Ahmet Refii Dener, Gastautor / 09.02.2024 / 14:00 / Foto: ARD / 20 / Seite ausdrucken

Deutschland kämpft gegen sich selbst

Bei den weltweiten Krisenherden gibt es stets einen Aggressor und einen Angegriffenen. Deutschland ist beides in einem.

Oftmals lese ich Kommentare von Türkeistämmigen, in denen sie über die momentanen Verhältnisse in Deutschland schimpfen. Dabei sind sie so assimiliert, dass sie über die „New Germans“ – die Flüchtlinge – schimpfen und vergessen, dass sie selbst einen Migrationshintergrund haben.

Natürlich nicht alle, zumal es in jeder Community, wie auch unter den Deutschen, solche und solche gibt. Wenn ein Türkeistämmiger einen Seufzer loslässt und sagt: „Ach, was war das früher schön in Deutschland!“, dann hat dieser Satz dennoch mehr Aussagekraft und ist ehrlicher gemeint, als wenn das ein Bio-Deutscher sagen würde.

Ich bin auch ein Teil dieser Community, schon allein durch meinen Migrationshintergrund. Ich lebe schon Dreiviertel meines – nicht gerade kurzen – Lebens in Deutschland. Auch während des einen übriggebliebenen Viertels war ich immer ein Teil davon. Nur war ich in dieser Zeit mehr im Ausland und flog hin und her. Deutschland ist meine Heimat. Früher nannte ich es „Meine zweite Heimat“, aber jetzt, wo ich mit der Türkei ganz gebrochen habe, schreibe ich Heimat, wenn es um mein Deutschland geht, dick und fett.

Deutschland und die Deutschen gehen mich was an

Ich habe mich schon immer mit dem Land und den Leuten identifiziert. Es waren Andere, die gesagt haben: „Wenn die Deutschen so zu Deutschland stehen würden, wie du das tust, wäre es ein anderes, ein besseres.“ Ich, als einer, der früher in den Diensten der deutschen Wirtschaft unterwegs war, habe die Deutschen, Deutschland und besonders die deutsche Wirtschaft bewundert und immer hochgehalten. Ich war immer in der Lage, die Deutschen davon zu überzeugen, was sie an Deutschland haben, fast neige ich zu sagen: hatten.

Immer waren sie on top, weil innovativ und qualitativ auf dem höchsten Niveau, egal was sie machten. Deutschland hatte sich eine Zeit lang mit allen Ländern gutgestellt. Die bilateralen Abkommen sicherten deutschen Unternehmen immer optimale Absatzkanäle. Oftmals habe ich auch den umgekehrten Job ausgeführt und ausländische Unternehmen nach Deutschland geführt, die hier eine Kapitalgesellschaft gründeten, um so besser in alle Richtungen exportieren zu können. Das Büro des jeweiligen ausländischen Unternehmens war von einem Einzigen besetzt, der in Personalunion Geschäftsführer und Sekretärin zugleich war und die Rechnungen schrieb. Wenn die Rechnungssteller deutsche Unternehmen waren, lief es problemloser ab.

Um die guten bilateralen Beziehungen aufrechtzuerhalten, sahen die deutschen Regierungen, damals wie heute, über alle Schandtaten des Gegenübers hinweg. Menschenrechte, Frauenrechte, Meinungsfreiheit, Freiheit und Gerechtigkeit – ja, dafür stand und steht Deutschland, aber nicht in der Umsetzung. Denn letztendlich war es den Regierenden egal, mit wem man zu tun hat, Hauptsache, der deutschen Wirtschaft ging es gut.

Die Ampel sprang auf einmal auf Rot für die deutsche Wirtschaft

Nicht, dass wir vor der Ampel prachtvolle Regierungen hatten, nur hatten diese erkannt, dass Deutschland nur funktioniert, wenn es der Wirtschaft gutging. So agierten sie auch. Seit der Ampel ist es anders. Nicht, dass denen nicht auch egal ist, mit wem man Geschäfte macht, oder zu wem man sich gutstellt, nein, sie erschweren es der eigenen Wirtschaft, konkurrenzfähig zu bleiben, schon auf deutschem Grund und Boden. „Die deutsche Wirtschaft findet immer Wege und Möglichkeiten“, sage ich. Das Problem ist aber, dass die Wege und Möglichkeiten mittlerweile automatisch bedeuten, ins Ausland zu gehen. Weg aus Deutschland. Manche tun es komplett, andere verlagern lediglich einige Produktionsschienen dorthin – wie etwa gerade der Miele-Konzern –, nur um weiter existieren zu können, und wieder andere gehen bankrott.

Der Schaden für Deutschland ist enorm, zumal wir mittlerweile Millionen von nicht arbeitswilligen, ins Land geholten Menschen zu versorgen haben, die in diesem Leben niemals arbeiten werden. Wer soll in die Rentenkasse zahlen? Gleichzeitig gibt es immer weniger Unternehmen, weniger Steuereinnahmen, wenn die Umsätze im Ausland gemacht werden. Die bestehende Last durch weniger Steuereinnahmen wird zur Folge haben, dass die Besteuerung der noch im Lande verbliebenen Unternehmen noch höher ausfallen wird. Also wieder die Beschneidung der Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen durch die eigene Regierung, mit dem Nebeneffekt, dass alles teurer wird und die Inflation noch schneller galoppiert.

Der Aggressor gegen Deutschland ist Deutschland selbst

Letztens sah ich eine Auflistung der Krisenherde weltweit. Dort wurde in der ersten Spalte das angegriffene Land aufgeführt und in der zweiten Spalte der Aggressor. Wie zum Beispiel die angegriffene Ukraine und der Aggressor Russland. Die Liste hätte man noch um eine Nation ergänzen können, nämlich um Deutschland. Der Aggressor, der gegen das angegriffene Deutschland operiert, müsste dann heißen: „Deutschland“, nämlich die deutsche Regierung.

Kommen wir wieder zu den Türkeistämmigen, die dem früheren Deutschland nachweinen. Ich kann bestätigen, dass der klardenkende Türkeistämmige, der damals als Gastarbeiter ins Land kam, sowie dann die nächsten Generationen, die Veränderungen viel genauer registrierten als die Bio-Deutschen, stehen sie doch zumeist auf den beiden Seiten der Gesellschaft. Mal dabei, mal draußen. Diese Menschen waren und sind in einem ständigen Kampf, um sich in dieser Gesellschaft zu etablieren und anerkannt zu werden. Sie kämpfen gegen Rassismus ihnen gegenüber, auch wenn viele von Hause aus selber Rassisten und Antisemiten sind (gemeint sind vor allem Moslems).

Als ich meinen Lebensmittelpunkt zeitweilig im Ausland hatte und fast jeden Monat nach Deutschland flog, konnte ich es umso deutlicher sehen, wie Deutschland, mein Deutschland von früher, abbaute. Auf allen Ebenen. Ich konnte förmlich sehen, dass gewisse Straßenzüge mit leerstehenden Ladenlokalen nur noch ein tristes Bild abgaben, das nicht besser wurde. Auch das Straßenbild veränderte sich in Bezug auf die Bevölkerung.

Die Pfeile zeigen nur nach unten

Das Land baute ab, ohne sich zeitweilig zu erholen. Dann kam das Jahr 2015, mit der unsäglichen Feststellung: „Wir schaffen das!“ Bei einem Torero würde es „Der Todesstoß“ heißen. Inkompatible Menschen, die nicht integrierbar sind, zumal sie die Mehrheitsgesellschaft, nämlich die Christen, Ungläubige nennen und auch sonst den Deutschen nicht wohlgesonnen sind. Wer mich liest, wird wissen, dass ich gegen die „Flüchtlingsflut“ (zu 99 Prozent illegale Einwanderer) bin. Aber wenn sie schon mal hier sind, betreue ich als Erziehungsbeistand Jugendliche, damit sie vielleicht doch noch die richtige Abzweigung nehmen (Achgut berichtete).

Im März steht eventuell, wenn ich es nicht abwenden kann, mein geschäftlicher Ruin an (Ahmet Refii Dener ist als Unternehmensberater tätig, Anm. d. Red.). Zumal ich während der Pandemie als Solounternehmer Hilfe des Landes in Anspruch nahm. Jetzt soll ich das, was als Hilfe, nicht Überbrückungshilfe, gegeben wurde, zurückzahlen. Das müssen nur die, die ihr Leben lang Steuern bezahlt haben und sich nicht zuschulden kommen ließen. Muss einer der „New Germans“, der neu Zugewanderten, jemals was zurückbezahlen? Never ever!

Bei mir muss alles Sinn machen, damit ich mich mit dem Gedanken und dem Geschehen anfreunden kann. Die Bauerndemos erweckten in mir das Gefühl, als könne es dabei tatsächlich um etwas Gutes gehen, wobei ich bei dem Dickicht der Subventionen, die den Bauern zuteilwerden, nicht weiß, wer am Ende der eigentliche Nutznießer sein wird. Der Großbauer, fast ein mittelständisches Unternehmen, oder der Kleinbauer auch, oder beide?

Bei den Demos gegen rechts allerdings habe ich Schwierigkeiten zu verstehen, was da abgeht. Auf mich wirkt das wie eine Ruhepause der Regierung. Das Volk auf andere hetzen, um zeitweilig eine Atempause vor der Kritik zu haben, die ihnen von allen Seiten entgegenprasselt. Gegen eine Richtung, Ideologie, Partei und andere zu demonstrieren, die derzeit keine Machtinstrumente besitzen… Was soll das bringen? Sich wohlfühlen, für ein Wochenende unter denen zu sein, die auf die Straße gehen, nichts riskieren, zumal die Polizei sich einem nicht in den Weg stellen kann, weil alles auch von der Regierung für gut befunden wurde… Ist es das? Was soll das bringen?

Ich für mein Empfinden würde gegen die demonstrieren, die die Rechten stark machen, nämlich gegen die Ampel. Es würde nichts bringen, leider denken die Menschen so, die ebenfalls wissen, wer die Schuld trägt, warum die AfD so stark wurde und wird. Sicher würde man solche Demos nur kurz dulden, bis dann die Polizei aufmarschiert. Auch sind solche Demos nicht einfach durchzuführen, denn es reicht, wenn auch nur eine AfD-Flagge unter den Demonstranten zu sehen ist. In den Medien würde dann nur das Foto dieser einen Flagge stehen, um den Mainstream zu bestärken. Es sind wieder mal die Rechten! In der Zeit kann die Ampel die Demontage Deutschlands in Ruhe weiter vorantreiben und das Volk weiter in Gute und Böse spalten.

 

Ahmet Refii Dener, geb. 1958, ist deutsch-türkischer Unternehmensberater, Blogger und Internet-Aktivist aus Unterfranken. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und seinem Blog.

Foto: ARD

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Leserpost

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Thorsten Lehr / 09.02.2024

@ Wilhelm Lohmar: D´accord! Und der erste Schritt zur Heilung wäre es, die Hauptverantwortliche ˋGrößte Kanzlerin aller Zeiten ´ zu verhaften, vor ein Tribunal zu stellen und für den Rest ihres Lebens einzusperren. P.S.: Robert Habeck ist ein Vollpfosten! Meine Meinung!

finn waidjuk / 09.02.2024

Ein langer Artikel, für den Frau Dr. Weidel aber nur einen einzigen Satz brauchte: “Diese Regierung hasst Deutschland”.

Wilhelm Lohmar / 09.02.2024

Kurz gesagt: Deutschland leidet an einer gesamtgesellschaftlichen Autoimmunerkrankung.

gerhard giesemann / 09.02.2024

DE ist unter den Schlägen des herein brechenden Islam zum “eigenen Feind” geworden, wenn überhaupt. Halte die Behauptung, DE sei sein eigener Feind für völlig überzogen, kann ich nichts damit anfangen. Sorry.

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