Thomas Rietzschel / 02.04.2019 / 13:00 / Foto: Fausto Zonaro / 56 / Seite ausdrucken

Die Domina der Klimarettung

Bei der Verleihung der Goldenen Kamera ist Greta Thunberg am vergangenen Samstag so aufgetreten, wie es die Regie vorsah. Angetan mit dem weißen Kleid der Unschuld, das glatte Haar züchtig gescheitelt, hat sie sich mit großen Augen als das pubertierende Weltgewissen erregt. Kleines Kino ganz groß für die versammelten Fernseh-Mimen. Die Stars der Talkshows und Vorabendserien wussten die Leistung zu schätzen. Zum Schluss dankten sie der jungen Kollegin mit Standing Ovations.

Gretas fanatische Diktion, der Aufschrei des besorgten Kindes, zusammengereimt aus Gemeinplätzen über den drohenden Weltuntergang, rührte zu Tränen. Was uns da als Höhepunkte der Samstagsabendunterhaltung zugemutet wurde, war zum Steinerweichen gruselig. Allein, das Publikum im Saal schien es nicht bemerken zu wollen. Weil ihm die Show über alles ging, nahm es jeden Unsinn für bare Münze.

Ernste Mienen, wohin die Kameras schwenkten, als sich die Halbwüchsige mit dem Bewusstsein einer erwählten Kassandra zu der Behauptung verstieg, wir seien bloß noch „elf Jahre entfernt vom Auslösen einer unbeherrschbaren Kettenreaktion“.

Auf den Nervenkitzel verstand sich Greta Thunberg in ihrer Dankesrede wie eine Alte. Die Goldene Kamera fest in der Hand, warf sie den geladenen Promis vor, sich nicht für Umwelt- und Naturschutz einzusetzen, weil sie „dann nicht mehr um die Welt fliegen könnten, um ihre Lieblingsrestaurants, Strände und Yogaseminare zu besuchen“.

Das Salz in der Suppe der Ergriffenheit

Die moralische Züchtigung war das Salz, das in die Suppe jeden Kitsches gehört. Es sorgte für die persönliche Ergriffenheit des Zuschauers. Ob sich die Verehrte dessen bewusst war, wissen wir nicht. Wahrscheinlicher scheint, dass sie schlichtweg so auftrat, wie es ihren von Natur aus gegebenen Fähigkeiten entspricht, der einseitigen Fixierung als Folge des Asperger-Syndroms, einer Form des Autismus.

Bei der Heiligen Johanna von Orleans soll es sich seinerzeit ebenso verhalten haben. Die Hybris, zu der die Betroffenen neigen, resultiert aus einer Entwicklungsstörung. Das ist ihnen so wenig vorzuhalten, wie es sich zu einer besonderen Befähigung umdeuten lässt.

Wenn Greta Thunberg so behindert ist, wie sie, ihr Pressesprecher und die Familie sagen, dann trägt sie erstens keine Schuld an ihrer Selbstüberschätzung. Und zweitens gibt es keinen Grund, ihren Phantasien besonderen Glauben zu schenken. Alles, was sie als bedrohlich verkündet, ist längst bekannt oder haltlos übertrieben. Darüber ließe sich der Mantel des Schweigens decken, wäre sie nicht von einer gelangweilten, sich selbst überdrüssigen Gesellschaft zur Domina der Klimarettung hochgejubelt worden.

Missbrauch bleibt Missbrauch

Darin besteht der eigentliche und einzige Skandal um Greta Thunberg. Ihren Missbrauch muss sich vorhalten lassen, wer sie auf die Bühne schickt, in Davos oder in Berlin. Man führt keine Menschen vor, die in irgendeiner Weise eingeschränkt sind, körperlich oder geistig. Diese Jahrmarktsvergnügungen früherer Zeiten haben wir hinter uns gelassen.

Was sich das ZDF und die Funke-Mediengruppe am letzten Samstag geleistet haben, war Schmierentheater auf dem niedrigsten Niveau, unanständig, ganz einfach unanständig.

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Ludeloff Klaus / 02.04.2019

Und jeder, der mitgemacht hat beim Missbrauch dieses bedauerlichen Geschöpfes, gehört an den moralischen Pranger, ohne Ansehen der selbstempfundenen Wichtigkeit innerhalb des Juste Milieus. Oder einfacher: Pfui Teufel ihr Pharisäer und Blender, ihr Meinungsopportunisten und ideologisch Verblendete!

M. Haumann / 02.04.2019

Mir tut dieses unglücklich wirkende und vielfach missbrauchte Mädchen leid. Und ich habe die böse Vorahnung, dass die meisten der Beschriebenen sich einen feuchten Kehricht um sie kümmern dürften, wenn sie mal nicht mehr nützlich ist und mit ihrer derzeit von anderen gewissenlos eskalierten Zwangserkrankung nicht mehr fertig wird. Hoffentlich hat sie dann einen guten Therapeuten und Menschen, denen sie wirklich etwas bedeutet. Und mal ehrlich, wer von uns fühlte sich beim Betrachten dieses unwürdigen Theaters lauter erwachsener Menschen bei der Goldenen Kamera nicht schlagartig in “Das Leben des Brian” katapultiert?

Dietrich Herrmann / 02.04.2019

Solche blondgeschopfte Zopf-Mädeln in weißen Kleidern — wo, ja wo und wann habe ich das schon mal gesehen? Und noch dazu mit fanatischem Blick und ebensolcher Diktion…?  Ach ja, in Dokumentarfilmen über die Deutschen von vor rund 80 Jahren. Da waren manchmal auch blonde Bengels dabei.

August Klose / 02.04.2019

Aber eins ist Fakt, die Ablenkung mit Greta funktioniert. Alle berichten davon. Übrigens, eine Frage stelle ich mir immer wieder: Würde ich als Vater auf Wiki berichten, dass mein Kind an Asperger leidet? Es sei denn…

F. Lutz / 02.04.2019

Nunja, das schwedische Gretelchen hat zumindest das Glück, dass falsche Prophetinnen heute nur noch selten auf dem Scheiterhaufen enden. Wobei Sie ja auch noch den Vorteil hat, dass der angekündigte Untergang der Welt noch ein Stück weit in der Zukunft liegt. Und es ist sowieso völlig egal wie es auch kommt, ihre Jünger würden immer eine Ausrede finden, warum es nicht so kam, wie prophezeit. Bleibt der Untergang dann doch aus, waren die unermüdlichen Bemühungen der Ökoreligion und deren Opfer wohl doch ausreichend um die Welt zu retten. Wie das eben so ist mit Weltuntergangssekten.

Volker Kleinophorst / 02.04.2019

Was wurde nur aus: “Wer Ängste schürt…” muss ein Nazi sein? Was ich mich bei der peinlichen PR-Nummer frage: Wann stellt sich, wie fast schon üblich raus, das Soros-Geld hinter der Kampagne steckt. Denn ohne Moos nix los im Klima-Zirkus. Wenn man mit einem “Merkel muss weg”-Schild irgendwo protestiert, hat man nicht diese Aufmerksamkeit. Nachdem ich eine Zusammenfassung des Auftritts von Greta gesehen habe, muss ich an die Geschichten über die Schildbürger denken. Diese Geschichten sind aus dem 16 Jahrhundert. Ein Beispiel: “Als die Schildbürger ein neues Rathaus bauen, vergisst der Architekt die Fenster. Im Rathaus ist es duster (Für die Generation Schneeflöckchen: Strom gab es noch nicht, obwohl die Sonne auch damals schon keine Rechnung geschickt hat.). Deshalb versuchen die Schildbürger, das Sonnenlicht in Eimer zu fülllen und ins Rathaus zu tragen, um es zu “erleiuchten”. Viel hat sich seitdem entwickelt und auch die Dummheit ist, dank medialer Unterstützung, gut vorangekommen.

Peer Munk / 02.04.2019

In einem Artikel in der NZZ (die hier ja oft über den grünen Klee gelobt wird) wurde zwar Greta und die Friday-for-Future-Bewegung kritisiert, aber an der grundsätzlichen Weltuntergangs-Vision festgehalten: Wenn es so weiter geht mit unserem CO2-Ausstoß, dann ist bald Ende. Auch fast alle Kommentare dazu waren sich darin einig. Wieso? Woher kommt in den reichen Gesellschaften mit allerhöchstem Lebensstandard diese Gewissheit?

Ann-Katrin Singer / 02.04.2019

Wie ist denn die Zopfgretl nach Berlin gekommen? Geschwommen und dann mit dem Fahrrad .... obwohl Fahrrad ist super suspekt… Plastik und so

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