Sehr geehrter Herr Broder, meinen Gruß zuvor. Normalerweise Ihre scharfsinnige Einschätzung der jeweiligen Sachlage schätzend, fehlt mir bei Ihrem Artikel “Der ewige Präsident” die Begründung Ihrer Kritik an Herrn Schulz völlig. Erstens: Dass ein Deutscher “zu Hause” für sich als zukünftiger Präsident der EU-Komission Werbung mit seinem “Deutschsein” macht kann man ihm schwerlich als Nationalismus auslegen, sondern als legitimen Schachzug im Kampf um Wählerstimmen in seinem Heimatland, und zwar ausschließlich dort. Zweitens: Sie behaupten, dass Herr Schulz in seinen chronologisch zweifellos zahlreichen Möglichkeiten innerhalb der Organe der EU nicht für seine Veränderungswünsche eingetreten sei. Waren Sie dabei?! Ich war es nicht! Falls Sie dabei waren, danke ich für die Bekanntmachung Ihrer Einsichten. Drittens: Die Ankurbelung einer Neid-Debatte durch Bekanntmachung/Betonung der Bezüge des Herrn Schulz steht nochmal in welchem Zusammenhang zur Milliarden- (Billionen?!) Verschwendung der EU? Ich erkenne da keinen Zusammenhang, oder sollen Menschen wie Herr Schulz als politische Abgeordnete/ Amtsträger zukünftig auf Bezüge verzichten? Gute Idee, dann sind bald ALLE Politiker entweder bestochen oder bereits reich geboren! Mit freundlichen Grüßen, Andreas Effey
Viertens: Es steht einem Parlamentspräsidenten, der verschiedenen Parteien vorsitzt und das Parlament in personam repräsentiert, gar nicht zu, sich im Amt öffentlich derartig politisch zu positionieren. Er hat sich politisch neutral zu verhalten. Er ist ja kein Fraktionsvorsitzender, sondern präsidiert ihnen allen! Herr Schulz ist übrigens auch nicht etwa Teil der Exekutive, obwohl er sich immer wieder einfach so aufführt. Der “verhandelt” sogar mit Regierungen, als oberster Repräsentant der Legislative! Er wurde vom Parlament zum Parlamentspäsidenten gewählt, nicht zum Kommissionspräsidenten, das macht schon der Juncker. Hier ist wieder einer der Gründe, warum die EU abgelehnt wird: Amtsanmaßung. Mit solchem Personal und solchem Verhalten wird und sollte das nichts werden.
Wenigstens räumt nebenbei Herr Schulz, seit Jahren in nächtlichen Alpträumen mein sozialdemokratischer Lieblingspolitiker, ein, daß es sich bei der EU auch um eine beliebte Geldverteilungsmaschine handelt, unter anderem auch für Autobahnen, Straßen und Brücken, die ins allgemeine europäische Nichts führen. Da ich mich, um meine Nerven zu schonen, aus EU-Desinteresse nicht so gut auskenne, dürfte zum Fair-Umverteilen eventuell Griechenland der größte Nettoeinzahler sein, vielleicht nach Albanien – oder ist der südliche Wirtschaftsgigant noch nicht EU-Verteilungs-Mitglied? Beachtet werden sollte aber auch, daß Herr Schulz, nicht zu toppen, eine große Sprachbegabung ist („weil ich glaube trotzdem“ - sozialdemokratische Gesamt- und Ganztagsschule?): „Aber ich unterstütze die Bundesregierung dabei, daß sie diesen Kampf nicht aufgibt, weil ich glaube trotzdem, daß wir bei der Kombination verschiedener Überlegungen, nämlich zum Beispiel, wer finanziert eigentlich welche Prioritäten, investieren wir mehr Geld in die Flüchtlingsbewältigung, zum Beispiel in Sprachkurse, in die Betreuung der Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen? Oder machen wir weiterhin die Finanzierung von nicht fertig gestellten Autobahnen in irgendwelchen Regionen, darüber werden wir reden müssen.“ Sollte Herr Schulz vorzeitig das EU-Handtuch werfen und sein Amt zur Verfügung stellen, sollte er dennoch trotz „Kombination verschiedener Überlegungen“ darauf verzichten, zum Ausgleich einen Sprachkurs ins Leben rufen und leiten zu wollen. Auch sollte er keine Finanzierung der „Autobahnen in irgendwelchen Regionen“ machen, auch keine Flüchtlingskommunen betreuen. Danke, Martin – für alles, auch für das Heitere im Leben.
Als Präsident eines ‚Parlamentes‘ hätte sich Schulz gegenüber anderen europäischen Parlamenten, die die wahren Souveräne Europas sind, und auch gegenüber den von diesen gewählten Regierungen neutral und zurückhaltend zu verhalten. Deren Entscheidungen gewiß nicht zu zensieren und sich erst recht nicht in sie einzumischen. Er tut es trotzdem und schwatzt ständig in fremder Leute Angelegenheiten hinein, was ihm laufend neue Freunde zutreibt. Schulz ist in Wahrheit ein ‚Präsident Ohneland‘ und steht wie Juncker und alle Deutschlandhasser für eine Sache, den europäischen Zentralstaat, den zwar er, aber die allermeisten anderen europäischen Staaten und deren Völker nicht wollen. Europa als loser freiheitlich geordneter Bund von Staaten, die sich an ihre Verträge auch halten, genügt völlig. In der Verteidigung, jeder eigentlichen Staatsräson, haben sich alle – faktisch – einem außereuropäischen Hegemon unterworfen, den USA mit der von ihnen dominierten Nato. Anders geht es auch gar nicht, wenn man sich den vielgestaltigen europäischen Flickenteppich aus ein paar leidlich funktionierenden und zu vielen verlotterten Staaten anschaut. Ein guter Europäer ist für mich ein patriotischer Nationalist, der zu allen anderen europäischen Nationalisten gute, vom pragmatischen Interessensausgleich geleitete Beziehungen unterhält, klare Grenzen zieht und dem Nachbarn nicht einfach sein Geld schenkt. Daß aus Nachbarschaften Freundschaften oder (konföderale) Bünde werden, ist dabei keinesfalls ausgeschlossen. Aber daß sie es zu werden hätten, absolut nicht nötig, um den nachbarlichen Frieden zu erhalten. Sich allerdings von all den Bonzen, Bürokraten, Postenjägern, Subventionsabgreifern, Spinnern und Wichtigtuern wie Schulz freizumachen, wäre im Angesichte des Chaos, das sie auf allen von ihnen (fehl-)regulierten Gebieten angerichtet haben, längst an der Zeit. Der ideologische Schmu von ‚Wertegemeinschaft‘ ist von Leuten wie Schulz lange genug zu einem Sonnenschirm aufgespannt worden, unter dem die Laster und rücksichtslosesten Egoismen besonders intensiv und vielgestaltig gedeihen konnten und, ginge es nach den Schulzens, künftig noch virtuoser betrieben werden könnten. Würselen mag man ihnen dann nicht mehr vorhalten.
Vielen Dank für diese mühevolle Mitschrift! Ich habe es meiner Frau vorgelesen - die fand das auch schön, diese Stelle “vom Hinterbänkler ... emporgearbeitet” - hehehe! Aber wirklich gut von Ihnen, Herr Broder. So etwas können Sie, voll demaskiert ;)) Machen Sie bitte so weiter, ich lese Sie immer wieder gerne. Kleines Problem: Ihre 3 Punkte verstehe ich nicht ganz, obwohl ich es mehrfach gelesen habe - wo ist da die Antwort zur Sache? Alle drei zur Person, ja, aber wie Sie das schreiben können! Können Sie mir (oder jemand anders hier) bitte trotzdem noch einmal sagen, was die Punkte erstens bis drittens mit der Mitschrift zu tun haben? Meine Frau meint, da hätte auch was anderes stehen können und der Herr Broder hätte auf jeden Fall was gegen den Schulz geschrieben, weil “der hat den doch auf dem Kieker”, und ich würde sie gerne widerlegen und zeigen, dass das doch was mit der Sache zu tun hat, wie sich die anderen Länder uns Deutsche gegenüber verhalten (da müssten Sie bitte auch mal drüber schreiben, das mit dem Hand aufhalten ist ja nicht so unwahr, oder, da sind die Ungarn und Polen ja ehrlich gesagt noch schlimmer als der Schulz), weiß jetzt aber nicht wie. Herzlichen Dank auf alle Fälle für die Mitschrift. Groooßartig!
Schulz träumt natürlich von einer EUdSSR, aber wer will das schon außer ein paar unbelehrbarer Altkommunisten? Er sollte sich als Koordinator verstehen, da hätte er mehr als genug damit zu tun den Europäern zu zeigen, dass er was drauf hat. Tatsächlich ist weder mit einem Juncker noch mit einem Schulz oder einem Oettinger ein Blumentopf gewinnen, die sind ja nicht mal Herr ihrer selbst. Im freien Wettbewerb mag es bei denen für ein Bürgermeisteramt reichen - wenn überhaupt. Mehr Zentralismus kann nicht das Ziel sein, wenn es um ein starkes Europa gehen soll. Eine Optimierung geht nicht durch Gleichmacherei auf dem niedrigen Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners. Freier Wettbewerb der Länder wäre die bessere Option. Ich persönlich wünsche mir ein Europa der Regionen, in dem Bayern und Tiroler, Basken und Burgunder, Sarden und Korsen, Iren und Schotten, Böhmen und Tschechen usw. ihre unterschiedlichen, jeweils besten Eigenschaften einbringen können zum Nutzen aller Europäer.
Realsatire ist, wenn der Dorfschulze in seinem Wahn den Nagel auf den Kopf trifft. Freilich, er hält den Hammer für den Nagel: “Was ich besonders zynisch finde, ist, dass diejenigen, die diese Krise auslösen, die, die nicht teilnehmen an ihrer Lösung, anschließend hingehen und sagen: Schaut euch mal an, wie schlecht Europa funktioniert.” Im ebenso harten wie einseitigen Weltbild des Herrn Präsidentissimo existiert nur DIE eine richtige Lösung, an der alle gefälligst mitzuwirken haben. Nicht überraschend ist, dass dies die sozial(istisch)e Lösung einer alle(s) umarmenden, alle(s) finanzierenden Eingliederung sein soll. Der Gedanke, am deutschen Migrantenaufnahme- und Versorgungswesen solle die Welt genesen, findet tatsächlich - ebenso wie frühere Vorläufer hiesiger Beglückungsvorstellungen - nur überschaubare Zustimmung außerhalb des Landes. Wer hätte es gedacht? Schulzchen jedenfalls nicht. Es liegt folgerichtig außerhalb der Vorstellungswelt einer solchen Person, dass die Aufnahme großer Mengen außereuropäischer Migranten nicht nur eine erhebliche Belastung der hiesigen Staatengemeinschaft darstellt - sondern vor allem eine eigenbrödlerische Handhabung eines weltweiten Problems. Für sozial(istisch) geprägte Moralisten scheint es schlicht ausgeschlossen zu sein, Armutsmigration (zumindest auch) als wirtschaftliche Gefahr und die millionenfache Einwanderung von Menschen mit “kämpferischer” Religion als sozialen Sprengstoff zu begreifen. Anderenfalls wäre nicht zu leugnen, dass ein Problem diesen Ausmaßes sensibel und vorausschauend unter Berücksichtigung aller – gerade auch der nationalen (!)– Interessen angegangen werden müsste. Und dass es hierfür demokratischer Prozesse – z.B. einer handlungsfähigen Legislative – statt exekutiver Alleingänge einzelner Gesinnungstäter bedarf. Allein – es bocken die Fans der Muttikratie. Unter dem Knall der finanziellen Peitsche erheben sie trotzig ihre reichlich schmutzigen moralischen Zeigefinger und fordern in (un)guter alter Tradition Gehorsam. Dieses europäische Verständnis als zynisch zu bezeichnen, trifft vollends zu.
Waere nur noch zu ergaenzen, dass er auch inhaltlich groben Unfug redet. Schulz: “Nur eines ist völlig klar, wenn wir die Außengrenzen in Griechenland besser schützen, wenn wir die Leute besser registrieren, dann sind sie zunächst einmal in Griechenland. Die können aber nicht alle in Griechenland bleiben.” Nein. Wenn wir die Aussengrenzen in Griechenland besser schuetzten, dann kaemen sie ja erst gar nicht unkontrolliert nach Griechenland rein.
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