Thomas Rietzschel / 02.02.2020 / 11:00 / Foto: Olaf Kosinsky / 41 / Seite ausdrucken

Ansichten eines Banausen

Sobald Winfried Kretschmann den Mund aufmacht, weiß man woher er kommt, von ganz unten, aus dem Schwäbischen. Peinlich braucht ihm das nicht zu sein. Auch von seinem Landsmann Schiller heißt es, mündlich sei er seiner Herkunft stets verhaftet geblieben, ebenso wie nach ihm Eduard Mörike, Justinus Kerner, Gustav Schwab oder Ludwig Uhland.

Die „Schwäbische Dichterschule“ war eine Pflanzstätte genialer Geister. Als Großmeister des Deutschen ließen sie auf die Schriftsprache nichts kommen. Weil sie ihre Regeln beherrschten, konnte sie jeder verstehen, von Hamburg bis München, von Köln bis Königsberg. 

Der Tonfall der Rede war das eine, der schriftliche Ausdruck das andere. Daran hat sich über die Jahrhunderte nichts geändert. Obwohl auch Erich Kästner den Dresdner Singsang seiner Kindheit nie ganz ablegte, zählt das, was er schrieb, zu den Meisterleistungen deutscher Hochsprache. Nur wer ihrer mächtig ist, kann in größeren Zusammenhängen denken, komplizierte Sachverhalte verständlich erfassen, Gefühl und Ideen so festhalten, dass sie Andere zu erfassen vermögen. 

Ohne logischen Satzbau kein logischer Gedanke

Orthographie und Syntax, das Regelwerk unsere Sprache, ist ein Kulturgut, das es zu pflegen gilt, wenn wir uns weiter verstehen wollen. Kann doch schon ein falsch gesetztes Komma den Sinn der Aussage ins Gegenteil verkehren. Ohne logischen Satzbau kein logischer Gedanke. Die mangelnde Beherrschung der Rechtschreibung schlägt nicht nur auf den mündlichen Ausdruck zurück und zieht so ein Gestammel nach sich, dem jeder Dialog zum Opfer fällt. Mehr noch beschränkt sie das Denkvermögen. 

Wer glaubt, dass es egal sei, ob er den Anfangsbuchstaben eines Wortes groß oder klein schreibt, weise oder Weise, hat die Fähigkeit verloren, sich genau, geschweige denn differenziert auszudrücken. Er kann bestenfalls simple Gedanken fassen, so einfältig denken wie der Grüne Winfried Kretschmann.

Er „glaube“, offenbarte sich der radebrechende MP Baden-Württembergs unlängst gegenüber der Welt, „die Bedeutung, Rechtschreibung zu pauken, nimmt ab, weil wir heute ja nur noch selten handschriftlich schreiben“. Da aber jeder PC über ein Korrekturprogramm verfüge, gehöre der Sprach-Unterricht nicht „zu den großen, gravierenden Problemen der Bildungspolitik“. 

Dass es nicht an Faulpelzen fehlt, die dem Politiker beipflichten, macht aus den Ansichten eines Banausen keinen Geistesblitz. Und sollte der Grüne MP aus eigener Erfahrung sprechen, könnte es freilich auch sein, dass seine Auslassungen selbst das Werk eines von Viren befallenen Rechtschreibprogramms sind.  

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Andreas Rochow / 02.02.2020

Und ausgerechnet diese Kretschmann-Kobolde ermächtigen sich der Energieversorgungssicherheit, der Verkehrs-, der Agrar-Reform, der Kulturrevolution, des Friedens, koste-es-was-es-wolle und der künstlichen Intelligenz oder was sie dafür halten!

Eduard Schunak / 02.02.2020

Satzzeichen können Leben retten! „Komm wir essen Opa!“

Gabriele H. Schulze / 02.02.2020

Diese Verarmung ist wohl Teil der Großen Transformation., sprich der Großen Verarmung - die Freiheit betreffend, geistig-intellektuell, kulturell, ästhetisch, materiell.

Robert Schleif / 02.02.2020

“Wenn die Worte nicht stimmen, dann ist das Gesagte nicht das Gemeinte. Wenn das, was gesagt wird, nicht stimmt, dann stimmen die Werke nicht. Gedeihen die Werke nicht, so verderben Sitten und Künste.”(Konfuzius). In Merkeldeutschland dagegen sind Verderbnis der Sitten und Künste sowie Volksverblödung Regierungsziele.

Andreas Müller / 02.02.2020

Warum wird Kretschmann nicht durch Alexa ersetzt ? Die kriegt mehr mit. Ansonsten besten Dank, Herr Rietzschel. Den letzten Satz ihres Beitrags kann man als eine bemerkenswerte Einweihung in die südwestdeutsche Landespolitik verstehen.

Jürgen Fischer / 02.02.2020

Je verblödeter ein Volk, desto leichter lässt sich darüber “herrschen”. Das weiß natürlich auch und gerade Herr Kretschmann. Bemerkenswert finde ich, dass er es, wie üblich in verschwurbeltem Politikersprech, sogar indirekt zugibt. Der Niedergang der Bildung soll aber, wie Tichys Einblick schon berichtet hat, nur die staatlichen Schulen betreffen. Für die herrschende Kaste stehen ja immer mehr Privatschulen bereit, deren Absolventen (immerhin nicht alle) dann dankenswerterweise auf Steuerzahlers Kosten gefördert werden. Ähm, wie war das mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft?

Robert Schleif / 02.02.2020

“Wie der Herre, so’s Gescherre.” lm Interesse des gesellschaftlichen Friedens sollte kein Untertan gebildeter sein, als seine “Elite”. Und wir sollten uns im Niveau und der Sprachkompetenz den Neubürgern anpassen. Die Kanzlerin (“Wir müssen mehr Wachstum schaffen.”; “Wir brauchen mehr Europa.”) markiert die intellektuelle Obergrenze. Darunter hat alles Klimagehüpfe und Gegen-Rechts-Kulturisieren genügend Raum.

Michael Lorenz / 02.02.2020

Irgendwas muss er ja sagen, angesichts des Absturzes seines “Ländles” bei den Bildungsergebnissen. Und außer “Alles nicht so wichtig” ist ihm halt nichts eingefallen. Die Wahrheit möchten die Menschen dort doch ohnehin nicht wissen, wie ihr selbstmörderisches Wahlverhalten zeigt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Thomas Rietzschel / 17.06.2023 / 15:00 / 12

Kaube weiß, was Habeck mit Börne verbindet

Vor einer Woche wurde der Börne-Preis für Essays, Kritik und Reportage an Wirtschaftsminister Robert Habeck verliehen, in der Frankfurter Paulskirche. Man muss schon eine Weile…/ mehr

Thomas Rietzschel / 22.03.2023 / 16:00 / 24

Der beleidigte Lauterbach

Karl Lauterbach, Gesundheitsminister im Kabinett von Olaf Scholz, hat viel an Ansehen verloren. Aber er vertraut sich selbst noch immer, wie einst der nackte Kaiser,…/ mehr

Thomas Rietzschel / 23.01.2023 / 16:00 / 56

Sag mir, wo die Panzer sind, wo sind sie geblieben?

Erinnern Sie sich an Peter Struck, den letzten Bundesminister für Verteidigung, der – mit Verlaub – noch einen Arsch in der Hose hatte? Weil er die…/ mehr

Thomas Rietzschel / 20.12.2022 / 12:00 / 52

Wann kommt die Fahrrad-Steuer?

Warum müssen die Halter von Kraftfahrzeugen KfZ-Steuer zahlen, indes die Radler das öffentliche Straßennetz unentgeltlich nutzen dürfen, es mehr und mehr für sich beanspruchen, zunehmend…/ mehr

Thomas Rietzschel / 23.11.2022 / 16:00 / 24

Im neuen marxistischen Kapitalismus

Möchte der Staat die Bedeutung der Arbeit mit der Höhe seiner Sozialleistungen ausstechen, um den freien Bürger zum betreuten Mündel herabzusetzen? Mit der „wohltätigen“ Diskreditierung…/ mehr

Thomas Rietzschel / 04.11.2022 / 14:30 / 67

Lauterbach im Taumel der Macht

Was er seit seiner Berufung zum Minister veranlasst und ausgeführt hat, ist nicht mehr als die tolldreiste Posse eines Narren, der im Wahn seiner Macht…/ mehr

Thomas Rietzschel / 28.09.2022 / 16:00 / 43

Mehr Licht!

Nach der Umweltverschmutzung im Allgemeinen und der Luftverschmutzung im Besonderen haben sich die Klimabewegten von Thunberg und Neubauer bis zu den Geistesgestörten, die sich auf Autobahnen…/ mehr

Thomas Rietzschel / 25.09.2022 / 13:00 / 35

Vom heißen Herbst kalt erwischt

Die Angst geht um in den deutschen Regierungsbezirken, die Angst vor einem „heißen Herbst“. „Natürlich“, so tönt aus allen Amtsstuben, aus dem Kanzleramt sowie aus…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com