Oliver Zimski / 09.11.2022 / 12:00 / Foto: Pixabay / 44 / Seite ausdrucken

9. November: Im Jahre 33

Mit dem Fall der Mauer vor 33 Jahren endete die bleierne Nachkriegszeit, in der sich die beiden deutschen Staaten in hochgerüsteten gegnerischen Machtblöcken gegenüber standen. Heute regieren Linke, die mit Deutschland und der Einheit schon damals wenig anfangen konnten, und die auf die Ostdeutschen herabschauen.

Vor 33 Jahren fiel die Mauer – was für eine unbändige Freude bei all denjenigen, die in der DDR gelitten hatten unter Unfreiheit, systematischer Lüge und Heuchelei sowie bei denen im Westen, die östliche Wurzen besaßen oder sich ein Gespür für die Ungerechtigkeit und Bösartigkeit der innerdeutschen Grenze bewahrt hatten. Andere erlebten den Mauerfall dagegen mit gemischten Gefühlen oder gar als persönliche Katastrophe – im Osten Mitläufer und Profiteure des Systems, die ihre Lebensplanung bedroht sahen; im Westen viele Linke, die sich die DDR als Projektionsfläche ihrer sozialistischen Träume bewahren wollten, auch wenn sie selbst dort nie hätten leben wollen.

Mit dem Fall der Mauer endete die bleierne Nachkriegszeit, in der sich die beiden deutschen Staaten in hochgerüsteten gegnerischen Machtblöcken gegenüber standen. Mit ihm und dem Völkerfrühling in Polen, Ungarn, Tschechien, Rumänien, Bulgarien sowie den baltischen Ländern wurde endgültig das Scheitern des kommunistischen Gesellschaftsexperiments offenbar, das 1917 mit der russischen Oktoberrevolution begonnen hatte und nach dem Sieg der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg auf ganz Osteuropa ausgedehnt worden war.

Die DDR war 1990 wirtschaftlich bankrott, ihre Infrastruktur marode, die alte Bausubstanz der Innenstädte verfallen, die Umwelt schwer geschädigt. Ihre von der Bevölkerung mehrheitlich gewünschte Vereinigung mit der Bundesrepublik war auch ein Akt historischer Gerechtigkeit für die ehemalige Mitte Deutschlands, die – nachdem der eigentliche Osten nach 1945 faktisch von Polen und der Sowjetunion annektiert und dessen eingesessene Bevölkerung vertrieben worden war – stellvertretend für Gesamtdeutschland für den von den Nazis entfesselten Krieg hatte büßen müssen. Dass es in der Folge in den neuen Bundesländern auch zu ökonomischen Verwerfungen, der voreiligen Abwicklung von DDR-Betrieben oder unschönen Erscheinungen wie der Besetzung freigewordener Schlüsselpositionen in Justiz und Verwaltung mit teilweise zweitklassigem Westpersonal kam, steht auf einem anderen Blatt.

Die Impfung verweigert

Jedenfalls hätte nach dem desaströsen Scheitern des DDR-Systems in jeder – auch und besonders wirtschaftlicher und ökologischer – Hinsicht ein gesamtgesellschaftlicher Erkenntnis- und Reifungsprozess im vereinten Deutschland einsetzen müssen, eine Art kollektiver Selbstimmunisierung nicht nur gegen den Rechtsextremismus, dessen nationalsozialistische Variante halb Europa ins Unglück gestürzt hatte, sondern auch gegen die nicht minder verbrecherische Utopie vom kommunistischen Paradies auf Erden, welche im Namen der vorgeblichen Liebe zur „Menschheit“ viele Millionen Einzelmenschen das Leben gekostet hatte.

Der doppelten Immunisierung gegen die beiden großen totalitären Versuchungen des 20. Jahrhunderts hätte – gestützt auf die Erfahrungen der friedlichen Revolution in der DDR – ein politischer und mentaler „Neustart“ folgen müssen. Doch der blieb aus, denn – um es in Corona-Sprache auszudrücken – Impfung und Booster wurden hartnäckig verweigert, nachwachsende junge Generationen munter weiter infiziert mit romantischen Vorstellungen von den edlen Zielen des Sozialismus. 

33 Jahre danach wird das vereinte Deutschland von genau jenen Kräften dominiert (und sukzessive in einen bevormundenden Nanny-Staat verwandelt), die damals der demokratischen Opposition in der DDR und Osteuropa gleichgültig oder sogar ablehnend gegenübergestanden hatten. Bundespräsident Steinmeier arbeitete vor der Wende als Redakteur des DKP-nahen und von der DDR finanzierten Pahl-Rugenstein-Verlages. Kanzler Scholz biederte sich als damaliger Juso-Vorsitzender bei seinen DDR-Besuchen Vertretern der FDJ beim gemeinsamen Protest gegen den NATO-Doppelbeschluss an. Kulturstaatsministerin Claudia Roth marschierte im Mai 1990 in Frankfurt am Main in vorderster Reihe einer linksextremistischen Demonstration unter dem Motto „Nie wieder Deutschland! Gegen die Annexion der DDR! Gegen den deutschen Nationalismus!“ Sie und ihre West-Grünen, die vor 1989 kaum ein kritisches Wort über die Zustände im real existierenden Sozialismus verloren hatten (schon damals galt die Parole: „Das wäre Wasser auf die Mühlen der Rechten / der Kalten Krieger!“), warnten nun hysterisch und in grober Verzerrung der historischen Fakten vor „Großdeutschland“ und dem „Vierten Reich“.

Nach der Wiedervereinigung verschwanden die wenigen Vertreter der DDR-Bürgerrechtsbewegung schnell von der politischen Bühne, während Mitläufer des SED-Regimes inner- und außerhalb der aufstrebenden Linkspartei zunehmend den Ton angaben. Spätestens seit der Merkel-Ära setzte sich in der öffentlichen Meinung ein lupenreiner DDR-Antifaschismus durch, vielleicht als kleinster gemeinsamer Nenner zwischen West-Grünen und alten SED-Kadern, mitsamt der dazugehörigen Terminologie. Hatten Andersdenkende damals „staatsfeindliche Hetze“ verbreitet, heißt das gleiche Delikt heute „Hass und Hetze“. Damals wie heute werden Abweichler von der vorgegebenen Linie als „Provokateure“ beschimpft. Und das Grundrecht auf Meinungsfreiheit zerbröselt unter der antidemokratischen Forderung „Rechten keine Bühne“ zu geben bzw. keine „rechten Narrative“ zu bedienen.

Wer heute den politischen Diskurs in Deutschland verfolgt, muss den Eindruck gewinnen, dass vor 33 Jahren nicht die kommunistische Diktatur überwunden, sondern der Faschismus besiegt wurde, dessen Schoß aber jederzeit „noch fruchtbar“ ist. 33 Jahre nach dem Mauerfall haben wir ein immerwährendes 1933 – vermeintliche „Faschisten“ von der AfD im Bundestag, eine inflationär eingesetzte Nazikeule selbst gegen „Klimaleugner“ und „Coronaschwurbler“, ein milliardenschwerer „Kampf gegen Rechts“, der seit Jahren intensiviert wird mit dem Verweis auf die angebliche Allgegenwart von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Erfahrungen von 40 Jahren linker Diktatur auf deutschem Boden und die Erinnerung an die Opfer stalinistischen Terrors sind dagegen aus dem öffentlichen Diskurs fast verschwunden.

Jammer-Ossis und westdeutsche Hobbits

Dafür gibt es zwei wichtige psychologische Gründe. Der erste ist die Mentalität eines Großteils der westdeutschen Bevölkerung, die – ebenso wie die in der DDR – von der Nachkriegsgeschichte geprägt wurde. Die Westzonen waren 1945 das Auffangbecken für Millionen Versprengte, Geflüchtete, Vertriebene, Heimgekehrte und Überlebende, die dem apokalyptischen Untergang des Deutschen Reiches, wie er sich im Osten mit dem Vorrücken der Roten Armee vollzog, entronnen waren. Mit der Konsolidierung durch die Gründung der Bundesrepublik, Marshallplan und „Wirtschaftswunder“ ging eine kollektive Amnesie bezüglich der Vergangenheit einher, ohne die ein Neuanfang vielleicht gar nicht möglich gewesen wäre – Täter, Mitläufer und Opfer wollten nach der größten Katastrophe der deutschen Geschichte, die ein vorerst nicht zu bewältigendes Maß an Schuld und Leid gebracht hatte, nur noch eines: vergessen, was gewesen war, anpacken und nach vorne schauen.

So schufen sich die Westdeutschen in den vier Jahrzehnten ihrer Eigenstaatlichkeit einen wirtschaftlich prosperierenden Sozialstaat, der sich stark an den USA und Westeuropa orientierte, mit aller Welt gut Freund sein und Handel treiben wollte. Würden Medien und Sozialwissenschaften „die Westdeutschen“ mit ähnlich pauschalen Etiketten versehen, wie sie dies seit drei Jahrzehnten mit „den Ostdeutschen“ tun („autoritätshörig“, „jammerig“, „leicht verführbar“ etc.), so hätten sie einen signifikanten Teil der dortigen Bevölkerung als moderne Hobbits charakterisieren können: „selbstzufrieden-materialistisch“, „naiv-unpolitisch“, „geschichtsvergessen“. 

Der zweite Grund, der mit dem ersten zusammenhängt: die Abkehr einer mit ideologischen Scheuklappen behafteten Linken von allem „Deutschen“. In unkritischer Übernahme von DDR-Propagandaparolen (der Westen als „Hort des deutschen Nationalismus und Revanchismus“ – dabei waren NS-Täter und -Mitläufer in der DDR genauso in das neue System integriert worden wie im Westen, wenn sie den Machthabern nützlich erschienen), gewöhnten sie sich an, das Land, dem sie selbst entstammen, pauschal als „Land der Täter“ zu verunglimpfen. Weil Hitler Patriotismus und Heimatliebe für Angriffskrieg und Völkermord missbraucht hatte, erschien und erscheint dieser Linken alles, was mit nationaler oder auch nur regionaler Identität zu tun hatte, verdächtig: Volkslieder, bayerische Trachten, Fußball-Begeisterung und Fähnchen am Auto, selbst die Widerstandskämpfer gegen Hitler (sofern sie keine Kommunisten waren).

1990 flehten von der Entwicklung völlig überforderte Linke mit Blick auf ostdeutsche Skinheads und ausländerfeindliche Ausschreitungen: „Liebe Ausländer, bitte lasst uns mit diesen Deutschen nicht allein!“

Unfähig zur Selbstreflexion und ignorant gegenüber den Ursachen (oft opponierten hier DDR-Eigengewächse gegen ihre SED- und Stasi-Väter und gegen die verlogene Politik der „Völkerfreundschaft“) dürfte der damalige Schock für die heutige Politik der offenen Grenzen mitverantwortlich sein. Für Grüne und Linke können gar nicht genug Migranten nach Deutschland strömen: egal ob vom Sozialsystem alimentierte kriminelle Clans, reaktionäre Patriarchen oder unintegrierbare Islamisten – alle sind besser als die alteingesessene deutsche Bevölkerung, die sich in ihrer Phantasie jederzeit wieder in eine Masse von Nazi-Zombies verwandeln könnte.

Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks hat sich in Deutschland eine denkfaule und analyseschwache Linke entwickelt (wobei dieser Begriff keine konkrete politische Partei, sondern eine Geisteshaltung bezeichnet), die glaubt, sämtliche gesellschaftlichen Probleme durch „mehr (frischgedrucktes) Geld“ lösen zu können. Sie interessiert sich weder für Hintergründe noch für Kausalketten oder Interessenlagen. Es geht ihr allein um die „richtigen“ Etiketten. Wer Zweifel an der vorgegebenen Linie (zu Corona, Klimawandel, Migration etc.) äußert, wird diffamiert und ausgegrenzt. Ein falsches Wort, die falsche Kleidung, ein falsches „Like“ in den sozialen Medien – und du bist raus! Oberflächlicher und „kapitalistischer“ geht es eigentlich nicht.

„Googelt, macht euch schlau!“

Die ARD-Talkshow „Hart aber fair“ vom 24.10. („Eine Frage der Herkunft: Warum sehen Ost- und Westdeutsche Russlands Krieg so anders?“) zeigte exemplarisch, wie abgehoben und arrogant immer noch über Ostdeutsche diskutiert wird. Einmal mehr wurden Letztere als leicht verführbare Schafe hingestellt, die, ohne es zu merken, auf Narrative der „Neuen Rechten“ hereinfallen, nicht nur in Bezug auf Putins Krieg in der Ukraine. 

„Informiert euch. Ihr seid erwachsene Bürger, ihr seid seit drei Jahrzehnten Mitglied dieser Gesellschaft. Schaut nach, googelt, macht euch schlau!“ appellierte die Journalistin und ARD-Musterschülerin Jessy Wellmer an ihre Landsleute. „Wenn Sie als ARD-Frau eine Abfuhr bekommen haben“, hakte Moderator Frank Plasberg nach, „haben Sie sich da auch mal gefragt, wie dieses Bild entstanden ist, nicht nur in den Köpfen der Menschen dort – haben wir da was falsch gemacht, gab es zu viele Runden wie hier, wo sich Menschen wie Ameisenforscher über diese Menschen da im Osten gebeugt haben?“

„Nee, ich finde, in diesen Talkshows – Sie werden da ja kritisiert, das öffentlich-rechtliche Fernsehen, viele gucken diese Talkshows bei uns im Ersten nicht mehr – da kann ich nur sagen: Ich finde, es werden die Meinungen bei uns diskutiert, aber es gibt eben Widerspruch. Es gibt sehr viele Talkshows im Ersten und auch im ZDF – es gibt den Widerspruch, man muss ihn halt aushalten. Es gibt den Diskurs!“, schwurbelte Wellmer und definierte so die Kritik vieler (nicht nur) Ostdeutscher an der Einseitigkeit der politischen Talkshows flugs um in die angebliche Unfähigkeit der Kritiker, andere Meinungen zu ertragen. 

Die scheinbar in Ost-West-Parität (mit der neunmalklugen Wellmer und einem peinlich herumstotternden Henry Maske) besetzte Runde stellte sich nun, dirigiert von Plasberg, gegen die ehemalige sächsische Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau, der von der Regie die Rolle der zu bashenden Außenseiterin zugedacht war. Hermenau war nämlich bei einer Montagsdemonstration in Grimma unter dem Motto „Energie statt Ideologie“ als Rednerin aufgetreten und hatte das Publikum aufgefordert, „aufzustehen und die Abgeordneten zu malträtieren – Gehen Sie da jede Woche zum Wahlkreisbüro, erklären Sie die Situation, zeigen Sie Ihre Gas- und Stromrechnungen vor, und dann sagen Sie: Wir erwarten von dir, dass du dich darum kümmerst, das ist dein Job, dafür kriegst du ne Menge Steuergeld!“ 

Wer fremdelt hier mit wem?

Darauf warf Plasberg ihr vor, sie habe einen Widerspruch zwischen „den Politikern da oben“ und „der Bevölkerung da unten“ konstruiert. Ralf Fücks, ehemaliges Mitglied des Kommunistischen Bundes Westdeutschland und langjähriger Grünen-Politiker, sekundierte und hielt seiner ehemaligen Parteikollegin unter dem tosenden Applaus des Studiopublikums eine gepfefferte Standpauke: Hermenau bediene das Klischee von den „abgehobenen Parlamentariern“ und füttere damit Ressentiments gegen die parlamentarische Demokratie – dabei seien die Abgeordneten doch „ständig vor Ort“ und kümmerten sich um die Belange der Bürger. 

„Da liegt was im Argen“, leitete Plasberg über. „Es ist im Osten ein deutliches Fremdeln mit dem zu spüren, was wir gemeinhin Demokratie nennen.“ Nachdem er nun seinerseits – wohl unbewusst – einen Gegensatz zwischen „wir“ und „denen im Osten“ konstruiert hatte, wurde es geradezu orwellesk. Zu der eingeblendeten Grafik „Demokratiezufriedenheit“ verkündete eine Frauenstimme: „In Westdeutschland ist eine Mehrheit zufrieden damit, wie Demokratie in Deutschland funktioniert.“ Die dazugehörigen Balken zeigten ganze 54 Prozent Zufriedene, aber 44 Prozent Unzufriedene. In Ostdeutschland sei die Stimmung anders, fuhr die Stimme fort und zeigte dazu 35 Prozent Zufriedene und 63 Prozent Unzufriedene.

Abgesehen davon, dass es hier entscheidend auf die konkrete Fragestellung ankommt und „Unzufriedenheit“ selbstverständlich auch begründete Kritik beinhalten kann, war der entscheidende Balken nicht die 63 Prozent Unzufriedenen im Osten (von rund 14 Millionen), sondern die 44 Prozent im Westen (von rund 70 Millionen). Fast die Hälfte der Westdeutschen ist unzufrieden mit dem gegenwärtigen Zustand unserer parlamentarischen Demokratie – das war der Knaller, auf den Plasberg und seine Gäste mit keinem Wort eingingen. „Wie kommt ein für Westdeutschland so einmalig hoher Wert zustande?“, hätte hier jeder richtige Journalist gefragt. Merkt man dort vielleicht gerade verspätet, was die diktaturerfahrenen und für hohle Phrasen sensibleren Ostdeutschen schon eher gecheckt haben: dass die symbiotische Blase aus etablierten Politikern und ihnen ergebenen Medienleuten sich immer mehr vom wirklichen Leben entfernt und die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinandergeht?

Doch solche kritischen Fragen darf man von Plasberg und Co. nicht erwarten. Mit der Auswahl der Gäste und der offensichtlich vorher festgelegten Dramaturgie, die darauf abzielte, Hermenau als „Rechtspopulistin“ zu entlarven, bestätigte der notorisch parteiische Moderator nur den Eindruck der politischen Schlagseite, den Wellmer so vehement zu leugnen versuchte. Nicht „die Ostdeutschen“ fremdeln mit der Demokratie, sondern Plasberg und seinesgleichen fremdeln mit den Ostdeutschen. 

Die Teilung als gerechte Strafe

Ausgerechnet Ralf Fücks hat dies übrigens in einem bemerkenswerten ZEIT-Artikel von 2015 selbstkritisch eingeräumt: „Vor 26 Jahren fiel die Mauer. Ich war damals einer von drei Bundesvorstandssprechern der Grünen. Vorbereitet waren wir darauf nicht, obwohl sich die Protestbewegung gegen die SED-Herrschaft über Monate hinweg aufgebaut hatte.“

Für einen Gutteil der Westlinken sei die Teilung die gerechte Strafe für Nationalsozialismus und Krieg und zugleich eine Vorkehrung gegen eine „Wiederkehr der Gespenster der Vergangenheit“ gewesen, erklärt er. Dann folgt ein weiterer Schlüsselsatz:„Wir misstrauten der demokratischen Läuterung der Deutschen zutiefst.“ 

Genau da liegt der Hase im Pfeffer! Diejenigen, die ihre eigene totalitäre Vergangenheit nie ehrlich aufgearbeitet haben, die vor 33 Jahren aufgrund ihrer ideologischen Blindheit von den revolutionären Umwälzungen in der DDR und Osteuropa kalt erwischt wurden, die heute genauso blind sind gegenüber allen nicht „rechten“ extremistischen Bedrohungen, ausgerechnet die halten sich für klüger, reifer und „demokratischer“ als den von ihnen verachteten Pöbel! Maßen sich die Wächterrolle über eine Demokratie an, deren Regeln sie selbst nach Gutdünken festlegen. Mal darf es nach Mehrheitsentscheidung gehen, mal wieder durch den Druck von NGOs oder befreundeten Lobbygruppen gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Meinungsfreiheit und Demokratie sind für sie kein Wert an sich, sondern nur Mittel zur Durchsetzung ihrer politischen Agenda. Da dringt bei vielen die frühe kommunistische Prägung durch. Dass gerade gegenüber den Ostdeutschen, die durch ihre friedliche Revolution das DDR-Regime und somit die Projektionsfläche für die unerfüllten Träume der Westlinken beseitigt haben, Misstrauen und Abneigung besonders groß sind, kann vor diesem Hintergrund nicht verwundern.

 

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Uwe Krahmer / 09.11.2022

Plasberg kann nichts und weiß nichts. Zufällig habe ich die Sendung mit Frau Antje Hermenau gesehen und jeder Satz von Frau Hermenau hat voll zugetroffen. Was dieser Ralf Fücks an geistigen Schwachsinn von sich gegeben hat muss man nicht kommentieren. Das Fückslein hatte bis 1989 immer die Möglichkeit Asyl in der Ostzone zu beantragen. Danke für den Artikel Herr Zimski.

Arne Ausländer / 09.11.2022

Wenn damals die Westlinken verbal gegen den Anschluß Ostdeutschlands tönten, den ihre Ostgenossen gerade praktisch in die Wege leiteten, ist das ein oft geübtes Spiel. Faktisch waren diese Westlinken ja gleichzeitig mit den anderen Vertretern des Westen hier eingefallen. Und hatten uns wie diese erklärt, wie alles gemacht werden müssen. Seit Ende Dezember 1989. - Auch in anderen Ostblockländern gelang die Entmachtung der alten Funktionäre nur unvollkommen (skurril, welch Wende dem ungarischen “FDJ”-Vorsitzenden gelungen ist!), aber in Ostdeutschland lief das schon sehr speziell. Während einerseits Teile der Stasi wirklich ungewöhnlich konsequent abgewickelt wurden, man sogar deren sehr interessante internen Akten zu ungewöhnlich großen Teilen veröffentlichte (und damit manchem Westkollegen Bauchschmerzen bereitete), überlebten die meisten sonstigen Teile des Partei- und Staatsapparats mit Hilfe ihrer Westpartner bei minimierten Schäden. So arbeitete das einfache Personal der SED-Kreisleitungen nun in den Arbeitsämtern, nur mal z.B. Was heute wie eine Unterwanderung des Westens aussieht, war eine harmonische Kooperation. Der eine, der wirklich wesentliche Geheimnisse hatte, Schalck-Golodkowski, durfte sich erst nach langen Sitzungen mit dem BND zur Ruhe setzen. Und auch an den Parallelentwicklungen in den USA kann man doch sehen, daß die neo-kommunistischen Ideologie-Bausteine weder importiert noch gar eingeschmuggelt werden mußten. Das wurde schon vor 1917 im Westen ausgebrütet und seitdem beständig weiterentwickelt. Mal mehr, mal weniger sichtbar für Außenstehende, aber für jedes Jahrzehnt gibt es hinreichend Belege (was natürlich die Länge eines Kommentars sprengt).

Hartmut Laun / 09.11.2022

1933? Novembers 1989! verkündete das DDR -Politbüro-Mitglied Günter Schabowski die “unverzügliche” Öffnung der Mauer, die seit August 1961 das Symbol der deutschen Teilung war. Zehntausende Menschen strömten an die Grenzübergänge in Ostberlin, die schließlich kurz vor Mitternacht geöffnet wurden. Große Freude.

Arne Ausländer / 09.11.2022

An den Daten kannst du sie unterscheiden: Diejenigen, die sich nie wirklich für die Verhältnisse in der DDR interessiert hatten, schon gar nichts für Verbesserungen getan hatten, und diejenigen, die damals seit Jahren oder zumindest Wochen versucht hatten, aus der DDR ein freies, lebenswertes Land zu machen. Die wenig Interessierten waren ja auch im Osten in der Mehrheit (wie üblich), wohl deshalb konnte sich das Narrativ vom 9. November als entscheidendem Wendepunkt so allgemein durchsetzen. Für alle, die damals AKTIV beteiligt waren, war der 9. Oktober der große Wendetag. Als in Berlin die Grenze für Wessis mehrfach geschlossen und wieder geöffnet wurde. Als es in Leipzig um Schießen oder nicht Schießen ging. Und als eben am Ende nicht geschossen wurde. Danach ging es los mit den Veränderungen: “Dialog”, Honecker-Rücktritt usw. usw im Tagesrhythmus. Nach wenigen Wochen war das Land ein anderes. Reisefreiheit mußte dazugehören, wurde für irgendwann zwischen Anfang und Ende Dezember erwartet, ein Gesetzentwurf lag seit Ende Oktober vor. Nun die “Sensation”: Grenzöffnung noch etwas früher, dramatisiert durch Schabowskis geschickte Show. Aber auch mit der Reaktion des gerade in Westberlin tagenden Bundestages: fast einmütig wurde die Grenzöffnung nicht als Reisefreiheit für uns, sondern als Auslieferung des Landes an sie verstanden. (Damit die Mauerbegründung im Nachhinein stützend.) Und so kam es dann ja auch. Nichts mit mehr Selbstbestimmung für uns, nur ein Wechsel der Herren, eine längere Leine, etwas andere Spielregeln. Und natürlich: deutlich besseres Futter. Wo wäre das Problem gewesen mit einem freien Ostdeutschland, analog zu Österreich? Spätestens “seit Corona” erkennen mehr Menschen, wie auch im Westen die Freiheiten nach Belieben entzogen werden können. Weil eben weder der Einzelne noch das Volk der reale Souverän sind. Woran auch kein Friedensvertrag was ändern würde. Macht stützt sich immer auf Reales, nicht auf Papier.

Ludwig Luhmann / 09.11.2022

Ich betrachte die Öffnung der DDR mittlerweile als einen geplanten und gelungenen Akt eines hybriden neokommunistischen Krieges. Ob der Great Reset begonnen worden wäre, wenn es die DDR noch immer geben würde? Der WEF arbeitet auf einen Kommunismus für uns Massenversuchsuntermenschen hin. Weltweit erheben sich Anhänger aller möglichen Marxismusvarianten und wollen - kurz gefasst - u.a.  per ‘Klimalüge’ den Kapitalismus zerstören. Hier geschieht nichts zufällig ...! Wer das für eine Verschwörung hält, trifft den Nagel auf den Kopf.

Michael Müller / 09.11.2022

Eine kluge Analyse, Herr Zimski. Letztendlich ist es so: Die Ostdeutschen haben den “Vorteil” leichter misstrauisch gegenüber dem Staat und den Medien zu sein, weil sie beiden bis 1989 ja ohnehin in der DDR nicht über den Weg trauten. Westdeutsche tun sich besonders schwer, den Medien zu misstrauen, weil es bis in die 1990er so war, dass zum Beispiel der Spiegel und der Stern regierungskritische und regierungskontrollierende Organe waren. Auch die Öffis waren damals noch anders als heute. Kohl - gegen den Spiegel und Stern so sehr ausgerichtet waren - verschwand 1998. Im Prinzip fing die Schleimerei der Medien gegenüber der Regierung mit der Regierung Schröder/Fischer an. Nicht umsonst wurde Schröder der Medienkanzler genannt. Warum wohl? Doch nicht allein deshalb, weil er sich der Medien so toll zu bedienen wusste, denn dazu gehören immer zwei. Die Wahrheit ist: Die Medien machten diesen mittelmäßigen Schauspieler zum Star. Selbst unter Leuten, die sich in Foren als AfD-Anhänger zu erkennen geben, finden sich doch tatsächlich welche, die offensichtlich damals Schröder nahestehenden. Nicht wenige von ihnen werden diese Null auch gewählt haben. Und dann meckern, was aus diesem Land geworden ist. So sehen politische Nullen aus. Für diejenigen, die nun wirklich gar nichts kapieren: Unser Land ist deshalb in diesem Zustand, weil wir mit Kohl einen unfassbaren Problemaussitzidioten, mit Schröder einen dummen Schauspieler und mit Merkel eine ehemalige Sekretärin der FDJ für Propaganda und Agitation als Kanzler hatten. Und wenn Sie die (fast) alle brav gewählt haben - und sei es auch nur vorrübergehend -, dann sind Sie(!!!) daran schuld, wie unser Land heute aussieht. Oder dachten Sie, Schuld hat wieder mal Dr. Mabuse?

Dr. med. Jesko Matthes / 09.11.2022

Nicht zu vergessen ist der europäische Kontext. Mehr Angst vor einem einigen Deutschland als die damalige Sowjetunion hatten vor allem Italien, Frankreich und England, auf die zumindest die Linke sich damals berufen konnte; und selbst der Bundespräsident Richard von Weizsäcker sagte in einem Interview, es sei in Sachen Einheit besser, “jetzt nicht durchzuballern”. DDR-Bürgerrechtler wurden derweilen nicht selten über den “Runden Tisch” gezogen und anschließend in die Altparteien absorbiert, so dass ihre frisch gewonnenen Impulse für eine direktere Demokratie der Staatsbürger im Sande verliefen; der Einigungsvertrag und die Treuhand verprellten Alteigentümer und DDR-Arbeitnehmer zuweilen gleichermaßen, DDR-Täter kamen oft ungeschoren davon und in den Genuss ihrer Ruhestandsgelder. Die SED, anstatt verboten zu werden, brachte ihre Gelder illegal über Österreich in Sicherheit. Die Einheit hatte also nicht nur auf Seiten der Linken einige Geburtsfehler, die sogar früh genug erkannt wurden, gegen die aber wenig bis nichts unternommen wurde, wohl im Zeichen der “Versöhnung”. Das reicht hin bis zur eher überstürzten Vorbereitung des Euro, die laut Helmut Kohl angeblich dem Frieden und der Einbindung Deutschlands in Europa dienen sollte. Sowohl die Bildung der Nation nach innen als auch die Diplomatie in Richtung Osten wurde bald wieder vernachlässigt und durch eine wie Arroganz und Desinteresse wirkende Gedankenlosigkeit gegenüber Ostdeutschland, besonders aber gegenüber Polen und den Nachfolgestaaten des Ostblocks ersetzt. Man meinte, Diplomatie und freundschaftliche Kooperation auch in Bildung und Kultur allein durch wirtschaftliche Verflechtung unter deutscher Führung ersetzen zu können. Diese groben Fehleinschätzungen rächen sich bis heute nach innen wie nach außen. Die Linke trug hierzu sicherlich die stärksten ideologischen Vorbehalte bei; ihr die Alleinschuld zuzuweisen, greift wesentlich zu kurz.

Ilona Grimm / 09.11.2022

Sehr schön: Im Jahre 33! Plasberg und Co. mal beiseite. Was hat 1933 alles angefangen? Man sollte sich daran erinnern. Und was genau war am 9. November 1938 – also heute vor 84 Jahren?? Die „Reichspogromnacht“, die eine Eskalationsstufe auf dem Weg zur Lösung der „Judenfrage“ war. Nein, ich will hier gar nichts gleichsetzen. Aber auffallende Ähnlichkeiten gibt es dennoch: Hass und Hetze und Denunziantentum und Drangsalierung und wirtschaftliche Schädigung und Desavouierung Andersdenkender bei allen Gesellschaftsschichten, gern auch von „Intellektuellen“. - - Wir sollten den 9.November 1938 nicht vergessen. 1989 natürlich auch nicht, zumal wir dabei nicht wahrgenommen haben, welcher Landesteil woran eigentlich „angeschlossen“ worden ist!

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