Ulrike Stockmann / 25.10.2021 / 12:00 / Foto: Achgut.com / 34 / Seite ausdrucken

Willkommen in China

Die Corona-Maßnahmen haben uns auch in Deutschland das chinesische System etwas nähergebracht. Erstaunlich viele Menschen können sich gut mit dieser völlig neuen Form des Zusammenlebens arrangieren.

China wird im Westen gerne als funktionstüchtiger Kontrast zu unseren vermeintlich entscheidungsschwachen Demokratien wahrgenommen. In der Coronakrise übernahmen europäische Staaten daher allzu bereitwillig und vertrauensselig das rigorose chinesische Lockdown-Modell als angeblich effizienteste Variante zur Bekämpfung des mutmaßlichen Killervirus. Seitdem sich die Indizien mehren, dass das Coronavirus in Wuhan aus dem Labor entwichen sein könnte, häufen sich die Spekulationen über eine kalkulierte Finte des chinesischen Staates zur Lahmlegung des Westens zwecks Stärkung der eigenen Wirtschaftsmacht.

Wie dem auch sei: Die Corona-Maßnahmen und die damit verbundene Aushebelung der Grundrechte haben uns auch in Deutschland das chinesische System etwas nähergebracht. Wären etwa Ausgangssperren und Berufsverbote in einer Demokratie bis dato undenkbar gewesen, legitimierte die Corona-Hysterie Eingriffe, die vorher nur aus Diktaturen bekannt waren. Das wirklich Verblüffende an dieser Entwicklung ist jedoch, dass flächendeckende Proteste ausblieben und erstaunlich viele Menschen sich bemerkenswert gut mit dieser völlig neuen Form des Zusammenlebens arrangieren. Das vorgeblich freie westliche Individuum scheint sich mehr nach Führung und Orientierung zulasten der persönlichen Freiheit zu sehnen, als bislang deutlich wurde. Und schon mehren sich drastische Klima-Forderungen beziehungsweise Beschlüsse vonseiten der Politik, die durchaus als Klima-Lockdown interpretiert werden können. 

Allgegenwärtige staatliche App

Wohin derartige Forderungen eine Gesellschaft führen, wird deutlich, wenn man einmal einen Blick auf das chinesische Alltagsleben wirft. In einem gerade erschienenen Beitrag für die NZZ beschreibt der Autor Matthias Sander sein neues Leben in der chinesischen Stadt Shenzen. Mit einer Mischung aus Befremdung, aber auch journalistischer Neugier, wie er betont, schildert er seinen durchtechnisierten Alltag in der chinesischen Metropole, in der ohne Smartphone und Apps gar nichts mehr geht.

Der Technologie-Korrespondent beginnt seinen Beitrag mit der Beschreibung seiner Wohnungsübergabe. An Schlüssel ist nicht zu denken, Zutritt zum neu erbauten Gebäude erhält er nur über Gesichtserkennung, und zum Öffnen seiner Wohnungstür benötigt er einen Code. Erst nach einer Weile gelingt es ihm, sich Schlüsselkarten zu organisieren, obwohl er schon nach kurzer Zeit derart umgewöhnt ist, dass er gerne aus Bequemlichkeit per Gesichtserkennung seine Haustür öffnet.

Die allgegenwärtige staatliche App WeChat reguliert den gesamten Alltag: Bezahlen, Chatten, Herunterladen von Speisekarten im Restaurant, Empfang von offiziellen Dokumenten, Anmelden des Wohnsitzes und des Internetzugangs. Zutritt zu öffentlichen Orten wie Metrostationen oder Behörden erhält nur, wer über einen grünen „QR-Gesundheitscode“ verfügt. Auch diese App schildert Sander als datenhungrig, mittels gespeicherter Standorte erbringt man den Beweis, sich nicht in Corona-Risikogebieten aufgehalten zu haben und daher passieren zu dürfen.

Endstation des Überwachungsstaates

Kann man die entsprechenden Daten nicht aufweisen, ist man aufgeschmissen. Sander wird einmal fast der Zugang zum Strand verwehrt, weil kurz nach seiner Einreise seine App noch nicht funktionstüchtig ist und er nur einen Quarantäne-Papierschein vorweisen kann (als Beweis dafür, dass er sich vorschriftsmäßig drei Wochen lang nach Ankunft in China in Quarantäne aufgehalten hat). Als er später seine QR-Codes nicht aktualisiert, bleibt ihm die Metro verwehrt und er muss ein Taxi nehmen.

Wer in Quarantäne geschickt wird, kann buchstäblich das Haus nicht verlassen: Für die Dauer des Arrestes wird eigens eine Video-Kamera direkt vor der Haustür angebracht, die gegebenenfalls Sicherheitskräfte alarmiert, wie Sander etwa von einem Nachbarn weiß. Dieser musste zudem drei Tage länger als eigentlich notwendig unter Hausarrest verbringen, weil seine Gesundheits-App erst mit Verspätung auf Grün sprang. Überhaupt befinden sich an allen Ecken und Enden Überwachungskameras, sodass bei Bedarf dank Gesichtserkennung der Tagesablauf eines jeden Bürgers rekonstruierbar ist.

Diese gruseligen Schilderungen des NZZ-Korrespondenten erinnern mich an ein Gespräch, das ich vor etwa zwei Jahren mit einer chinesischen Studentin auf einer Party führte. Die Nachwuchs-Regisseurin verbachte einige Zeit in Berlin und war ganz begeistert von der freien Kulturszene der Hauptstadt. Als ich sie zur Überwachungs-Politik in China befragte, winkte sie jedoch ab: So schlimm, wie im Ausland proklamiert, sei das nun wirklich nicht. Natürlich: Einer ihrer Film-Dozenten hatte öffentlich die Regierung kritisiert, mit dem Ergebnis, dass er nun seine Stadt nicht mehr verlassen durfte und ihm etwa das Kaufen eines Zugtickets unmöglich war. Aber sonst?

Spätestens dieses Bekenntnis erfüllte mich mit Schaudern vor dem chinesischen Regime. Als ich dann im vergangenen Jahr die kasachische Dissidentin Sayragul Sauytbay interviewte, die ein Buch über ihre schockierenden Erlebnisse in einem chinesischen Umerziehungslager veröffentlicht hatte, wurde mein Entsetzen noch gesteigert. Das hochmoderne, technisierte Land führt mit seiner bekannten Effizienz Konzentrationslager, in denen die Insassen auf barbarische Weise gequält und misshandelt werden. Dies ist die grausame Endstation des Überwachungsstaates.

Eigentlich sollte Derartiges eine Mahnung für unsere Gesellschaft sein, es mit unserem Sicherheitswahn und unserer kritiklosen Bewunderung für ein produktives, aber menschenfeindliches System nicht zu weit zu treiben. Durch die aktuelle, ausgrenzende Corona-Politik sind wir schon viel zu weit in die falsche Richtung gelaufen. Hoffentlich wird es ein Umdenken und eine rückläufige Entwicklung geben.

Foto: Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Angelika Meier / 25.10.2021

It’s the economy, stupid! Wenn China langfristig wirtschaftlich, technologisch und damit auch militärisch erfolgreicher ist, gewinnen sie. Da kann man 100 Mal “Menschenrechte” schreien. Außerdem ist die westliche “Moral” a la Wokeness sowieso verbrannt.

S.Buch / 25.10.2021

“Hoffentlich wird es ein Umdenken und eine rückläufige Entwicklung geben.”—> Mit der “Köterrasse” wird das schwierig, wie die letzte Bundstagswahl und erst recht die Landtagswahl in Berlin gezeigt hat. Die Köter sagen sich nämlich ganz mehrheitlich, “dass würden die nicht machen”.

H.Stolz / 25.10.2021

Ich muss in letzter Zeit immer wieder an die Geschichte vom Großinquisitor aus Dostojewskis Buch “Die Brüder Karamasow” denken. Sind die Menschen wirklich mit ihrer Freiheit überfordert. Das Leben in die eigene Hand nehmen und selber denken, ist eine anstrengende Tätigkeit. Viele wollen diese Anstrengung nicht auf sich nehmen. Es scheint angenehmer zu sein, dass für einen gedacht wird und man mit der Masse mitschwimmt. Dass dies ein falscher Schein ist, merken die meisten erst, wenn sie in einem Obrigkeitsstaat angekommen sind, der ihnen nicht nur alle Entscheidungen abnimmt, sonder auch das Notwendigste für das Leben und jegliche Würde.

Thomas Taterka / 25.10.2021

Seeehhhrrrrrr guter Aufsatz , Frau Stockmann ! Wir KÖNNEN die Laufrichtung unserer Gesellschaft nicht verändern, solange wir uns von den Angestellten dieser Überlistung in Politik, Medien und Wirtschaft die Sicht auf das , was allein in ihrem Interesse auch hier Wirklichkeit werden soll , aus Bequemlichkeit vernebeln lassen . Es wird ein eeelender Horror für Alle werden , wenn hier nicht endlich mehr Leute mit dem Kopf aus dem Arsch kommen , um es mal unversöhnlich auszusprechen .

Sebastian Weber / 25.10.2021

uii, lassen Sie da aber nicht unsere (Noch-)Kanzlerin hören. Sie küsst Xi die Füße. Und Entwicklungshilfeminister Müller (gibt es den eigentlich noch, lange nix mehr von ihm gehört) schickt jedes Jahr ein paar Milliönchen Entwicklungshilfe in die Volksunterdrückungsrepublik China.

Gert Köppe / 25.10.2021

In Bezug auf den letzten Satz “Hoffentlich wird es ein Umdenken und eine rückläufige Entwicklung geben”. Das glauben Sie tatsächlich? Ernsthaft? Oder hoffen Sie das nur? Bei diesen Menschen verachtenden Poltit-Lakaien, wie wir sie hier in der Regierung haben und bei einem Großteil der Bevölkerung, die dem Kadaver-Gehorsam verfallen ist, glaube ich eher an Grimms Märchen. Erst recht weil ich nicht geschichtsvergessen bin und durchaus meine Lehren daraus ziehe. Ich befürchte, hier findet bald ein Kampf auf Leben und Tod statt. Für die “Geimpften” sowieso, schon wegen der heimtückischen “Brühe”, für die nicht gegen Covid geimpften (“ungeimpft” ist oftmals der falsche Audruck, denn das ist kaum jemand), um ihre Existenz. Bevor ich Hoffnungen in “Recht und Gesetz”, oder gar in diese “Verbrecherische Polit-Mafia” stecke, bereite ich mich lieber auf das Schlimmste vor. “Hoffnung” gehört inzwischen ins Reich der Gutgläubigen. Die Realität bestimmt jetzt bei mir das Handeln. Diktatur-Erfahrungen habe ich genügend gesammelt.

Rolf Mainz / 25.10.2021

Es sollte vor allem die Warnung sein, was am Ende des aktuell so stark propagierten Linkskurses stehen wird. Aber der deutsche Michel hat bislang noch jede Warnung als grundlos abgetan. Und dies wird nun nicht anders sein, wie die jüngste Bundestagswahl bestätigt.

Dr Stefan Lehnhoff / 25.10.2021

Totalitarismus, egal ob es sich um Sozialismus der internationalen oder nationalen , der Grünen oder finanzkapitalistischen Variante handelt- führt immer zu Völkermord und dazu, dass die Ermordeten teils noch beneidenswert sind. Und es ist nicht überraschend, was unsere dummdreisten und wohlstandsverwarlosten Mitbürger in ihrer großen Mehrheit das nicht so schlimm finden. Willkommen in der Realität! Achja, Indizien kann man das nicht nennen: Das Ding kommt aus dem Labor, und Moderna übrigens schon Mitte Dezember die passenden Sequenzen dazu. Es ist eine Plandemie, nur der Start war wahrscheinlich ein Unglück, kam ein bisschen zu früh. Und es gibt sie für die Impfpässe und nicht andersherum. Daran kann inzwischen kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Ulrike Stockmann / 10.04.2024 / 10:00 / 38

Das schottische „Hassmonster“ und Knast für britischen Humor

In Schottland trat ein Gesetz in Kraft, bei dem sich selbst hartgesottene Kulturkämpfer die Augen reiben. Demnach könnten alle Witze, die den Namen auch verdienen,…/ mehr

Ulrike Stockmann / 21.03.2024 / 06:15 / 68

Abschied von der Gruberin

Monika Gruber beendete vorläufig ihre Bühnenkarriere, weil sie den Diskurs in Deutschland für „vergiftet“ hält. In der Coronazeit gehörte sie zu den ganz wenigen kritischen…/ mehr

Ulrike Stockmann / 15.03.2024 / 12:00 / 121

Radikales Klima beim Ethikrat

Unter der Führung von Alena Buyx empfiehlt der Ethikrat eine Umverteilung für den „Klimaschutz“. Drei Mitglieder distanzieren sich von den radikalen Vorschlägen. Auf der Pressekonferenz…/ mehr

Ulrike Stockmann / 08.03.2024 / 06:00 / 70

Der rosa Elefant am Frauentag

Am Frauentag wird medial die strukturelle Benachteiligung der Frau betont. Frauenfeindliche Zuwanderung darf hingegen nicht thematisiert werden. Die Berichterstattung im Vorfeld des heutigen Frauentages ist…/ mehr

Ulrike Stockmann / 10.02.2024 / 10:00 / 96

Aufstand der Gratismutigen

Wenn die Politik Wellness-Veranstaltungen als Widerstand vermarktet, muss man sich nicht wundern, wenn Unternehmen und Medien das Gleiche versuchen. Mit teils bizarrem Ergebnis. Aktuell tummeln…/ mehr

Ulrike Stockmann / 20.01.2024 / 10:00 / 11

Kleinkrieg um Gender-Regeln im Südwesten?

Derzeit können Bürgerinitiativen gegen die Gendersprache Erfolge verbuchen, auch im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg. Das CDU-geführte Innenministerium bremst dort eine solche Initiative eines CDU-Mitglieds aus, welche…/ mehr

Ulrike Stockmann / 16.01.2024 / 11:30 / 22

Presserat missbilligt Migrationslügen

Ein ungewöhnlich anmutender Vorgang wurde am Montag von der Süddeutschen Zeitung in eigener Sache veröffentlicht. Der Presserat sieht bei zwei Artikeln des Blattes, die die…/ mehr

Ulrike Stockmann / 05.01.2024 / 15:30 / 75

Was will die neue Maaßen-Krall-Partei?

Gestern gab Hans-Georg Maaßen bekannt, gemeinsam mit der Werteunion eine neue Partei unter demselben Namen gründen zu wollen. Mit von der Partie ist auch Markus…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com