Unter den vielen fortschrittlichen und richtungsweisenden Texten, die auf der Kinderseite des SPIEGEL erscheinen, ist mir neulich einer aufgefallen, der besonders fortschrittlich und richtungsweisend ist: Warum wir der Welt zuliebe aufhören sollten, Kinder zu bekommen.
Nun, der Welt zuliebe könnten wir viel machen. Wir könnten aufhören, Fleisch zu essen, Autos zu fahren und Unterhemden zu kaufen, die in Bangladesch hergestellt wurden. Wir könnten seltener duschen oder gar nicht, kein Obst und kein Gemüse kaufen, das weiter als 1000 Meter von unserem Wohnort angebaut wurde. Am besten wäre es, wir würden aufhören zu atmen, denn so könnte der CO2-Ausstoß nachhaltig reduziert werden.
Es gibt auch gute Gründe, keine Kinder zu bekommen. Der beste: "bento" würden die Leser ausgehen. Und dem Kinderkanal Kika der ARD und des ZDF die Zuschauer.
Aber das ist es nicht, was Lena Seiferlin bewegt. Und warum sie es geschafft hat, "trotz langjähriger Beziehung" kein Kind zu bekommen. Sie muss Tag und Nacht, im Sitzen, im Stehen und im Liegen, "an die Gesamtbevölkerung auf der Erde" denken. Sie ahnen schon, was jetzt kommt: Klimawandel, knappe Ressourcen, Hunger und andere Übel, die mit dem Anstieg der Weltbevölkerung zusammenhängen.
"Eltern lassen ihren Kinderwunsch größer werden als ihr Mitgefühl für die Welt und ihre Bewohner", klagt sie und legt überzeugende Argumente vor. Unter anderen das hier: "Ein Kind weniger zu haben (entspricht) dem Einsparen von 58,6 Tonnen Kohlendioxid im Jahr." Diesen Unsinn hat sie einem Beitrag im Fachblatt "Environmental Research Letters" entnommen, das sie schon seit ihrer Konfirmation regelmäßig liest.
Es geht also wieder einmal darum, die Erde zu retten, die wir uns ja von unseren Kindern nur geliehen haben, auch wenn wir keine haben. Es ist das Credo der Weltenretter, die ihre totaltären und sado-masochistischen Phantasien ausleben, indem sie anderen vorschreiben, wie die leben sollen.
Während die einen meinen, "wir" sollten Millionen von Migranten aufnehmen, um die demografische Lücke zu schließen, sehen die anderen die Lösung der Probleme im Verzicht auf Kinder. Das ist die binäre Logik der Wohlstandsverwahrlosung in einer dekadenten Gesellschaft, der alle Maßstäbe abhanden gekommen sind.
Dennoch ist an der Idee von Lena Seiferlin etwas dran. Sie könnte ja ihren "bento"-Text ins Arabische, Farsi, Urdu, Paschtu und andere wichtige Sprachen übersetzen und ihn überall dort verteilen lassen, wo die Geburtenrate ein wenig höher ist als in Europa, wo sie mit derzeit 1,7 Kindern pro Frau unter der Reproduktionsrate von 2,1 liegt. Zum Beispiel in Gaza, wo zehn Kinder pro Frau ganz normal sind. Denn die doofen Gazaner lesen nicht "bento" und denken nur an ihr Vergnügen.