Martina Binnig, Gastautorin / 04.10.2022 / 06:05 / Foto: Imago / 91 / Seite ausdrucken

Bills bemerkenswerte Auszeichnung für Ursula

Dass man sich im Zirkel der Herrschenden großzügig gegenseitig Preise verleiht, ist eine gern geübte Praxis und an sich nichts Neues. Aber sie werden dabei immer dreister. Gerade erhielt Ursula von der Leyen von Bill Gates einen „Goalkeepers Global Goals Award“. Als Dank für konsequente Lobby-Arbeit für den guten Bill.

Als eingefleischter UvdL-Fan habe ich mich letzte Woche wahnsinnig für Ursula von der Leyen gefreut: Da hat sie doch tatsächlich die weltweit höchstmögliche Auszeichnung erhalten, nämlich einen der vier Goalkeepers Global Goals Awards, die die Bill & Melinda Gates Foundation in diesem Jahr vergeben hat. In einer Pressemitteilung der Foundation steht dazu: „Die Stiftung würdigte die Arbeit von vier bemerkenswerten Changemakern, die in ihren Communities und auf der ganzen Welt Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) voranbringen.“

Wie gerne wäre ich dabei gewesen ‒ heißt es doch weiter: „Die Gewinner wurden bei der Goalkeepers-Preisverleihung bekannt gegeben, an der weltweit führende Persönlichkeiten, Multiplikatoren und Changemaker teilnahmen und die von Tumelo Mothotoane, Senior-Moderator des südafrikanischen Nachrichtensenders eNCA, moderiert wurde. Zu den Laudatoren gehörten die Mitbegründerin des Malala Fund und Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai sowie die Entertainerin und Gründerin von Unicorn Island, Lilly Singh. Die Zeremonie wurde von George The Poet und der für einen Grammy nominierten Sängerin und Performerin Somi umrahmt.“ Fantastisch!

Auch die Begründung für die Wahl von der Leyens zur Preisträgerin rührte mich zu Tränen:

„Mit dem von Bill Gates und Melinda French Gates verliehenen Global Goalkeeper Award 2022 wird eine Führungspersönlichkeit gewürdigt, die auf globaler Ebene Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung erzielt hat. In diesem Jahr wurde der Preis an Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, verliehen, die sowohl in der EU als auch weltweit entschlossen auf die COVID-19-Pandemie reagiert hat - vom Krisenmanagement bis hin zu langfristigen Wiederaufbaumaßnahmen. Als Verfechterin der globalen Gesundheit und des gleichberechtigten Zugangs war von der Leyen maßgeblich an der Gründung von ACT-A beteiligt, einer globalen Zusammenarbeit zur Beschleunigung der Entwicklung, Produktion und des gleichberechtigten Zugangs zu COVID-19-Tests, -Behandlungen und -Impfstoffen. Sie war federführend bei den Bemühungen der Europäischen Union, Länder mit niedrigem Einkommen bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie zu unterstützen. Dazu gehörte auch die Zusage der EU, eine Milliarde Euro für den Ausbau der Produktionskapazitäten in Afrika bereitzustellen, um den Zugang zu Impfstoffen, Medikamenten und Gesundheitstechnologien zu verbessern. Im Juni 2020 kündigte von der Leyen auf dem Global Vaccine Summit außerdem einen neuen Beitrag der Europäischen Kommission in Höhe von 300 Millionen Euro für Gavi, die Impfstoffallianz, an. Dies ist mehr als die Summe aller bisherigen EU-Beiträge für Gavi.“

Eine neue Generation von Führungspersönlichkeiten inspirieren"

Begrüßenswert ist auch, dass die Gates-Stiftung noch einmal genau erklärt, warum ihre Initiative so wichtig ist:

„Goalkeepers ist die Kampagne der Stiftung zur Beschleunigung des Fortschritts bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Global Goals). Indem wir die Berichte und Daten zu den Globalen Zielen in einem Jahresbericht veröffentlichen, hoffen wir, eine neue Generation von Führungspersönlichkeiten zu inspirieren: Goalkeepers, die das Bewusstsein für den Fortschritt schärfen, Entscheidungsträger zur Verantwortung ziehen und Maßnahmen zur Erreichung der Globalen Ziele vorantreiben.“

Und zu den Globalen Zielen bekräftigt die Stiftung:

„Am 25. September 2015 verpflichteten sich 193 Staats- und Regierungschefs im Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Global Goals). Dabei handelt es sich um eine Reihe ehrgeiziger Vorgaben und Maßnahmen, mit denen bis 2030 drei außergewöhnliche Dinge erreicht werden sollen: die Beendigung der Armut, die Bekämpfung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit sowie die Eindämmung des Klimawandels.“

Da schlägt mein Herz doch gleich noch höher: Nichts weniger als die Rettung der Welt und die Umwandlung der irdischen Unvollkommenheit in ein Paradies hat sich die Stiftung zur Aufgabe gemacht! Und weil UvdL sich für diese Stiftungsziele geradezu bis zur Selbstaufgabe aufreibt, ist sie in der Tat die allerwürdigste Preisträgerin für den Global Goalkeeper Award 2022. Auch die sensible Laudatio (ab 1:00:05), die Bill persönlich mit seiner lieblichen Froschstimme auf UvdL hielt, beeindruckte mich zutiefst. Darin betonte er, dass nur wenige Welt-Führer sich derart der Menschheits-Förderung verschrieben haben wie UvdL. Wie war ich stolz, als ich das hörte! Zu Recht weist er darauf hin, dass sich UvdL in ihrer noch kurzen Amtsperiode sowohl mit einer Jahrhundert-Gesundheitskrise als auch mit der Ukraine-Krise konfrontiert sah und sieht und dass sie hart daran arbeitet, den Schaden zu begrenzen und zu beenden. Während der Pandemie sei die Welt glücklich gewesen, in ihr eine so starke Führungspersönlichkeit zu haben, die sich für den weltweiten Zugang zu Impfstoffen einsetzte. Wie wahr, wie wahr!

Du, Bill, hast es bereits vorhergesagt" 

Ein bisschen enttäuscht war ich nur, dass UvdL sich in ihrer Dankesrede viel zu kurz fasste. Wäre es nach mir gegangen, hätte sie ruhig länger sprechen können. Dennoch haben mich ihre Worte nachhaltig begeistert, und ich möchte sie hier wiedergeben: 

„Liebe Melinda, lieber Bill, verehrte Gäste, ich danke Ihnen sehr. Es ist eine große Ehre, diesen Preis zu erhalten. Erlauben Sie mir, ihn mit Millionen von alltäglichen Europäern zu teilen und ihn ihnen zu widmen, die uns allen geholfen haben, die Pandemie zu überstehen: von den Wissenschaftlern, die unsere lebensrettenden Impfstoffe entwickelt haben, bis hin zu den Mitarbeitern an vorderster Front in unseren Krankenhäusern und Einrichtungen der Gesundheitsversorgung. Dieser Preis ist auch für sie bestimmt. 

Ich habe drei wichtige Lektionen gelernt:

1. Exzellenz durch Wettbewerb: Einige Regionen haben diktiert, welche Forschung zu Impfstoffen durchgeführt werden sollte – und sind gescheitert. Wir haben uns nicht für einen einzigen Innovator entschieden, sondern wir haben es ermöglicht, dass verschiedene Innovatoren miteinander konkurrieren konnten, und haben gleichzeitig durch Finanzierung ein förderndes Umfeld geschaffen. Wir haben uns die Macht des privaten Sektors zunutze gemacht. Es kann uns nicht überraschen, dass die offenen Gesellschaften Milliarden von lebensrettenden Impfstoffen entwickelt und produziert haben.

2. Offenbleiben für die ganze Welt: Der Druck, die Grenzen zu schließen und die Ausfuhr von Impfstoffen zu verbieten, war enorm. Im Gegensatz zu fast allen anderen Regionen der Welt haben wir dieser Versuchung widerstanden. Stattdessen haben wir einen Transparenzmechanismus eingeführt. Das hat Vertrauen geschaffen. Vertrauen unter den Mitgliedstaaten, dass die Verteilung gerecht ist. Vertrauen bei unseren Partnern im Ausland. Und Vertrauen in die Gleichbehandlung der Herstellerfirmen.

3. Technologie und Know-how mit der ganzen Welt teilen: Heute importiert Afrika 99 Prozent aller benötigten Impfstoffe. Das ist nicht nachhaltig. Wir haben begonnen, uns mit Afrika und Lateinamerika zusammenzutun, um im Laufe der Zeit Produktionskapazitäten und das notwendige Ökosystem in der Region für die Region zu schaffen. Von der mRNA-Technologie über die gesetzlichen Rahmenbedingungen bis hin zur Kompetenzentwicklung.

Ist alles nach Plan verlaufen? Nein, es gab einen globalen Mangel an Bereitschaft. Du, Bill, hast es bereits vorhergesagt und uns 2015 gewarnt. Aber wir haben unsere Lektion gelernt, und das globale Bereitschaftssystem befindet sich im Aufbau. Nochmals herzlichen Dank für diese Auszeichnung.“

Tatsächlich zum Wohl der Weltbevölkerung

Sie haben es sicher bemerkt: Mein Enthusiasmus ist natürlich nur ein vorgetäuschter. Im Ernst: Ich halte dieses Theater für äußerst bedenklich. Wie kann es sein, dass eine der weltweit einflussreichsten privaten Stiftungen die führende Politikerin der EU für eine Politik auszeichnet, die genau den Intentionen des Stiftungsgründers entspricht?

Denn in seinem aktuellen Buch („Wie wir die nächste Pandemie verhindern“) propagiert Gates eben dieses „globale Bereitschaftssystem“, das nicht nur durch die Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen gekennzeichnet ist, sondern auch durch die Erschaffung eines „Metaverse“, also einer digitalen Welt, die die physische Welt erweitert und die gerade von Unternehmen wie Meta und Microsoft entwickelt wird.

Diese Ambitionen decken sich auffällig mit transhumanistischen Zukunftsvisionen, wie sie etwa im Weltwirtschaftsforum zu Wort kommen. Ob sie jedoch tatsächlich zum Wohl der Weltbevölkerung beitragen oder nicht eher zum Wohl eines kleinen Prozentsatzes derselben, bleibt fraglich. Dabei wirkt das Mantra von der Klimaneutralität, die durch die in der Agenda 2030 festgehaltenen „Globalen Ziele“ erreicht werden soll, eher vorgeschoben: Holzauge, sei wachsam!

Foto: Imago

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Leserpost

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Hartmut Laun / 04.10.2022

++ Gerade erhielt Ursula von der Leyen von Bill Gates einen „Goalkeepers Global Goals Award“. Als Dank für konsequente Lobby-Arbeit für den guten Bill.++ So, und nun lasst uns über das schwerst korrupte Russland mit seinem Despoten Putin reden.

Stefan Hofmeister / 04.10.2022

“Wir haben begonnen, uns mit Afrika und Lateinamerika zusammenzutun, um im Laufe der Zeit Produktionskapazitäten und das notwendige Ökosystem in der Region für die Region zu schaffen” - ist das echt und nicht Fake News? Lateinamerika sche**** auf die Alte!

A.Schröder / 04.10.2022

Der Oligarch und seine Lakaie. Das Volk glotzt mit runtergeklapptem Kiefer sabbernd zu.

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