„Watt isse ne Feiertach? Da stelle mer uns mal janz dumm…“. Ein Feiertag ist, laut Tante Wiki, „ein ‚Festtag‘…, ein der [öffentlichen] religiösen Feier gewidmeter Tag. Darunter wird allgemein ein arbeitsfreier Tag mit besonderer Feiertagsruhe verstanden. Alle Kulturen und Völker feiern regelmäßig bestimmte Ereignisse von gesellschaftlichem oder religiösem Rang. Diese sind oft durch die Rechtsordnungen der einzelnen Staaten besonders geschützt. Man spricht dann von gesetzlichen Feiertagen“.
In Deutschland kennen wir als religiöse Feiertage Ostern (zwei Tage), Pfingsten (zwei Tage), Weihnachten (zwei Tage) und den „Tag der deutschen Einheit“ (ein Tag, normalerweise mit traurigem Wetter und ernsten Gesichtern). Außerdem noch Silvester beziehungsweise Neujahr (eine Nacht mit anschließendem Tageskater) und den 1. Mai als „Tag der Arbeit“, den man in Hamburg und Berlin traditionell mit dem Anzünden großkalibriger Kfz und Steinwürfen auf die Polizei begeht. Daneben gibt es, je nach Bundesland und dessen Zusammensetzung der Bevölkerung, noch diverse Himmels- und Höllenfahrts- und Gedenktage. So beispielsweise den Rosenmontag, an dem es völlig unmöglich ist, in Köln irgendjemanden zu erreichen. Falls man das überhaupt je möchte.
Gelegentlich fliegt auch mal ein Feiertag raus (wie der Sedantag oder der 17. Juni), und der Buß- und Bettag wurde 1995 gestrichen, damit die Pflegeversicherung finanziert werden konnte. Gab und gibt es eine schönere Buße als ein pekuniäres Opfer aus Solidarität? Ich meine: ja. Aber das nur am Rande.
Feiertags-Schnapsidee einer Grünen-Abgeordneten
Bisher haben Sie nichts Neues erfahren. Ebenfalls nicht neu ist der alljährliche Blick auf den Kalender, denn wenn schon der Ostersonntag immer auf einen Sonntag fällt (sonst wäre er ja der Ostermittwoch oder so), so besteht doch die Wahrscheinlichkeit, dass Heiligabend an einem Montag oder Dienstag stattfindet (und damit auch Neujahr) und damit ein quasi inoffizieller Feiertag stattfindet, der sogenannte „Brückentag“. Das Ganze ist ein Lotteriespiel, mal gewinnt der Arbeitnehmer (und zwar bezahlte Freizeit), mal der Arbeitgeber (dann haben die Feiertage keine Auswirkung auf Waren- und Dienstleistungsproduktion). Nimm einen Tag Urlaub, hocke dafür drei Tage daheim. Sehr charmant! Gekniffen sind natürlich nach wie vor Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Anhänger „sonstiger“, die müssen Weihnachten auch zu Hause bleiben, ob es ihnen passt oder nicht. Das Zuckerfest und das Laubhüttenfest sind allerdings auch weit weniger „hyggelig“ als Weihnachten, da haben die Christen die Nase vorn, als Pantheist ohne überhaupt irgendeinen Feiertag kann ich das neidlos anerkennen (bis zu dem Tag, an dem der Urknall genau bestimmt werden kann)!
Jedenfalls: Diesen Blick in den Kalender hat auch die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke getan und für 2021 Entsetzliches festgestellt: Viele bewegliche Feiertage fallen dieses Jahr auf das Wochenende. Verdammtes Pech. Immer am Puls der Zeit, hat daher Frau Müller-Gemmeke angeregt, dass doch diese Feiertage als „Corona-Bonus-Tag“ an einem anderen Wochentag quasi „nachgeholt“ werden sollen. Weil es doch einem Arbeitnehmer mit Lohnfortzahlung und wenigstens 20 Tagen Urlaubsanspruch nicht zugemutet werden kann, an einem sonntäglichen Feiertag nicht zu arbeiten. Oder so. Zumal auch der „Tag der Nichtarbeit“ dieses Jahr auf einen Sonntag fällt. Frau Müller-Gemmeke möchte ihre Feiertags-Schnapsidee „unaufgeregt diskutieren“. Beispielsweise mit dem SPD-Fraktionsvizevorsitzenden (was ist DAS denn für eine traurige Funktion?) Dirk Wiese, der fände es „eine Anerkennung und einen einfachen Corona-Bonus, wenn der darauffolgende Montag dann frei wäre für die Beschäftigten“.
Abgesehen davon, dass die im Moment sowieso eher Unterbeschäftigten des Einzelhandels und der Gastronomie am „Corona-Anerkennungstag“ zu Hause bleiben müssten, weil sowieso alle Läden und Freizeiteinrichtungen während des immerwährenden Lockdowns geschlossen sind, würde auf die Wenigen, die einen Schritt in die freie Natur wagen, die folkloristische Jagd des Ordnungsamtes auf Masken- und Mindestabstandsverletzer stattfinden. Derzeit dürften Sonntagsfeiertage also das geringste Problem der wegen Kurzarbeit oder coronarer Arbeitslosigkeit zu Hause hockenden Nichtbeschäftigten sein. „Hoch die Hände! Wochenende!“ ist ein Phänomen der Vergangenheit, auch wenn natürlich „Geld bekommen für Nichtstun“ den grünen und linken Idealen höchst entspricht. Das Ganze erinnert an den Witz bei der Einführung der 35-Stunden-Woche, bei der der Funktionär in die Menge brüllt: „Und nächstes Jahr werden wir uns dafür einsetzen, dass nur noch mittwochs gearbeitet wird“ und sich aus der letzten Reihe die halblaute Frage „Vormittags oder nachmittags?“ vernehmen lässt.
Warum kein „Ich habe einen dicken Kopf vom Saufen“-Tag?
Frau Beate Müller-Gemmeke und Dirk Wiese scheint entgangen zu sein, dass ihre ebenfalls augenscheinlich nicht sonderlich pfiffigen Kollegen in EU, Bund und Ländern soeben einen volkswirtschaftlichen Schaden in Billionenhöhe angerichtet haben und Bund und Länder froh sein können, wenn es „da draußen im Lande“ (also in dem Gebiet, das hinter dem Graben um den Reichstag beginnt) noch Leute gibt, die Einkommen- und Lohnsteuer und ein paar Sozialabgaben zahlen. Und diese Leute einfach dieses Jahr in der Feiertagslotterie Pech hatten. Ansonsten hätten gerechterweise auch die Arbeitgeber, diese finsteren Halunken und dreckigen Ausbeuter, im nächsten Lotteriejahr einen sonntäglichen Arbeitstag als „Ausgleich für Brücken- und Feiertage unter der Woche“ zu fordern. Und das würden die Müller-Gemmeke-Wiesen dieser Republik dann als „ungerecht und gierig“ geißeln.
Weil ich aber nicht nur maulen will: Mein unaufgeregter Vorschlag wäre, dass sich jeder künftig seine Feiertage selbst aussuchen kann, also den „Ich habe einen dicken Kopf vom Saufen“-Tag oder den „Ich nehme heute einen Grippe“-Tag. Alternativ ginge aber auch der „Wir-schaffen-das“-Tag“, der IMMER auf den Fastnachts-Dienstag fällt und an dem wir Bürger allen unausgegorenen Schnapsideen unausgelasteter Politiker und ihrer größten Fehler und Versäumnisse gedenken. Die Dümmsten bekommen dann öffentlich einen schönen Preis verliehen. Beispielsweise eine U-Boot-Fahrt durch das Wattenmeer in einem Boot aus Styropor. Die Anwärterliste wäre jedenfalls lang und dafür würde ich auch zu Hause bleiben und mir das im Fernsehen ansehen. Oder im Preisverleihungskomitee mitwirken. Wäre das jetzt nix, Frau Beate „Fraktionslautsprecherin für Arbeitnehmerrechte“ (aber nicht für rechte Arbeitnehmer, Obacht, nicht verwechseln!) Müller-Gemmeke und Herr Vizestellvertretungsfraktionszweitvorsitzender Wiese?
(Weitere Feiertags-Geschichten des Autors unter www.politticker.de)
Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.