Georg Etscheit / 24.10.2020 / 14:00 / Foto: EinKonstanzer / 36 / Seite ausdrucken

Windenergie: Das tote Pferd wird weitergeritten

Zuweilen steht im Kleingedruckten das Wesentliche. Das ist bei manchen Verträgen so und auch in Gesetzestexten. Trotzdem wundert man sich, warum Journalisten der „Welt am Sonntag“ erst jetzt ein Passus im Referentenentwurf für eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) aufgefallen ist, der offenbar einen Paradigmenwechsel im behördlichen Umgang mit den sogenannten Ökoenergien darstellen könnte und Klagen gegen umwelt- und landschaftszerstörende Windparks noch schwieriger machen würde als bisher. Die Bundesregierung plant nämlich, die Nutzung erneuerbarer Energien für die Stromerzeugung zu einer Frage des öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit zu erklären.

Ein Treppenwitz der Geschichte, wie das Windkraft-kritische Bündnis Vernunftkraft feststellt, weil die extrem unzuverlässigen, volatilen Wind- und Sonnenkraftwerke, im Gegenteil, eine zunehmende Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellen, zu der ganz wesentlich die Energiesicherheit zählt. Und die nimmt mit jedem weiteren Windrad und jedem weiteren Solarkollektor, der ans Netz geht und mit jedem Atom- und Kohlekraftwerk, das vom Netz genommen wird (darunter das nagelneue, hocheffiziente Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg) kontinuierlich ab.

Dass ein großflächiger Blackout mit unübersehbaren wirtschaftlichen und sozialen Folgen bislang verhindert werden konnte, ist eher dem Zufall zu verdanken als planvollem staatlichen Handeln. Gerade jetzt im Herbst geht die Erzeugung von „grüner“ Energie an vielen Tagen wieder einmal gegen Null, woran auch eine weiter wachsende Zahl von Wind- und Solarparks nichts ändern würde.

Nach dem unseligen Investitionsbeschleunigungsgesetz, mit dem unter anderem gerichtliche Verfahrenswege auch für „Öko“-Kraftwerke drastisch verkürzt werden sollen, ist die EEG-Novelle ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur „totalen Klimawende“, zur angestrebten „Dekarbonisierung“ und damit zur schleichenden Deindustrialisierung Deutschlands.

Grundlage weitreichender staatlicher Eingriffe

Dass die Erneuerbaren-Lobby jubelt, ist verständlich: „Diese Einstufung von EE kann auf vielen Ebenen, bei Abwägungsentscheidungen von Behörden und Gerichten sehr positive Auswirkungen haben und ist eine klare und positive Ansage der Politik“, schreibt der Wirtschaftsverband Windkraftwerke in einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf. Aus Sicht von Experten ist die Entscheidung, die Ökoenergie mit staatsrechtlichen Weihen auszustatten, „von enormer Tragweite. Die „Welt am Sonntag“ zitiert einen Energierechts-Experten, der von einem „energiepolitischen Wendepunkt“ spricht. Der Verweis auf „öffentliche Sicherheit“ dürfte im Streitfall um den Bau etwa von Windkraftanlagen andere Interessen grundsätzlich ausstechen. Die neue Norm drohe zur Grundlage weitreichender staatlicher Eingriffe zu werden.

Der Windlobby ist dies aber noch nicht genug.  „Die bloße Festschreibung des öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit im EEG reicht jedoch nicht aus, um den Ausbau voranzubringen und die bestehenden Genehmigungshemmnisse zu überwinden. Vielmehr muss im Sinne der Rechtssicherheit sichergestellt werden, dass sich die getroffenen Festschreibungen auch in den einzelnen Fachgesetzen widerspiegeln und tatsächlich Anwendung finden“, schreibt der Wirtschaftsverband Windkraftwerke. Damit ist unter anderem eine Anpassung des Bundesnaturschutzgesetzes gemeint, das schon durch die Aushöhlung des Tötungsverbotes bei geschützten Vogelarten zunehmend Windkraft-kompatibel gemacht wurde.

Ob einer rein „privatwirtschaftlichen Nutzung ,erneuerbarer Energien‘ zur Stromerzeugung aus rein politischem Interesse ein „öffentliches Interesses“ zugeschrieben werden kann, ist rechtlich zumindest umstritten. „Mit eine solchen fehlerhaften gesetzlichen Regelung würde der Willkür im Genehmigungsverfahren „Tür und Tor geöffnet“, schreibt der Jurist Prof. Martin Gellermann in einem von der Naturschutzinitiative (NI) in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten. „Abgesehen davon würde auch eine solche Regelung aus naheliegenden Gründen einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalten und dadurch das ganze „EEG 2021“ grundsätzlich infrage stellen.“

Abermals reine Symbolpolitik

Nun könnte man meinen, dass nichts so heiß gegessen, wie es gekocht werde. Doch die diversen Gesetzesanpassungen werden ihre Wirkung in der Gesamtheit wohl nicht verfehlen. Rechtlich würde eine Aufwertung der erneuerbaren Energieträger zum Gegenstand öffentlicher Sicherheit in künftigen Genehmigungsverfahren nach Meinung eines Experten zwar keine Rolle spielen, doch könnte sich die eine oder andere Genehmigungsbehörde in Gestalt der Landratsämter geneigt sehen, gewissermaßen aus moralischen Gründen eine Entscheidung pro Windkraft oder Solarpark zu fällen. Und vor Gericht wäre dieser Aspekt zumindest im Eilverfahren des "vorläufigen Rechtsschutzes" (Anordnung eines Baustopps) ein weiteres Gewicht, dass eine Abwägungsentscheidung weiter zugunsten der Wind- und Solarprojektierer und Investoren ausfallen lassen könnte.

Die Bundesregierung ist offenbar wild entschlossen, den Bau insbesondere von Windkraftwerken massiv anzukurbeln, um die selbst gesetzten "Klimaziele" zu erreichen und lässt sich in verantwortungsloser Weise treiben von sich zunehmend radikalisierenden Klima- und Umweltschützern wie der FFF-Bewegung oder der mit Gedanken eines Ökoterrorismus spielenden Gruppe „Extinction Rebellion. Wobei auch der der neuerliche Versuch seitens der Bundesregierung, der längst gescheiterten Energiewende noch einmal Leben einzuhauchen, nur grüne Symbolpolitik ist.  Eine Verdoppelung der Zahl der Windkraftwerke an Land von heute rund 30 000 auf 65 000, was von Experten als unterste Grenze für eine Energiezukunft mit 100 Prozent "Ökostrom" angesehen wird, dürfte angesichts der massiven Proteste der Betroffenen auf dem Land politisch kaum durchsetzbar sein.

Wobei auch viel höhere Zahlen im Raum stehen, jeweils abhängig von den Strombedarfsprognosen mit und ohne umfassende Sektorkoppelung (also der Umstellung auch von Wärme und Mobilität auf Wind- und Sonnenstrom) und der Art und Weise, wie man gedenkt, das Speicherproblem zu lösen – Power-to-Gas und/oder Wasserstoffwirtschaft mit Rückverstromung sind mit hohen Umwandlungsverlusten verbunden, die durch eine noch höhere installierte Nennleistung ausgeglichen werden müssten.

Wenn jetzt vielleicht an vielen Orten doch wieder neue Rotoren aus den schon fast zu Tode geschundenen heimatlichen Landschaften emporwachsen, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch mit noch so vielen Windrädern und Solarparks eine sichere, bezahlbare und ökologisch verträgliche Energieversorgung nicht zu realisieren ist.

Politische Mehrheiten für eine Umkehr sind nicht in Sicht, im Gegenteil. Da bleibt leider nur die Hoffnung auf einen umfassenden Blackout, je früher, desto besser.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Umwelt-Watchblog des VLAB (Verein für Landschaftspflege und Artenschutz). 

Foto: EinKonstanzer CC BY-SA 3.0 via Wikimedia

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Gert Friederichs / 24.10.2020

Es war bisher auch meine Idee, dass nur ein länger anhaltender Blackout die Insassen der “Würstchenbude” (Max Erdinger über den Reichstag) zu sinnvollerem Handel bewegen könnte. Diese Hoffnung habe ich nun angesichts des Amoklaufs namens Corona nebst Moneyspreading aufgegeben. Die NWO ist in Auftrag gegeben und wird durchgeführt. Bitte im WEF (World Economic Forum) nachlesen. Herr Schwab nebst Konsorten sind nicht an der BRD, nicht an der EU und schon gar nicht an aufmüpfigen Bürgern interessiert! Ein Hoffnungsschimmer wäre der Sieg dieses bizarren Polit-  (ich suche nach einem Wort, Clown ist unzutreffend) Selfmademan Trump. Dann kann der ohne Chance auf weitere Wiederwahl in dem Augias-Saustall da drüben den Herkules spielen. Und hoffentlich mit Erfolg. Allerdings wäre das schon todesmutig! Falls das nicht so läuft, dürfen wir uns auf Gewalt allerorten gefasst machen!

Gerd Koslowski / 24.10.2020

„Die Schildbürger „. Teil 2 und wir sind dabeigewesen. Leider

N.Lehmann / 24.10.2020

Glaubt denn wirklich jemand, dass diese Bildungsfernen Ökosozen lernfähig sind. Auf allen Gebieten geistige Einöde und Versagen. Dummheit tut nicht weh und das ist das Problem. Da man solche in der Wirtschaft nicht braucht, sitzen se nun überbezahlt auf öffentlichen Posten und in der Politik. Das sind die Steuerzahler, hier die Gäule und die Leistungswilligen, da die Esel selbst in Schuld. Jetzt ist der Katzenjammer gross! Wird mal wieder geistiger Müll aufgetischt, dann kann man halt nur kotzen und hoffen die Windenergie verteilt es.

Heinrich Wolter / 24.10.2020

Abgesehen von allem anderen Schwachsinn der Energiewende kommt noch ein Punkt dazu, der nie erwähnt wird: Es läßt sich mir den Windparks nicht der große Reibach machen. Die Investitionsbereitschaft der Gläubigen dürfte abnehmen, weil sich damit nicht das Geld von den Armen zu den Reichen schaffen läßt. Die Windmüllerei entspricht einem Vorgehen, wo DHL die Paketzustellung durch (die in dieser Publikation sicher ungeliebten) e-Scooter durch eine Auslieferung durch Postkutschen ersetzt. Ein massiver negativer Effektivitätsgewinn - gewaltiger Mehraufwand für das gleiche Ergebnis.

Markus Buchholz / 24.10.2020

5% der Deutschen werden an Corona sterben und die Dunkelflaute wird uns mit Blackouts in die industrielle Steinzeit katapultieren!!!! Ernsthaft: Solches sinnentleertes Panikgeschrei von links und rechts zu vielen Themen ist kaum noch zu ertragen….Einfach mal googeln, wo in den letzten Jahren Blackouts stattgefunden haben und warum…. Spoiler: Windenergie und Solarstrom sind hierbei nicht auf die Anklagebank zu setzen. Und: Deutschland ist ein Energieimportland und wird es immer bleiben!!!! Wir importieren im Moment 69% unserer Primärenergie, positive Schätzungen gehen davon aus, dass wir den Import auf knapp unter 50% reduzieren können. Also bitte hier nicht immer jammern, wenn mal Strom gekauft werden muss, das wird zukünftig normal. Bei Öl/Benzin, Gas und Uranimporten und den damit verbunden Abhängigkeiten bleiben die Kommentatoren doch auch ruhig….

Karl Neumann / 24.10.2020

@g.schilling. Eine Möglichkeit die Energie aus Windkraft und Solarzellen zu speichern läge darin, Wasser nachts in höher gelegene Vorratsbecken zu pumpen und tagsüber in tiefer gelegene durch das fallende Wasser angetriebene Generatoren wieder in Strom zurück zu verwandeln. Der Nutzeffekt läge zwar bei 0 Prozent, aber es würden Arbeitsplätze geschaffen und die nachts erzeugte Energie ginge nicht unnütz verloren.  ( Ir )

Dr Stefan Lehnhoff / 24.10.2020

Aktien von Dieselgeneratorherstellern sind ja schon gut gestiegen. Aber es stimmt wohl: Bevor das dumme Volk aufbegehrt, muss noch einiges passieren, ein Blackout würde wohl nur reichen, wenn er eine ganze Region eine Woche oder länger lahmlegt. Ein paar weitere Vorkommnisse braucht’s wohl. Wie wäre es mit einer Ergänzung im Infektionsschutzgesetz, dann kann Spahn den Bau einfach anordnen und irgendwann ist das mit dem Sicherheitsthema eine selbsterfüllende Prophezeiung- wenn die Bundeswehr Windkraftanlagen schützen muss, die sonst von Bürgerkommandos gesprengt würden. Ich rufe wie jeden Tag dazu auf einen Banken Run anzukündigen- 3% reichen.

Mona Wagner / 24.10.2020

Könnte mal eine Interessengemeinschaft, z.B. das VLAB, beim Verfassungsgericht oder auch gerne vor dem Europäischen Gerichtshof klagen? Da finden sich doch, sollte es eine Geldfrage sein, Spender dafür - ich beteilige mich gerne und wenn es nur dazu führte, diese grauenvolle und umweltzerstörende, sinnlose Entwicklung bekannter zu machen.

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