheit. Und daran wird kein Personalwechsel auch nur ein kleines bisschen ändern.”” Richtig erfasst, das gilt aber schon seit den 1960er Jahren; nur waren die nicht so kackfrech. Das Problem kann man lösen, in dem ungelernte Schulabbrecher etc. keine öffentlichen Ämter bekommen und keiner öfters als zwei Legislaturen in der Politik tätig sein darf. Das verhindert Versorgungsdenken und Filz. Aber man wird ja noch träumen dürfen.

A. Kaltenhauser / 17.05.2023

«Ich habe entschieden, dass der Habeck wegen seiner Fehler jetzt gehen muss»

P. F. Hilker / 17.05.2023

Es ist Zeit für eine Revolution. ” A Revolution, ja dürfen’ denn des?

Olivia Berner / 17.05.2023

Was kostet ein verbeamteter Graichen, 51 Jahre alt, jetzt „im Ruhestand“ monatlich?

Karl Emagne / 17.05.2023

Mit einem Bundeskabinett aus den Kreisen libanesischer Großfamilien wären wir besser bedient. Die sorgen sich mindestens genauso rührend um Vettern, Neffen und Tanten und haben ansonsten kein Interesse an einer Sondermission Deutschlands, auch nicht an dessen Deindustrialisierung. Antriebsstarke Sportwagen mit Verbrennermotor blieben überdies erlaubt.

Claudius Tanski / 17.05.2023

@ Heiko Löber : “Graichen pflastern seinen Weg” - (Originaltitel : Il grande silenzio verde) ist ein Italowestern von Sergio Corbucci aus dem Jahre 1968 mit Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski in den Hauptrollen : 5 Euro !        

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