Die Kanzlerin-Leidenschaft im Qualitätsmedium

Allzu problematisch dürfte es nicht sein, dass die an die GEZ zu zahlenden Gelder zumindest vorerst nicht erhöht werden. Auch zum Billig-Tarif sind die Öffentlich-Rechtlichen in der Lage, hervorragende Analysen zu bieten. Distanziert, neutral und auf höchstem Niveau. In diesem Sinne widmete sich die „Tagesschau“-Website am 9. Dezember dem aktuellen Geschehen im Plenarsaal des Berliner Reichstagsgebäudes.

Allein der Auftakt sollte beispielgebend in journalistische Lehrbücher aufgenommen werden. Überschrift: Merkel im Bundestag. Die Leidenschaft der Physikerin. Die wichtigsten Charakterisierungen der drei näher zu betrachtenden Rednerinnen nimmt der Teaser schon einmal vorweg (ein zweiter Durchgang folgt im Text): Eine emotionale Angela Merkel, eine schimpfende Alice Weidel und eine scharfzüngige Annalena Baerbock. Es war eine etwas andere Generaldebatte im Bundestag – es ging um Oma und Opa…

Es folgt die systematische Betrachtung in extenso. Emotionale Reden seien die Sache Merkels eigentlich nicht, umso bemerkenswerter ist die Leidenschaft, mit der sie im Bundestag für eine schnelle Verschärfung der Corona-Maßnahmen plädiert. Die Analyse präsentiert uns auch die rhetorischen Höhepunkte der Ansprache der Kanzlerin im Wortlaut: "Wenn wir jetzt zu viele Kontakte vor Weihnachten haben und anschließend es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben, das sollten wir nicht tun." In Krisenzeiten geht nichts über luzide Formulierungen.

Dass die Regierungschefin geplagt ist, entgeht der „Tagesschau“ nicht: Die Frustration ob der immer wieder zähen Verhandlungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten scheint kurzzeitig bei Merkel durch… Für die Blockade eines früheren Ferienbeginns durch die Landesoberen hat sie kein Verständnis, das ist deutlich zu hören.

Die Schimpfende und die Scharfsinnige

Die Rede der AfD-Fraktionsvorsitzenden Weidel hingegen geriet zu einer Gesamtabrechnung mit der Ära Merkel. Sie schimpft. Und zwar ganz im Geiste der AfD, die ja auch beim Thema Klimawandel dem wissenschaftlichen Konsens in herzlicher Abneigung verbunden ist. Schon idiotisch, dem Konsens nicht zuzustimmen. Am Ende behauptet noch jemand, dann sei es ja gar kein Konsens.

Den Vorwurf aus den Reihen der AfD, es fehle am wissenschaftliche Nachweis für die Notwendigkeit von Kontaktbeschränkungen, konnte die Wissenschaftlerin Merkel natürlich nicht so stehen lassen. Sodann die Wiedergabe der Entgegnung der Kanzlerin: Von der Aufklärung und dem Glauben an die Wissenschaft kam sie zum Persönlichen. "Ich habe mich in der DDR zum Physikstudium entschieden, ... weil ich ganz sicher war, dass man vieles außer Kraft setzen kann, aber die Schwerkraft nicht, die Lichtgeschwindigkeit nicht und andere Fakten nicht, und das wird auch weiter gelten."

Die „Tagesschau“ ordnet diese Worte für uns ein: Da spricht die Physikerin Merkel, die ganz offensichtlich die Leugnung von Fakten für eine der größten momentanen Herausforderungen in der Politik hält. Insgesamt erkennt die Analyse, wie sehr sich Merkel um die Zukunft der Demokratie sorgt.

Die eine – gemeint ist die Kanzlerin – scheidet bald, die andere ist schwer im Kommen: Annalena Baerbock. Die schimpft laut „Tagesschau“ nicht, sondern spießt Versäumnisse der Regierung … auf. Und: Pragmatische Lösungen müssten her – da ist Baerbock wohl in der Herangehensweise auch nahe bei der Kanzlerin. Und dass sie sich auch auf scharfzüngige Zwischenbemerkungen versteht, beweist Baerbock.

Das Ganze schließt mit einem Ausblick auf den bevorstehenden Wahlkampf: Der kleine Vorgeschmack heute zeigt auch ein Stück weit, was der CDU nach Merkel fehlen wird.

Nur besonders Missgünstige scrollen nach dem Lesen doch noch einmal zum Anfang zurück. Nein, es handelt sich nicht um eine für die Presse bestimmte Verlautbarung aus dem Konrad-Adenauer-Haus mit freundlichem Fühlerausstrecken in Richtung des Wunschkoalitionspartners Grün, sondern um eine Analyse in Verantwortung der „Tagesschau“. Ein unabhängiges Qualitätsmedium.

Foto: Imago/Montage/Achgut.com

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Dr. med. Markus Hahn / 10.12.2020

Agitatorische Ostzonenphraseologie, nur dass damals der Volksfeind jenseits der Mauer lebte. Heute ist der Volksfeind für die “Experten” um die Physikerin Merkel das Volk. Nur Merkel ist fest verankert im Zentrum der sozialistischen Dialektik, mag sie noch so zittern und flehen. Fast eine Negativfolie zur Dürrenmatt-Konstellation. Dunkle Zeiten.

Judith Bechtloff / 10.12.2020

Es tut mir im Herzen weh, aber ich flehe Sie an, Frau Merkel, fahren Sie endlich an Weihnachten gen Himmel auf und sitzen Sie fortan zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters! Dort richten Sie weniger Schaden an, als hier auf der Erde!!!

Dr. Armin Schmid / 10.12.2020

Alle, die in der Oberstufe die MINT-Fächer weitestgehend abgewählt haben, um ihr Heil in den Laberwissenschaften zu suchen, beten “die Physikerin” an. Und die promovierte Physikochemikerin wiederum betet die Zahl R und den Inzidenzwert 50 an, als handele es sich um Naturkonstanten wie das Planck’sche Wirkungsquantum oder die Sommerfeld’sche Feinstrukturkonstante. Wenn die Werte mancher Naturkonstanten auch nur geringfügig anders ausfielen, sähe unsere Welt tatsächlich - z.T. im Wortsinn - anders aus, bis hin zur Nichtexistenz. Ob Merkel indes wirklich an den Inzidenzwert glaubt, ist fraglich, aber gelernte Laberwissenschaftler sind mit sowas immer zu beeindrucken.

Steffen Schwarz / 10.12.2020

Grauenvoll das alles

Mathias Rudek / 10.12.2020

Ich vermisse bei unserer Kanzlerin und ihrer Brandrede als Corona-Appell die Worte des abgewrackten Erich Mielke kurz nach dem Mauerfall und vor dem endgültigen Niedergang der DDR: „Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen – na ich liebe doch – ich setze mich doch dafür ein.“ Deswegen hat sie uns 2015 ja so reich mit Menschen beschenkt und sich schützend und selbstlos vor uns gestellt. Die über tausend traumatisierten Jesidinnen, denen wir halfen, waren ganz begeistert, daß sie hier auf deutschem Boden ihre Peiniger vom IS wieder getroffen haben, so daß einige dieser gepeinigten Frauen wieder verschreckt in die zerstörte Heimat geflüchtet sind. So setzt unsere faktentreue Physikerin auf Evidenzen, die sie sofort erkennt und umsetzt, ein großes naturwissenschaftliches Talent mit Hang zum Autokratismus und zum verachtenswerten Kulturrelativismus. Das was Madame Kanzlerin während der “Pandemie” so alles gesagt und an Maßnahmen losgetreten hat, mit diesem geballten Übereifer, hätte sie sich spätestens ab 2015 in die andere Richtung für die deutsche Bevölkerung engangieren müssen. Das hat sie aber nicht und das wissen ja alle kritischen Bürger. Es werden keine Fehleinschätzungen der Regierung zugegeben, ganz im Gegenteil, sie werden anschließend als Maßnahmen nochmal verstärkt, als gebe es kein Halten und kein Morgen mehr. Was für eine politisches Handeln, “ich liebe – ich liebe doch alle – ...” auch Oma und Opa?

Karola Sunck / 10.12.2020

Vergleicht mal die Reeden von Alice Weidel (AfD) mit dem Gestammel der Autokratin und dem Unsinn was die Baerbock so von sich gibt. Die beiden könnten der intelligenten Alice nicht das Wasser reichen. Sollte noch einmal eine Frau Kanzlerin werden, wäre Alice Weidel die richtige Kandidatin für mich. Leider wird das nicht geschehen, da sie ja der Partei angehört, die Politik für die deutschen Bürger macht und das ist ja nicht gewollt, weder bei der Presse, noch bei den Etablierten Blockflöten-Parteien , noch bei der Bevölkerung!

Kurt Müller / 10.12.2020

Nach der Freigabe zur unbegrenzten, unlimitierten und unkontrollierten Einreise von Leuten, deren Haltung, Ethik und Bildungsprofile völlig ungeklärt sind, wurden inzwischen tausende Menschen auf deutschen Straßen umgebracht, und werden noch täglich noch angegriffen. Die größte Opfergruppen sind Frauen und Minderheiten (Juden, Homos), als kräftiger Kerl muss man nicht unbedingt vor einer Schlägerei Angst haben, aber die Lebensqualität sinkt deutlich durch die sich einem ständig nähernden Gruppen von flinken Halbstarken, die erstmals im Leben Alkohol trinken, voreinander angeben und mit ihren Kräften und den knapper angezogenen Frauen nicht umgehen können. Das damit verursachte Leid bei Hinterbliebenen und Opfern interessiert niemanden in der Politik und in den MSM. Es ist eine abstoßende moralische und ethische Schande, Menschen zu opfern für ein vermeintlich höherwertiges Ziel und dies auch noch als irrelevante statistische Nebenwirkung abzutun. Sie haben kein Mitleid und keine Gnade mit den Einheimischen und meinen, für die Probleme anderer Länder verantwortlich zu sein. Aber bei Corona fangen sie plötzlich an sich zu sorgen wie um ein ausgesetztes Baby. Ich komme mir verarscht vor und ertrage diese Leute alle nicht mehr. Während heute in Hannover einhundervierundzwanzig neue junge Männer eingereist sind, was zahlenmäßig sicherlich nicht so viel ist, und die Stadt Hannover kann sich das ja locker leisten, sind in den Herkunftsländern wieder eine Million Menschen mehr geboren worden als gestorben sind. Warum gibt es dort keine Arbeit und keine Perspektive für diese kräftigen jungen Männer? Und warum gibt es neben der mittels vieler Kriterien sehr eingeengten Kategorie ‘arbeitslos’ noch über fünf Millionen erwerbsloe Menschen in Deutschland, denen man zuerst zu einer Arbeit verhelfen sollte? Diese Fragen müssen den Politikern und MSM solange gespiegelt werden, bis sie ihre Weltfremdheit begreifen und ihre Verhaltensweisen ändern.

Gerald Weinbehr / 10.12.2020

“Wenn [...] es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, ...” - Hoffentlich, HOFFENTLICH ist es das letzte Weihnachten mit dieser Bundeskanzlerin. Ich hätte bis vor wenigen Jahren nicht gedacht, dass ich einmal eine derart innigen Abneigung (um es vorsichtig zu formulieren) gegen eine/n Politiker*IN entwickeln kann. Allerdings habe ich die Hoffnung längst begraben, dass nach Merkel was besseres kommt. In der nächsten Bundesregierung werden die Grünen maßgeblich mitbestimmen, das kann die Talfahrt Deutschlands nur beschleunigen.

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