Henryk M. Broder / 20.11.2019 / 13:30 / Foto: Achgut.com / 73 / Seite ausdrucken

Deutschland stimmt gegen Israel, meint es aber gut mit dem Land

Finden Sie es auch seltsam, dass der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen sieben Mal gegen Israel die Hand hebt, während sein Chef, Außenminister Heiko Maas, im jüdischen Museum Berlin den „Preis für Verständigung und Toleranz“ entgegennimmt und als Kämpfer gegen Antisemitismus und Rechtspopulismus gefeiert wird? Wie ist das Eine mit dem Anderen zu vereinbaren? Weiß die eine Hand nicht, was die andere tut, ist der Minister ein Heuchler oder will sein Mann bei den UN "den Außenminister zum Gespött" machen, fragt BILD

Möglich auch, dass der deutsche UN-Vertreter eine eigene Agenda hat. So ließe sich erklären, dass er immer wieder gegen Israel stimmt – zum stummen Entsetzen von Heiko Maas, der "wegen Auschwitz in die Politik" gegangen ist. Und wenn er Auschwitz sagt, dann meint er auch Auschwitz – und sonst gar nichts.

Es gäbe allerdings noch eine Erklärung, die zwar dem Grundatz „Tertium non datur" widerspricht, aber nicht ausgeschlossen werden kann. Deutschland stimmt gegen Israel, "um Schlimmeres" zu verhindern. Eine Strategie, die sich schon öfter bewährt hat. Auch Hans Globke war fest davon überzeugt, er habe mit seiner Auslegung der Nürnberger Rassegesetze „Leben retten wollen". Es sind ja auch tausende von Volksgenossen in die NSDAP eingetreten, um zu verhindern, dass echte Nazis die Partei unterwandern. 

Witzischkeit kennt keine Grenzen

Und heute? Auf eine Anfrage beim Auswärtigen Amt zum Abstimmungsverhalten des deutschen Botschafters bei den UN gab die Pressestelle des AA Folgendes zu Protokoll:

Deutschland tritt einer unfairen Behandlung Israels in den Vereinten Nationen entgegen. In den Vereinten Nationen setzen wir uns mit Nachdruck für ausgewogene Resolutionstexte im Interesse eines dauerhaften Friedens im Nahen Osten im Rahmen einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung ein. Dabei stimmen wir uns eng mit unseren EU-Partnern ab. Die gemeinsame Verhandlungs- und Abstimmungsstrategie der EU bei den Resolutionen ermöglicht uns, in den Textverhandlungen Einfluss zu nehmen, um für Israel noch nachteiligere Beschlüsse zu verhindern. Das tut das Auswärtige Amt in einem engen Austausch mit der Ständigen Vertretung in New York. Grundlage für das letztendliche Abstimmungsverhalten sind dann eine sowohl das deutsche Ziel, einer unfairen Behandlung Israels entgegen zu wirken als auch eine umfassende völkerrechtliche und politische Prüfung des Sachverhalts. Botschafter Heusgen und sein Team vertreten in New York die Haltung der Bundesregierung. Den Antisemitismus-Vorwurf weisen wir entschieden zurück...

Witzischkeit kennt keine Grenzen. Man stimmt gegen Israel, um für Israel noch nachteiligere Beschlüsse zu verhindern. Das ist etwa so, als würde ein Judenfreund einem Juden auf der Straße "Saujud!" nachrufen, damit niemand auf die Idee kommt, ihm "du gehörst vergast" nachzurufen. Aber mit Antisemitismus hat es nichts tun. Immerhin erfahren wir, dass der deutsche UN-Botschafter und sein Team die Haltung der Bundesregierung vertreten, also nicht auf eigene Faust handeln.

Heiko Maas wird nicht ausgetrickst. Letztendlich macht der Botschafter das, was der Minister von ihm erwartet. Er hat den „Preis für Verständigung und Toleranz“ zu recht bekommen. Und jetzt droht er damit, weiterzumachen. "Dieser Preis ist für mich etwas Besonderes – ich betrachte ihn aber auch als Aufgabe, weiter mein Mögliches für eine offene Gesellschaft zu geben." 

Versuch’s doch mal mit dem Unmöglichen, Heiko. Dafür gibt es dann den Orden wider den tierischen Ernst.

 

Von Henryk M. Broder erschien am 8. November 2019 das Buch „Wer, wenn nicht ich – Henryk M. Broder“. Der Autor befasst sich darin mit „Deutschen, Deppen, Dichtern und Denkern auf dem Egotrip“. Das Buch kann im Achgut.com-Shop bestellt werden.

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E Ekat / 20.11.2019

Der UN- Botschafter Hausgen entstammt der unmittelbaren Umgebung von Merkel. Aktuell bei Achgut nachzulesen. Merkels Politik besteht darin, das Gegenteil umzusetzen von dem, was sie offiziell beteuert. Die Existenz Israels als Ultima Ration der BRD - so Merkel - hätte sämtliche Alarmglocken erklingen lassen müssen.  Auf diesem Globus wird untergraben, das einer politischen Globalisierung und Vereinheitlichung entgegen steht. Ob das nun Trump, Orban, die deutsche Fahne, die Nationalhymne, Israel sowieso,  Putin, Brexit, Öffnung der EU-Grenzen ist: völlig egal. Ist das so schwer zu begreifen, weil sie so muttihaft bieder daherkommt?

Bertram Scharpf / 20.11.2019

Eine Selbstwahrnehmung in bester Tradition von Mielkes „Ich liebe doch alle Menschen.“

Sabine Lotus / 20.11.2019

Naja…wir haben ja schließlich um 5:45Uhr auch nur zurückgeschossen…

Martin Müller / 20.11.2019

“Deutschland stimmt gegen Israel, „um Schlimmeres“ zu verhindern.” Dergleichen Satz hätte auch dem Propagandaminister Göbbels 1936 entspringen können. Man muss nur Israel durch Juden ersetzen….

Martin Müller / 20.11.2019

Ich weiß nicht, was es bedeutet, dass Maas jemanden besonders ähnlich sieht….

Martin Müller / 20.11.2019

Es wird spannend für die in Deutschland lebenden Juden, wenn sich die Zahl der Antisemiten immer mehr drastisch erhöhen wird. Und es wird spannend für Israel, wenn man sich nur noch auf die USA verlassen kann bei Hilfe in der Not. Israel bekommt nur als moralisches Alibi Staatsräson. Und schützend stehen die deutschen Politiker nur vor den 6 Millionen von den Nazis ermordeten Juden. Bei den lebenden Juden geht man schon mal Seite an Seite mit den größten Feinden des Judenstaates. Wie bei UN-Resolution, wo die Bundesregierung um Namen des deutschen Volkes zuhauf gegen Israel stimmen lässt. Das selbe Deutschen Volk übrigens, dass von der gleichen Bundesregierung mindestens schon zur Hälfte als neunaziaffin denunziert wird. Im Kampf gegen Rääächts geht es ja auch gegen die rääächten Antisemiten, weil es ja von denen Abermillionen geben soll. Nur was macht man, wenn die falschen Räächten auf den Strassen “Juden, ab ins Gas!” zu Zehntausenden skandieren - sie statistisch bei echt rääächst einordnen? Oder geht man mit den statistisch gemachten Räächten , den “Juden, ab ins Gas!” Rufern Hand in Hand gegen Israel….? Übrigens, es wird auch spannend die, die hier schon länger leben….

von Kullmann / 20.11.2019

Maas und sein UN-“Botschafter” präferieren wohl die Zwei-Staaten-Lösung mit palästinensischen Einwanderern aus der ganzen Welt ins gelobte Land der Palästinenser. Das soll dann so bunt und friedlich werden wie sein Deutschland. Dann kann im neuen Israel am deutschen Beispiel gegen Antisemitismus und Rechtspopulismus vorgegangen werden, bis aus Jerusalem ein neues Warschau wird. Aber Warschau war für Maas kein Eintrittsgrund in die SPD.

Peter Holschke / 20.11.2019

Die Deutschen wollten es doch schon immer besser wissen, besonders besser wissen, was gut für die Juden ist. Das kennt man ja, Durchhalten bis zum letzen Schuß, um damit Schlimmere zu verhindern. Meinten auch wohl mancher Chef einer Einsatzgruppe. Typisches Tätergelüge und Mitläufergeheul. Hannah Arendt meinte. “Schlimmeres verhindern? Was könnte denn noch schlimmer gewesen sein?” Auf jeden Fall fallen nun langsam die Masken. Ich hoffe in Israel wird mitgelesen.

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