Henryk M. Broder / 22.09.2020 / 06:20 / Foto: oger S. Duncan / 80 / Seite ausdrucken

Die Rückkehr der Heizpilze

Im Alten Krug in Dahlem, einem traditionsreichen Berliner Biergarten, ist die „alte Normalität“ wieder da. „Private Feiern im Innenbereich mit bis zu 150 Personen und unter freiem Himmel im Außenbereich mit bis zu 200 Personen (sind) wieder erlaubt“. Neben Klassikern wie dem Schweineschnitzel „Wiener Art, in der Pfanne gebraten, mit knusprigen Bratkartoffeln“, der gebratenen Kalbsleber „Berliner Art, mit Apfelscheiben, Schmorzwiebeln und hausgemachtem Kartoffelpüree“ bietet die Küche auch saisonale Spezialitäten an – frische Pfifferlinge „nach traditioneller Art, mit Speck, Zwiebeln und Petersilie, dazu Petersilienkartoffeln“.

Nur die Mund-Nasen-Masken der Bedienungen erinnern daran, dass die Corona-Tage noch nicht endgültig vorbei sind. „Gelobt sei der Herr!“, möchte man rufen und dem Robert-Koch-Institut danken, das uns mit täglichen Wasserstandsmeldungen über die Zahl der Neuinfektionen, der Verstorbenen und der Genesenen professionell durch die Krise geführt hat. Und natürlich unserer Regierung unter Kanzlerin Merkel, der nun 60 bis 80 Prozent aller Deutschen bescheinigen, sie habe alles richtig gemacht. Vor allem im Vergleich mit Frankreich, Italien oder Spanien, die nicht so gut „davongekommen“ sind, weil sie eben nicht so gut regiert werden wie wir.

Draußen soll es Decken geben

Trotzdem – die Angst vor einem zweiten Lockdown, der drohen könnte, wenn es demnächst kälter wird und Aktivitäten aus dem Außenbereich in den Innenbereich verlegt werden müssen, lässt sich nicht einfach wegreden. Proaktiv fordern Gastwirte die Zulassung der umweltschädlichen und deswegen verbotenen „Heizpilze“, damit sie ihre Gäste „auch im Herbst und Winter draußen platzieren können und Abstand gehalten werden kann“.

So eine Entscheidung darf man nicht dem einzelnen Gastwirt überlassen, es muss eine bundesweite Regelung gefunden werden. Man lehne zwar „aus klima- und umweltpolitischen Gründen“ den Betrieb von Heizpilzen im Außenbereich ab, erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, sei aber angesichts der „speziellen Ausnahmesituation und mit Blick auf den Gesundheitsschutz dafür“, das Verbot „zeitlich befristet auszusetzen“. Besser wäre es natürlich, so Hofreiter, wenn statt der Heizpilze „andere Optionen wie Überdachungen, Zelte und Decken zum Zuge“ kämen. 

Das Schöne an solchen Verlautbarungen ist, dass niemand über sie lacht. Es hat auch niemand gelacht, als Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor Kurzem bekannt gab, sie plane eine Verordnung, die Hundehalter verpflichten würde, jedem Hund „mindestens zweimal täglich für insgesamt mindestens eine Stunde Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers“ zu geben.

Hundebesitzer an der kurzen Leine

Auf die Frage, wer die Umsetzung der „Gassi-Regel“ kontrollieren sollte, antwortete eine Sprecherin der Ministerin, dafür wären „die Behörden der Bundesländer“ zuständig. Sie würden aber „nicht bei jedem Hundebesitzer klingeln und fragen, ob er schon mit dem Hund draußen war“. Wozu werden Vorschriften erlassen, die nicht durchsetzbar sind? Weil „Deutschsein bedeutet, eine Sache um ihrer selbst willen tun“, das wusste schon Richard Wagner.

Es fällt schwer, in diesen verwirrten Zeiten die Fassung zu bewahren. Allein das Wort „Hygiene-Konzept“ weckt Assoziationen, die zum Reichsgesundheitsamt im Dritten Reich führen. Wer heute ein Straßenfest, einen Kammermusikabend oder einen Lichtbildervortrag organisieren will, muss ein „Hygiene-Konzept“ vorlegen, das dem Veranstalter hellseherische Fähigkeiten abverlangt.

Was geht und was nicht geht, darüber entscheiden Ordnungsämter und Polizeistellen. Eine Demo gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung in München am vorletzten Wochenende musste abgebrochen werden, weil statt der angekündigten 5.000 Teilnehmer doppelt so viele gekommen waren. Obwohl keine Reichskriegsflaggen mitgeführt und keine Rechtsradikalen gesichtet wurden, nahm die Polizei über 120 Anzeigen auf. Die meisten betrafen Demoteilnehmer, die keinen Mund-Nasen-Schutz trugen, im Polizeijargon MNS genannt. So wird das Demonstrationsrecht ausgehöhlt und der MNS zu einem Mittel der Disziplinierung. 

Widerstand leisten nur Arbeiternehmer, die ins Home Office verbannt wurden und deswegen den Anspruch auf eine „Pendlerpauschale“ von 30 Cent pro gefahrenen Kilometer verloren haben. Die möchten lieber gestern als morgen zurück in ihre Büros, und wenn sie dafür den ganzen Tag mit einem MNS herumlaufen müssen. Wie die Bedienungen im „Alten Krug“ in Berlin-Dahlem.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

Foto: Roger S. Duncan U.S Navy via Wikimedia

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Friedrich Richter / 22.09.2020

Die Realität wird die Leute, auch die Obrigkeitshörigsten, schon wieder auf den rechten Weg zurückbringen. Und mit dem grossen Sprung nach vorn “Energiewende” könnten bald Dinge zurückkehren, von denen die Grünen nicht zu träumen wagen: Mehrstoffmotoren, Holzöfen, Holzgasgeneratoren usw. Dagegen ist der Zeitpunkt nur ein Witz.

Andreas Rochow / 22.09.2020

Home Office, Lockdown, Shutdown, Political Correctness, Cancel Culture, Compact for Migration, Brain Washing, Framing, Podcast, De-Platforming, Bullshit, Blackout, Plugin Hybrid, Green New Deal, Fridays for Future, “NGO” - all die Begriffe verraten, dass hier mächtige Globalisten am Übernehmen sind. Die lemminghaft jubelnden Reste des sich abschaffenden Deutschland liegen mit ihrer prächtigen Angela Merkel der Weltregierung zu Füßen. Germany, you f**** piece of shit! Die Amerikaner mit Trump machen es den NWO-Oligarchen nicht so leicht.

Marc Blenk / 22.09.2020

Lieber Herr Broder, apropos „Hygiene-Konzept“ im Dritten Reich. 1930 kam es zum sog. ‘Lübecker Impfunglück’. Bei der Suche nach einem Mittel gegen TBC kamen 77 Menschen ums Leben. Daraufhin wollte man die Richtlinien für die Impftests am lebenden Menschen ändern. Es ging um mehr Tierversuche und dass keine Strafgefangenen ohne ihr Einverständnis mehr testgeimpft werden dürften. Das verhinderten im weiteren Verlauf die 1933 an die Macht gekommenen Nazis. Was ab dann los war, wissen wir alle. Heute versucht man Impfstoffe zu entwickeln, die in das Erbgut des Menschen eingreifen. Der Rat der Mitgliedstaaten der EU teilte im Juli 2020 mit, dass Covid-19-Arzneimittel mit genetisch veränderten Organismen (GVO) ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung klinisch geprüft werden können. Wir sollen keine gentechnisch hergestellten Lebensmittel essen, aber ein Eingriff in unser biologisch Innerstes durch unter Ausschaltung höherer Testhürden zugelassene Impfstoffe als etwas normales akzeptieren. Der pseudowissenschaftliche Umgang mit Corona macht auf mich den Eindruck, als wären seine Eckpunkte am ‘Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik’ ausgedacht worden. Diesmal aber geht es bei den Menschenversuchen globaler und vielfältiger zu. Menschenfreund Gates möchte, dass zuerst Black People in den Genuss der heilsbringenden Maßnahmen kommen, weil sie irgendein Enzym oder was weiß ich mehr oder weniger hätten. In den Hirnen der globalen Impfpäpste herrscht geistiges Grauen. Auch die tiefgreifenden Einschnitte in Grundrechte und Selbstbestimmung erinnern mich an dunkelste Zeiten. Und dass die Deutschen da voran gehen, hat hundertjährige Tradition. Unsere Regelungswut hat seit jeher den Geruch des Totalitären. Als Hilfstechnik politischer Verfahren, die dazu dienen,  das Weltgeschehen von oben und ohne demokratische Legitimation von Grund auf zu verändern, steht sie bei den heutigen Sozialtechnikern hoch im Kurs. Wehret den Anfängen.

Dr. Mephisto von Rehmstack / 22.09.2020

@Dr. Jäger: und die Möglichkeit einer sexuellen Belästigung!

Ulla Schneider / 22.09.2020

Konsequenz, Herr Broder, die augenblickliche Möglichkeit. Essen bestellen, Leute zum schnacken einladen. Reihum, wie eine wandernde Gastätte. Vielleicht lädt man sich einen Koch ein. Summe wird geteilt. Spätestens dann, wenn es viele tun, ändert sich was. Wir werden den Ikea Laden Oldenburg nicht mehr besuchen. Jemand, dem unser selbstgemachtes Nasenhütchen nicht passt und keine Probleme im rechten Arm heben ( selbst gesagt) hat, kann mir den Puckel ‘runterrutschen. Leute, kauft nur das Notwendigste, ihr spart viel Geld und - es ist wie bei dem Sonntagsfreien Fahren zu Willy’s Zeiten. Nicht einmal 4 Wochen braucht es und die Gastronomie geht auf die Strasse.  Da nützt auch kein Übergansgeld, da ist nix mehr.

Herbert Prieß / 22.09.2020

Man darf nicht außer acht lassen, das große Teile der Bevölkerung genau das verlangt und noch viel mehr. Jetzt ist es das Schnüffeltuch welches wir umbinden müssen, als Zeichen der Unterwerfung, aber wenn gefordert wird sich Stöpsel in die Nasenlöcher zu stecken und eine bestimmte Sorte Schnuller im Mund zu haben der das Virus abtötet so werden die Leute auch das machen. Keine Idiotie ist zu groß als daß sich nicht noch eine Größere findet.

Hans Kloss / 22.09.2020

Und was wenn es nicht die “frische Luft” ist die im Sommer die Atemwegerkrankungen weniger verbreitungsfreudig macht? Genau weiß man das doch nicht. Einfach draußen zu sitzen lässt vlt die Fahne weg aber nur wenn es eine Brise gibt. Kann es sein dass die Ultraviolettstrahlung ist die die Verbreitung hemmt? Oder Kombination von verschiedenen Faktoren (OMG das wird jetzt kompliziert - man kann nicht einfach “Wissenschaft” rufen und den Argument so stoppen!). Wie es auch immer sein wird - Heizpilzen fand ich schon immer doof, nicht weil ich Grün bin, um Gotteswillen - ich fand die Idee einfach doof weil sie ineffektiv bleibt. Wenn es warm ist, sitze ich draußen. Lagerfeuer ist was was ich auch gern genieße aber Heizpilz ist nichts. Genauso wie die Heißluft die jeden Tag an den Treppen im Kaufland spürbar ist (im Sommer auch). Ich nehme aber an dass es ist wie mit den Masken und mit dem anderem Kram - alles Signalwirkung: wir machen so als es Kofit19 hindern konnte und alle sind einigermaßen zufrieden. Mindestens bis irgendein Corona-Fan nicht mit dem Angstgeschrei an fängt. Funktioniert doch genauso mit anderen “Maßnahmen”. Vlt ist das auch der Weg. Der Deutsche muss nichts verstehen. Hauptsache er glaubt dass Muddi und der Bundesspahn uns mit ihren nackten Brüsten von Koffit19 geschützt haben.

Jörg Themlitz / 22.09.2020

Michael Jackson hat immer Maske getragen und ist fast 51 Jahre geworden. Ich, ohne Maske, hab ihn schon vor geraumer Zeit lebensjahremäßig überholt. Korrelation oder doch Kausalität?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com