Dirk Maxeiner / 17.03.2024 / 06:15 / Foto: Montage Achgut.com / 72 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Glückskekse von Habeck

Die Äußerungen führender Ampelpolitiker wirken wie die Botschaften, die in chinesischen Glückskeksen enthalten sind. Der Konfuzius dieser Stilrichtung ist Robert Habeck und sein treuer Knappe DIW-Chef Marcel Fratzscher.

Gestern Abend waren wir beim ortsansässigen Chinesen zum Abendessen. Ein Fall von gelungener Integration auf chinesischer Seite und kultureller Aneignung auf unserer Seite. Oder umgekehrt? Egal, ich blicke da schon lange nicht mehr durch. Macht aber auch nix, denn es gibt bei uns in der Nähe nirgendwo mehr eine Gaststätte mit Zigeunerschnitzel, wo ich mich verplappern könnte. Aber einer der letzten Hawaiitoasts jenseits von Dunkeldeutschland hat bei uns überlebt – im Restaurant am Friedhof. Serviert von einem netten Mann mit dem Vornamen Cem. 

Ohne Verköstigung mit Migrationshintergrund sähe die Versorgungslage zumindest in unserem Stadtteil aus wie der akademische Werdegang von Annalena Baerbock oder ein ausgetrocknetes Flussbett in der Wüste Gobi. Argentinien, China, Griechenland, Indien, Italien, Serbien, Türkei und Vietnam haben Landesvertretungen geschickt, respektive haben die sich selbst entsandt. Untereinander sehen die das mit der kulturellen Aneigung übrigens ziemlich locker: Da entpuppt sich der Italiener schon mal als Serbe oder als Inder. Nur die Chinesen sind grundsätzlich Chinesen und die Vietnamesen sind Vietnamesen. Und sie sind sich untereinander irgendwie nicht grün.

Apropos „nicht Grün“. Beim Chinesen gab es gestern zum Abschied einen Pflaumenwein und Glückskekse. Auf meinem Zettelchen stand: „Es gibt keinen erkennbaren Weg vor uns, sondern nur hinter uns“. Da musste ich spontan an den deutschen Atomausstieg denken, was die Tischgesellschaft nicht durchgängig lustig fand, ich aber sehr. Ich vermute ohnehin schon länger, dass Robert Habeck statt einer PR-Agentur einen Glückskeks-Bäcker angestellt hat.

Süßer Gruß aus der Küche

Gerade gab Habeck zum Besten, dass seine Klimapolitik ein voller Erfolg sei, weil die CO2-Emissionen gesunken sind. Das war übrigens 1990 schon mal der Fall. Damals wurde die Industrie der DDR abgewickelt, und jetzt wird die der Bundesrepublik abgewickelt. Konkurse und Werkschließungen sind an der Tagesordnung wie weiland im Osten nach der Wende, der österreichische Stahlhersteller Voestalpin meldete dazu passend gestern, er trenne sich von seinen deutschen Standorten, dort sind 1.250 Angestellte und 50 Lehrlinge tätig. Ich habe ein wenig in den Glückskeksen gekramt und empfehle zum Nachtisch die Parole: „Ein Optimist ist ein Mensch, der glaubt, dass die Zukunft ungewiss ist.“

Seinen Erfolgsnachweis hat Habeck übrigens beim Umweltbundesamt (UBA) bestellt, das gegenüber dem zuständigen Ministerium weisungsabhängig ist. Das Manöver wurde erforderlich, weil – wie ich hier letzte Woche schrieb – der Bundesrechnungshof den süßen Gruß aus der Küche verschmähte und Habecks Kekse in die Tonne trat: „Energiewende nicht auf Kurs, Nachsteuern dringend erforderlich“.

Der nun präsentierte „Projektionsbericht“ des UBA, so schreibt Daniel Wetzel in Die Welt, erschöpfe sich in einem „Zirkelschluss“: „Die Klimaziele 2030 werden erreicht, wenn die Bundesregierung alles dafür tut, die Klimaziele zu erreichen.“ Nichts sei damit ausgesagt über die Wahrscheinlichkeit, „die Zahl der Elektroautos in nur sechs Jahren zu verzehnfachen, die Installationen von Wärmepumpen zu versechsfachen und beim Netzausbau einen Rückstand von sieben Jahren und 6.000 Kilometern aufzuholen. Oder über die Chance, privates Kapital für den Bau von 20 bis 40 großen, wasserstofffähigen Gaskraftwerken zu mobilisieren…“. Dazu passt gut die Keksbanderole „Ein großer Mensch ist, wer sein Kinderherz nicht verliert“.

Schwer beeindruckt haben mich aber auch die Erläuterungen des Wirtschaftsministers in der vergangenen Woche zum Phänomen der Bürokratie: „Stellen Sie sich mal vor, alle hätten permanent Durchfall, das wäre auch nicht gut“. Als Mitteilung von geradezu konfuzianischer Dimension darf die im Zusammenhang damit getätigte Bemerkung gelten: „Der Staat macht keine Fehler“.

Ein Freund, ein guter Freund

Im Zuge der Demokratieförderung sollten gleichlautende Muntermacher in allen öffentlichen Kantinen nach der Mahlzeit verpflichtend ausgereicht werden. Sie passen geradezu nahtlos in den hinlänglich bekannten Habeck-Klassiker „Unternehmen sind nicht insolvent, sie hören nur auf zu verkaufen“. Wobei der Wirtschaftsweise Konfuzius hier geringfügig anderer Meinung war: „Es spielt keine Rolle, wie langsam Sie gehen, solange Sie nicht aufhören.“

Der einzige Ökonom, der Habeck in dieser Sache folgen mochte, war Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), ein zuverlässiger Freund und Helfer der Regierung in argumentatorisch prekären Situationen: „Ich verstehe die Kritik an den Aussagen von Wirtschaftsminister Habeck zu Insolvenzen nicht, denn sie sind zutreffend“, flötete es aus dem DIW in Berlin, ganz nach dem chinesischen Motto: „Kritik ist ein teurer Luxus für den, der nach oben strebt“. 

Fratzscher ist ein für Medienkonsumenten praktisch unvermeidbarer Glückskeks, der so ziemlich alles verficht, wofür SPD, Grüne, sich progressiv dünkende Medien, die Bertelsmann-Stiftung und die restlichen üblichen Verdächtigen sich ins Zeug legen. Da ist er ganz nah bei der Energiewende-Märchentante Claudia Kemfert, die ebenfalls im DIW brilliert. Umso mehr erstaunt ein zünftiger und ausführlicher Verriss von Marcel Fratzscher im Stern dieser Woche. Da werden unschöne Charakterisierungen zitiert, etwa „Arschkriecher“ oder „sogenannter Ökonom“ und desaströse Zustände in seiner Wirkungsstätte beschrieben, die aber nicht erst seit gestern die Runde machen. 

Zur Blattkritik erschienen, ohne das Blatt gelesen zu haben

Auf Achgut.com verfasste Ulli Kulke unlängst die sehr schöne Geschichte „Herr Fratzscher fühlt sich nicht wohl“, in der es um unglaublich dummes Zeug geht, das Fratzscher zum Thema Migration von sich gab. Der Stern gibt sich hingegen ein wenig indigniert, weil der DIW-Chef vor einiger Zeit zu einer verabredeten Blattkritik erschien, ohne das Blatt gelesen zu haben. Dies offensichtlich in der Annahme, dass dies nicht lohne, was sensible Journalistenseelen naturgemäß schwer verletzt. 

Aber damit hat die aktuelle Vendetta wohl eher nichts zu tun. Womöglich spielt der Einbruch der Wirklichkeit ins grüne Wunschdenken eine Rolle, so ähnlich wie zuvor bei Herbert Diess und Volkswagen. Noch ein Konfuzius darf sein: „Der Mensch hat drei Wege, klug zu handeln. Erstens durch Nachdenken: Das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmen: Das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung: Das ist der bitterste.“ 

Man darf in jedem Fall fest davon ausgehen, dass der zum Bertelsmann-Imperium zählende Stern seine Story nicht ungeschützt und auch nicht zufällig platziert, sondern, dass Fratzscher zwar nicht insolvent ist, aber demnächst aufhört, Chef des DIW zu sein. Ich bitte hiermit, mir die Beanspruchung mit so viel chinesischer Prophetie und Weisheit nachzusehen, aber ich folge nur meinem vorbestimmten Schicksal. Der letzte Glückskeks gab mir nämlich auf den Weg: „Deine Gedanken werden heute ins Philosophische umschlagen“.

 

Dirk Maxeiner ist einer der Herausgeber der Achse des Guten. Von ihm ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Zu beziehen hier.

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Franck Royale / 17.03.2024

Irgendwie hat mich das oben verlinkte Foto, auf dem Habeck auf seiner Tafel rumfingerte, an etwas erinnert. Ich musste den Choke am Kopf ziehen und bei den Suchmaschinen aufs Gas treten, aber dann sprang die Kiste an: “Übergabe der 1-Megabit-Speicherschaltkreise” (Bundesarchiv Bild 183-1988-0912-400, Berlin). Und der Habeck-Klassiker erinnert mich an das Mysterium mit den Chinesen in Europa: sie sterben nicht. Es gibt praktisch keine toten Chinesen, obwohl es sie geben müsste. In Rom gab es vor etwa zwanzig Jahren erst die wildesten Spekulationen und Berichte (wie immer rund um Restaurants, Weitergabe von Pässen, illegale Krematorien, tiefgefrorene Leichen in Containern nach China usw.), dann eine Sonderkommission “Tote Chinesen”, welche zu keinen Ergebnissen kam.

Rainer Nicolaisen / 17.03.2024

Übermorgen sind’s 79 Jahre: Gröfazzens Nerobefehl…

Judith Panther / 17.03.2024

Mark Twain soll gesagt haben: „Politiker und Windeln müssen regelmäßig gewechselt werden; und zwar aus dem gleichen Grund.“

Markus Knorr / 17.03.2024

An Habecks Aussage “Der Staat macht keine Fehler” ist bereits problematisch, wie er den Begriff “Der Staat” versteht. In seinem Sinne sind der Staat die gerade regierenden Politiker, das Volk kommt bei ihm als Souverän nicht vor. “Der Staat als Beute” der Herrschenden, übrigens ein Buchtitel von Hans Herbert von Arnim. Bei seinen Jubelarien über den Rückgang des CO2-Ausstosses in Deutschland stellt sich die Frage, ob seine ideologische Verblendung schlicht grenzenlos ist oder ob er einfach nur seine desaströse Politik vertuschen möchte. In Abwandlung des bekannten Bankerspruches “Ihr Geld ist nicht weg, das hat jetzt nur ein Anderer” möchte man ihm zurufen: Dein CO2 ist nicht weg, das wird jetzt nur woanders rausgeblasen.

Steffen Raschack / 17.03.2024

Einen Karriere fördernden Spruch, welcher viel Konfuses erzeugt, hätte ich noch: “Wer nicht nachdenkt, kann schwerlich falscher Gedanken beschuldigt werden!”

Roland Völlmer / 17.03.2024

Wenn der Weg das Ziel ist, ist das Ziel weg…...

Jürgen Kreuzer / 17.03.2024

Zu Habecks Aussage „der Staat macht keine Fehler“ fällt mir ein: „Dieser Staat, hier die Bundesregierung, ist der Fehler „. Ich kann den ganzen Unsinn nur noch mit Galgenhumor ertragen.  Und natürlich mit der wöchentlichen Kolumne von Dirk Maxeiner. Herzlichen Dank, dass ich wenigstens am Sonntagmorgen was zum Lachen habe. Auch, wenn es ein bitteres Lachen ist.

Karl Heinz Münter / 17.03.2024

Erneut mein Dankeschön für Worte und Sätze die mich gut in den Tag haben starten lassen wenngleich das Thema betrüblich ist. Ich sollte im Internet unbedingt eine Groß-Packung Glückskekse bestellen um mit den dort verbackenen Weisheiten so manchen Tag retten zu helfen. Allerdings bleibt für mich noch die Frage ob jene zukünftigen Blockwarte oder Abschnittsbevollmächtigten, deren wahre Bezeichnung ist ja noch geheim, als Teil ihrer real zugeteilten Grundausstattung ebenfalls Tüten an Glückskeksen erhalten und wenn ja wie viele. Der im Land der mecklenburgischen Seenplatte tätige Schulleiter Z. dürfte aktuell z.B. viele chinesische Glückskeks-Weisheiten benötigen. Als Schul-Abschnittsbevollmächtigter scheint er mir verbrannt zu sein.

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