Vom Kopf auf die Füße – Es lebe die mathematische Korrektheit!

Wir werden ja von höchster Stelle aufgefordert, der Wissenschaft zu folgen. Dann tun wir das mal, aber nicht blind. Folgen wir also der Ansage des Deutschlandfunks, dass die Meeresspiegel wieder einmal steigen werden, und zwar um furchterregende 4 cm, falls die Gletscherseen dieser Welt sich entschließen sollten, ins Meer zu strömen. Diese apokalyptische Nachricht kam in der Sendung „Forschung Aktuell“ vom 2.9.2020 um 16:53, und zwar genau in der Minute 2:48.

Nachdem mein Blog Think-Again, aber auch Blogs wie Achgut.com die Aufmerksamkeit ihrer Leser für numerischen Analphabetismus in Funk und Presse geweckt haben, halte ich es für angebracht, diese Behauptung des DLF exemplarisch zu verifizieren. Dabei kommt es mir nicht auf viele Kommastellen Genauigkeit an, sondern auf die Plausibilität der Aussage überhaupt. Lieber ungenau und richtig, als genau und falsch. Wir können im Kopf ausrechnen, ob die Sache stimmen kann.

Zum Warmdenken wollen wir erst einmal ein Phänomen analysieren, das eine Nummer kleiner ist.

Der gute alte Kochtopf

Nehmen wir an, Sie wollen in einen Kochtopf noch etwas Wasser gießen, und zwar einen halben Liter. Der Topf hat 20 cm Durchmesser. Jetzt möchten Sie wissen, um wieviel der Flüssigkeits-Pegel ansteigen wird.

Dazu dividieren wir das Volumen des zugefügten Wassers durch die Fläche, auf der es sich verteilt. Letztere ist der kreisförmige Boden des Kochtopfs, und das sind, nach Adam Riese, Radius im Quadrat mal Pi, also ungefähr 300 Quadratzentimeter.

Den halben Liter müssen wir jetzt durch 300 cm² dividieren. Wir erinnern uns, dass ein Liter auch 1.000 cm³ ist, ein halber Liter also 500, und bekommen dann: 500 cm³ dividiert durch 300 cm². Das sind 1,7 cm, mit anderen Worten ein Finger breit. So viel steigt der Pegel im Kochtopf.

Von Kilo- und Millimetern

Genauso machen wir es jetzt mit dem Gletscherwasser. Deren Wassermenge wurde in der Sendung mit 156 km³ angegeben. Sie können sich das schwer vorstellen? Macht nichts! Die Mathematik funktioniert trotzdem. Also, die 156 km³ verteilen sich über die Ozeane. Welche Fläche ist das? Die Erde hat 500 Millionen km², wovon die Ozeane 70 Prozent bedecken, also 350 Millionen km². Zur Berechnung des Anstiegs des Meeresspiegels dividieren wir, wie beim Kochtopf, Volumen durch Fläche.

Der Einfachheit halber vergessen wir erst mal die erwähnten Millionen und bekommen 156 km³ / 350 km² = 0,45 km. Achten Sie bitte auf die hochgestellten kleinen Zahlen, welche die Kubik- und Quadratkilometer symbolisieren. Die 0,45 km müssen wir jetzt noch durch eine Million dividieren. Das geht am einfachsten, wenn wir die Kilometer durch Millimeter ersetzen, denn ein Millionstel Kilometer ist genau ein Millimeter, in Ordnung? 1.000 Millimeter sind ein Meter und 1.000 Meter sind ein Kilometer; also hat ein Kilometer 1.000.000 Millimeter.

Der Anstieg des Meeresspiegels wäre somit also 0,45 mm. Das ist ein Hundertstel von dem, was die Sprecherin vom DLF uns erzählt. Die spricht nämlich von 43 mm.

Gibt es beim DLF keine Qualitätssicherung?

Sie sagen, das sei kein Grund zur Aufregung? Weder bei 0,43 noch bei 43 Millimetern würde die Welt untergehen? Mag sein. Aber die ganze Horrorshow des Klimawandels ist doch nichts anderes, als ein Mosaik aus solchen winzigen Steinchen. Mal sind es Millimeter, dann hundertstel Grade, dann Bruchteile von Prozenten CO2. Und daraus wird ein Bild aufgebaut, das man uns Tag und Nacht vor Augen hält, damit wir gemeinsam mit Greta Panik bekommen.

Wenn nun jedes einzelne dieser Steinchen falsch oder gefälscht ist, dann ist auch das ganze Mosaik letztlich ein Trugbild.

Natürlich ist Irren menschlich, und jeder kann bei seiner Rechnung mal ein paar Nullen vergessen. Auffallend ist nur, dass die „Irrtümer“ nicht etwa statistisch verteilt, mal nach rechts, mal nach links gehen; nein hier geht es immer in die gleiche Richtung, in Richtung Panik. Da ist es also ganz legitim, wenn man den Aussagen der selbst ernannten Autoritäten in Sachen Klima mit gesunder Skepsis begegnet.

Ein Forscher, der die vier Grundrechenarten beherrscht

Wenn man uns heute 0,4 mm als 42 mm verkauft, dann wird man uns demnächst 42 mm als 4,2 Meter andrehen, das ist derselbe Faktor, und dann wird neben der Maskenpflicht die allgemeine Schwimmgürtelpflicht eingeführt, insbesondere für Senioren.

Und noch etwas. Der Deutschlandfunk residiert ja in einem eindrucksvollen Gebäude mit schönen Büros und vielen gut bezahlten Mitarbeitern. Gibt es denn da keinen Forscher, der das Skript für eine Sendung mit dem Titel „Forschung aktuell“ kritisch unter die Lupe nimmt, bevor die arme Sprecherin das nach ganz Deutschland funkt? Einen Forscher, der vielleicht die vier Grundrechenarten beherrscht?

In diesem Fall war es ein Leser meines Blogs, der die Qualitätssicherung nachgeholt hat und den Autor informierte. Werden auch Sie ein MCW, ein „Mathematical Correctness Warrior“ und schreiben Sie Think-Again oder Achgut.com, wenn Ihnen ähnliche Fehler begegnen. Vielleicht wird die Logik eines Tages doch über die Ideologie siegen. 

Mehr zu diesem Thema finden Sie auf Hans Hofmann-Reineckes Blog Think Again sowie in seinem Buch „Grün und Dumm“.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Sabine Lotus / 08.09.2020

Ich könnte Sie küssen für diesen Artikel. Und eines sei noch angemerkt: Wer glaubt, diese Mathe-Aphasie beträfe nur den Journalunkenclub: Liebe Leute: Mathe Doktoren, doppel Doktoren, es ist zum aus der Haut fahren, die können alle nicht mehr rechnen. Alleine in den letzten drei Wochen sind mir da drei richtig dicke Klopper auf den Tisch gekommen. Eigentlich sollten wir uns zukünftig- ganz im Sinne des Coronahirnschiß- nicht mehr die Hände schütteln, sondern gegenseitig Matheaufgaben abfragen. Und wer falsch antwortet, darf erst einmal drei Runden um den Block laufen.

Axel Gojowy / 08.09.2020

Millimetergenaue Angaben über den Meeresspiegel? Stellen wir uns vor, auf einem LKW sind 5 miteinander verbundene Badewannen montiert (die 5 ozeane) aus einem Badeofen läuft Wasser in einige Wannen (Schmelzwasser) Verdunstung und Niederschlag rechnen wir einmal mit + - 0, dann fährt der LKW, Bergauf, bergab, bremst und beschleunigt. Wer ist in der Lage, den Pegel genau zu messen? Zurück zum Meeresspiegel - die Höhe messen wir am Festland? Das ist aber auch nicht fest, wie wir spätestens seit Alfred Wegener wissen. Dann kommt dioe angeblich millimetergenaue Messung durch Satelliten. Aberr die kreisen nicht, sonder “holpern” je nach Gravitation um die Erde. Nur eine hypergenaue Rotationsmessung derErde könnte vielleicht Aufschluss geben, aber gibt es da auch noch Störfaktoren?

Torsten Gürges / 08.09.2020

So etwas passiert leider immer öfter. Wobei man eine einzelne Zahl fast noch als Versehen abtun könnte (nichts desto trotz sollte es eine Qualitätssicherung bemerken, da stimme ich dem Autor voll zu). Aber in einer Zeit, in der Politiker von 9 Gigatonnen CO2 Ausstoß pro Kopf reden können, ohne dass ihnen jemand sagt, sie sollen doch am besten nochmal die 9./10. Klasse besuchen, ist so etwas höchstens eine Randnotiz. Viele schlimmer finde ich, wenn ein Prof. für Physik öffentlich behauptet, man können problemlos die Kohleverstromung in Deutschland durch die (nachhaltige) Entnahme und Verbrennung des Holzes aus der Hälfte des dt. Waldes ersetzen, wie das vor einiger Zeit in einer öffentlichen Sendung passiert ist. Da kumulierten nämlich so viele (implizite) Falschannahmen, dass man nicht mehr von einem Versehen, sondern von einer bewussten(?) Irreführung sprechen muss. Für einen Physiker in jeder Hinsicht peinlich!

Alfred Hüttemann / 08.09.2020

Sehr geehrter Herr Dr. Hofmann-Reinecke, vielen Dank für Ihren interessanten Artikel über das vermehrt auftretende Phänomen des “numerischen Analphabetismus”. Im vorliegenden Fall des sogen. “DLF” erlaube ich mir anzumerken, was Ihnen zweifellos bekannt ist, aber keinen Eingang in Ihren Text gefunden hat: Die offenbar zur Paniksteigerung irreführende Meldung des “DLF” vom 2.9.2020 beruht auf dem Artikel “Rapid worldwide growth of glacial lakes since 1990” im Wissenschaftsorgan “Nature Climate Change” vom 31.8.2020. Im Abstract zu diesem Artikel (den Artikel selbst habe ich nicht lesen können) heißt es korrekt und wie von Ihnen vorgerechnet:  “Currently, glacial lakes hold about 0.43 mm of sea level equivalent.” Es entsteht also der Eindruck, als habe im “DLF” niemand selbst gerechnet, sondern der “DLF” habe vielleicht doch ein wenig mit den (korrekten) Zahlen -  nun sagen wir mal: - “relotiusiert”. Mit freundlichen Grüßen Alfred Hüttemann

W. Schwarz / 08.09.2020

Sehr gut! Danke

Dietmar Richard Wagner / 08.09.2020

Kurz und bündig zum Nachrechnen, klasse Herr Hofmann-Reinecke! Mir fällt aber auf, dass Sie die Kugelform der Erde leugnen und vom Kochtopfmodell der flachen Erde ausgehen ;-) Interessant wäre auch eine Pi mal Daumen Rechnung, um wieviel derart (am flachen Strand, Tangens der Strandneigung, hört sich dann sehr wissenschaftlich an) die Meeresoberfläche zunimmt bzw. die Landfläche schrumpft.

Ulrich Viebahn / 08.09.2020

Gibt es im Deutschlandfunk keinen, der das Skript für eine Sendung mit dem Titel „Forschung aktuell“ kritisch unter die Lupe nimmt, ...? Einen, der vielleicht die vier Grundrechenarten beherrscht? Nein. Der Deutschlandfunk sendet täglich mindestens einen technischen und naturwissenschaftlichen Unsinn, bei dem sich die Fachleute an den Kopf greifen. Schon länger her, etwa: ‘Industrie 4.0: Roboter bauen sich selbst.’

Thorsten Beyer / 08.09.2020

Sehr schön nachgerechnet! Wie schön doch die untrügliche Klarheit der Zahlen immer wieder hilft, den medial kolportierten Unsinn als pure Hysterie zu entlarven.

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