Das Risiko Jens Spahn

Jens Spahn ist schon länger für seinen Geschäftssinn bekannt. Nicht dass er etwa seine offensichtlich im Privaten vorhandenen Managementfähigkeiten bei der Beschaffung oder besser der Beschleunigung der Beschaffung der Impfstoffe gezeigt hätte oder gar bei der Organisation des gezielten Schutzes vulnerabler Gruppen vor dem mysteriösen Virus. Beruflich war auch seine Analysefähigkeit entweder überfordert oder nicht opportun. 

Der gelernte Bankkaufmann – die abgeschlossene Berufsausbildung hat er etwa Kevin Kühnert voraus – weist vielmehr ein erstaunliches Geschick im Management seiner privaten Immobilien aus, die er entweder selbst bewohnt oder aber an die Berliner Prominenz vermietet. Christian Lindner lebt oder lebte in Spahns 170-Quadratmeter-Wohnung, die er bereits 2015 für einen hohen sechsstelligen Betrag gekauft hat, wie der Stern und der Tagesspiegel herausgefunden haben. Die Altbau-Residenz mit Holzböden, Stuckdecken und Dachterrasse dürfte eher an der Millionengrenze geschrappt haben. Spahn war damals noch einfacher Abgeordneter und die Nachwuchshoffnung der CDU. Hat da sein früherer Arbeitgeber, bei dem er ja eine Banklehre absolvierte, etwa großzügig geholfen? Solange die Finanzierung stimmt und er kreditwürdig erscheint, ist das ja durchaus nicht zu beanstanden.

Hinzu kommt, dass der heutige Minister seit geraumer Zeit in einer festen Beziehung lebt. Und der Steuerbescheid des Partners als Cheflobbyist des Burda-Verlages dürfte der Bonität zumindest nicht abträglich gewesen sein. So trieb man die Vermögensbildung voran und kaufte 2017 eine weitere Immobilie, die ebenfalls im sehr hohen sechsstelligen Niveau notierte. Verkäufer war allerdings ein Pharma-Lobbyist. Mittlerweile arbeitet der für ein Salär von 300.000 Euro für eine dem Spahn-Ministerium nachgeordnete Institution. Kann man machen, tut man aber nicht. 

Das zunehmend ungustiöse Bild des Shooting Stars  

Die beiden Herren haben nun vom ehemaligen US-Botschafter Richard Grenell im letzten Sommer für ein paar Millionen Euro seine hiesige Residenz mit der bescheidenen Wohnfläche von 300 Quadratmetern übernommen. Die hochherrschaftliche Villa passt auch nicht so recht zum Image des bodenständigen, katholischen Westfalen. Oder zu einem Kanzlerkandidaten für eine schwarz-grüne Koalition. Freistehende Eigenheime sind ja bei den Grünen nicht mehr so wohlgelitten. Dass Spahn sich nun für die Journalisten interessiert, die seine Immobiliendeals recherchieren, passt in das allmählich ungustiöse Bild des Shooting Stars.  

Nun berichtet BILD, dass Spahn am 20. Oktober letzten Jahres an einem sogenannten “Charity-Dinner” teilnahm (kurz danach wurde er übrigens positiv getestet – ob sich der vorbildliche Minister tatsächlich bei diesem Event angesteckt hat, weiß natürlich keiner). Es ging bei der Spahnschen Wohltätigkeits-Veranstaltung aber nicht um behinderte Kinder oder Flüchtlinge, sondern um das Wohlergehen des Jens Spahn selbst. Jeder der rund 12 Teilnehmer an der vom ehemaligen CDU-Regierungssprecher von Sachsen und Thüringen in Leipzig organisierten Event sollte 9.999 Euro für Spahns persönlichen Wahlkampf im westfälischen Heimatwahlkampf spenden. Der Betrag war offenbar so gewählt, weil Spenden bis 10.000 Euro in den Rechenschaftsberichten der Parteien nicht auftreten. Das wären, wenn jeder brav Charity übt, in der Summe über 100.000 Euro. Unter diesen Umständen kann man schon mal bei Steak und Rotwein die Maske vergessen.

Allerdings sollte man nicht am selben Tag in der Bundespressekonferenz vom Staatsbürger den Verzicht auf Geselligkeit gefordert haben – und publikumswirksam einen Schluck aus dem Wasserglas nehmen. Jetzt wird aus dem Geschmäckle ein übler Beigeschmack, selbst bei vorzüglichem Rinderfilet. Eine Gästeliste hat Bild nicht zu bieten. Dass einige Herrschaften der hochkarätigen Teilnehmerschar aus dem Gesundheitswesen stammen, ist nicht unwahrscheinlich. Und dass Spahns hoffnungsvolle Karriere einen Knick bekommt, auch nicht. Spahn ist aber jung genug, um nach ausreichender Läuterung zurückzukommen, wie einst Franz-Josef Strauß, der bedeutend mehr auf dem Kerbholz hatte. Oder wie der Herr von Guttenberg, der allerdings begriffen hat, dass es sich andernorts auch ganz kommod leben lässt. 

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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M. Illoinen / 01.03.2021

Entschuldigung das Risiko ist die Bundesregierung und alle Landesregierungen und deren Helfershelfer.

H. Krautner / 01.03.2021

Was Spahn in seiner Funktion als Gesundheitsminister angestellt hat, das ist die eine Sache und es ist wohl mehr als blamabel. Damit ist er jedoch keine Ausnahme und kein Außenseiter im deutschen Politikerkreis. Es gibt wohl keine besseren Politiker.  Die andere Seite Spahns sieht jedoch top aus. Offensichtlich beherrscht er ein ganz wichtiges Instrument ganz hervorragend, nämlich das Netzwerken. Und damit ist seine persönliche wirtschaftliche Zukunft bestens gesichert, insbesondere auch außerhalb der Politik.

Richard Kaufmann / 01.03.2021

Dieser saubere Spahn säße schon längst im Knast, wenn er in Frankreich lebte. Aber Deutschland hat kein Antikorruptionsgesetz, ergo gibt es keine Korruption. Sonst hätten wir eine Regierung, die aus der JVA regierte.

T. Schneegaß / 01.03.2021

@Volker Kleinophorst: Das ist tatsächlich so etwas wie das Schicken in die Wüste. Das Dumme ist nur, sie wird einen noch ekelhafteren Charakter als Ersatz finden, wie wir aus der Vergangenheit wissen.

G.Lindner / 01.03.2021

Eigentlich kann man alle Parteien, die schon mehrere Jahrzehnte verantwortlich agieren ,für den seit Jahren forciert Niedergang des sozialen Wohlstandes, ohne wenn und aber,verantwortlich machen.Und ein weiter so, wird unser zum Flachdenken durch unseren öffentlichen rechtlichen gebildeten, Wähler, nicht merken.

Dr. Joachim Lucas / 01.03.2021

Franz-Josef Strauß hatte mehr auf dem Kerbholz als Spahn aber auch mehr auf dem Kasten als der.

g.schilling / 01.03.2021

Jensi kann es einfach nicht. Leider ist er damit nicht allein in dieser sogenannten Regierung, die nur aus Pfeifen, Luschen und Flaschen besteht. Deshalb braucht er auch nicht zurücktreten. Er ist ein Gleicher unter Gleichen.

H. Krautner / 01.03.2021

@ Lutz Herzer meint hier: „Spahn hingegen wird man mit dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang der Nation in Verbindung bringen“.    -    Kaum jemand wird die Politiker mit diesem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang der Nation in Verbindung bringen. Die Mehrheit der Bevölkerung wird später sagen und auch glauben: Das Virus ist schuld an dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang der Nation.

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