Dirk Maxeiner / 25.07.2021 / 06:15 / Foto: Pixabay / 75 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Im Anflug auf Tirana

Wie ich die deutsche Gründlichkeit kenne, werden die deutschen am Schluss noch bessere Albaner sein, als die Albaner selbst. Meine persönliche Integration in albanische Sitten lässt mich jedenfalls hoffen.

Die Frage, warum ein Flugzeug fliegt, hat mich schon als Kind beschäftigt. Ich erinnere mich noch sehr deutlich an mein erstes selbsgebautes Modellflugzeug. Es hieß „der kleine Uhu“. Es gibt aber auch Leute, die beschäftigen sich von Berufs wegen damit. Beispielsweise das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Und das sagt: „Auf ein Flugzeug wirken im Prinzip vier physikalische Kräfte ein: Die Schwerkraft zieht es nach unten, der Auftrieb wirkt nach oben und hält das Flugzeug in der Luft. Der Vortrieb bewegt das Flugzeug vorwärts, der Widerstand bremst es“. Und dann gibt es noch Leute, die beschäftigen sich eher politisch-philosophisch mit dem Fliegen. Beispielsweise der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Peter Struck. Und der meinte einmal: „Bei Angela Merkel fühlt man sich so wie bei einem sicheren, erfahrenen Piloten. Man setzt sich ganz entspannt ins Flugzeug. Nur weiß man nicht, wohin die Reise geht.“

Ich wüsste deshalb sehr gerne, ob Angela Merkel einen Fallschirm unterm Blazer trägt. Prinzipiell möchte der Mensch ja keiner Fluggesellschaft trauen, bei der die Besatzung einen Fallschirm trägt, die Passagiere aber nicht. Der deutsche Michel ist allerdings nicht so empfindlich, sondern fühlt sich hervorragend betreut, weil unterm Sitz eine Schwimmweste angebracht ist. Es gibt aber auch andere Landsmannschaften, die nicht so duldsam sind. Beispielsweise die albanische. Die hat mich schwer beeindruckt. Und das kam so.

Eine Gruppe Albaner hatte Anfang des Monats von Hamburg nach Tirana fliegen wollen. Die 230 Passagiere warteten seit über 24 Stunden mit Kind und Kegel sehnlichst auf die Maschine nach Tirana, die am Vortag ausgefallen war. Dann kam – wieder verspätet – endlich der „Wizz Air“-Flieger. Die Passagiere hatten bereits Sicherheits- und Corona-Tests hinter sich und freuten sich auf die Heimat. Doch dann ließen die Hamburger Lärmschutzvorschriften grüßen, denn es war inzwischen nach 23.00 Uhr – und so herrschte Flugverbot an der Elbe. Also hieß es: Kommando zurück, weiter warten, Checks und Tests am nächsten Tag nochmal machen.

Albanische Querdenker sind offenbar etwas unsensibler

Was dann geschah, wird vom Hamburger Senat so geschildert: „Die Fluggäste wurden daraufhin verbal aggressiv und weigerten sich, den Sicherheitsbereich zu verlassen“. Und das Hamburger Abendblatt berichtet:

„Die Situation eskalierte schnell und wurde nach Aussage der Ordnungshüter „heikel“ für die wenigen Bundespolizisten und die drei Bediensteten der Airline. Sie sahen sich nicht in der Lage, die aufgebrachte Menge aus dem Sicherheitsbereich zu komplimentieren. Die Fluggäste kündigten Widerstand an.“ 

Albanische Querdenker sind offenbar etwas unsensibler im Umgang mit der Staatsmacht als deutsche Widerständler, was die diensthabenden Polizisten aber nicht sofort begriffen, denn sie rückten mit 16 Polizeiwagen an, um dem Albaner zu zeigen, wo der Michel hängt. Das war sehr leichtsinnig. 16 Wasserwerfer wären jedenfalls besser gewesen, so viele gibt’s aber in Hamburg leider nicht. Also erfolgte eine behördliche Schubumkehr: „Die Situation sei im Angesicht der Übermacht der Passagiere nur mit Nachgiebigkeit in den Griff zu bekommen“, folgerte die Obrigkeit, und die Hamburger Lärmschutzbeauftragte Frau Dr. Gudrun Pieroh-Joußen fand die albanische Maschine plötzlich auch gar nicht mehr so laut: Der nächtliche Start sei im öffentlichen Interesse zur Gefahrenabwehr nötig. 

Die Maschine startete schließlich am 6. Juli um 01:41 Uhr. Frau Pieroh-Joußen hätte es nicht verantworten können, wenn Beamtinnen, Beamte oder das Personal der Airline bei einer gewaltsamen Räumung des Sicherheitsbereiches verletzt worden wären, so die Begründung. Damit der deutsche Michel aber nicht auf krumme Gedanken kommt und womöglich vom albanischen Virus angesteckt wird, machte sie dann sogleich noch deutlich, dass dies „ein Einzelfall“ bleiben werde. Wenn bei meinem alten Volvo der Endschalldämpfer mal wieder durchgerostet ist, kann ich also nicht auf lärmschützerische Milde hoffen. Es sei denn, es gelingt mir, den Ordnungshütern klar zu machen, dass ich nachhaltig bei der UCK ausgebildet worden bin.

Lernspaß und Erfolg motivieren

Als Aydan Özoguz, SPD, in ihrem damaligen Amt als Staatsministerin für Integration sagte, „die Regeln des Zusammenlebens müssen täglich neu ausgehandelt werden“, habe ich mich ein wenig zu früh darüber aufgeregt. Ich sehe das heute komplett anders und muss bei Frau Özoguz Abbitte leisten für ihre Weitsicht und Fürsorge. Ich habe deshalb beschlossen, mich an diesem Prozess aktiv zu beteiligen und mich mit bürgerschaftlichem Engagement voll einzubringen. Als Grundvoraussetzung dafür sehe ich das Erlernen einer dafür geeigneten Sprache, die bei deutschen Behörden auch verstanden wird. 

„Lehrt Albanisch wesentlich schneller als mit herkömmlichen Lernmethoden – bei nur 17 Minuten Lernzeit am Tag“, verspricht beispielsweise „Sprachenlernen24.de“. Ich freue mich, dies dann in vielen praktischen Lektionen auf Ämtern, im Straßenverkehr und hinsichtlich der Corona-Regeln anwenden zu können. „Die abwechslungsreichen Lernmethoden garantieren Lernspaß und Erfolg und motivieren Sie dazu, jeden Tag Albanisch weiterzulernen“, heißt es im Angebot der Sprachschule. 

Damit keiner denkt, ich mache hier Schleichwerbung, möchte ich auch noch auf eine kostenlose Albanisch-App hinweisen. Dort lernt man nur korrekte, häufig gesprochene Sätze und kann diese sofort anwenden. „Steck dir deinen Steuerbescheid in den Arsch“ heißt beispielsweise „Stank vlerësimin tuaj të taksave në gomar“. Zielführende Übersetzungshilfe finden Sie hier. Die Nutzung eines Verbrennungsmotors in der Berliner Innenstadt dürfte beispielsweise auch über 2035 hinaus im öffentlichen Interesse zur Gefahrenabwehr nötig sein, vorausgesetzt sie wird in einer verständlichen Sprache vorgetragen. „V8 ime është në dispozicion vetëm për trupin tuaj“ – „V8 ime ju merrni vetëm trupin tuaj“.

Man muss Migration halt wirklich neu denken. Wie ich die deutsche Gründlichkeit kenne, werden die Deutschen am Schluss noch bessere Albaner sein als die Albaner selbst. Und wenn genug mitmachen, wird „die Situation im Angesicht der Übermacht der Passagiere nur mit Nachgiebigkeit in den Griff zu bekommen sein", wie Frau Dr. Gudrun Pieroh-Joußen so schön sprach. Tirana, wir kommen! Meine persönliche Integration in albanische Sitten und Bräuche wirkt sich jedenfalls jetzt schon positiv auf mein Seelenheil aus. Faleminderit Shqipërinë! Danke Albanien!

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

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Zdenek Wagner / 25.07.2021

Warum nicht gleich Albanisch in der Schule? Neben Arabisch, Türkisch, Farsi, äh ... welche Sprachen werden in Eritrea, in Uganda, in Afghanistan und in Somali nochmal gesprochen? Ach ja, und wenn wir schon dabei sind;  Schwizerdütsch sollte man auch gleich mit abdecken. Habe gehört, vergangene Woche hätte in Berlin ein Schweizer um Asyl gebeten, er könne die ewige Käsefondue-Fresserei und den Klang der Alphörner nicht mehr ertragen! Hier ist doch für jeden Platz, oder?

Frances Johnson / 25.07.2021

Nachtflugverbot. Versteht man in Hamburg und München sowieso nicht. Die Flughäfen beide weit genug vom Stadtzentrum entfernt. Gut, in HH fliegen sie noch über ein paar Vorstädte. In Berlin leuchtet das aber mehr ein. Der Wohnungsmangel ist groß genug, dass man ohne Mühe in Flughafennähe verkaufen oder vermieten könnte, ganz ohne Nachtflugverbot. Mit der Zeit (Gewöhnung) überschläft man das ohnehin. Ich weiß genau, wovon ich rede, denn ich habe lange genug in der Ausflugschneise von Riem gewohnt, je nach Windrichtung auch Einflugschneise. Wir haben den Flugplan auswendig gelernt und hatten Spaß. Heute gibt es dafür extra einen Hügel in Halbergmoos. Hysterie allerorten. Niemand darf Lärm haben. Keine Kinder, keine Motoren, keine Straße, kein Flieger, aber am WE - wetten dass - mähen sie alle in den DHH um den Flughafen herum oder blasen das Laub zum Nachbarn und der wieder zurück. Manchmal streiten sich die Kinderhalter mit Senioren und die canophoben Senioren mit Hundehaltern. Ein so absurdes Land, und die Bürokratie hat sich über die Jahre daran gemästet. Mittelmeeranrainer verstehen das nicht. In Nizza liegen die besten Wohnungen am Meer oder auf Hügeln darüber mit prächtigem Blick- und Hörkontakt auf die Flugschneise , die vorher ganz gelassen über Antibes geht. Überhaupt ist es dort angenehm lauter und wirkt dadurch weniger senil.

R, Schäfer / 25.07.2021

Well done, könnten Sie im Teil 2 Ihren Vorschlag Wirklichkeit werden lassen und insbesondere das Verhalten der Polizei und der Gerichte schildern, wenn sich Deutsche so albanisch verhalten?

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 25.07.2021

Sehr schön, Herr Maxeiner! Wenn dieses Land weiter im Schwachsinn versinkt, sollte man vielleicht nach Albanien auswandern.

dr. michael kubina / 25.07.2021

Herrlich! Aber mal im deutschen Ernst: Meine letzte Hoffnung ist die Dialektik der Geschichte. Konkret: Widerstand in diesem Land kann man nur noch von Personenkreisen erwarten, die noch nicht länger hier leben. Die, die schon länger hier leben, schließen sich dann an, wenn der Kampf ausgefochten ist. So wird es auch mit dem Genderunfug in der Sprache sein. Die der schon länger hier Lebenden wird als Landessprache abgelöst, durch die der Mehrheit der noch nicht länger hier Lebenden, einfach weil mit ersterer keine Verständigung mehr möglich ist. Das ist ein Mechanismus (Funktionalitätskriterium), der immer funktioniert, z.B. auch damals in der DDR, wo die DDR-“Währung” immer mehr durch Tauschhandel bzw. Westmark ersetzt wurde.

S.Buch / 25.07.2021

Köterrasse bleibt Köterrasse und Albaner bleiben Albaner. Nur deshalb kann Frau Dr. Gudrun Pieroh-Joußen ja in die eine Richtung treten, während sie in die andere Richtung buckeln muss. #Vielfalt

Frank Holdergrün / 25.07.2021

Haha, so ist es. Mit dem gelernten Berufsoptimisten Dirk sieht das Löba gleich anders aus, es geht weida! Hanseatische Gutmenschen belegen eindrücklich, wie sorgsam sie mit unserem wertvollsten Gut, der Polizei, umgehen. Alles ist gut! Super, dass meine Achse des Guten auch solche zentralen Momente der humanistischen Integration nicht übersehen.

lutzgerke / 25.07.2021

Facharbeiter, Klimawandel, das sind Probleme, die uns morgen winzig klein erscheinen werden, das erledigt jetzt Kretschmann. Der geht ganz offensichtlich von falschen Voraussetzungen aus, aber niemand merkt das, auch nicht die neue Presse. Der Mann ist das wortgewordene Paradox. Wir müßten unser Verhalten radikal ändern, aber dafür sind wir viel zu stolz auf unser intellektuelles Urteil. Wir klammern lieber an unseren Theorien fest, die uns schlußendlich alle umbringen werden. Na wenigstens wissen wir jetzt, wie Gesellschaften in Despotien abrutschen und warum die eigentlich der Normalzustand sind.  

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