Erdogan: Vom Balkon gestürzt?

Erdogan wurde bei den Kommunalwahlen abgestraft. Nichtsdestotrotz hielt er traditionell eine Balkonrede. Wie geht es jetzt für die Türkei weiter?

Immer wieder wunderte man sich, wie die türkische Bevölkerung die Situation in der Türkei (mehrheitlich) aushielt. Die Ergänzung „mehrheitlich“ muss sein, denn etwa 10 Prozent der Türken ist so ziemlich alles egal, was passiert; sie lassen es sich gutgehen. Die galoppierende Armut nimmt derartige Formen an, dass Menschen, die ihre Miete nicht bezahlen können, auf der Straße landen oder bei Verwandten unterkommen müssen.

Die offiziell errechnete Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie liegt bei 52.000 Türkischen Lira (TL) (circa 1.300 Euro), während der monatliche Mindestlohn bei 17.002 TL (circa 430 Euro) liegt. Da man penibel rechnet, kommen 2 TL an letzter Stelle raus, was nach dem aktuellen Umtauschkurs etwa 5 Cent entspricht. Es gibt 8 Millionen Arbeitslose, jedoch ist auch diese Zählweise interessant. Wer sich in den letzten drei Monaten nicht bei der türkischen Arbeitsagentur gemeldet hat, um einen Job zu finden, gilt nicht als Arbeitsloser. So ist die tatsächliche Zahl vermutlich doppelt so hoch, weil die meisten die Hoffnung aufgegeben haben, einen Job zu finden.

Und aus einem weiteren Grund ist die echte Arbeitslosenquote wahrscheinlich noch wesentlich höher. Wie sollte es anders sein, wenn ein Land die Zahl der (vor allem syrischen) Flüchtlinge mit „circa“ angibt und dabei eine Zahl von 7 bis 10 Millionen nennt, mit dem Zusatz, es könnten aber eher mehr sein. Nicht alle wurden registriert, daher basieren Schätzungen auf diesen vagen Angaben.

Mitarbeiter gesucht

Wie in Deutschland, so hängt auch in der Türkei an jedem Laden oder jeder Fabrik ein Schild: „Mitarbeiter gesucht.“ Doch während man in Deutschland von vornherein weiß, was am Ende des Monats auf dem Konto sein wird, ist das in der Türkei ein Glücksspiel. Die meisten Arbeitgeber, besonders Ladenbesitzer und Kleinbetriebe, melden ihre Mitarbeiter nicht offiziell an. So müssen sie zu einem Hungerlohn, oft ohne Krankenversicherungsschutz, arbeiten. Ist der Arbeitgeber am Monatsende zahlungsunfähig, heißt es: „Du bist noch in der Probezeit“, als ob dann kein Geld fällig wäre. So bleiben Mitarbeiter vielleicht einen Monat, getrieben von Hoffnung, und geben dann auf.

Von der Bevölkerung von circa 85 Millionen Menschen dürften über 20 Millionen arbeitslos sein. Dazu kommen die unter 19-Jährigen, deren Zahl im Jahr 2023 19,2 Millionen betrug. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Kinder und Jugendlichen noch nicht arbeiten (in der Türkei nicht unüblich), sind es abermals Menschen ohne Einkommen. Damit kommen wir auf 40 Millionen Menschen, die von anderen Familienangehörigen getragen werden müssen. Zusätzlich gibt es 15 Millionen Rentner, die 10.000 TL (circa 250 Euro) Rente erhalten. Dabei muss man berücksichtigen, dass die Armutsgrenze für eine ledige Person 19.630 TL (circa 490 Euro) beträgt, also fast das Doppelte der Rente.

23 Millionen Pfändungsbeschlüsse

Am 11. Januar 2023 gab es 23.000.000 Pfändungsbeschlüsse, die rechtskräftig waren. Selbst wenn wir von nur Drei-Personen-Haushalten ausgehen, würde das bedeuten, dass fast jeder Haushalt davon betroffen wäre.

Die oben genannte Situation bestand schon vor den Parlamentswahlen am 14. Mai 2023, bei denen Erdogan mit einem Vorsprung von 5 Prozent gewann. Dafür setzte er 95 Prozent der Medien der Türkei rund um die Uhr ein, selbstverständlich auf Staatskosten. Die Opposition hatte also, wie jetzt bei den Kommunalwahlen am 31. März 2024, immer den Staatsapparat und die staatlichen Finanzmittel, die aus ihren Steuern bezahlt wurden, gegen sich. Dass auch der gesamte Fuhrpark des Staates und der AKP-geführten Städte und Gemeinden bei den Wahlen eingesetzt wurde, musste von der Opposition stillschweigend hingenommen werden. Was hätte man auch dagegen tun können?

Eine einzige schmutzige Kampagne

Die Kommunalwahlen am 31. März machte Erdogan zur Chefsache. Die jeweiligen OB-Anwärter der Opposition in den Metropolen hatten immer ihn und die ganzen Minister aus Ankara gegen sich. Fast spielte der jeweilige Regional-Kandidat von Erdogans AKP keine Rolle. Um noch zu unterstreichen, wie wichtig ein Sieg für Erdogan ist, betonte er: „Das dürften meine letzten Wahlen sein.“ Eigentlich hätte er schon das letzte Mal nicht gewählt werden dürfen, wenn er sich an die Verfassung gehalten hätte, aber ein Erdogan hält sich an nichts und regiert nach Lust und Laune.

Die gestrige schwere Niederlage war schon einige Tage vorher absehbar. Das muss ihm und seinen Leuten bekannt gewesen sein, sodass sie es schon frühzeitig verdauen konnten. Den Eindruck konnte man nach der Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse gewinnen. Die Niederlage war zu klar, als dass sich ein Dagegenstemmen, wenn auch nur verbal, gelohnt hätte. Zählt man die Einwohnerzahlen der an die Opposition verlorenen Städte und Gemeinden, so hat Erdogan über zwei Drittel der Türkei verloren. Allein Istanbul mit 16 Millionen Einwohnern und Ankara mit 6 Millionen machen über ein Viertel der türkischen Bevölkerung aus. Die sozialdemokratische CHP erreichte ein nie dagewesenes Hoch von 38 Prozent der Stimmen. Erdogans Partei folgt ihr mit 37 Prozent dicht auf, wobei die AKP ohne Erdogan wahrscheinlich unter ferner liefen gelandet wäre. Aber da sind noch die nationalistischen MHP-Stimmen des Koalitionspartners mit dabei. So steht die Erdogan-Partei allein nur bei knapp bei 30 Prozent.

Die Balkonrede ist eine Sucht

So sieht es jedenfalls aus, denn erst für 23:30 Uhr Ortszeit wurde am Wahlabend die Balkonrede angekündigt. Ich wollte unbedingt hören, was er zu sagen hatte, und auch seine Körpersprache bewerten. Am Ende musste ich feststellen, dass er nichts zu sagen hatte. Die Statisten waren wie üblich herangekarrt worden und feierten ihn, als sei man aus den Kommunalwahlen erfolgreich hervorgegangen. Er gab auch zu, dass die kleine Menge herbeigerufen wurde, sagte er doch: „Ihr seht, ein Anruf genügt, und ihr seid gekommen.“ Diese Herangekarrten sind ein lustiges Völkchen. Stellt man ihnen eine Frage wie zum Beispiel: „Werdet ihr bei den Wahlen die AKP wählen?“, antworten sie: „Jaaa!“ Danach ist es egal, welche Frage man stellt, auch wenn die Antwort „Nein“ heißen müsste, sagt diese Gruppe, einmal in Schwung gekommen, immer weiter „Ja“. Es gibt viele Videos, die anschließend viral verbreitet werden, die dies belegen.

Vieles war anders bei dieser sogenannten Balkonrede. Sein Tross an Ministern oder sonstigen Personen, die sich gerne in der Nähe des Präsidenten aufhalten, war nicht anwesend. Zum einen musste man sich fragen, warum nach einer Kommunalwahl der Präsident eine Rede halten muss. Er fing religiös an, wünschte alles Gute für den Ramadan-Monat und schwenkte dann zum Gazastreifen um, zu den armen Glaubensbrüdern, die unter Israel zu leiden hätten, und so weiter. Die verheerende Niederlage bei den Kommunalwahlen gab er jedoch nicht zu. Er sagte lediglich: „Wir haben an Höhe verloren, und wir werden analysieren, woran das lag.“ Es liegt natürlich an ihm, aber sicher tragen seine Berater das nicht ihm zu. Man merkte ganz genau, dass die Luft bei ihm raus ist. Am verdächtigsten wirkte seine Frau Emine. Sie stand mit versteinertem Gesicht da, wo sonst nur immer ein Lächeln zu sehen war, bei solchen Gelegenheiten.

Istanbul entscheidet!

Istanbul hat Erdogan, außer als er Oberbürgermeister wurde, nie wieder gewinnen können. Dabei darf man ruhig Erdogan zitieren, der schon oft gesagt hat: „Wer Istanbul gewinnt, gewinnt die Türkei!“ Istanbul ist nicht irgendeine Metropole. Mit 16 Millionen gezählten Einwohnern (mit den ohne Anmeldung dort lebenden sicher über 20 Millionen), steht sie für 31 Prozent der Wirtschaftsleistung der Türkei. Darüber hinaus haben fast alle Produktionsbetriebe eine Dependance in Istanbul. Die Stadt ist nach Wirtschaftsleistung und Einwohnerzahl größer als so manches Land auf der Erde.

Was dem Außenstehenden oder dem Ausland nie auffiel, ist die Tatsache, dass Istanbul schon immer gegen Erdogan war. Selbst wenn er die Wahlen in der Türkei gewann, hat er Istanbul nie gewonnen. Jetzt könnte von Istanbul aus ein Funke über die gesamte Türkei gesprungen sein. Das wäre zu hoffen.

Das ist jedoch nicht ausschließlich als Erfolg der Opposition zu bewerten. Die extremen Schlammschlachten der Kandidaten und Kandidatenanwärter wurden von den Wählern registriert und stießen auf Ablehnung. Ein ums andere Mal blamierten sie sich, sodass man denken musste: Sie schaffen es wieder nicht!

Die schlechte Wirtschaftslage half nach

Die Masterfrage der letzten wirtschaftlich bitteren Jahre war: „Wie leidensfähig können die Türken noch sein, dass sie selbst leiden, aber immer noch diesem Mann folgen, der die Ursache ihres Leidens ist?“

Im Jahr 2024, im 101. Jahr der Republik, passierte nun eine Änderung. Dabei muss man auch erwähnen, dass Erdogan und seine Leute es geschafft haben, das 100. Jahr der Republik nicht zu feiern. Oben erwähnte ich, wie weit unterhalb der Armutsgrenze die Mindestlöhne und die Renten liegen, aber noch verständlicher wird die Situation, wenn man die Inflationsrate von über 100 Prozent kennt.

Die Mieten in Istanbul stiegen in einem Jahr um 100 Prozent und in der mittelanatolischen Konya sogar um 130 Prozent, wie letzte Woche zu hören war. Jetzt bitte nicht denken, dass das nur im letzten Jahr so war. Ein Beispiel: 2017 zahlte ich 700 TL Miete, als ich im schönen Alanya unter der Sonne wohnte, für 100 Quadratmeter, nur 100 Meter vom Strand entfernt. Heute kann man zu dem Preis 1 Kilo Fleisch kaufen.

Seit über 70 Jahren ein Devisendefizit

Die Türkei hat 500 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden. Diese Zahl wurde Ende März vom Schatzamt veröffentlicht. 202 Milliarden Dollar schuldet der Staat, der Rest sind die Schulden der privaten Wirtschaft. Im Jahr 2024 muss die Türkei 80 Milliarden Dollar an Schulden zurückzahlen. Die Frage ist, wie das gehen soll. Man stellt sich diese Frage jedoch schon seit den letzten 10 bis 12 Jahren, und irgendwie verschuldet man sich immer wieder neu und bedient die Raten durch neue Schulden. Dabei muss man noch etwas wissen, was dem Außenstehenden verborgen bleibt.

Seit 1952 importiert die Türkei immer mehr, als sie exportiert. Daher besteht seit über 70 Jahren ein Devisendefizit. Die Exportgewinne sind recht niedrig, da man nicht auf High-Tech setzt, sondern nur über den Preis verkauft. Billiger und immer billiger müssen türkische Produkte sein, damit man konkurrenzfähig bleibt. Dann gibt es noch die Türkei als Tourismusland, sodass man denken könnte, dass dadurch viel wettgemacht wird. Dem ist jedoch leider nicht so. Auch hier lautet die Maxime, damit man konkurrenzfähig bleibt: All-Inclusive und immer günstiger.

Die Statistiken besagen, dass der Türkei-Tourist heute genauso viel oder wenig ausgibt wie im Jahr 2005! Seitdem sind 19 Jahre vergangen. Selbst, wenn jemand keine Ahnung von der Wirtschaft hat, wird er wissen, um wie vieles seit 2005 alles teurer geworden ist. Allein die Stromkosten haben sich von 2011 bis 2024 neunzehnfach erhöht. Bei nominal gleichbleibenden Einnahmen pro Tourist müssen alle Kosten seitens der Hoteliers beziehungsweise der Tourismusindustrie kompensiert werden. Summa summarum gibt es keine überbleibenden Deviseneinnahmen, die man für den Schuldendienst verwenden könnte.

Der von Erdogan verhasste IWF kommt ins Spiel

Erdogan, ein selbsternannter Wirtschaftsexperte, hasst den IWF (Internationaler Währungsfonds) wahrscheinlich, weil dieser immer vorschreibt, wie die Wirtschaft laufen soll, wenn er einem Land Geld gibt. Das bedeutet am Ende, den Gürtel noch enger zu schnallen und zu sparen, zu sparen, zu sparen. Aber damit gewinnt man keine Wahlen. Jetzt, wo er die nächsten vier Jahre keine Wahlen mehr gewinnen muss, könnte man eigentlich versuchen, die Wirtschaft zu sanieren, aber da gibt es noch einen gewaltigen Haken. Die Buchführung wurde in den letzten 10 bis 15 Jahren nicht gemacht. Die Türkei weiß nicht, was noch da ist oder nicht. Kann man solch einer Wirtschaft Geld leihen? So etwas ähnliches wie den Bundesrechnungshof hatte die Türkei auch mal. Sicherheitshalber hat Erdogan ihn um 2010 herum aufgelöst.

Die Bonität ist seit über einem Jahrzehnt am Boden, und Geld gibt es nur zu horrenden Zinsen, wenn überhaupt. Die Saudis, Katarer und China haben der Türkei in den letzten Jahren mit 20 bis 30 Milliarden über die Runden geholfen. Aber nicht ohne etwas dafür zu bekommen. Wohlwissend, dass die Türkei die Schulden nicht bezahlen kann, eigneten sie sich Unternehmen und vor allem sehr wertvolle Grundstücke an. Besonders Katar könnte außerhalb von Katar in der Türkei die Republik Katar ausrufen, so viel Land gehört ihnen.

Was genau ihnen gehört, kann man nicht feststellen. Der Grund ist einfach. Wer in der Türkei eine Immobilie im Wert von 250.000 US-Dollar kauft – dieser Betrag wird in Türkischen Lira ständig neu festgelegt – bekommt die türkische Staatsbürgerschaft hinterhergeschmissen. So kaufen am Ende Neutürken die Grundstücke, auch wenn Katar oder eine andere Nationalität dahintersteckt. Es reicht aber auch, wenn man eine türkische Kapitalgesellschaft gründet und die Grundstücke kauft. So können die Investitionen ebenfalls nicht Katar und anderen Ländern zugeordnet werden.

Schlimmer dran als Griechenland damals

Seit einem Jahrzehnt ist die Türkei schlimmer dran als Griechenland damals, als die EU zur Rettung einspringen musste. Aber aufgrund der Größe der Wirtschaft und der geopolitisch wichtigen Lage als Puffer zwischen Europa und der Nahost-Arena hilft man der Türkei über die Hürden. Das geschieht vor allem so, dass man auf gewisse Beträge verzichtet, die eigentlich fällig wären, oder diese prolongiert. Die Türkei darf nicht bankrottgehen. Es bleibt spannend, zumal wir noch nicht wissen, was Erdogan für Pläne hat, um sich über die verbliebene Zeit als Präsident zu retten. Wahrscheinlich wird er mit seinen 69 Jahren eher die vier Jahre absitzen, ohne etwas Neues zu versuchen.

Der politische Ziehvater von Erdogan, der verstorbene Necmettin Erbakan (Mitbegründer der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung, in Deutschland immer wieder unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes), spielte in der türkischen Politik mit seiner Selamet Partisi (Heilspartei), später Refah Partisi (Wohlstandspartei) immer eine Rolle. Jahre später rückte sein Sohn, Fatih Erbakan, mit der Yeniden Refah Partisi in den Fokus. Der Parteiname ist Programm. Sie heißt nicht Neue Wohlstands-Partei, sondern „Wieder Wohlstands Partei“. So nimmt der Sohn die Anhänger des Vaters, ein Prachtexemplar des politischen Islams, gleich mit ins Boot.

Vor den Kommunalwahlen wollte er mit der AKP von Erdogan in Koalition gehen, aber stellte bewusst nicht akzeptable Forderungen. Er verlangte zum Beispiel die Verdopplung der Renten als Bedingung für eine Koalition beziehungweise Kooperation. Das war von Erdogan nicht erfüllbar, aber es weckte bei den Rentnern den Eindruck, dass er diesen Wunsch umsetzen könnte, wenn er an die Macht käme. Am 31. März 2024 holte Fatih Erbakan 6 Prozent der Stimmen und auch einige Gemeinden und Großstädte. Das ist eine Hausnummer für die zukünftigen Wahlen in vier Jahren.

Für die Sozialdemokraten (CHP) heißt es jetzt, mit Atatürk im Rücken, die Türkei mit einer starken und glaubwürdigen Oppositionsarbeit in die laizistische Spur zurückzuführen. Seit dem 31. März lachen die Menschen wieder und haben Hoffnung geschöpft. Im Nacken werden sie die neue Partei von Erbakan Junior spüren. Zumindest wird die Partei bei den nächsten Wahlen so stark sein, dass man mit ihr koalieren muss. Dieses könnte auch mit der AKP funktionieren. Dass die Türkei sich in naher Zukunft vom politischen Islam lösen kann, scheint sehr unwahrscheinlich. Dafür müsste die sozialdemokratische CHP zu viel, eigentlich alles, richtig machen, um die Türkei zumindest zeitweise vom politischen Islam zu befreien.

Ein Wirtschaftsplan muss her

Nur eine CHP-geführte Regierung würde die Türkei wieder zur parlamentarischen Demokratie zurückführen. Dieses wäre auch für Erdogan momentan ein Schachzug, denn mit der knappen Mehrheit würde die AKP immer noch die Regierung bilden und den Ministerpräsidenten stellen, der dann, wie damals Erdogan, das Land führen könnte.

Die Türkei hat zukünftig gewaltige Probleme zu lösen. Wie soll es mit bald 10 Millionen Flüchtlingen weitergehen? Die meisten Kinder dieser Familien besuchen keine Schule. Wo werden sie am Ende landen? Dass das Land ins Chaos steuert, ist ebenfalls eine Möglichkeit, an die man nicht denken möchte. Die Türken und die syrischen Flüchtlinge sind währenddessen nicht gerade Freunde geworden.

Ohne einen soliden Wirtschaftsplan ist es undenkbar, dass der Internationale Währungsfonds Gelder freigibt. Nur der IWF kann der Türkei helfen. Nur er hat die Mechanismen, den Geldfluss zu kontrollieren. Aber eher wird der Meister die vier Jahre aussitzen, ohne viel zu tun. Zuerst wird er die Wähler, über die Städte und Gemeinden, irgendwie bestrafen, weil sie die Opposition gewählt haben. Seit Jahren können U-Bahn-Linien in Istanbul und anderswo nicht gebaut werden, weil er seine Unterschrift nicht unter die nötigen Papiere setzt. Denn er ist nicht der Präsident aller Türken, sondern der Seinen, obwohl, gefühlt haben die auch nichts davon, außer den Leuten in seiner Umgebung.

Alles Gute, Türkei, es warten noch schwierigere Jahre voller Entbehrungen und Armut auf Dich.

 

Ahmet Refii Denergeb. 1958, ist deutsch-türkischer Unternehmensberater, Blogger und Internet-Aktivist aus Unterfranken. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und seinem Blog.

Foto: DonkeyHotey CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

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Lutz Liebezeit / 02.04.2024

Die Regierung Schröder mit ihren Deutschlandhassern Fischer und Schily hat mit seiner Asylgesetzgebung, der kriminellen VISA-Affäre, Sozialgrosszügigkeit für Schengenraumbewohner und der “Umwandlung in ein Einwanderungsland” aus Deutschland ein Sieb gemacht. Kohl hatte mit dem Mahnmal den Grundstein gelegt. Das hat man bis heute nicht begriffen. Mit der Aggression gegen Ausländer, hier Türken, gießt man nur Wasser auf die Mühlen der “Rechtsindustrie”, die sich davon legitimiert fühlt. Zudem macht man sich die Migranten im eigenen Land zu Feinden. Das ist genau das, was die wollen. Die Parteien waren das Problem und das wollte man schon damals nicht begreifen. Das Resultat ist auch die Folge der Begriffsstutzigkeit. Das Internet war unser Todesurteil, wie es so lapidar heißt: viele Köcher verderben den Brei. Was hier abgegangen ist, war massenhafte Stümperei.

Roland Völlmer / 02.04.2024

Kann es sein, dass Hr. Erdogan die Wirtschaft gar nicht an erster Stelle sieht, sondern die Religion und die Machtstellung der Türkei? Kann es sein dass er von einer zukünftigen Regionalmacht Türkei träumt, die weder von der USA, noch von Russland und schon gar nicht der EU beherrscht wird? Die ihren Auftrag erfüllt, nämlich den Islam nach Europa zu bringen? Dann sollten wir ihn beim Träumen nicht stören, denn träumen ist schöner als aufwachen. Er wird nur wütend sein wenn er erkennen muss, dass er es nicht geschafft hat.

Lutz Liebezeit / 02.04.2024

Sparen ist der falsche Weg, um eine lahmende Wirtschaft in Fahrt zu bringen. Man muß in Bildung und Infrastruktur investieren. / Die halbe Türkei scheint nach Deutschland gekommen zu sein, dann ist die lahmende Wirtschaft der Grund? Das ist das größte Kontingent, aber die meisten kriegen kein Asyl und bleiben trotzdem? Wie kann das eigentlich sein? Ich denke sowieso, daß der Anspruch Schabernack ist, weder befreit sich die Frau aus ihrem Umhang noch kennen die einen anderen Weg als ins Kaufhaus. Wir wären besser gefahren, hätten wir die Tore geschlossen gehalten und VW hätte Produktion in die Türkei verlagert. Damals war ja genug da. Da hätten alle was von gehabt, während wir jetzt in einer durch und durch rassistischen Sche—atmosphäre leben müssen. Schon die Ausländer-Kinder werden rassistisch gegen die Deutschen aufgehetzt.

gerhard giesemann / 02.04.2024

Erdi: Macht fünf Kinder, nicht bloß drei. Jetzt haben sie den Salaat. Halten wir sie fern. Sonst haben wir noch mehr Salaat. Porca miseria. Schahāda (islamisches Glaubensbekenntnis) Salāt (Pflichtgebet) Zakāt (Almosengabe) Saum (Fasten im Ramadan) Haddsch (Pilgerfahrt nach Mekka)

Ralf Pöhling / 02.04.2024

Ich weiß nicht ob das Absicht war, Herr Dener, aber Sie haben hier gerade wunderbar beschrieben, wie das funktioniert mit der Ausbreitung des radikalen Islam und der parasitären Übernahme eines ganzes Landes. Die kaufen sich ganz banal ein und wer sich dagegen verweigert, der bekommt dann Druck durch deren Einflussagenten. Also Zuckerbrot und Peitsche. Ist hier in Deutschland und selbst den USA genauso. Da wird mit sehr viel Geld bzw. “Investitionen” geködert, also bestochen und dann werden Forderungen gestellt. Natürlich alles hinter verschlossenen Türen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und wenn dem Bestochenen dann plötzlich Gewissensbisse kommen ob des Verrats des eigenen Landes, wird er durch infiltrierte Agenten erst unter Druck gesetzt, damit er weiter die Linie hält, oder sogar ausgeknipst, wenn er sich dem verweigert. Ich habe deren Schergen schon seit Jahren auf der Pelle, weil ich nicht bestechlich bin und mir mein Ruf scheißegal ist. Ich bin also auch nicht erpressbar. Dummerweise gilt das für die meisten in Politik, Wirtschaft und leider auch Sicherheitsapparat nicht. Gerade die Infiltration in den Sicherheitsapparat ist absolut tödlich, denn der Sicherheitsapparat hat Befugnisse, Informationen und Ausrüstung, die die Normalbevölkerung nicht hat. Wenn ich ein Land übernehmen will, infiltriere ich als erstes seinen Sicherheitsapparat mittels Bestechung, Gehirnwäsche und dann durch direkte Platzierung von Personal. Die meist unbewaffnete und uninformierte Zivilbevölkerung kann dagegen deshalb nicht vorgehen, weshalb der Staatsstreich dann relativ widerstandslos gelingt. Das klappt aber alles nur so lange, wie diese Vorgehensweise nicht erkannt und der Öffentlichkeit publik gemacht worden ist, denn je mehr die Welt dabei zuschaut, desto schwieriger wird es, den Staatsstreich heimlich durchzuziehen. Weshalb das Volk dann ab einem gewissen Punkt ob der Ansammlung an Auffälligkeiten aufwacht. In der Türkei scheint das gerade zu passieren.

Hans-Joachim Gille / 02.04.2024

Da fragt man sich, wie die Opposition an der Macht die Krise in den Griff kriegen soll? 70% Inflation, trotz der Überweisungen von Mio. von Türken, zB aus Deutschland. Nach einem Jahr ist die verdiente Türkische Lira quasi Toiletten-Papier. Viele Leistungen, wie zB Krankenversicherungen, aus dem von den USA über Deutschland verhängten Türkei-Vertrag, werden von Deutschland, welches die Türkei aus dem Analphabetismus geführt & die heutige Türkei aufgebaut hat, finanziert. Wann jemals hat die Türkei sich erkenntlich gezeigt? Deutschland sollte den Türkei-Vertrag sofort kündigen. Um klar zu kommen, muß die Türkei den Krieg gegen die Kurden im eigenen Land beenden, sich aus dem Iraq, Syrien & Libyen zurückziehen. Krieg ist extrem teuer. Dann muß natürlich die Armee mindestens halbiert werden. Aktuell 575tsd Mann, die nix arbeiten, bei Katastrophen versagen, wer soll das bezahlen? Die Staudamm-Projekte am Tigris & Euphrat müßten an Investoren verkauft werden. Eine weitere Option ist es, die Europäische Türkei, wie auch Istanbul an Orthodoxe Staaten, wie Rußland etc., zu verkaufen. In den nächsten 100 Jahren ist die Stadt militärisch eh nicht mehr zu halten. Grenzen verschieben sich auch in der heutigen Zeit. Das größte Übel, ähnlich in Griechenland, habe ich noch gar nicht erwähnt, die Korruption. Die verlangt radikale Maßnahmen.

gerhard giesemann / 02.04.2024

Allah gibt die vielen, vielen kleinen Türklein und er nimmt sie auch wieder - Kismet.

gerhard giesemann / 02.04.2024

Wenn wir die und das nicht fernhalten können oder wollen, dann sieht es bei uns bald auch so aus. Ich gönne es euch. Habt ihr euch redlich verdient. Mich ficht es nicht an.

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