Dirk Maxeiner / 03.01.2021 / 06:00 / Foto: Bundesarchiv / 88 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Schneller Schalten

Ab 1. April 2021 müssen Fahrschüler in Deutschland ihre Prüfung nicht mehr in einem Wagen mit Schaltgetriebe ablegen, um danach ein Auto mit Handschaltung steuern zu dürfen. Das selbst Schalten kommt ja schon länger aus der Mode, nicht ganz unbegründet, denn moderne Automatikgetriebe können so ziemlich alles besser als der fehlbare Mensch. Ich sehe dem Ende des Schaltgetriebes daher ohne Sentimentalität entgegen, nicht jedoch dem des Selbstschaltens an und für sich. 

Wie wichtig ein intaktes Schaltvermögen auch heute noch ist, zeigt die Begründung des Bundes-Verkehrsministeriums: „Mit dieser Regelung machen wir den Verkehr sicherer und nachhaltiger, indem die Attraktivität von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und hochautomatisierten Fahrfunktionen für Fahrschülerinnen und Fahrschüler gesteigert und somit auch der Einsatz solcher Fahrzeuge in den Fahrschulen gefördert wird“. 

Für nicht selbst Schaltende sei der bestechende Gedanke hinter dieser Formulierung hier in einfacher Sprache erläutert. Es geht offenbar nicht darum, Grobmotorikern eine Inklusion in den motorisierten Straßenverkehr zu erleichtern, sondern um die Förderung von „alternativen Antrieben“ sprich Elektroautos. Als E-Autokäufer würde ich mir das dann doch verbitten. Heißt das Motto von Andreas Scheuer und den Seinen doch offenbar: Je dümmer und ungeschickter die Fahrschulabsolventen sind, desto eher sind sie zum Erwerb eines E-Mobils bereit, das ja kein Schaltgetriebe mehr hat. 

Weltrekord im Rückwärtsfahren

Eindeutiger Vorteil dieser Technik: Man kann mit einem Elektroauto rückwärts genauso schnell fahren wie vorwärts, ich hoffe aber, dass sich das nicht herumspricht, da käme ja eine ganz neue Art von Geisterfahrern auf uns zu. Tatsächlich hat erst kürzlich ein professioneller Stunt-Fahrer mit einem Nissan Leaf einen neuen Weltrekord im Rückwärtsfahren aufgestellt – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 88,5 km/h auf einer 1,6 Kilometer langen Strecke. Bislang konnte man so etwas nur mit dem putzigen holländischen Kleinwagen „Daf“ oder auch „Dafodil“ machen, der mit seiner stufenlosen Keilriemenautomatik ebenfalls rückwärts genauso schnell ist wie vorwärts. In den 1970er Jahren gab es deshalb in den Niederlanden Wettrennen im Rückwärtsfahren. 

Heute gibt es das auch in Deutschland, mit Angela Merkel und Peter Altmaier in der ersten Startreihe. Angela Merkel machte ihren Führerschein übrigens am 29. August 1980, und ihr erster Westwagen war ein weißer Golf II. Schalten hat sie also gelernt, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und außerdem besitzt sie einen Angelschein und wurde 1995 beim Fahrradfahren von einem Hund gebissen, entnehme ich einer einschlägigen Homestory

Die Bildungs-Initiative der Bundesregierung namens Intelligenzwende nimmt jedenfalls ressortübergreifend Fahrt auf, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie sich wirtschaftlich niederschlägt. Die Logik dahinter ist einfach bestechend: Je schlechter wir bei Pisa abschneiden, desto mehr boomt die Wirtschaft. Eine beherzte Einschränkung der Schaltfähigkeit der Bundesbürger wird nicht nur der Elektromobilität zu einem Boom verhelfen, sondern auch der regierenden CDU/CSU. Die lässt es in Sachen eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit mächtig krachen. 

Zwangs-Amazonisierung noch teurer bezahlen

Nehmen wir beispielsweise die neuste wirtschaftspolitische Fehlschaltung: Erst macht man mit dem Lockdown die Innenstädte platt und zwingt die Konsumenten in die Fänge von Amazon. Dann kündigt man ein Hilfsprogramm für Einzelhandelsgeschäfte an und schlägt einen „Innenstadt-Fonds“ für die dortigen Läden vor, der wiederum aus einer neuen Steuer auf Versandhandel-Pakete finanziert werden soll. Die Kunden, die in der Innenstadt nicht mehr einkaufen dürfen, sollen ihre Zwangs-Amazonisierung also noch teurer bezahlen, damit sie irgendwann in der Zukunft in der Innenstadt potemkinsche Altmaier-Läden besichtigen können, die sofort pleite gehen, weil die Kohle nicht mehr kommt, wenn die Kunden bei Amazon nix mehr bestellen. Alles klar? Und einen schönen Gruss vom Getriebe. Hier wird nicht nur falsch geschaltet, sondern auch noch mit dem Bremspedal Zwischengas gegeben.

Kein Wunder, dass allmählich aus dem Unterboden der Republik Geräusche vermeldet werden, so wie in der vergangenen Silvesternacht, in der die Innenstädte (und nicht nur die) sowohl optisch als auch akustisch belebt wurden und das ganz ohne Paketsteuer und mit einem ausgestreckten Mittelfinger für die Söderteska. Da fanden sich doch ganz schön viele kreuzbrave Bleichgesichter mit ihren Böllern und Raketen zusammen und veranstalteten ein konspiratives Probegewitter. Vielleicht wird 2021 ja ein Schaltjahr. 

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bundesarchiv CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia

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Volker Kleinophorst / 03.01.2021

Ich habe 1975 meinen Führerschein gemacht. Auf Automatik. Ich hatte allerdings eine gewisse Anzahl an “Schaltstunden” zu absolvieren. Sechs meine ich mich zu erinnern. Der Führerschein galt dennoch auch für Schaltgetriebe. Ist das also jetzt “Zurück in die Zukunft”?

Ilona Grimm / 03.01.2021

Nachtrag: Das Foto ist klasse. Frage dazu: Warum darf man sich eigentlich nicht an die Stirn tippen? Ich tue das pausenlos, wenn ich Nachrichten höre.

Ilona Grimm / 03.01.2021

Gestern, nach meinem Einkauf, habe ich den rollenden Verkehr eine Weile beobachtet und mir vorgestellt, wie ungehindert ich in ein paar Jahren (falls ich dann noch lebe) die jetzt noch verkehrsreiche Staatsstraße in meiner kleinen Stadt werde überqueren können. Ich habe mir nämlich die vielen kleineren und nicht ganz so vielen richtig großen Autos mit Verbrennungsmotor weggedacht und mich auf die wenigen E-Mobile (ca. 10) konzentriert. Es wird eine gemütliche Zeit werden! Versprochen! Vielleicht werden wir wieder Pferdefuhrwerke haben, und die Rösser liefern Äpfel, die zum Düngen des eigenen Gemüsebeets taugen; werden sie getrocknet, kann man damit heizen. Das ist echt nachhaltig. Wer sich kein Pferd mit Wagen leisten kann, schafft sich einen Rollator an, mit dem man ganz bequem seine Einkäufe nach Hause transportiert. Ist der Weg zu weit, kann man/frau/div auf dem Rollator ausruhen und dabei dem geschäftigen Treiben auf den Straßen zusehen. ... Ach, ich verliere mich ... à propos Schalten: Ich schalte und walte gern selber; kann sogar mit Zwischengas schalten, weil ich das in den späten sechziger Jahren bei meinem Käfer aus zweiter Hand (defektes Getriebe) gelernt und immer noch drauf habe; gelegentlich ertappe ich mich beim Zurückschalten dabei. Mit dem „Bremspedal Zwischengas geben“ ist eine geradezu geniale Beschreibung des Regierungsstils in Doofland. Alles Gute für 2021, werter Herr Maxeiner, und bereiten Sie uns noch viele „Sonntagsfahrer“-Freuden. Für die vergangenen herzlichen Dank!

Bernd Keller / 03.01.2021

Was soll ich schreiben? In D aufgewachsen in B (DG) angekommen, schaue ich das lustige Treiben aus sicherem Abstand an - 200m bis zur Zonengrenze. Ich möchte weinen, randalieren und schreien, dann fällt mir auf dass ich in Belgien lebe und mich das nichts mehr angeht. Wenn hier randaliert wird, dann richtig, traditionell mit brennenden Reifen und Co… (Gewerkschafter sitzt dafür..) (Belgistan hat es übrigens geschafft - die Zahlen der dubiosen Seuche gehen zurück - aller Häme beim ersten Lockdown zum Trotz) Denken kann man hier etwas freier, wobei langsam auch das System Merkel via DPA Depeschen verbreitet wird - unter meinem Einspruch, wenn ich die Zeit finde Leserbriefe zu schreiben. Da es ein kleines Land ist , wird hier schneller geschaltet. Alle Öffentlichen Stellen und Posten sind greifbar und erreichbar, in Mistgabel und Traktorreichweite… Es passiert auch manches Dummes, aber die Dummheit lebt hier nicht lange. Abgeordnete inserieren ihre Telefonnummer im Wochenblatt, mit der Bitte um Anregungen, Kommentare, Wünsche… Wer eine angemessene Rede hören möchte sollte das mal suchen: “Weihnachts- und Neujahrsansprache S.M. der König”

Karl Dreher / 03.01.2021

Was wäre der Sonntag ohne den “Sonntagsfahrer” ... Wieder ein ganz hervorragender, treffender Beitrag!!!

Thomas Kache / 03.01.2021

Keine Angst Herr Maxeiner- im Zuge der rasant fortschreitenden Infantilisierung der Gesellschaft wird das Individualverkehrs- Dingens von Seiten der zuständigen Volkskommissar***innen ganz pragmatisch gelöst werden.  Der Tretroller, früher ein durchaus praktisches Kinderspielzeug zur Schulung der Motorik und des Gleichgewichtssinnes ist mittlerweile das bevorzugte Beförderungsmittel für hipe Großstadthipster. In früheren Zeiten ist der Roller (günstigstenfalls an Weihnachten) gegen das erste eigene Fahrrad getauscht worden. Der stolze Besitzer des Fahrrades ist stolz wie ein Spanier gewesen. Heute wird dieses Upgrade wohl nicht mehr stattfinden. Aber vielleicht wird ja demnächst das Tretauto der Hip. Gerade eben stelle ich mir vor: Volkskommissar Altmeier zusammen mit Kanzlerinnenamtsvolkskommissar Braun im Tretauto (beide natürlich geimpft, trotzdem mit Mund- Naseschutz). Schönen Sonntag

Paul Siemons / 03.01.2021

Ich hätte geschworen, dass Merkel, so wie ein früherer Amtsvorgänger, ohne Führerschein unterwegs ist. Als permanenter Geisterfahrer auf der linken Spur hat sie jedenfalls im Unterricht nicht aufgepasst… Oder doch? Moment - 1980 erworben? Also beim VEB Gegendiewand? Alles klar.

Franz Klar / 03.01.2021

Mit den Metzgerläden fing es schon vor vielen Jahren an . Die hatten die Zeichen der Zeit nicht erkannt und nicht rechtzeitig auf Räuchertofu und Weizenfleisch aus friedfertigem Anbau gesetzt .Da stellen heute vorzugsweise örtliche Kunstmaler im Fenster aus . Kunst statt Kulinarik , der Lebenslauf statt dem ” Lukullus ” liegt zum lesen aus ... . Für die gute und gerechte Sache schnallt man doch gern den Gürtel enger !

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