Warum Claudia Roth von Juden ausgebuht wurde

Von Malca Goldstein-Wolf.

Claudia Roth wurde am Freitag auf dem jüdischen Jugend-Musikwettbewerb „Jewrovision“ ausgebuht. Innerhalb der jüdischen Community ist man mit der heuchlerischen Kulturstaatsministerin schon länger unzufrieden. Nun zeigte die Jugend ihren Unmut.

Als bekannt wurde, dass ausgerechnet Claudia Roth, die Politikerin, die den Antisemitismus-Skandal auf der documenta stoisch auszusitzen versuchte, sich weigerte den Bundestagbeschluss gegen die antisemitische BDS-Bewegung zu unterschreiben und als Sahnehäubchen auch noch High Five machte mit iranischen Mullahs, die Israel auslöschen wollen, den Jewrovision am vergangenen Freitag eröffnen sollte, war das Entsetzen innerhalb der jüdischen Community groß.

(Anm. d. Red.: Der Jewrovision ist laut Homepage „der größte jüdische Gesangs- und Tanzwettbewerb Deutschlands und Europas. Teilnehmen dürfen jüdische Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren aus ganz Deutschland gemeinsam mit dem Jugendzentrum ihrer jüdischen Gemeinde“).

Mich erreichten zahlreiche Nachrichten. Wut, Empörung, Enttäuschung machten sich breit. Wie konnte es sein, dass der Zentralrat der Juden, unsere aller Vertretung, einer Politikerin eine Bühne bietet, die für das Gros der jüdischen Gemeinschaft zu einem roten Tuch geworden war? Ja, Roth ist zwar Kulturstaatsministerin, ihre Verfehlungen der Vergangenheit sind aber so gewaltig, dass es Zeit war, klare Kante zu zeigen. So der Tenor derjenigen, mit denen ich mich austauschte. Kurzzeitig überlegte ich, ob ich der Veranstaltung aus Protest fernbleiben sollte. Aber so bestraft man nur die jungen Menschen, die sich voller Hingabe schon seit Monaten auf diesen besonderen Tag vorbereitet haben.

Sie hätte sich seit Wochen permanent aufgedrängt, niemand wäre froh, sie dort zu sehen, raunte man mir hinter vorgehaltener Hand zu. Was hätte denn passieren können, wenn man Roth einfach signalisiert hätte, dass sie auf der Veranstaltung unwünscht ist? So wie man es, ohne mit der Wimper zu zucken, auch mit Rechtspopulisten getan hätte?

Die Chuzpe der Jugend

Selbst in jüdischen Funktionärskreisen scheint es, warum auch immer, in der Öffentlichkeit eine Ungleichbehandlung von rechtem und linkem Antisemitismus zu geben. Intern weiß man, dass es vor allem die linken Israelhasser und deren politische Vertreter sind, die israelbezogenen Judenhass salonfähig machen und in der Mitte der Gesellschaft etablieren. „Kein Millimeter nach rechts“ hilft uns in dem Fall nicht weiter. Und so sind es insbesondere Politiker wie Claudia Roth, auf die sich Juden nicht verlassen können.

Und dennoch positionieren sich jüdische Vertreter oftmals nicht so, wie es sich große Teile der Gemeinschaft wünschen würden. Da wird auch ein Bundespräsident Steinmeier, der sich ohne Not posthum vor dem Judenmörder Arafat verbeugt hat, begrüßt, als wäre er ein Freund.

Es muss alles so sein, als ob es so ist. Wie es anders geht, hat uns der Nachwuchs auf dem Jewrovision gezeigt. Man muss es als „Chuzpe“ bezeichnen, dass es Roth überhaupt gewagt hat, die Bühne des Jewrovision zu betreten. Einige Bekannte und Freunde, mit denen ich vor Ort gesprochen habe, ertrugen Claudia Roths Anblick ebenso wenig wie ich. Man überlegte, den Raum zu verlassen, sobald sie ihre Rede begann. Dazu kam es allerdings nicht.

Unbeschreibliches Gefühl der Selbstachtung

Die Stimmung war schon vor Beginn mitreißend. Die jungen Menschen strahlten vor Stolz, dabei sein zu dürfen, sie sprangen aufgeregt umher, plapperten laut und angeregt, konnten es kaum erwarten, dass es endlich losging. Israelische Musik lief, und dieses unbeschreibliche Zugehörigkeitsgefühl zog auch mich in den Bann.

Zunächst eröffnete der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, die Veranstaltung. Er stärkte die Jugendlichen, indem er ihnen klarmachte, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Auch nicht von der documenta. Mein Herz schlug vor Begeisterung höher. Er hatte den documenta-Skandal angesprochen, in Anwesenheit der Person, die ihm von der ersten Reihe aus zuhörte. Dafür war ich ihm dankbar. Dieser Seitenhieb muss gesessen haben. Ich konnte ja nicht ahnen, was danach geschah.

Man bat also Kulturstaatsministerin Roth auf die Bühne. Und plötzlich fing das Publikum an, sie auszubuhen, auszupfeifen, immer lauter. Sie versuchte ihre Rede zu halten, in Teilen konnte man sie nicht verstehen, zu laut war der Protest (siehe hier).

Die jungen Leute zeigten dieser schrecklichen Person, was sie uns Juden angetan hat, ließen sie alle Verachtung spüren und stellten sich ihr entgegen, stolz, furchtlos und hoch erhobenen Hauptes. Inzwischen buhten und pfiffen auch ich und andere ältere Semester nach Leibeskräften mit. Es war ein unbeschreibliches Gefühl der Selbstachtung, das den gesamten Saal erfüllt.

Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass diese jungen Menschen sich so couragiert verhalten würden: Mein Herz lief über vor Stolz, mir standen die Tränen in den Augen. Juden müssen wehrhaft sein, wir dürfen uns nicht wegducken, müssen Grenzen setzen, auch im politischen Diskurs. Und wie das geht, haben die Jungen heute den Alten gezeigt.

Stolz, Würde, Anmut, Rückgrat und Hoffnung

Sie wollten sich nicht alles gefallen lassen, erzählte mir ein junges Mädchen in der Pause. Die documenta wäre schlimm gewesen, sie hätte nicht gedacht, dass man in Deutschland Juden als Schweine zeigen dürfte und dass das okay wäre. Deshalb hätten sie und ihre Freunde beschlossen, der Ministerin zu zeigen, dass sie so nicht mit sich umgehen lassen und dann so tun, als wäre nichts geschehen.

Als ich mit seinem Vater sprach, kam sein Sohn angelaufen. Ob wir das Buhen und die Pfiffe mitbekommen hätten, fragte er aufgeregt, ob das nicht unglaublich gewesen wäre? Er strahlte und seine Wangen waren vor Begeisterung errötet. Und ob wir das mitbekommen haben. Wir sind so stolz auf euch, riefen wir ihm noch hinterher.

Kulturstaatsministerin Roth verließ die Veranstaltung Minuten nach ihrer Rede. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie verstehen wird. Aber an diesem Tag hat uns die Jugend beschenkt mit Stolz, Würde, Anmut, Rückgrat und Hoffnung. Wir sollten uns ein Beispiel an ihnen nehmen. Es ist übrigens genau diese Mentalität, die uns auch Israelis vorleben und ohne die es keinen jüdischen Staat mehr gäbe.

 

Malca Goldstein-Wolf ist eine deutsch-jüdische Aktivistin und Publizistin, die sich gegen Judenhass einsetzt. Sie hat dafür gesorgt, dass Roger Waters Tournee 2018 nicht durch den WDR mit öffentlichen Geldern subventioniert wurde. Neben ihrem Aktivismus als ehrenamtliches, geschäftsführendes Mitglied des deutschen Präsidiums von Keren Hayesod, Israels größter Spendenorganisation, sammelt sie Gelder für israelische Menschen in Not. Mehr finden Sie auf ihrer Facebookseite.

Foto: CEphoto/Uwe Aranas CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Yehudit de Toledo Gruber / 21.05.2023

Diese heuchlerische und vollkommen deplacierte Staatssekretärin Roth hätte von Herrn Dr. Josef Schuster niemals eine solche Bühne geboten bekommen dürfen. Das zeigt das gesamte Dilemma unseres schwachen, angepaßten Zentralrates.  Diesbezüglich ist hinzuzufügen, daß viele (nicht alle) Jüdischen Gemeinden - mit ihren wichtigen Funktionären an der Spitze - zu wenig glaubhaft, selbstbewußt, stark und einig auftreten im Vergleich zu den immer lauter wahrnehmbaren muslimischen Vereinen auf unseren Straßen. Auch, wenn sich unsere Vorzeige-Politiker an jüdischen “Pflicht-Gedenkveranstaltungen” medienwirksam eine Kippa aufsetzen und salbungsvolle Reden halten, sind sie nur an ihren realistischen Taten zu messen, an ihren Haltungen und Entscheidungen hinter den Kulissen! Bezüglich des Kommentars von @Frau Petra Göllwarth möchte ich noch anfügen, daß sich die (besonders frommen) jüdischen Bürger nicht “separieren”, doch tatsächlich einen anderen Lebenstil bevorzugen, auf die ihnen wichtigen Gebote achten, den Schabbat und die Kaschrut. Das ist vielen Normalo-Bürger viel zu anstrengend, noch dazu in Zeiten, wo alles den Bach ´runtergeht, kaum noch ein Unrechtsbewußtsein vorhanden ist und jeder macht, was er will - wegen der persönlichen Freiheiten.  Und dann das heiße Thema Israel. Ein kleiner jüdischer Staat, der medienwirksam desavuiert wird und - entgegen der EU-Vorstellungen und Wünsche - andere Meinungen und eine selbstbewußte Haltung vertritt zum Schutz seiner eigenen Bürger. D a s ist hierzulande weder sicht- noch spürbar.  

Olaf Dietrich / 21.05.2023

Was sie schreiben gilt genau so auch für Nichtjüdische.  Tendenziell ist mir das Gewese um Religionen wurscht, aber wenn man´s eh schon schwer hat und dann kommt diese Wuchbrumme um die Ecke und ist auch noch zuständig….. Ihr habt mein volles Mitleid!!  Das Grauen lauert überall!!

Martin Ruehle / 21.05.2023

Diese Frau ist in Moralin gegossene Heuchelei. Unerträglich und vollständig von Kompetenz befreit. High-Five, Hände schüttelnd und sittsam verkopftucht mir den iranischen Schlächtern und auf beiden Augen blind bei linken Judenhassern auf der Dokumenta in Kassel. Rio Reiser rotiert im Grab. Eine Schande, dass solche Gestalten seit Jahren bis in höchste Regierungsämter gehievt werden!

Johann Joachim Lindner / 21.05.2023

Diese Person mit ihrer arroganten Schamlos moralisierenden Dummheit hat die richtige Antwort erhalten. Ein Skandal ist, das sie noch nicht in die Wüste geschickt wurde.

Claudius Pappe / 21.05.2023

Dank an das Publikum. Warum wurde Herr Schuster nicht ausgepfiffen ? Und der Seitenhieb auf die Rechte, musste der sein ?

Thomas Kache / 21.05.2023

Gut. Die C. B. Roth auszupfeifen ist das Eine. Es ist durchaus angemessen, und so wie ich meine, Ihrer würdig. Andererseits sollte der Zentralrat doch mal bitte sein, oftmals, ziemlich heuchlerisches Verhältnis zur Regierung überdenken. Hierin unterscheiden sich Juden, Katholiken oder Lutheraner keinen Deut. Die Funktionäre sind heuchlerische Opportunisten. Einzig die Musels sind da anders. Die sind immer in der Opferrolle, an allen widerwärtigen Aktionen unter ihrer Ägide völlig unschuldig, nichts desto trotz wären sie von den Offiziellen gehegt und gepflegt. Auch sollten, finde ich, die Juden nicht über jedes Stöckchen springen, was ihnen hingehalten wird, wo „Antisemitismus“ drauf steht. Teilweise handelt es sich um unbedachte, aus dem Kontext gerissene Äußerungen. Wie schnell eine unbedachte Bemerkung die Wokeria zum brodeln bringen kann sollte hinlänglich bekannt sein. Das wirkliche Antisemitisten in vielen Amtsstuben sitzen, und hohe, teils höchste, Ämter innehaben, sollte kein Geheimnis sein. Das die links- grüne Regierung nach wie vor Steuergelder an die Hamas gibt (ironischerweise somit auch jüdisches Geld), das ein BK Scholz neben Abbas steht, wenn dieser seine Haßtiraden abläßt, das radikale Araber, unterstützt und bekleidet von Antifa und irgend Altlinken, Israelfeindliche Parolen brüllend, durch deutsche Städte ziehen können, das ist der eigentliche Skandal. Das ist praktizierter Antisemitismus. Und da sollen wir alle zusammenstehen, und die Akteure in die Schranken weisen. Währet den Anfängen.

gerhard giesemann / 21.05.2023

Die Dame Clodia macht eben die Augen nicht auf - und wenn sie sie mal aufmacht, dann begreift sie nicht, was sie sieht.  “Man kann nicht Millionen Juden umbringen und dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde ins Land lassen”.

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