Cora Stephan / 29.02.2024 / 11:00 / Foto: U.S. Air Force / 51 / Seite ausdrucken

Daniela Klette und der vergessene Linksextremismus

Die Innenministerin ist voll des Lobes angesichts der Festnahme von Daniela Klette, 65 Jahre alt, Mitglied der RAF, Dritte Generation. Fahndungserfolg nach nicht einmal 30 Jahren! Beeindruckend. 

Für die Jüngeren unter uns: Die Rote Armee Fraktion wurde im Jahr 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Horst Mahler und anderen gegründet und bombte und mordete sich durch die Republik. Die zweite Generation versuchte die erste Generation aus dem Gefängnis zu befreien, was im Deutschen Herbst im Oktober 1977 zum Selbstmord der drei Anführer führte. 

Die dritte Generation hat sich international vernetzt, war aber noch immer in Deutschland tätig. Am 31. August 1981 verübte die RAF einen Bombenanschlag auf das Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte in Ramstein, am 15. September einen Anschlag auf dessen Oberbefehlshaber. 1998 erklärte die RAF ihre Selbstauflösung. 

Pikante Anekdote am Rand, selten gewürdigt: Während die erste Generation sich noch von der PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas) ausbilden ließ, erhielten spätere RAF-Mitglieder Anfang der 1980er Jahre bei mehrwöchigen Aufenthalten ihre militärische Ausbildung in der DDR. Das MfS der DDR gewährte überdies zehn Mitgliedern jahrelang Asyl, bis sie noch vor der Wiedervereinigung im Juni 1990 enttarnt, festgenommen, an die Bundesrepublik ausgeliefert und größtenteils zu Haftstrafen verurteilt wurden. 

Von irgendetwas muss so ein untergetauchter Terrorist ja leben  

Nur wenige Mitglieder der dritten Generation sind bekannt, aber die Liste der Morde, die ihnen zugeschrieben werden, ist lang: darunter am 30. November 1989 ein tödlicher Bombenanschlag auf den Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen. Am 1. April 1991 erschoss ein Scharfschütze den Präsidenten der Treuhandanstalt Detlev Carsten Rohwedder. Auch der Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt im März 1993 geht auf das Konto der RAF, auch Daniela Klette sei daran beteiligt gewesen.

Nun hat sie sich widerstandslos festnehmen lassen, in einer Wohnung im 5. Stock eines siebengeschossigen Mietshauses in der Kreuzberger Sebastianstraße, unter dem Namen Claudia Ivone. Später wurden dort nach aktuellen Meldungen noch Waffen und eine Granate gefunden.

Die Verhaftung der Klette sei das „Verdienst jahrzehntelanger unermüdlicher Ermittlungsarbeit“, meint die Innenministerin, der Rechtsstaat habe „seine Beharrlichkeit und seinen langen Atem“ gezeigt. „Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen“, fügte Faeser hinzu. Und Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) spricht gar von einem „Meisterstück“ und einem „Meilenstein in der deutschen Kriminalgeschichte“.

Nun, Daniela Klette hat sich 30 Jahre lang sicher gefühlt, nicht im Untergrund, sondern in Kreuzberg, mitten in Berlin also. Sie ging offenbar davon aus, dass sich der „Rechtsstaat“ und die „Ermittlungsbehörden“ nicht mehr für sie interessierten. Sie genoss das Leben, ließ sich 2011 beim Tanz auf dem „Karneval der Kulturen“ fotografieren, womöglich als Erholung von sechs Raubüberfällen zwischen 1999 und 2016, bei denen sie und ihre Kumpane 2 Millionen Euro erbeuteten. Von irgendetwas muss so ein untergetauchter Terrorist ja leben.  

Mag sein, dass jemand bei den Ermittlungsbehörden hier einen langen Atem gehabt hat, wobei es eher scheint, als ob man lediglich einem Hinweis aus der Bevölkerung im November 2023 gefolgt sei. Klette war 30 Jahre lang untergetaucht. Gestern wurde bekannt, dass ARD-Journalisten Klette bereits im vergangenen Jahr auf den Fersen waren, ihre Informationen aber nicht an die Strafverfolgungsbehörden weitergaben. Sie hatten aktuelle Fotos von ihr mit einer KI-Software im Netz aufgespürt. Dass man 30 Jahre lang unaufhörlich erfolglos nach ihr gefahndet habe, scheint eher unwahrscheinlich. Daniela Klette jedenfalls scheint sich sicher gefühlt zu haben.

Eine Ermunterung für Antifa-Schlägertrupps

Mag sein, dass das Schicksal der letzten RAFler niemand mehr glühend interessiert hat. Wichtiger schien seit 1990 der „Kampf gegen Rechts“, der heute allerhöchste Priorität hat – vor allem bei der Innenministerin. Im Jahr 2000 rief der damalige Bundeskanzler Schröder nach einem Brandanschlag auf die Tür einer Synagoge zu einem „Aufstand der Anständigen“ gegen „Rechts“ auf. Doch bald stellte sich heraus, dass nicht biodeutsche Rechte für die Tat verantwortlich waren, sondern zwei Araber, die „ein Zeichen“ gegen Israel setzen wollten. Gegen wen also standen die Anständigen auf? 

Nun, gegen Rechts ist immer recht. Der nordrheinwestfälische Innenminister warnte nach der Enthüllung der eigentlichen Täter eindringlich davor, im Kampf gegen die Gefahren von Rechts nachzulassen. „Das ist keine Entwarnung, die rechte Gefahr ist da.“ 

Seit Innenministerin Faeser am Ruder ist, konnte Daniela Klette sich besonders sicher fühlen, denn die kennt normalerweise weder Linksextremisten noch radikale Islamisten. Dabei lebt die Antifa noch, sichtbar. Zum Beispiel in Gestalt einer der SPD-Vorsitzenden, Saskia Esken, die unschuldig twitterte: „58 und Antifa. Selbstverständlich.“ 

Und hat nicht Nancy Faeser 2021 einen Gastbeitrag für das Magazin „Antifa“ beigesteuert? Das „Magazin für antifaschistische Politik und Kultur“ wird von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) herausgegeben. Eine erwiesen linksextremistische Gruppierung. Und das will sie nicht gewusst haben? Und auch die Rote Hilfe, die einst den „Genossen“ Rechtshilfe verschaffen sollte, existiert. Es gibt wahrlich keinen Grund, dass sich ausgerechnet die Innenministerin auf die Schulter klopft. Sie ist auf dem linken Auge blind. Und damit das niemand merkt, gilt es, die Gefahr von Rechts zu beschwören. Doch rechts ist, wir wissen es, mittlerweile alles, was weder grün noch rot oder regierungskritisch ist. Eine Ermunterung für Antifa-Schlägertrupps oder eine vierte Generation der RAF. Warten wir’s ab.

 

 

Cora Stephan ist Publizistin und Schriftstellerin. Viele ihrer Romane und Sachbücher wurden Bestseller. Ihr aktueller Roman heißt „Über alle Gräben hinweg. Roman einer Freundschaft“.

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Birgit Hofmann / 29.02.2024

Laut Tichy hat sie in Berlin eine Sozialwohnung bewohnt, unter anderem Namen , ja nee, is klar. Irgendwie dünkt mich das ganze seltsam, Nääääncy brauchte wohl mal wieder einen Erfolg. Abgesehen davon, wenn Journalisten sie ausfindig machen konnten, Frage ich mich, was die Behörden die ganze Zeit gemacht haben. Komische undurchschaubare Nummer.

B. Ollo / 29.02.2024

Mich würde bei der ganzen Story nicht wundern, wenn im Nachgang noch echte Filmaufnahmen auftauchen, wo sich die dreiste Klette persönlich auf Wahlkampfveranstaltungen bei Faeser oder dem grünen Direktkandidaten von Kreuzberg für das unermüdliche Engagement gegen Rechts bedankt hat. Die scheint mir genau so ein Kaliber zu sein, das noch in aller Öffentlichkeit einem Politiker grinsend die Hand schüttelt. Da würde es lohnen, mal nachzuforschen, welchen Politikern sie die Hand geschüttelt hat. Ich würde wetten, dass.

Sabine Mertens / 29.02.2024

Der Sozialismus (Stalin, Lenin und Mao) hat mehr als 100 Millionen gemordet. Und selbst der NS hatte in Österreich sozialistische Wurzeln. Eigentlich müsste es nicht Nazi sonder Nasoz heißen. Wer daher im linken Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Horst Jungsbluth / 29.02.2024

Sie sollte wie die anderen zwei auch gar nicht gefunden werden, da sie Unterstützung erhielt, aber nicht von der AfD, die es auch vor 30 Jahren noch gar nicht gab, denn auch die Mitglieder der ersten und zweiten Generation erhielten nicht etwa Unterstützung von der NPD (obwohl die Stasi bereits bis in die Parteispitze vorgedrungen war) und auch nicht von den “Republikanern”, die als taktische “Rechtspartei” den Berliner SPD/AL-Senat ab 1989 erst möglich machte und die zum Dank dafür als erste westdeutsche Partei am 13. August 1989 in Ostberlin ein Büro eröffnen durfte.  Hoffentlich überzieht man die Ermittler nicht mit Disziplinarverfahren wie im Falle Kurras den Historiker Müller-Enbergs, der klar und deutlich formulierte, dass die Stasizugehörigkeit dieses Mannes nie öffentlich bekannt werden sollte, denn bei der BStU war das bereits   jahrelang!!! bekannt. Die Gründe dafür sind einleuchtend: Der Student Benno Ohnesorg wurde regelrecht hingerichtet, der Fotograf der sofort!!! zur Stelle war, entpuppte sich ebenfalls als Stasi-Agent, dann gesellte sich ein Arzt dazu, der aus Ostberlin stammte, der war wohl über die Mauer geflogen und die junge sehr gut angezogene Dame, die als erste bei dem sterbenden Ohnesorg war,  wurde auch als “Radikale” (ob zu Recht oder nicht, kann ich nicht beantworten)  eingestuft.  Danach bildete sich dann die Terrorbande “2. Juni” und die mordete auch. Fragen? Ich habe ein ganze Menge, aber niemand wird sie beantworten und so werden wir wohl auch im Fall Klette wieder nach Strich und Faden belogen.

finn waidjuk / 29.02.2024

Tja, wohl etwas dumm gelaufen. Fragt sich nur, ob für die Ermittlungsbehörden oder die alte Granate. Nun ist die Klette halt verhaftet, aber ein guter Anwalt wird das schon hinkriegen. Und wenn nicht, so haben wir ja noch genügend linksextreme Richter, auf die in einem solchen Fall immer noch Verlass ist. Hat man ihr eigentlich schon ein Praktikum beim Berliner Ensemble angeboten? Die sollen dort doch auf heimtückische Mörder und deren Unterstützer so richtig abfahren. Und wenn nicht, eine Stelle als Mitarbeiterin bei einem Abgeordneten der Linkspartei wird sich immer finden lassen. Die haben dort ein großes Herz für ehemalige Mörder. Da ist man so schön unter sich.

Jürgen Teuber / 29.02.2024

Linksextremismus? Ich denke, es war und ist LINKSTERRORISMUS !

Friedrich Richter / 29.02.2024

In der DDR hielt man sich immer ein paar Naziverbrecher, die dort untergetaucht waren und sich sicher fühlten. Wenn in Westdeutschland mal wieder ein Nazi glimpflich davon kam, holte man sich so einen heraus und statuierte ein Exempel, um zu zeigen, welches der beiden Systeme entschlossen mit dem Hitlerfaschismus aufräumt. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Daniela Klette ganz gelegen kommt, wenn man kaum noch Argumente gegen den Vorwurf, auf dem linken Auge blind zu sein, vorzuweisen hat. Ich will nicht behaupten, dass man sie sich extra dafür aufgehoben hat, aber sie bietet sich wirklich an. Sie ist links und ihre Verhaftung tut keinem der aktuellen linken Protagonisten wirklich weh.

Günter H. Probst / 29.02.2024

Die als SEW (Sozialistische Einheitspartei Westberlin) in Westberlin getarnte Stasi ist nach der Wende bruchlos in die SPD gewandert. Und die hat die Posten im Sicherheitsbereich, zs. mit den GRÜNEN,  schon richtig besetzt. Wahrscheinlich kannten sich die Genossen von Stasi und RAF von früher und trafen sich zum Kaffeekränzchen. Sollte die Festnahme jetzt von der Tauruslüge ablenken?

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