Hamed Abdel-Samad, Gastautor / 20.04.2019 / 06:07 / 56 / Seite ausdrucken

Versager bleiben Versager

Muslimische Intellektuelle in der islamischen Welt sind bestürzt über die Schadenfreude etlicher Muslime angesichts der Katastrophe von Notre Dame. Die meisten Kommentare unter den Beiträgen von BBC Arabic, France 24 und in den lokalen Zeitungen bewerten den Brand als Gottes Strafe an den Ungläubigen. 

Ganz anders muslimische Intellektuelle im Westen: Sie relativieren diese Schadenfreude. Schon wieder soll es sich um ein Missverständnis handeln. Nachdem sie uns beigebracht haben, dass Dschihad eigentlich "Selbstreinigung" und "Kampf gegen den inneren Schweinehund" bedeutet, wollen sie auch den Begriff "Allahu Akbar" umdeuten.

Dieser soll die Bestürzung der Muslime über den Brand zum Ausdruck bringen. Bald werden sie uns sagen, dass Messerattacken eigentlich eine missverstandene Art der Kommunikation sind. Wenn man die früheren Stufen der Gewalt relativiert, muss man auch die Gewalt selbst relativieren. 

Tatsächlich sagt man "Allahu Akbar" auch in anderen Zusammenhängen, vor allem innerhalb der Familie. Aber warum taucht dieser Begriff besonders häufig nach Katastrophen auf, die den Westen betreffen: nach dem 11. September, nach dem Hurrikan in Florida und nun nach dem Brand in Paris?

Weil er ein Kampfbegriff geworden ist, der nicht nur von Dschihadisten verwendet wird. Man muss nur die Kommentare von jungen Muslimen überall lesen, um das Ausmaß der Seuche zu erkennen. Wo findet man "Allahu Akbar" als Kommentar auf eine Katastrophe, von der die islamische Welt getroffen wurde? In solchen Fällen schreibt man eher "Allah sei uns gnädig". Man kann die Kommentare unter solchen Artikeln lesen und analysieren und danach die Kommentare über Katastrophen im Westen lesen und analysieren. Da wird man sofort einen klaren Unterschied erkennen. 

Warum können muslimische Intellektuelle im Westen nicht sagen, dass es anständige und unanständige Muslime gibt, genauso wie es anständige und unanständige Christen, Juden und Atheisten gibt? Warum wollen sie Muslime als Kollektiv in Schutz nehmen, auch solche, die unanständig sind? Warum begreifen sie nicht, dass es immer mehr Muslime gibt, die sich nicht als Teil der Menschheit sehen, sondern entweder als Opfer oder als Herren der Menschheit betrachten?

Warum erkennen sie nicht, dass diese Sorte von Muslimen eine Last für muslimische Communities und für die ganze Welt ist? Warum helfen sie ihnen nicht, sich von Hass und Abneigung gegenüber der Welt zu befreien, statt ihren Hass bei jeder Gelegenheit zu relativieren? Warum bestärken sie sie in ihrer Opferhaltung, statt sie herauszufordern?

Anyway, in wenigen Jahren wird Notre Dame wieder wie eine Perle mitten in Paris stehen, so wie die Frauenkirche wie eine Perle mitten in Dresden steht, und die Versager bleiben Versager. Sie werden weder das wieder aufbauen, was sie zerstört haben, noch etwas Neues bauen.

Die, die sich als Teil der Menschheit betrachten, werden am Erfolg der Menschheit teilnehmen und für das Leiden ihrer Nachbarn Mitgefühl empfinden. Wer nur Hass, Schadenfreude und Verschwörungstheorien als Antwort hat, vergiftet sich selbst und verabschiedet sich in die Isolation.

Wer dieses krankhafte Verhalten relativiert, ist selbst ein Teil des Problems, selbst wenn er denkt, er bekämpfe den Hass von Rechts. Richtig wäre es, den Hass von allen Seiten zu bekämpfen, vor allem in den eigenen Reihen!

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Leserpost

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Johannes Schuster / 20.04.2019

Der Islam ist - wie das Christentum eine Folgereligion des Judentums. Die Kinder begehren gegen den Vater auf und achten ihn nicht und schlagen ihn. Der Vater fühlt sich unverstanden und zieht sich in sein Schneckenhaus des Talmud zurück. Aufgelöst ist dieser Familienzwist bis heute nicht. Und der Luther war nun wirklich die Anmaßung in Person, in das Christentum noch die Schizophrenie gepflanzt zu haben. Ich würde es Gott nicht übel nehmen, wenn er in der ganzen Sache Atheist geworden wäre.

beat schaller / 20.04.2019

ich stimme ihnen zu, sehr geehrter herr abdel-samad. einige der heutigen kommentare bringen nzusätzlich noch weitere hinweise mit hinein das gibt dann zusammen ein einigermassen glaubhaftes bisl?—ja, dann nimmt man noch die offizielle version von sawsan chebli hinzu und schon doch wieder nur noch “das ei auf dem gesäss”! so schnell fällt dann alles in sich zusammen und zeigt unbelehrbarkeit, ignoranz . die dame weiss ganz bestimmt, dass sie solche äusserungen nur machen kann, so lange sie in deutschland die klappe aufmacht.  trotzdem, herr abdel-samad,  ihr bericht hat es in sich. danke. b.schaller

B.Kröger / 20.04.2019

Sehr richtig Herr Abdel Samad! Hass bringt niemanden weiter.  Viele Muslime sitzen offensichtlich in ihrer religiösen Endlosschleife fest.  Einige, haben es geschafft, aber die Mehrheit sitzt fest. Der Sprung aus der muslimischen Gesellschaft mit ihren Regeln und Gesetzen in eine westliche Gesellschaft ist für viele offensichtlich zu groß.  Hilfestellung kann nur von den Muslime kommen, die den Sprung nicht nur in die geistige Freiheit erfolgreich geschafft haben. Die Freizügigkeiten der westlichen Länder macht es sicher für viele Muslime nicht leichter, den entscheidenden Sprung in die Freiheit zu wagen. Freiheit braucht Mut, Zuversicht und den festen Willen, frei sein zu wollen.

Frank Volkmar / 20.04.2019

Interessant ist, das man zum Beispiel in den deutschen Medien von dieser “Schadenfreude” vernehmbar nichts hört oder liest. Andersherum ist davon auszugehen, das wenn entsprechendes in der islamischen Welt passierte und sich zum Beispiel “der Westen” entsprechend äußerte, wir mit eine Empörungswelle ähnlich der erleben würden wie bei den Mohammed -Karikaturen.

Andreas Rühl / 20.04.2019

Der Eindruck, den viele Menschen haben, und ich schließe mich nicht aus, obwohl mein Schwiegervater Muslim ist: Ein anständiger Muslim, ein menschenfreundlicher, offener, grossherziger Muslim, ein friedliebender, freundlicher Muslim ist einer, der es geschafft hat, kein Muslim mehr zu sein. Der Islam ist zu einer Ideologie des Hasses, des Ressentiments, des Mordens unschuldiger, des rueckschritts geworden. Und in der Tat unternimmt kein offizieller Vertreter auch nur den Versuch, diesen eindruck, sollte er denn falsch sein, zu korrigieren. Es heißt immer nur, der wahre Islam sei anders. Nur, wo zeigt er sich? Wo ist dieser Islam? Wie sieht ein aufgeklärter Islam aus? Bestenfalls wird nicht offen zur Gewalt aufgerufen und der Verdacht, dass das Camouflage ist, drängt sich auf. Der Zug ist abgefahren, was nicht zuletzt in indonesien zu sehen ist. Der Islam hat sich in die Rolle dessen begeben, der Fortschritt, Freiheit, Wissenschaft und das streben nach Frieden und Wohlstand bekämpft, kurz er ist eine Ideologie der menschenfeindlichkeit geworden. Insoweit uebrigens kein Wunder, dass unsere gruenen, die dieselben Ziele verfolgen, ihn in Schutz nehmen. Was sie fordern, lieber Herr samad, wird nie geschehen.

Thomas Weidner / 20.04.2019

Werter Herr Hamed Abdel-Samad, das Problem ist und bleibt: Wer dem Koran folgt - und “Folgen” heißt “in allen Punkten”, muss automatisch so krank werden, wie Sie oben beschrieben haben. Denn - und nur so wird ein Schuh daraus - wer dem Koran nicht in allen Teilen folgt, bastelt sich doch seine eigene Religion. __ Jesus von Nazareth hat das getan - sich seine eigene Religion gebastelt - weil er offenbar die jüdische Religion für verbesserungswürdig ansah. Für all diejenigen, die Jesus als Gottes Sohn sehen: Dann hat Gott selbst beim Alten Testament nachgebessert - oder es weiterentwickelt. Die Wortwahl “nachbessern” oder “weiterentwickeln” sei dahingestellt.

Marc Stark / 20.04.2019

Nun, lieber Hamed, ein paar können ja ganz offensichtlich sagen,  “dass es anständige und unanständige Muslime gibt, genauso wie es anständige und unanständige Christen, Juden und Atheisten gibt”! Diejeniegen, die es nicht können, dürften sich in 2 Lager spalten. Das eine Lager reagiert aus Angst so. Entweder aus halluzinierter Angst, vor der AFD, die nach Machtübernahme sofort KZ für Muslime errichten wird, oder aus realer Angst vor ner “Fatwa” innerhalb der Umma, oder der linken FörderGeldverteiler, die halt genauso dogmatisch agiert, wie die Fundamental-Muslime. Der andere Teil mag zwar bildungstechnisch westliches Niveau haben, bleibt im Herzen aber zutiefst fundamental. Nadelstreifen-Dshihadisten und Taqiyya-Wölfe-im-Schafpelz sind nun wahrlich keine Seltenheit. Die 2te Gruppe werden wir nicht erreichen, wir könnten sie nur besser isolieren. Dazu muss aber ein komplettes Umdenken bei der Gesamt-Linken, also auch muslimischen Linken stattfinden. Der erste Schritt zur Problembewältigung ist das ehrliche und OFFENE Eingeständnis das es ein Problem gibt. Noch kein Problem der Welt wurde verschwand durch Schönreden und Relativierung. Aber nichtmal dazu sind die Linken imstande. Sie projezieren in mehrfacher Hinsicht falsch: Sie unterstellen uns ihre eigene Niedertracht und ihr Bildungsniveau, glauben das sie die Taktik des Beschimpfens und Einlullens von Erfolg gekrönt ist. Seit jeher glauben Idioten, das alle anderen Idioten sind und man sie mit idiotischen Mitteln stoppen kann.

Handle Alois / 20.04.2019

das mit der abgefackelten Kirche in Paris. Ich sehe es auch als “die Strafe Gottes” an all den schwanzlosen Gläubigen und deren Priesterklasse ist, die sich selbst kastriert haben. Hat man einen bestimmten Grad an Dummheit überschritten und ist nicht bereit sich zu wehren,,,,,, dann soll man sich nicht wundern, wenn man nicht mit Respekt behandelt wird.  Hochachtungsvoll Alois

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