Georg Etscheit / 18.02.2024 / 12:00 / Foto: Pixabay / 24 / Seite ausdrucken

Cancel Cuisine: Cem und das Tierwohl

Cem Özdemir plant eine „Tierwohlabgabe“ auf bestimmte tierische Produkte. Eine neue Etappe auf dem Weg ins Veggie-Paradies.

Langsam wird es ermüdend, immer wieder auf die Ampel und die Grünen eindreschen zu müssen. Aber wenn sich die Herrschaften einen Klops nach dem anderen leisten, muss zumindest der journalistischen Chronistenpflicht Genüge getan werden. Jüngstes Beispiel: die geplante Tierwohlabgabe aus dem Hause unseres vegetarisch lebenden Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir. Klingt ganz lieb nach Kälbchenkulleraugen und Mutterkuhhaltung, ist aber nix weiter als eine neue Steuer, eine Steuer auf den Fleischkonsum.

Laut einem „Eckpunktepapier“ aus Özdemirs Behörde soll die „Tierwohlabgabe“ auf bestimmte tierische Produkte erhoben werden wie Fleisch, Fleischerzeugnisse und „genießbare Schlachtnebenerzeugnisse” sowie „Verarbeitungsprodukte mit einem bestimmten Anteil von Fleisch, Fleischerzeugnissen oder genießbaren Schlachtnebenerzeugnissen”. Angeblich sind die Einnahmen für „wichtige, vornehmlich landwirtschafts- und ernährungspolitische Vorhaben” bestimmt.

In Wahrheit fließt das Geld zunächst in den allgemeinen Haushalt, wo es dann vielleicht für die Förderung des Lastenradverkehrs in Uganda verwendet wird. Oder, was wahrscheinlicher ist, zum Stopfen jener Milliardenlöcher, die nicht mehr über verfassungswidrige „Sondervermögen“ finanziert werden können. Was solch Orwellschen Tarnbegriffe anbelangt, ist die Kreativität der Ampel unerschöpflich – auch das jüngste Demokratieförderungsgesetz aus dem Hause Faeser ist ja in Wahrheit ein Demokratie- und Meinungsfreiheitabbaugesetz. Ich bin gespannt, welche Wortschöpfungen die Ampel-Abteilung für Agitation und Propaganda noch auf Lager hat, um den ideologischen Murks, der tagtäglich in Berlin verzapft wird, schönzureden.   

„Wenige Cent pro Kilo mehr“

Die Höhe des Steuersatzes der „Tierwohlabgabe“ soll, wie man liest „politisch” entschieden werden. Wie Herr Özdemir persönlich zu Protokoll gab, handele es sich nur um „wenige Cent pro Kilo mehr“. Wer es glaubt wird selig: Die Energiewende sollte jeden Durchschnittshaushalt nach Einlassungen des früheren Bundesumweltministers Jürgen Trittin monatlich ja auch nur den Preis einer Kugel Speiseeis abverlangen.

Merkwürdige Zeiten sind das. Erinnert sich noch jemand an den unvergessenen FDP-Landwirtschaftsminister Josef Ertel, den Loriot in einem gezeichneten Sketch so unnachahmlich auf die Schippe nahm. Eine Schippe, der Ertel gelegentlich noch selbst in die Hand zu nehmen pflegte, denn der war im Gegensatz zu Cem Özdemir, dem türkischen Gastarbeitersohn, noch echter Landwirt. Am Ostermontag des Jahres 1993 wurde er in seinem Stall im familieneigenen Bauernhof von einem Stier attackiert und so schwer verletzt, dass er fortan auf einen Rollstuhl angewiesen war. Der Mann wusste also, von was er sprach, und hätte sich eher die Zunge abgebissen, als der Bevölkerung Preissteigerungen bei Lebensmitteln zuzumuten, die ohnehin infolge Inflation immer teurer werden, oder den Menschen zu diktieren, was sie zu essen und zu trinken haben.

Dass es den Grünen bei der geplanten Abgabe wirklich ums Tierwohl geht, darf bezweifelt werden. Eher schon markiert sie eine neue Etappe auf dem Weg ins Veggie-Paradies. Weil der Verzehr von Fleisch und Milchprodukten in der kruden Weltsicht von Klimaschützern einer der wichtigsten „Treiber“ der Erderwärmung ist, erfordert die „Agrarwende“ zwingend den Ausstieg aus der Tierhaltung. Vor ein paar Jahren hatte man sich vor Lachen noch den Bauch gehalten, als es hieß, dass der Methanausstoß rülpsender und furzender Kühe dem Klima schaden solle. Heute gilt dies als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis und Arbeitsgrundlage der Politik.

Blockwarte individueller Essgewohnheiten

Ich möchte hier die These wagen, dass es Nutztieren, von den verhätschelten Haustieren ganz abgesehen, noch nie so gut ging wie heute. Vor Beginn der Industriellen Revolution auf Basis fossiler Energieträger wurden Millionen von Eseln, Pferden und Ochsen als Zugtiere missbraucht – Redewendungen wie „eingespannt sein“, „arbeiten wie ein Ochse“ oder „ein Joch tragen“ zeugen bis heute von diesen Torturen. Und immer, wenn die Menschen Hunger litten, mussten auch die Tiere darben.

Huftiere waren über Jahrtausende die einzigen Transportmittel, wurden vor schwere Karren und Postkutschen gespannt und unerbittlich übers Land gehetzt. Wie es einst in den Ställen aussah, will man gar nicht wissen, und von einem „Weidegang“ konnten die in ihren Remisen auf den nächsten Einsatz wartenden Kreaturen nur träumen. Schließlich sei noch an das Leid erinnert, das auch Tiere regelmäßig im Krieg erwartete. Noch im Zweiten Weltkrieg kamen, kaum bekannt, im militärischen Transportwesen überwiegend Pferde zum Einsatz – 2,8 Millionen Tiere allein auf deutscher Seite.

Auch bei der Schlachtung dürfte es niemals tierfreundlicher zugegangen sein als heute – zumindest in den entwickelten Industrieländern. Vor Erfindung des Bolzenschussapparates zur Betäubung der Schlachttiere rückte man den Viechern noch mit bloßem Messer zu Leibe. Schlachttage waren archaisch wirkende Blutorgien, woran der 2022 verstorbene österreichische Aktionskünstler Hermann Nitsch mit seinem Orgien-Mysterien-Theater erinnerte.

Natürlich spricht nichts dagegen, wenn der schon aus Gründen der Volksgesundheit zu hohe Fleischkonsum auf ein vernünftiges Maß sinkt, was er ja auch tut – seit 2013 um fast ein Drittel. Doch nicht Fleisch ist der Skandal, sondern schlechtes Fleisch – das predigte schon Wolfram Siebeck, der unvergessene „Fresspapst“. Lange, bevor sich grüne Fleischverächter zu Blockwarten individueller Essgewohnheiten aufschwangen.

Georg Etscheit schreibt auch für www.aufgegessen.info, den von ihm mit gegründeten gastrosophischen Blog für freien Genuss.

Foto: Pixabay

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U. Unger / 18.02.2024

Den Unsinn mit der Kugel Eis hatten wir schon, nix neues. Merkt eigentlich niemand an den Packungsaufdrucken im Supermarkt, daß wir an jeder Ecke grüne Schutzgelder bezahlen? Weg damit komplett!

Lutz Herrmann / 18.02.2024

Ist schon klar, wo das Geld für’s Tierwohl landet. Da wo meine Kfz-Steuer auch landet. Aber Hauptsache ist doch, dass es den 1,7 Millionen Dienern (lustig, gelle?) gut geht.

Wilfried Cremer / 18.02.2024

Hi, das grüne Tier giert nach dem Ausgleich dafür, dass das beste Deutschland aller Zeiten jährlich 100000 schmerzsensible Menschenwesen schlachtet.

Wiebke Ruschewski / 18.02.2024

Dass es Schlachttieren heute besser geht als früher lässt sich so pauschal nicht sagen. Früher gab es Hutewälder, in denen sich Schweine ihr Futter selbst zusammen suchten. Wer Hühner hielt, der ließ sie in der Regel tagsüber frei auf dem Hof herumlaufen. Es wurde dem lieben Vieh bei der Schlachtung zwar mit dem Messer oder der Axt zuleibe gerückt, aber dafür gab es keine quälend-langen Transporte. Damals gab es keine Kontrollen und keine oder kaum gesetzliche Vorgaben. Das ist alles. Manche Tiere hatten bis zum Tag ihrer Schlachtung ein guten Leben, andere führten ein sehr schlechtes. Wenn man bedenkt, wie viel “zivilisierter” wir doch heute sind, dann führen viele Tiere doch noch immer ein erstaunlich schlechtes Leben. Wenn ich wüsste, dass die Tierwohlabgabe auch wirklich einer Verbesserung der Haltungsbedingungen dient, dann wäre ich absolut dafür. Aber natürlich nur dann.

Heike Olmes / 18.02.2024

Der Cem macht sich vermutlich auch bei seiner argentinischen Verwandtschaft unbeliebt, wenn sie für ihn statt traditionellem Rinderherz lieber Zucchini-Streifen auf den Grill legen soll. Der Kerl weiß noch nicht mal, wie hoch die deutsche Entwicklungshilfe ist und kann am schönsten pikiert gucken, wenn man ihn kritisiert. Vielleicht werden ihm ja seine türkischen Landsleute, die bekanntermaßen einen sehr hohen Fleischkonsum haben, mit der Vorlegegabel auf die Pelle rücken. Die Deutschen dagegen sind laut Umfrage gerne bereit, für Klima und Tierhaltung tiefer in die Tasche zu greifen und merken mal wieder nicht, dass sie verarscht werden.

Axel Gojowy / 18.02.2024

Auf Tabak wird kräftig g gesteuert, ebenso solls auch auf Zucker bald soweit sein. Kaum zu glauben, aber die sind doch rein pflanzlich. Zoologische Gärten werden ihre Löwenpopulation augrund der Steuer abschaffen müssen und grüne Heilsbringer wollen die ersten veganen Wolfsrudel per Genrechnik züchten. Ich habe bei Wikipedia vergeblich nach dem Begriff Özdemenz gesucht

Karsten Dörre / 18.02.2024

Grundsätzlich schon immer Politik: wo hohe Einnahmen, da Steuern. Was wird mit dem Tierwohl (“Tierwohlabgabe”), wenn wir kein Fleisch essen würden? Was ist mit der Naturwohlabgabe bei vegetarischer Nahrung?

Volker Kleinophorst / 18.02.2024

Das ist das einzige, was sie können. Schwachsinnige Nahmen für schwachsinnige Maßnahmen. wann kommt das “Guter Volkstod”-Gesetz?

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