Thilo Schneider / 06.11.2023 / 11:00 / Foto: Pexels.com / 57 / Seite ausdrucken

Wann ist man beim ZDF ein Türke?

Nachdem ein Mann seine Tochter als Geisel genommen hatte, berichtete das ZDF live vom Tatort. Der Reporter erklärte, dass der Täter zwar verlangte, auf Türkisch angesprochen zu werden, dies aber nicht bedeute, dass er türkischen Migrationshintergrund habe.

Ein Mann hat einen Sorgerechtsstreit mit seiner Frau. Kurzerhand schnappt er sich die vierjährige Tochter, brettert durch die Schranke am Hamburger Flughafen, dessen Sicherheitsvorkehrungen augenscheinlich löchriger als ein Duschkopf sind und parkt sein Auto unter einem Flugzeug. So weit, so originell. 

Natürlich ist die Polizei fast sofort vor Ort. Und auch die Presse. Namentlich das ZDF in der traurigen Gestalt von Sven Rieken, der live berichtet. Und zwar, wortwörtlich, so: „Was bislang bekannt ist, der Mann möchte auf Türkisch angesprochen werden, was aber im Umkehrschluss nicht unbedingt heißt, dass er türkischer Staatsbürger, Angehöriger oder mit dem Migrationshintergrund in der Türkei ist …“

Aha. Soso. Gerade noch einmal Hass und Hetze und Spaltung vermieden. War knapp. Uff. Nun ist es so, dass, hätte Einmann verlangt, auf Englisch angesprochen zu werden, er US-Amerikaner, Araber, Japaner, Senegalese, Chinese, Pekinese, Liechtensteiner oder, in einem schweren Ausnahmefall, Franzose hätte sein können. 

Hätte Einmann hingegen verlangt, auf Nepalesisch angesprochen zu werden, wäre er mit ziemlicher Sicherheit ein Nepalese gewesen. Oder ein wahnsinnig gebildeter Hamburger Bildungsbürger mit ohne Migrationsabgrund, der nepalesisch zu seiner Lieblingssprache erkoren hat, seit er als 9.252. Bergsteiger auf dem Mount Everest war. Dann allerdings wäre er sicher nicht so bescheuert gewesen, auf dem Rollfeld des Hamburger Flughafens eine Kindesentführung zu versuchen.

Anders: Wäre Einmann am liebsten auf Deutsch angesprochen worden, so hätte er durchaus auch Deutscher, Italiener, Spanier, Däne, Holländer oder Schwede sein können. Oder sogar Türke, Syrer oder Bayer.

Sven Rieken innovativ und investigativ

Da Einmann aber dringend auf Türkisch angesprochen zu werden verlangt hat, heißt das durchaus und „im Umkehrschluss“, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit türkischer Staatsangehöriger oder Beutedeutscher mit türkischem Migrationshintergrund ist. Eine einprozentige Wahrscheinlichkeit besteht allerdings, dass es sich bei Einmann auch um eine Nordkoreanerin handelt, die nach ihrer Transition in Hamburg Musik studiert hat und damals in der Kemal-Atatürk-Realschule türkisch als Zweitfach belegt hat, ausschließen kann man das jetzt nicht so ohne weiteres, also, so ganz saublöd war das nicht, was Sven Rieken da innovativ und investigativ in die Kameras gesachlicht hat. 

Neben der Unsicherheit des guten Sven würde mich die Idee hinter Einmanns Tat interessieren: „Ich packe meine Tochter, fahre mit ihr auf die Rollbahn vom Hamburger Flughafen und steige einfach in das da geparkte Flugzeug nach Istanbul, das wird schon klappen“? Hat er das wirklich so gedacht? War Einmann mit dem unzulässigen Umkehr- und Kurzschluss tatsächlich der Meinung, Behörden und Polizei sagen „ja, komm, jetzt ist er nun einmal da, da soll der auch gleich mit seiner Tochter mitfliegen. Es ist Samstagabend und den Papierkram können wir uns dann auch gleich sparen. Lasst nochmal die Gangway runter und schickt einen Fahrer, der seinen Wagen in die Tiefgarage fährt“? Wie behämmert kann man eigentlich sein?

Gut: Die Geiselnahme wurde unblutig beendet, die Polizei konnte den Einmann mit dem Namen Salman E. nach rund 18 Stunden zur Aufgabe bewegen, die Tochter ist wohlauf und wahrscheinlich wieder bei Mama. Ente gut – alles gut. Apropos: Nur weil es wie eine Ente aussieht, riecht, schwimmt, schnattert, fliegt und sich anhört, muss es im Umkehrschluss nicht auch eine Ente sein. Es kann auch sein, dass es sich um einen Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks handelt. Gell, Sven Rieken?

 

Lesen Sie zum Thema auch: Wer so eine Führung hat, braucht keine Feinde mehr von Annette Heinisch.

(Weitere umkehrschließende Artikel des Autors unter www.politticker.de

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Leserpost

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Curt Handmann / 06.11.2023

@ Judith Panther :  Rrrrahahar! Zwar eine krasse Ansicht -  aber gefällt mir sehr! Danke an die Achse, dass sie auch beißenden Spott und Säure durchlässt! (Apropos: Undank ist eben der Idioten Lohn, nicht wahr, Svenny-Boy? Vielleicht solltest du künftig mal besser in einen großen Lolly hineinlabern, weil: wer weiß denn schon um den Unterschied zwischen Mikro und Stiellutscher, ne? Hahaha! )

Yehudit de Toledo Gruber / 06.11.2023

@Franz Klar) Daß es doch immer wieder bemitleidenswerte Kommentatoren gibt, die es sich nicht verkneifen können, stets auch irgend etwas unpassendes “jüdisches” beizumischen. Aber trotz des sehr ernsten Themas und unserer verschleiernden Medienberichte darüber, habe ich mich köstlich amüsiert über den spitz-witzigen Artikel von Thilo Schneider. Und über das zu erwartende Strafmaß für diesen Türken bin ich schon heute gespannt.

j. heini / 06.11.2023

Der ZDF-Mann, der über EinMann berichtete, weiß gar nicht, was ein Umkehrschluß ist. “Umkehrschluß” scheint ein Wort zu sein, daß im Wortschatz für einfache Bildung oder gar Bildungsarmut nicht vorkommt. Der Reporter sollte mal den Wortschatz für einfache Sprache verinnerlichen, damit er sich im Rahmen seiner Bildungsarmut sicher ausdrücken kann. Oder er sollte sich dringendst weiterbilden. Oder nicht live im Fernsehen auftreten.

Rolf Menzen / 06.11.2023

Er sagte: “ben arabayla gidiyorum!”. Die des Türkischen mächtigen unter den Achse-Lesern werden das verstehen Ansonsten hilft Google Translate. PS, von einer Kartoffel, die vor langem mal “aus Langeweile” ein wenig Türkisch gelernt hat.

Judith Panther / 06.11.2023

Ja, nee, is´klar, “Hein Blöd” Rieken, Du einfältiger Trottel. Kann ja auch sein, daß der Typ noch bekloppter ist als Du! Obwohl ... nee, noch bekloppter geht einfach nicht.  Junge, tu uns einen Gefallen: Steig in irgendeinen Flieger, verlaß das Land und komm nie wieder.

Dietmar Herrmann / 06.11.2023

Es ist dieses “sich bescheixxen vor political correctness” das sich in diesem Fall selbst der Lächerlichkeit preisgegben hat, wenn auch unfreiwillig. Der Entführer wollte nur auf türkisch kommunizieren, was nicht bedeutet , daß er Türke ist (womöglich eine False-Flag-Aktion vom NSU 3.0).  Schatz, es ist nicht so, wie du denkst, ich vögele die Nachbarin nur, damit sie uns nicht ständig die Auffahrt zuparkt. Bilden Sie weitere Beispiele.

Marc Greiner / 06.11.2023

@Paul Schmidt/“Wenn er Glück hat, ist er ja zum 18. seiner Tochter wieder draußen.”—-Quatsch. Er hat doch keine falschen Impfattestate ausgestellt oder gegen Coronamassnahmen demonstriert. Nächste Woche ist er wieder in der gewohnten Kneipe anzutreffen. Und dann gehts wieder von vorne los.

W. Renner / 06.11.2023

Wenn einem Sven Rieken seine wirren Gedanken durchs Mikrofon ins Wohnzimmer transportiert, heisst das im Umkehrschluss noch lange nicht, dass man Nachrichten sieht, oder man es gar mit Journalismus zu tun hat. Sicher ist nur, dass man den Mist auch noch bezahlen muss.

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