Thomas Rietzschel / 03.04.2020 / 15:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 73 / Seite ausdrucken

Die halbe SPD-Vorsitzende schreitet zur Tat

Am 17. März, noch bevor die Corona-Krise durch das Abwürgen der Wirtschaft ordentlich Fahrt aufnahm, verkündete Heiko Maas den Aufbau einer „Luftbrücke“. Die Regierung werde Flugzeuge chartern, um Touristen, die in Marokko, der Dominikanischen Republik, den Philippinen, Ägypten oder auf den Malediven „gestrandet" sind, heim ins Reich zu holen. Dafür, sagte der Genosse, „nehmen wir 50 Millionen in die Hand“. Das klang, als würde Merkels Mannschaft die Portemonnaies öffnen, um Bürger aus der Not zu retten. 

Keine zwei Wochen später machte das Kabinett 156 Milliarden locker, um den drohenden Ruin abzuwenden und Arbeitsplätze zu retten. Die Politik der Kanzlerin wurde über den grünen Klee gelobt. Kaum eine Gazette, kein öffentlich rechtlicher Sender ließ es sich nehmen, von der „großzügigen“ Hilfe und dem Verantwortungsbewusstsein des Staates zu berichten.

Die „Menschen“ bedankten sich, indem sie die Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit unterwürfig hinnahmen. Bis heute werden sie als ein moralisches Gebot der Solidarität empfunden, beinahe wie seinerzeit, da Kaiser Wilhelm zu Beginn des Ersten Weltkriegs sagte: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur Deutsche!“ Ein einig Volk von Untertanen im Kampf gegen das Virus.

Der Verstand pausiert

Wer es da noch wagt, vor dem dicken Ende danach, den wirtschaftlichen Folgen, zu warnen, gilt als Störenfried, als ein egoistisches Subjekt, dem nicht zu trauen ist. Die Volksgesundheit geht vor. Der Verstand pausiert, koste es, was es wolle, mehr als 350 Milliarden in den kommenden Wochen. Das Geld zu Deckung dieser Schulden, zu ihrem Abtragen, wird sich nachher irgendwie finden. Die Sozis wissen sogar schon wo.

„Eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen“, sei die Abschöpfung der großen Vermögen, eine „faire Lastenverteilung“, sagte die halbe SPD-Vorsitzende Saskia Esken dieser Tage. Eine wahrhaft populistische Idee, die so neu nicht ist. Immer war der Diebstahl fremden Besitzes, die staatliche gedeckte Enteignung, das bevorzugte Mittel linker Wirtschaftspolitik, in der Krise zumal. Weil ihr ideologischer Horizont an den Rändern des eigenen Küchentisches endet, glaubten Sozialisten und Kommunisten in Ost und West, sie kämen auf die Beine, wenn sie an sich brächten, was Anderen gehörte. 

So war es nach der Oktoberrevolution in Russland und später in den Ländern des Ostblocks, bisweilen auch in Südamerika, in der Karibik und in Afrika. Hatten sie aber erst einmal Beute gemacht, verlebten die Linken das Vermögen, wie sie es den Zigarre schmauchenden Kapitalisten ihrer Phantasien zuvor unterstellten. Statt die Mittel gewinnbringend zu investieren, wurden sie aufgezehrt, zur Sicherung der Macht und im Konsum, so erbärmlich er gewesen sein mag. 

Zum Spottpreis an den Staat verkaufen

Waren die Kassen wieder leer, musste das Volk darben, während die Rädelsführer schauten, wo noch etwas zu holen sei. Drei große Enteignungswellen prägten die Wirtschaftsgeschichte der DDR. Zuerst, nach dem Krieg, wurde die Industrie verstaatlicht, es entstanden die VEB, die Volkseigenen Betriebe. In der Sechzigern des vorigen Jahrhunderts ging es dem Mittelstand an den Kragen. Bis dahin profitablen Firmen wurde eine „staatliche Beteiligung“ aufgezwungen, die Substanz verbraucht.

Unternehmer, die das noch überlebten, musste in den Siebzigern „freiwillig" an den Staat verkaufen, zu Spottpreisen. Zum Schluss blieb noch die Plünderung privater Haushalte. Mit konstruierten Steuervergehen wurden einstmals wohlhabende Familien gezwungen, ihre Erbstücke herzugeben, Antiquitäten und Kunstgegenstände, die Schalck-Golodkowski gegen Devisen in den Westen verscherbelte. Was danach kam, ist bekannt.

Ich bin abgeschweift? Alles Schnee von gestern? Mag sein. In der Tat brauchte man über die ökonomische Verblödung der Linken kein Wort mehr verlieren, würden jetzt nicht abermals solche Töne angeschlagen, durchaus lagerübergreifend. Immerhin war es Peter Altmaier, der Wirtschaftsminister mit dem Parteibuch der CDU, der davon sprach, dass es zur Bewältigung der Corona-Krise notwendig sein könnte, die Industrie teilweise zu verstaatlichen. Nicht zu reden von den Umverteilungsplänen der SPD. 

Der „Lastenausgleich“ kommt

Auch hat der Vorschlag von Saskia Esken, größere Vermögen abzuschöpfen, bereits prominente Unterstützter auf den Plan gerufen. Von der Notwendigkeit eines „Lastenausgleichs“ sprach Heinrich August Winkler, ebenfalls Mitglied der SPD. Wörtlich schrieb der Historiker im Tagesspiegel: „Deutschland wird um eine Umverteilung großen Stils nicht herumkommen.“ 

Doch damit, dass man das Geld breit scharrt wie die Hühner das Futter, ist es nicht getan. Belastet werden vor allem im Mittelstand Vermögen, die es zu investieren gilt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das ist das Geschäft der Unternehmer. Ihre Erträge fließen größtenteils zurück in die Firmen und Betriebe. Selten bestehen die vermuteten Vermögen aus den liquiden Mitteln, auf die es die Umverteiler abgesehen haben, heute offenbar nicht anders als vorzeiten. Mit Brecht zu reden: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ 

Wieder einmal sind es die staatlich versorgten Geistesarbeiter, die ihre Felle wegschwimmen sehen. Intellektuelle, die den Linken auf den Leim gehen, weil sie von den kosmopolitischen Träumerein nicht lassen wollen. „Die EU", so nochmals Professor Winkler, „würde die Corona-Krise nicht überleben, wenn jeder Mitgliedstaat sich damit begnügen würde, sich selbst der Nächste zu sein.“ Aber wäre das nicht bereits eine gute Aussicht – der Untergang der EU im Orkus der Geschichte? Sorry, Heinrich August.

Bis es so weit kommt, wird freilich noch viel Wasser den Rhein herunter fließen. Vorerst befinden wir uns weiter in einer Phase der Krisenexpansion. Und je verheerender die wirtschaftlichen Folgen danach ausfallen, desto leichter werden sich drakonische Maßnahmen zu Bewältigung der Katastrophe durchsetzen lassen. Nichts, dass das Volk nicht verstehen müsste, scheint dann unmöglich. Das wenigstens scheint die halbe SPD-Vorsitzende verstanden zu haben.

Foto: Stefan Klinkigt

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Arnauld de Turdupil / 03.04.2020

Das stalineske(nse) Antlitz der halben SPD-Abwracksprämien-Verprassungs-Nachsitzenden gehört auf eine Giftflasche und nicht als beschönigende Illustration zu einem Artikel bei Achgut.

Helmut Kassner / 03.04.2020

Naja , das ist doch bekannt es lebt sich von Geld und Gut der Anderen besser als wenn man es selbst verdienen muss.  Und wenn das dann aufgebraucht ist, dann setzt die Not ein für die dann auch die Sündenböcke bereitstehen, die Kapitalisten, die Finanzhaie, die 4 Jahreszeiten usw. Eine kleine Korrektur am Artikel sei aber erlaubt. Die letzte Enteignungswelle 1971/72 in der “DDR” war keine Idee von Partei und Regierung, sie war von Moskau (Beschnew) befohlen und von ihm auch persönlich kontrolliert. Die “DDR” war eben doch mehr SBZ als ein eigenständiger Staat.

Sabine Heinrich / 03.04.2020

Lieber Herr Klinkigt, Ihr Doppelporträt hat einen lauten Lachanfall bei mir ausgelöst - herzlichen Dank!

Gert Friederichs / 03.04.2020

Der Kollaps wird kommen. Und es erscheint mir klar, dass danach die die Restbestände aufkaufen, die noch was in den Taschen haben. Für die Zeit nach den Kollaps ist noch nicht klar, ob die Sozialisten das Ganze erobern oder doch die bösen Anderen. Ich hoffe und setze auf das Überleben und Erstarken danach der Marktwirtschaft. Bin ich ein Träumer? Aber sollte es schief gehen und die Sozis übernehmen den Restbestand, dann dauert es nicht lange und die Anderen mit den dicken Taschen zeigen denen, was eine Harke ist. Und der Kreis dreht sich erneut in der bekannten Richtung: Die Sozis bescheren uns die Nöte und die Anderen machen dann irgendwann den Reibach! Was soll uns das sagen, die wir in Deutschland, etwa 18 Millionen zählend, das Brrruttttoosozialprooodukt am laufen halten?  Weiter hämmern, klopfen, schweissen, bauen, mörteln, schuften und zahlen ohne zu maulen!

Heiko Engel / 03.04.2020

Dann werden wir uns wohl endlich mal wehren müssen. Bitte emotionslos bedenken ( gemäß Dr. Krall ): WIR SIND VIEL MEHR. Fast schon Legion. Also bitte ruhig bleiben. Wir wissen es nur noch nicht. Ist auf dem Weg. Also, das Bewusstsein. Das Bewusstsein, dass WIR VIEL MEHR sind. Geruhsames Wochenende ALLEN.

Erdmute Neumann / 03.04.2020

Das hört sich alles so gruselig an und ist doch nur die Wahrheit! Ich bin gelernte DDR Bűrgerin und kann dem Text voll und ganz zustimmen. Wann wacht die Menschheit auf?!

Thomas Roth / 03.04.2020

Es gibt eine Anekdote über J. Rockefeller. Als er eines morgens aus seiner Limousine zu seinem Büroturm ging, sprach ihn ein Bettler Rech aggressiv an und schimpfte, es sei eine Schande, dass R so reich sei, wo es doch so viel Armut gut, man sollte ihn enteignen und das Geld verteilen. Rockefeller soll kurz nachgedacht, dann seine Brieftasche gezückt und dem Mann 50 Cent in die Hand gedrückt haben, mit den Worten “Das ist ihr Anteil”. Frau Esken bemüht hier eine reine Neiddebatte. Das Geld eines Herrn Rockefeller oder Aldi oder… liegt nicht wie bei Dagobert Duck im Geldspeicher, sondern besteht in Industrieanlagen, Arbeitsplätzen, Patenten. Eine Enteignung macht alle nur ärmer, noch nicht einmal gleich arm

Michaela Mertensson / 03.04.2020

Die BMW-Erben haben doch neulich geerbt? Aktien. Da könnte man schon mal Erbschaftssteuer abziehen. Es gibt so einige Milliardenvermögen, die im letzten Jahrzehnt vererbt wurden, größtenteils waren das Aktien und da hat wohl kaum einer Vermögenssteuer gezahlt. Und das diese Leute für ihr Vermögen “gearbeitet” haben, kann man ja wohl auch nicht behaupten, die lassen arbeiten, die tun ausbeuten und die haben geerbt. Es gibt auch Fälle, wo ein Agrarwirt (sprich: Bauer) seinen großen Agrarbetrieb vererbt. In solchen Fällen liegt das “Vermögen” aber fest: das Land und die Maschinen. Da sollte man nicht besteuern. Andererseits gibt es da diesen Agrarwirt im Münsterland, der soviel Förderung aus EU- und GER-Steuertöpfen bekommt, er weiß gar nicht, wohin mit dem Geld. Gleichzeitig kommt das Geld bei kleinen Agraretrieben nicht an. Den Mittelstand der Unternehmer per Vermögensabgabe zu schröpfen, da halte ich nicht viel von. Das “Vermögen” liegt da meist in Firmengrundstücken, auf denen eine Firma mit Halle und Maschinen steht. Da ist auch kein Fett mehr abzusaugen, die Firmen heute haben kaum noch Lager, in denen sie Vorprodukte (aka Rohstoffe) oder auch ihre versandfertigen Endprodukte lagern, deshalb fällt grad ihr Geschäftsmodell zusammen, weil die wegen Corona keinen Nachschub an Vorprodukten mehr bekommen. Alles ziemlicher Mist. Die SPD-Spitze würde sich nie an Leute wie die Qua_ndts und von Kla_ttens (beide BMW) herantrauen, das ist “out”.  Die wollen den Mittelstand und alle drunter noch schröpfen. Wie wäre es mit einer weiteren Erhöhung der MwSt? Nur ein Prozentchen… da kann sich ja wohl keiner beklagen, auch wegen Umwelt und so. Umweltsteuer auf Strom wegen Atom natürlich auch erhöhen. Öko is ja “in”. Wer kann schon auf Strom verzichten? Ausnahmen gibts für große Firmen, natürlich.

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