Thilo Schneider / 26.01.2024 / 16:00 / Foto: Friederike Reinhold, / 20 / Seite ausdrucken

Anleitung zum Systemwechsel

Ein echter demokratischer Systemwechsel müsste her. Aber wie könnte der aussehen?

Bei den Ampel-Parteien herrscht mittlerweile echte Panik angesichts der Umfragewerte der AfD. Sollte diese beispielsweise in Thüringen die absolute Mehrheit erringen, dann wird Björn Höcke tatsächlich Ministerpräsident, und Bodo Ramelow muss mit seinem Hund in die gepflegte Altersteilzeit. Wie ein nicht unerheblicher Teil von Linken und SPD und FDP auch. Dann steht Thüringen also vielleicht (!) ein „undemokratischer Systemwechsel“ vor, wie immer dieser dann aussehen sollen können würde. Thüringen wird wohl kaum seinen Austritt aus dem Bund erklären und anschließend Niedersachsen überfallen. Obwohl die es irgendwie schon verdient hätten, weil da Weil Ministerpräsident ist. Aber vielleicht läuft es ja auch umgekehrt und Niedersachsen, Hessen und Bayern bilden eine „Achse der guten Demokraten“?

Spaß beiseite: Es ist mitnichten so, dass Bernd Normalbürger die Nase von der Demokratie voll hätte – er will sie nur nicht so, nicht auf diesem Level, nicht in dem Gefühl, von narzisstischen Autokraten mit wenig Fachkenntnis und viel Ideologie regiert zu werden, die seine Steuern als Selbstbedienungsladen und Einladung zum Buffett verstehen. Die sich wie Kinder vor dem Bonbonglas verhalten, ohne dass er irgendeine Möglichkeit hätte, sie bei Arbeitsverweigerung oder Minderleistung zu entfernen. 

Wie aber könnte ein echter demokratischer Systemwechsel aussehen? 

Zuerst einmal müssen unsere Abgeordneten besser bezahlt werden. Sie staunen? Lassen Sie mich erklären, warum: Für eine ungelernte Küchenhilfe sind 10.591,70 Euro eine Menge Geld. Viel Geld. Vielviel Geld. Und da haben wir über weitere Benefits wie „Bürokostenzuschuss“, „Bahncard 100 für die 1. Klasse“ und weitere lustige Einnahmequellen noch gar nicht gesprochen.

Außerdem beschließt der Bundestag manchmal einen Haushalt, der auch Freunde erfreut. Satte zwei Millionen Euro gingen jüngst beispielsweise an die „Seenotrettungs“-NGO „United4Rescue“, in der, Zufall, der Lebensgefährte von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt im Vorstand sitzt.

Zwei Jahre Berufserfahrung sind Pflicht

Aber bleiben wir beim Grundsalär von 10.591,70 Euro. Zum Vergleich: Oberärzte mit abgeschlossenem Medizinstudium kommen da gerade mal auf 9.300 € im Monat, in einem Beruf, in dem es um Verantwortung und Leben und Tod geht. Ein angestellter Fondsmanager spielt in der gleichen finanziellen Liga, aber ohne Stylingberater, Visagist und Friseur. 

Erst ein Sparkassenvorstandsgehalt, das sich bei ca. 30.000 € brutto im Monat bewegt, macht eine Stelle als Abgeordneter im Bundestag absolut uninteressant. Aber das wäre wenigstens jemand, von dem man erwarten dürfte, rudimentär fit in Volks- und Betriebswirtschaft zu sein. 

Ergo, wenn wir Spezialisten und echte High-Potentials im Bundestag haben wollen: Das Gehalt ist das Doppelte des Durchschnittseinkommens der letzten drei Jahre. Hat unser Abgeordneter bei der Steuererklärung geschummelt, hat er jetzt Pech gehabt.  Aber es ließe sich sicher ein Mindesteinkommen festlegen – nur eben keine 10.591,70 Euro. 

Außerdem: Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung – egal, ob als Maurer oder Gehirnchirurg – sind Pflicht. 

Leider wohl nur eine hübsche Utopie

Dann: Begrenzung der Legislaturperiode eines jeden Abgeordneten, egal ob Hinterbänkler oder Minister auf maximal zwei Legislaturperioden und eine Jobgarantie seines bisherigen Arbeitgebers. Das würde die Verfilzungen in den Strukturen und untergeordneten Behörden lösen. 16 Jahre Merkel haben gezeigt, wie falsch eine derartige Unlimitierung ist. Und nach acht Jahren ist es dann wirklich auch einmal gut. Pensionsansprüche spielten sich im ganz normalen Rahmen über die Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ab. 

Die Listenwahl wird abgeschafft, eventuell sogar die Wahlkreise dramatisch verkleinert, und: Nur die beiden Besten kommen auch in den Bundestag. Wir haben in Deutschland rund 300 Wahlkreise, in denen sich die Kandidaten vorstellen könnten. Das wären dann etwa 600 Ab- und Zugeordnete. Warum sollte das nicht ausreichen? Klar, wenn du in der FDP oder bei der Linken bist, wird das für dich schwieriger, aber das ist dann eben so. Dann gehen eben 4 Prozent aller Stimmen verloren. Wie jetzt auch. Schlimmstenfalls hat der Beste 7 Prozent aller Stimmen, der Zweitplatzierte 6 Prozent. Dann gehen eben 87 Prozent aller Stimmen verloren, weil zehn Mann und Frau und Diverses angetreten sind. Ungerecht? Nein, nur fair. Und wenn der SPD-Mann besser als der AfD-Mann ist, dann macht er auch das Rennen. Falls so etwas vorkommen sollte. Dritt- und Viertplatzierter ist dann eben doof, wenn du die Leute im Wahlkreis nicht von dir überzeugen konntest. Aber bei jedem Sport gibt es auch nur maximal drei Sieger. Und hier reden wir über Politik. Bei Bürgermeisterwahlen gibt es Stichwahlen – warum nicht auch dies auf Wahlkreisebene einführen? 

Das alles würde die Demokratie direkter und volksnäher machen, besser machen und, möglicherweise, sogar billiger. So würde tatsächlich eine Art „Bestenauslese“ funktionieren. Das Problem ist nur: Die Kinder am Bonbonglas werden dieses mit Klauen und Zähnen gegen Konkurrenz verteidigen! Und deswegen bleibt diese Art des Systemwechsels wohl auch nur eine hübsche Utopie.

Doch die Demokratie muss direkter und volksnäher werden, sonst kommt es irgendwann zu einem „Systemwechsel“ ganz anderer Art. Es hat einen Grund, warum es inzwischen einen Graben zwischen Reichstag und Volk gibt. Derartige „Schutzmaßnahmen“ waren zuvor nicht nötig. Doch es muss sich etwas ändern. Dringend. Gleich. Jetzt. Sonst ändert sich etwas, das niemandem gefallen wird.

(Weitere befreite Artikel des Autors unter www.politticker.de

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Friederike Reinhold,

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Leserpost

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Peter Bauch / 26.01.2024

Der geschätzte Autor übersieht etwas: es ist völlig egal wer im Bundestag sitzt ob Küchenhilfe oder Professor. Es geht nur um Mehrheiten. Und dort zählt der Fraktionszwang. Dazu braucht es keine weiteren intellektuellen Fähigkeiten. Also nur abzunicken was wenige im Hinterzimmer ausklüngeln. Aber für die Bezahlung wüßte ich eine Lösung: Jeder Parlamentarier wird nach seiner erwiesenen Fähigkeit entlohnt: Der Professor wie ein Professor und die Küchenhilfe wie eine Küchenhilfe. Und wer nur studiert hat Bafög oder Bürgergeld.

Manfred Hildebrandt / 26.01.2024

Der Islam gehört nicht zu Deutschland. ______ Wie wäre es mit der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild? Da höre ich doch alle Bundestagsabgeordnete groelend lachen. Auch in den sog. alt. Medien liest und hört man wenig dazu. Nichts wird sich ändern. Dieses Land hat die “Demokratie”, die es verdient.

Holger Chavez / 26.01.2024

Gut, sehr gut, daß das mal diskutiert wird! Ich hoffe,  daß sich diese Diskussion mit vielen Beiträgen - nicht nur Leserbriefen - noch lange fortsetzt. Mein Senf dazu: “Zuerst einmal müssen unsere Abgeordneten besser bezahlt werden. ” - Da bin ich anderer Meinung. Das Parlament ist die Repräsentanz des Volkes. Da gehören weder nur Spitzenverdiener hin,  noch müssen das unbedingt hochqualifizierte und hochbezahlte Experten sein.  Aber “was drauf haben” sollten sie schon. Wenn die Listenwahl abgeschafft wäre, würden die Wähler sicher besser überlegen, welchen Kandidaten sie bevorzugen. Es ist ihre Verantwortung. Die kann man ihnen auch nicht mit “Berufsausbildung und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung – egal, ob als Maurer oder Gehirnchirurg ” abnehmen. Mir graust vor solchen Vorschriften, die den Wählerwillen beschränken. Man könnte auch jedem Wahlkreis das “Budgetrecht” für den Abgeordneten übertragen; d.h., die Wähler würden in einer separaten Abstimmung entscheiden, wieviel Gehalt ein Abgeordnete beziehen darf und das Gehalt würde vom Wahlkreis bestritten. Oder jeder Kandidat erklärt vor der Wahl, wieviel er benötigt. “Das wären dann etwa 600 Ab- und Zugeordnete. Warum sollte das nicht ausreichen? ” - Warum so wenige? Weil es sich dann besser “durchregieren” läßt? Z.Zt. sind die Abgeordneten Stimmvieh und verdienen nicht die Hälfte dessen, was sie verprassen. Mit der direkten Wahl bestände die Chance, daß sich das ändert, weil dann ihre Wähler mit ihnen Tacheles reden würden. “Begrenzung der Legislaturperiode eines jeden Abgeordneten, egal ob Hinterbänkler oder Minister auf maximal zwei Legislaturperioden und eine Jobgarantie seines bisherigen Arbeitgebers.” - Wie bitte? Der Arbeitgeber soll den Scheiß bezahlen? Nach 8 Jahren soll er den dann wieder einstellen? Vielmehr sollten Abgeordnete nicht gleichzeitig Minister sein dürfen, damit sie ihre Klientel im Wahlkreis nicht schmieren können (z.B. ihren ehem und zukünftigen? Arbeitgeber )

S. Andersson / 26.01.2024

Och nee… der Klügere gibt nach und dann kommt man automatisch in die jetzige Situation! Die Herrschaften müssen morgens mit dem Angstschweiss auf stehen: „… shit… wenn ich heute Mist baue… dann steckt heute Abend wieder die Mistgabel in meinem Ar..ch..“ das hilft beim denken & handeln.

W. Renner / 26.01.2024

Der Ansatz mit der Begrenzung von Mandatszeiten auf 2 Legislaturperioden ist ja schon mal richtig und notwendig. Aber, da fehlt noch einiges. Die USA haben rund 4 mal so viele Einwohner wie Deutschland und kommen in Senat und Repräsentantenhaus zusammen mit 535 Abgeordneten aus. Die Anzahl der Wahlkreise ist schliesslich nicht gottgegeben. 250 für den Bundestag und nochmal 50 für den Bundesrat wären mehr als genug. Mindestens genau so wichtig, wenn nicht gar wichtiger wäre endlich die Einführung der Gewaltenteilung. Das heisst ganz klar, Mitglieder der Parlamente können dürfen nicht gleichzeitig Regierungsmitglieder sein. Weiter ginge es mit NICHT weisungsgebunden Staatsanwälten und keine Richter mehr auf Lebenszeit. Die Anzahl der Ministerien gehört ebenfalls radikal reduziert. Äusseres, Inneres, Finanzen, Verteidigung, Verkehr, Infrastruktur, Gesundheit- und Soziales wären völlig ausreichend. Umwelt, Landwirtschaft, Arbeit, Energie, Bildung (zumal diese Ländersache ist) wären als Ressorts im Innenministerium ausreichend vertreten. ... Wenn man alleine nur den Palast des Umweltministeriums, mit seinen Heerscharen von beamteten Klimabekloppten betrachtet, kriegt man schon einen Vogel ....

Wolfgang Fischer / 26.01.2024

Der Rammelbodo will ja angeblich alles tun, damit der Höcke nicht ans Ruder kommt! Also : Remigration anleiern, preiswerte Energie anbieten, Bauern die Subventionen zugestehen, GEZ Gehirnwäschesteuer abschaffen, Linksextremismus bekämpfen, Ukrainekrieg beenden, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete unterbinden, Coronaverbrecher verfolgen, Bürgergeld abschaffen, Bürgerentscheide einführen, Wahlberechtigung für Steuerzahler usw. usw. usw.? Oder hinterher wieder mal, den “Schießbefehl hat es nie gegeben” sagen?

Thomas Szabó / 26.01.2024

Ich frage mich, wie bei einem verpflichtenden IQ-Test die Bundestagsabgeordneten der einzelnen Parteien abschneiden würden?

Thomas Szabó / 26.01.2024

Lieber Herr Schneider. Danke für die konstruktiven Vorschläge, die wir noch weiter ausarbeiten und unters Volk bringen sollten. Der Systemwechsel muss vom Volk ausgehen. Autoren & Leser der Achse könnten ein Brainstorming machen und Ideen zusammen tragen. Das wäre ein sehr schönes basisdemokratisches Unterfangen, welches auch die Bundesregierung erfreuen würde. Ich steuere schon eine Idee bei: IQ-Test bei Emilia Fester

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