Lamya Kaddor, Islamwissenschaftlerin und Religionslehrerin, heute MdB der Grünen, entblödete sich einst nicht, Islamkritikern wie Ralph Giordano „unerträgliche Stimmungsmache“ zu unterstellen. Heute verharmlost sie aggressive Judenfeinde als „migrantische Wutbürger“, die schon ihre Gründe haben.
Unter der Überschrift „Islamkritik, die niemand braucht“ schrieb Lamya Kaddor Ende 2015 in der ZEIT:
„Diese Stimmungsmache, die heute Personen wie Hamed Abdel-Samad vertreten und früher Leute wie der Journalist Henryk Broder, die Autorin Necla Kelek und der Schriftsteller Ralph Giordano verbreitet haben, machen Millionen Menschen in diesem Land ganz konkret das Leben schwer – manchmal sogar unerträglich.“
Wenn sie bei Hamed Abdel-Samad, Henryk Broder, Necla Kelek und Ralph Giordano derart deutliche Worte findet, bin ich mal gespannt, was sie dazu sagt, dass arabische Demonstranten in den letzten Wochen auf deutschen Straßen den Judenmord vom 7. Oktober ausgelassen gefeiert haben und verlangt haben, man möge noch mehr Juden töten, wenn möglich alle.
Für Lamya Kaddor sind diese Menschen nur „migrantische Wutbürger“: „Das sind Menschen, die auf unterschiedliche Dinge offensichtlich ziemlich wütend sind: gescheiterte Integrationspolitik, gescheiterte Möglichkeiten der Teilhabe. Vielleicht haben sie Rassismus erlebt. Und jetzt hat man endlich ein Ventil gefunden.“
Was Ralph Giordano durchgemacht hatte, war ihr egal
Da haben wir es also: Jemand, der auf deutschen Straßen den Mord an Juden feiert, ist für Lamya Kaddor kein judenfeindlicher Barbar, sondern ein armer Wutbürger, der zu wenig Liebe bekommen hat. Selten habe ich ein erbärmlicheres Jammern gehört. Um solche dummdreisten Entschuldigungen für Judenhass zu lesen, muss man sonst zu „Mein Kampf“ greifen.
Lamya Kaddor erklärte Ralph Giordano zu einem Stimmungsmacher, der Millionen Menschen das Leben unerträglich gemacht haben soll, aber die Judenfeinde auf den deutschen Straßen der letzten Wochen erklärt sie verständnisvoll zu Wutbürgern. Bei diesen Menschen ist es ihr wichtig, darauf hinzuweisen, was sie erlebt haben. Bei Ralph Giordano war es ihr egal.
Ralph Giordano konnte sein ganzes Leben lang in Deutschland nicht gefahrlos in ein Gotteshaus gehen. Stets stand ein Polizeiwagen vor der Synagoge. Sein Leben lang wurde er von judenfeindlichen Gewalttätern bedroht, weil er Jude war. In den letzten Jahren seines Lebens kam noch eine massiv spürbare Bedrohung von islamischen Gewalttätern dazu. Er war 15, als in Deutschland sämtliche Synagogen niedergebrannt wurden. Er war 18, als in Deutschland Juden vergast wurden. Er war 91, als im Jahr 2014 in Berlin auf offener Straße ein Mob brüllte: „Jude, Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein!“
Im Dezember 2014 starb Ralph Giordano. Es muss für ihn schlimm gewesen sein, ein solches Deutschland verlassen zu müssen. Wie würde er wohl über das heutige Deutschland denken?
Mildes Verständnis für Judenhasser
Nur ein knappes Jahr nach seinem Tod erklärte Lamya Kaddor Ralph Giordano zu einem Stimmungsmacher, der Millionen Menschen das Leben unerträglich mache. Alles nur, weil er die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion kritisiert hatte. Ralph Giordano hatte niemandem das Leben unerträglich gemacht. Ihm selbst wurde jedoch oft das Leben unerträglich gemacht. Er überlebte den Holocaust, fand in der Bundesrepublik Deutschland neue Hoffnung und musste sich am Ende seines Lebens wieder Morddrohungen anhören. Ralph Giordano erklärte damals:
„Die Scharia, das Gesetz des Islam, ist notorisch grundgesetzwidrig, ein skandalöser Anachronismus, das Fossil einer überholten Menschheitsepoche und ein schweres Hindernis auf dem Weg zur Reformierung und Modernisierung des Islam. Sie wird von mir genauso selbstverständlich in die kritische Methode einbezogen wie der Koran, die Biographie Mohammeds und das Alte und das Neue Testament. Und ich will das sagen, schreiben, denken dürfen – offizielle Fatwa-Drohung hin, inoffizielle her.“
Diese Kritik erklärte Lamya Kaddor damals zur unerträglichen Stimmungsmache. Die Frau, die behauptet, die mögliche Erfahrung von Rassismus könne den heutigen Hass auf Juden erklären, nannte vor knapp zehn Jahren einen Mann, der den Holocaust überlebt hatte, einen unerträglichen Stimmungsmacher. Hätte man Juden jemals so viel Verständnis entgegengebracht wie heute Frau Kaddor den Judenhassern auf deutschen Straßen, jeder Jude dürfte ganz Deutschland für immer hassen und er dürfte zudem nur Verständnis ernten, wenn er jeden Tod eines jeden Deutschen feiern würde, und zwar bis zum Sankt Nimmerleinstag.
Gerd Buurmann ist Theatermensch, spielt, schreibt und inszeniert in diversen freien Theatern von Köln bis Berlin. Er ist Schauspieler, Stand-Up Comedian und Kabarettist. Und er ist Gastgeber unseres sonntäglichen Podcasts „Indubio“.