Thilo Schneider / 02.02.2021 / 15:30 / Foto: Timo Raab / 60 / Seite ausdrucken

Deutschland, deine Feiertage

„Watt isse ne Feiertach? Da stelle mer uns mal janz dumm…“. Ein Feiertag ist, laut Tante Wiki, „ein ‚Festtag‘…, ein der [öffentlichen] religiösen Feier gewidmeter Tag. Darunter wird allgemein ein arbeitsfreier Tag mit besonderer Feiertagsruhe verstanden. Alle Kulturen und Völker feiern regelmäßig bestimmte Ereignisse von gesellschaftlichem oder religiösem Rang. Diese sind oft durch die Rechtsordnungen der einzelnen Staaten besonders geschützt. Man spricht dann von gesetzlichen Feiertagen“.

In Deutschland kennen wir als religiöse Feiertage Ostern (zwei Tage), Pfingsten (zwei Tage), Weihnachten (zwei Tage) und den „Tag der deutschen Einheit“ (ein Tag, normalerweise mit traurigem Wetter und ernsten Gesichtern). Außerdem noch Silvester beziehungsweise Neujahr (eine Nacht mit anschließendem Tageskater) und den 1. Mai als „Tag der Arbeit“, den man in Hamburg und Berlin traditionell mit dem Anzünden großkalibriger Kfz und Steinwürfen auf die Polizei begeht. Daneben gibt es, je nach Bundesland und dessen Zusammensetzung der Bevölkerung, noch diverse Himmels- und Höllenfahrts- und Gedenktage. So beispielsweise den Rosenmontag, an dem es völlig unmöglich ist, in Köln irgendjemanden zu erreichen. Falls man das überhaupt je möchte.  

Gelegentlich fliegt auch mal ein Feiertag raus (wie der Sedantag oder der 17. Juni), und der Buß- und Bettag wurde 1995 gestrichen, damit die Pflegeversicherung finanziert werden konnte. Gab und gibt es eine schönere Buße als ein pekuniäres Opfer aus Solidarität? Ich meine: ja. Aber das nur am Rande.

Feiertags-Schnapsidee einer Grünen-Abgeordneten

Bisher haben Sie nichts Neues erfahren. Ebenfalls nicht neu ist der alljährliche Blick auf den Kalender, denn wenn schon der Ostersonntag immer auf einen Sonntag fällt (sonst wäre er ja der Ostermittwoch oder so), so besteht doch die Wahrscheinlichkeit, dass Heiligabend an einem Montag oder Dienstag stattfindet (und damit auch Neujahr) und damit ein quasi inoffizieller Feiertag stattfindet, der sogenannte „Brückentag“. Das Ganze ist ein Lotteriespiel, mal gewinnt der Arbeitnehmer (und zwar bezahlte Freizeit), mal der Arbeitgeber (dann haben die Feiertage keine Auswirkung auf Waren- und Dienstleistungsproduktion). Nimm einen Tag Urlaub, hocke dafür drei Tage daheim. Sehr charmant! Gekniffen sind natürlich nach wie vor Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Anhänger „sonstiger“, die müssen Weihnachten auch zu Hause bleiben, ob es ihnen passt oder nicht. Das Zuckerfest und das Laubhüttenfest sind allerdings auch weit weniger „hyggelig“ als Weihnachten, da haben die Christen die Nase vorn, als Pantheist ohne überhaupt irgendeinen Feiertag kann ich das neidlos anerkennen (bis zu dem Tag, an dem der Urknall genau bestimmt werden kann)!

Jedenfalls: Diesen Blick in den Kalender hat auch die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke getan und für 2021 Entsetzliches festgestellt: Viele bewegliche Feiertage fallen dieses Jahr auf das Wochenende. Verdammtes Pech. Immer am Puls der Zeit, hat daher Frau Müller-Gemmeke angeregt, dass doch diese Feiertage als „Corona-Bonus-Tag“ an einem anderen Wochentag quasi „nachgeholt“ werden sollen. Weil es doch einem Arbeitnehmer mit Lohnfortzahlung und wenigstens 20 Tagen Urlaubsanspruch nicht zugemutet werden kann, an einem sonntäglichen Feiertag nicht zu arbeiten. Oder so. Zumal auch der „Tag der Nichtarbeit“ dieses Jahr auf einen Sonntag fällt. Frau Müller-Gemmeke möchte ihre Feiertags-Schnapsidee „unaufgeregt diskutieren“. Beispielsweise mit dem SPD-Fraktionsvizevorsitzenden (was ist DAS denn für eine traurige Funktion?) Dirk Wiese, der fände es „eine Anerkennung und einen einfachen Corona-Bonus, wenn der darauffolgende Montag dann frei wäre für die Beschäftigten“.  

Abgesehen davon, dass die im Moment sowieso eher Unterbeschäftigten des Einzelhandels und der Gastronomie am „Corona-Anerkennungstag“ zu Hause bleiben müssten, weil sowieso alle Läden und Freizeiteinrichtungen während des immerwährenden Lockdowns geschlossen sind, würde auf die Wenigen, die einen Schritt in die freie Natur wagen, die folkloristische Jagd des Ordnungsamtes auf Masken- und Mindestabstandsverletzer stattfinden. Derzeit dürften Sonntagsfeiertage also das geringste Problem der wegen Kurzarbeit oder coronarer Arbeitslosigkeit zu Hause hockenden Nichtbeschäftigten sein. „Hoch die Hände! Wochenende!“ ist ein Phänomen der Vergangenheit, auch wenn natürlich „Geld bekommen für Nichtstun“ den grünen und linken Idealen höchst entspricht. Das Ganze erinnert an den Witz bei der Einführung der 35-Stunden-Woche, bei der der Funktionär in die Menge brüllt: „Und nächstes Jahr werden wir uns dafür einsetzen, dass nur noch mittwochs gearbeitet wird“ und sich aus der letzten Reihe die halblaute Frage „Vormittags oder nachmittags?“ vernehmen lässt.

Warum kein „Ich habe einen dicken Kopf vom Saufen“-Tag?

Frau Beate Müller-Gemmeke und Dirk Wiese scheint entgangen zu sein, dass ihre ebenfalls augenscheinlich nicht sonderlich pfiffigen Kollegen in EU, Bund und Ländern soeben einen volkswirtschaftlichen Schaden in Billionenhöhe angerichtet haben und Bund und Länder froh sein können, wenn es „da draußen im Lande“ (also in dem Gebiet, das hinter dem Graben um den Reichstag beginnt) noch Leute gibt, die Einkommen- und Lohnsteuer und ein paar Sozialabgaben zahlen. Und diese Leute einfach dieses Jahr in der Feiertagslotterie Pech hatten. Ansonsten hätten gerechterweise auch die Arbeitgeber, diese finsteren Halunken und dreckigen Ausbeuter, im nächsten Lotteriejahr einen sonntäglichen Arbeitstag als „Ausgleich für Brücken- und Feiertage unter der Woche“ zu fordern. Und das würden die Müller-Gemmeke-Wiesen dieser Republik dann als „ungerecht und gierig“ geißeln.

Weil ich aber nicht nur maulen will: Mein unaufgeregter Vorschlag wäre, dass sich jeder künftig seine Feiertage selbst aussuchen kann, also den „Ich habe einen dicken Kopf vom Saufen“-Tag oder den „Ich nehme heute einen Grippe“-Tag. Alternativ ginge aber auch der „Wir-schaffen-das“-Tag“, der IMMER auf den Fastnachts-Dienstag fällt und an dem wir Bürger allen unausgegorenen Schnapsideen unausgelasteter Politiker und ihrer größten Fehler und Versäumnisse gedenken. Die Dümmsten bekommen dann öffentlich einen schönen Preis verliehen. Beispielsweise eine U-Boot-Fahrt durch das Wattenmeer in einem Boot aus Styropor. Die Anwärterliste wäre jedenfalls lang und dafür würde ich auch zu Hause bleiben und mir das im Fernsehen ansehen. Oder im Preisverleihungskomitee mitwirken. Wäre das jetzt nix, Frau Beate „Fraktionslautsprecherin für Arbeitnehmerrechte“ (aber nicht für rechte Arbeitnehmer, Obacht, nicht verwechseln!) Müller-Gemmeke und Herr Vizestellvertretungsfraktionszweitvorsitzender Wiese?

(Weitere Feiertags-Geschichten des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Timo Raab

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Ilona Grimm / 02.02.2021

Das gehört rückgängig gemacht! Sofort! Ein Blick in den Kalender zeigt mir, welche Feiertage 2021 in Bayern auf ein Wochenende fallen: 15. August, Sonntag (gilt für mich eh nicht, weil ich evangelisch bin; 3. Oktober, Sonntag (SED-Feiertag, kann sowieso weg). Aber dann: Der 1. und 2. Weihnachtsfeiertag fallen auf Samstag und Sonntag, Silvester 2021 und Neujahr 2022 ebenfalls. Das ist in der Tat eine Katastrophe, die kompensiert werden muss. Zumal Weihnachten im Ursprung ja ein zutiefst christliches Fest (gewesen) ist, das man ausgiebig feiern muss, insbesondere als Atheist oder Pantheist. Warum denkt die grüne Beate Müller-Gemmeke nicht an die vielen arbeitsfreien „Feiertage“, die die „Pandemie“ unzähligen Gewerbetreibenden und deren Angestellten beschert hat? Haben die vielleicht gar nichts zu feiern, sondern sind in tiefer Verzweiflung angesichts dahinschwindender Existenzgrundlagen? Leute wie diese grüne Person gehen mir ganz gehörig auf den Senkel – um es freundlich auszudrücken.

HaJo Wolf / 02.02.2021

“bis zu dem Tag, an dem der Urknall genau bestimmt werden kann” der war am 1.4. vor exakt 13.848.729.103 Jahren. Beweisen Sie mir das Gegenteil! Und ein “Knall” im Sinne von lautem Geräusch war es eh nicht, weil ja noch kein Schalltransporteur wie Luft vorhanden war. Im Übrigen ist der Urknall unter Astronomen und Astrophysikern (außer dem alleswissenden TV-Schwätzer Lesch, der außer Prof in Astronmie und Astrophysik auch noch Klimaexperte, und Gesundheitsexperte und xyz-Experte ist, also einer, der überall und zu jedem Thema (auch ungefragt) seinen Senf dazu gibt…), also, der Urknall ist umstritten, soweit ich verstanden habe, weil weder der einzelne Punkt mit unendlich großer Masse und unendlich großer Ausdehnung noch der ganze andere Krempel drumrum mit “ordentlicher” Physik/Mathematik oder gar mit Einsteins Relativitätstheorie vereinbar sind. Für solche Fälle, haben die einen die Quantenphysik erfunden und die anderen die String Theorie. Ich verstehe weder das eine noch das andere, finde aber einen String an einer Person weiblichen Geschlechts mit entsprechend proportioniertem Körper durchaus ansehnlich. Insofern ist mir die Ausdehnung des Urknallpunktes völlig piepenhagen und der Zeitpunkt des Urknalls ebenso. Außerdem erklärt die Urknalltheorie nicht das permanente Auseinanderdriften des Universums, welches dann (man schätzt in 30 Mrd. Jahren) sich durch völlige Leere selbst aufgelöst haben wird. Tröstlich daran ist, dass es da dann weder Merkel noch Linke oder Grüne geben wird. Wenig tröstlich, dass ich das dann höchstwahrscheinlich nicht mehr feiern kann.

Peter Krämer / 02.02.2021

Solche abgehobenen Vorschläge entspringen einem staatlich abgesicherten Milieu und beweisen, das die Wirtschaftskompetenz der Grünen gegen Null tendiert. Aber solange noch 20 % und mehr der Wähler glauben, ein Grüner könnte Kanzler, geht es uns noch Gold.

Joachim Krone / 02.02.2021

Soll das etwa der Einstieg in mohammedanische Feiertage sein? Dann aber bitte nicht wie die Wischiwaschi-Feiertage des Christentums, sondern Fasten- und Gebetspflicht. Und: es heisst dann entweder-oder, nicht sowohl-als auch.

R. Kuth / 02.02.2021

Feiertag, na klar. Am besten für Leuten in 100% Kurzarbeit. Natürlich mit vollem Lohnausgleich. Auf solche Ideen kommen nur alimentierte und Existenzangst befreite Dummschwätzer.

Rolf Mainz / 02.02.2021

Wir stellen fest: deutsche Grüne packen wirklich heisse Eisen an. Wer da noch glaubte, das Land habe womöglich sonstige akute Probleme, der wird damit flugs eines Besseren belehrt. Die Kollision aus Feiertag und Wochenende, das ist es, was zählt. Weiter so, Deutschland, hiess dereinst ein CDU-Wahlspruch. In der Tat.

Klaus Klinner / 02.02.2021

Solche seltsamen Gedanken können einem nur kommen, wenn man für seinen Lebensunterhalt nicht selbst mit einer mehrwertschaffenden Tätigkeit aufkommen muss.

Sebastian Weber / 02.02.2021

Ts ts, es ist ja schon “rassistisch”, dass Sie bei der Diskussion über zusätzliche Feiertage völlig das “Zuckerfest” vergessen haben. + + + Ergänzung zur “Arbeit nur noch mittwochs”: ok, ob vormittags oder nachmittags, ist zu klären. Aber Sie meinen doch wohl nicht JEDEN MIttwoch???

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