Die Schiffbrüchigen

Wenn das alte deutsche Sprichwort „Gut Ding will Weile haben“ zutrifft, dann wird die nächste Regierung die beste sein, die Deutschland je hatte. Das ist freilich eine sehr optimistische Annahme, möglich ist auch, dass keine neue Regierung gebildet wird und die „geschäftsführende“ im Amt bleibt, bis irgendein Wunder geschieht.

Als das Ergebnis der Wahlen vom 24. September feststand – die regierende Große Koalition aus CDU/CSU und SPD verlor 14 Prozentpunkte, beide Parteien erzielten jeweils das schlechteste Wahlergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik – setzte umgehend der Katzenjammer ein, als wäre eine Party zu Ende gegangen, deren Teilnehmer gerne weitergefeiert hätten.

Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, sprach von einem „schweren und bitteren Tag für die deutsche Sozialdemokratie“ und versicherte, es werde keine Fortsetzung der Großen Koalition mit der Union geben, jedenfalls nicht mit ihm und nicht mit Angela Merkel.

Alle führenden Politiker von CDU, CSU und SPD traten den Gang nach Canossa an. Sie hätten „den Schuss“ gehört, beteuerten sie, ein „Weiter so!“ könne und werde es nicht geben. Dann passierte wochenlang nichts. Erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen begannen die „Sondierungen“ für eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen.

Vier Wochen lang wurde „sondiert“, bis die FDP die Gespräche für gescheitert erklärte. Und so kam die Große Koalition wieder ins Spiel, mit Angela Merkel und Martin Schulz, der noch im Wahlkampf der Kanzlerin vorgeworfen hatte, sie plane „einen Anschlag auf die Demokratie“.

Bei den „Sondierungsgesprächen“, die derzeit zwischen CDU und SPD geführt werden, geht es freilich nicht darum, die Demokratie zu retten oder eine Regierung zu bilden.

„Wenn das schiefgeht, ist meine politische Karriere zu Ende“, soll Schulz im kleinen Kreis gesagt haben. Gleiches gilt für Angela Merkel und Horst Seehofer. Sie kämpfen um ihr politisches Überleben. Die Angst vor Neuwahlen ist das Einzige, was sie verbindet.

Sie müssen irgendeinen „Kompromiss“ finden, der ihnen ein Weiterregieren ermöglichen soll. Wie Schiffbrüchige, die sich gegenseitig abgeschossen haben und nun zusammen in einem Rettungsboot ausharren, bis irgendein Ufer am Horizont erscheint. 

Zuerst erschienen in der Züricher Weltwoche

Foto: Diverse via Wikimedia Commons

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Steffen Lindner / 11.01.2018

Immerhin können sich die schiffbrüchigen Kapitäne im leckgeschlagenen Boot auf die 87 Prozent der Wähler verlassen,die -unbeeindruckt von den Vorkommnissen der letzten 3 Jahre-  am 24.9. für eine Fortsetzung der Geisterfahrt gestimmt haben, weiterhin kräftig rudern und die Schiffsführung damit im Amt zu halten. Die “Meuterer” versucht man derweil über Bord zu werfen oder zumindest nicht ans Steuer zu lassen. Daher wird sich in Deutschland vorerst nicht wirklich etwas ändern. Erst nach dem totalen Schiffbruch, der wohl viele Opfer fordern wird…

Arnd Siewert / 11.01.2018

Das reinste Gruselkabinett. Völlig überversorgte Ideelogistiker nach innen alles kaputt gespart habend weil ein genügsames Volk immer weiter verzichten kann. Während Koalitionen mit Ideologen -Antifa, Islam, Umwelt und Klimarettern horrende Summen und Probleme zeitigend ein nettes Gesicht vortäuscht wird dieses Land und seine Kultour ruiniert. Man könnte entlarvend Flughafenbau und DB mit dem Satz- Wir schaffen das konterkarieren. Quo Vadis

Dirk Jungnickel / 11.01.2018

Die Metapher mit den Schiffbrüchigen trifft den Nagel auf den Kopf. Allerdings könnte das Rettungsboot ein Leck haben. Was dann ? Wenn es ums Überleben geht, dann dürfte im politischen Spiel jedem das Hemd näher als die Hose sein, sprich: das Sinken des Bootes kann zwar nicht verhindert aber hinausgezögert werden, wenn die Schwächeren über Bord “komplimentiert” werden.  Als Ufer würde dann wohl sogar die vielzitierte Bananenrepublik als allerkleinster Nenner ausreichen. Armes Deutschland ...

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