Ramin Peymani, Gastautor / 20.08.2019 / 06:09 / Foto: RKO / 66 / Seite ausdrucken

Die grüne Rezession

Der kranke Mann Europas ist zurück. Deutschland droht eine Rezession. Was im vierten Quartal 2018 mit viel Kreativität gerade noch so verhindert werden konnte, dürfte nun kaum mehr aufzuhalten sein. Damals hatten die Statistiker, entgegen jeder Gepflogenheit, die Quartalsentwicklung des deutschen Wirtschaftswachstums auf zwei Nachkommastellen genau veröffentlicht. Die hochwissenschaftlich anmutende Sinnestäuschung erweckte seinerzeit aber kaum das Misstrauen des breiten Publikums, das keine Vorstellung davon hat, wie viele Schätzungen und Hochrechnungen in das Gesamtergebnis der Wirtschaftsleistung einfließen.

Mikroskopische 0,02 Prozent standen auf diese Weise zu Buche. Grund für den Taschenspielertrick war das Vorquartal: In den drei Monaten von Juli bis September 2018 war das sogenannte Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent geschrumpft. Weil zwei Minusquartale in Folge eine Rezession definieren, sollte mit der Ausweisung einer „schwarzen Null“ vermieden werden, dass über die zugrundeliegenden Ursachen diskutiert wird. Nun lässt sich das böse „R-Wort“ jedoch nicht mehr verscheuchen.

Nach Jahren der Fokussierung auf links-grüne Wohlfühlthemen zahlt Deutschland den Preis dafür, dass die Bundesregierung jede Sachpolitik vermeidet. Statt Reformen anzupacken und die sprudelnden Steuereinnahmen in Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur zu investieren sowie den Arbeitsmarkt weiter zu liberalisieren, um das enorme Potenzial des Dienstleistungssektors zu heben, kreist die Berufspolitik um sich selbst. Es scheint nur noch darum zu gehen, Partikularinteressen zu befriedigen und Dogmen durchzusetzen – vor allem aber um das Wohl der eigenen Partei.

Populistische Augenwischerei

Deutschland liegt auf dem vorletzten Platz in Europa. Selbst Italien, dessen tief zerstrittene Regierung deutsche Beobachter gerne als handlungsunfähig abqualifizieren, hat ein Minus vermeiden können. Überhaupt wies im zweiten Quartal 2019 kein einziges Land im Euroraum einen Wirtschaftsrückgang auf. Um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal wuchs die Eurozone. Nimmt man die restlichen Länder Europas hinzu, belief sich das Wachstum gar auf 1,3 Prozent. Hierzulande scheint man sich unterdessen zunehmend weniger für den Wirtschaftsstandort zu interessieren. Umso mehr aber für die Frage, wie gendergerechte Toiletten zu gestalten sind, welche Verbote sich wohl noch erfinden lassen oder wo unentdeckte Rechtspopulisten schlummern. Nutzenstiftend ist keine dieser Fragen.

Dabei waren die Voraussetzungen für Investitionen nie besser: Gestützt auf die nicht enden wollenden Freibierrunden der Europäischen Zentralbank zahlt Deutschland seit Jahren so gut wie keine Zinsen mehr, wenn es sich neu verschuldet. Es ist sogar die groteske Situation entstanden, dass der Bundesfinanzminister mit der Kreditaufnahme Geld verdient, weil Investoren für sichere Anlagen Minuszinsen in Kauf zu nehmen bereit sind. Möglich macht dies eine Zentralbankpolitik, die den Wert des Geldes abgeschafft hat und gefährliche Spekulationsblasen entstehen lässt. Doch wohin fließt das ganze Geld, das Jahr für Jahr in die Kassen des Fiskus gespült wird? Wäre nicht spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, um sich dem drohenden Abschwung entgegenzustellen? Bundesarbeitsminister Heil will den Eindruck entschlossenen Handelns erwecken, indem er in die Werkzeugkiste aus der Finanzkrise greift.

Andere verantwortlich machen

Seine angekündigten Maßnahmen sind aber nichts weiter als populistische Augenwischerei. Denn der Arbeitsmarkt ist nicht das vordringliche Problem. Vom Schrecken der Jahre 2009/2010 sind wir weit entfernt. Vielmehr müsste die Bundesregierung aufhören, unsere Schlüsselindustrien immer weiter zu schwächen. Vor allem wegen der grünen Zwangsvorstellungen, die eine regelrechte Treibjagd auf die Automobilbranche ausgelöst haben, leidet der deutsche Export inzwischen so sehr, dass Fachleute den Anteil an entgangenem Wirtschaftswachstum auf mehr als ein halbes Prozent pro Jahr schätzen. Der hiesige Industriesektor ist im zweiten Quartal um zwei Prozent geschrumpft.

Viele Journalisten machen dafür allerdings gerne andere verantwortlich: Sie suchen die Schuld bei Donald Trump, den Befürwortern des „Brexit“ und ganz generell bei allen, die sie des Rechtspopulismus verdächtigen. Und während die internationalen Handelskonflikte sowie die Unsicherheit über die künftige Beziehung der Europäischen Union zu Großbritannien sicher einen negativen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung auch in Deutschland haben, ist das Problem in erster Linie hausgemacht.

Wer keinerlei Konzept für die Wohlstandssicherung künftiger Generationen hat, Gleichmacherei an die Stelle von Chancengleichheit setzt und bedingungslose Zuwanderung für Wirtschaftsförderung hält, muss sich nicht wundern, wenn am Ende das Gesamtsystem ins Wanken gerät. Totalitärer Kollektivismus, naive No-Border-Utopien und fanatischer Ökologismus haben eine ehemalige Wirtschaftsmacht zur Gefahr für Europas Stabilität werden lassen. Wenn Merkel abtritt, wird dies ihr grausames Vermächtnis sein.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Liberale Warte

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Karl Eduard / 20.08.2019

Also bitte, was soll die Wirtschaft? Was Arbeitsplätze? Jetzt ist es Zeit, endlich das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen und Menschen, die dann Arbeiten wollen auch Arbeiten zu lassen, so als Spass. Damit wird dann endlich auch der Traum vom Lebensprinzip im Kommunismus wahr. “Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.” “Jedem nach seinen Bedürfnissen” ist ja für den Großteil der Zugereisten,  den Bundestagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern bereits weitgehend verwirklicht und daß es da mit den Fähigkeiten hapert, dafür können die ja nichts. Wenn Letztere immer wieder vom Wähler bevorzugt werden. Weil die nicht unbedingt schlauer sind. Es ist nur bedauerlich, daß Amerika uns noch nicht boykottiert, wir hätten dann, wie das sozialistische Kuba, eine Ausrede für unser fortdauerndes Wirtschaftsversagen. Die Führer jedenfalls gehen bereits in gleichem Schritt und Tritt. Ich rufe dann nur: Venceremos!

Sabine Lotus / 20.08.2019

Das wirkliche Schreckenszenario dieser Entwicklung ist doch das folgende: Diese Nummer klappt demnächst in sich zusammen. Darüber sind wir uns (hier zumindest) weitesgehend einig. So ein Crash kann reinigen. KANN. Allerdings müssten für eine Katharsis dieses Formats die Deutungshoheiten an den richtigen Stellen ansetzen. So wie es derzeit aussieht wird diese Deutungshoheit jeden möglichen anderen Schwachsinn als Verursacher ausmachen (Trump, Kapitalismus, AFD, den Zwarte Piet), die Bekloppten werden den Müll schlucken (warum sollte sich daran plötzlich etwas ändern) und im Handumdrehen sitzen wir hier im Kernsozialismus, der aufgrund der aufgebauten Feindbilder als Heilsbringer empfangen werden wird. Diese Pest wieder loszuwerden wird wohl wieder Jahrzehnte dauern. Und bis dahin halten hier ganz andere Mehrheiten das Zepter in der Hand.

Hubert Bauer / 20.08.2019

@ Paul Diehl: Bei solchen Behauptungen (Verschwörungstheorien) stelle ich mir immer zuerst die Frage: Wem nützt es? Wer sollte Interesse an einer Politik haben, wie sie Merkel macht? Selbst wenn ich mehrfacher Milliardär wäre, würde ich politisch nicht anders denken als jetzt (gehobener Mittelstand). Hat das Ausland ein Interesse an einer Schwächung Deutschlands? Ich denke nicht. Keinem Menschen geht es besser, weil es dem Nachbar schlechter geht und auch keinem Land geht es besser, wenn es Deutschland schlechter geht. Und das System Merkel hat immer noch eine Zustimmung von ca. 80 % in der deutschen Bevölkerung. Sicher sind die “eigentlichen Strippenzieher” in der Lage eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und der deutschen Journalisten zu beeinflussen. Aber wie schaffen sie es, dass ca. 80 % der Bevölkerung mitmachen? Nein, wir Deutschen sind leider wohlstandsverwahrlost und erkennen nicht mehr, was unser Land sicher und wohlhabend gemacht hat.

Harald Hotz / 20.08.2019

Im postindustriellen Zeitalter spielt Wirtschaft doch eh keine Rolle mehr! Es genügt doch wenn die EZB das Geld druckt;-) Über Dinge von Relevanz wird in der Öffentlichkeit nicht diskutiert, es könnte ja die Bürger verunsichern! Stattdessen wird die öffentliche Diskussion von viele linken Terrorzellen, landläufig NGO´s genannt, bestimmt. Nichtregierungsorganisationen - obwohl sie doch teilweise fürstlich von interessierten Kreisen im Regierungsapparat mitfinanziert werden, eine davon ist z.B. die DUH, ein Verein von vielleicht 300 Leuten, der eine ganze Gesellschaft vor sich hertreibt und terrorisiert. Dann haben wir auch noch diesen evangelischen Taliban namens Bedford-Strom, der seine Kirche in ein linke Erweckungsbewegung verwandelt hat und wir haben einen veröffentlichten Journalismus, dem zu all dem nichts mehr einfällt, als nur das Lied derer zu pfeifen, deren Brot sie essen. Und dann wundern sie sich, daß niemand mehr ihre Käseblätter kauft ?! Lustig und skuril an der ganzen Geschichte ist auch, wie zwei ehemals gestandene Volksparteien, die früher großartige Leute in ihren Reihen hatten, innerhalb von wenigen Jahren personell und ideell derart abwirtschaften konnten und noch nicht einmal fähig sind, sich dem drohenden eigenen Untergang entgegenzustellen. Ich empfehle Michail Gorbatschow als Vorbild: ” Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!” ... und der Wähler! Dieses Land und die Deutschen haben auch etwas zu verlieren und sie haben nicht die Möglichkeit massenhaft übers Mittelmehr zu fliehen. Sie wollen bleiben und weiterhin “gut und gerne” hier leben! Und im Zweifel werden sie die Partei wählen, von der sie sich am ehesten eine gute wirtschaftliche Zukunft versprechen.

Paul Diehl / 20.08.2019

Zustimmung, aber Widerspruch im Hinblick auf Frau Merkel. Wer glaubt, dass eine einzige Frau verantwortlich ist für die Misere, der verkennt, dass auch Frau Merkel nur eine austauschbare Erfüllungsgehilfin ist. Die Tatsache, dass niemand wirklich erklären kann, was die Beweggründe dieser selbstzerstörerischen Politik sind, ist für mich ein Beleg dafür, dass es uns unbekannte Profiteure gibt. Das sind dann wohl die eigentlichen Strippenzieher. Journalismus sollte sich bemühen, diese Personen oder Strukturen zu entlarven. Wer behauptet, dieses sei eine Verschwörungstheorie, der kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass die deutsche Politik vollkommen irre geworden ist.

Anders Dairie / 20.08.2019

Wenn MERKEL abtritt, werden Historiker und Ökonomen ihre bereits gesammelten Werke hervortun, veröffentlichen und damit eine Treibjagd auf die Merkel-ianer auslösen, die sich gewaschen hat.  Erfolge haben bekanntlich viele Väter,  Mißerfolge haben diesmal eine Mutter.  Nach einiger Zeit der Besinnung wird tiefer geschürft.  Es wird die Frage gestellt werden,  wer trägt außer Merkel Schuld am Niedergang Deutschlands?  Ich sehe den halben Bundestag “einfahren”, umfangreicher, als das die “Volkskammer” erlitt.  Denn nach der DDR stand Hoffung und Neues auf dem Plan.  Diesmal wird es Enttäuschung und Rache sein. Studieren Sie, Herr PEYMANI,  die kleine Revolution in der ehem. DDR, die sogar StaSi-gefakt worden sein könnte.  Diesmal wirkt mehr Wut und Enttäuschung nach.  Bei dem riesigen Verlust ist alles möglich.  Leider, es werden sich die Mehrfachwähler dieser Kanzlerin nicht zu ihrer Mitverschul bekennen, was ihre Wut umso mehr verstärkt.  Soll man sich jetzt zur AfD verhalten, um bald zu den “Alten Kämpfern” für Demokratie zu gehören?

Franz Schimmelpfennig / 20.08.2019

Sie schreiben: “Wer keinerlei Konzept für die Wohlstandssicherung künftiger Generationen hat,...” - viele der europäischen und deutschen “Eliten” sind kinderlos! Denen gehen die zukünftigen Generationen sonstwo vorbei!

Dr. Roland Stiehler / 20.08.2019

Das Gespenst des Kommunismus/Sozialismus mit der damit verhafteten Gleichmacherei wartet gierig auf die unvermeidliche Rezension, die eigentlich ein verschleppter Bankrott ist, der im Zivilrecht zurecht strafbar ist.

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