Thomas Rietzschel / 05.10.2020 / 10:00 / Foto: Stefan Klinkigt / 57 / Seite ausdrucken

Uschi ruft Kuckuck, Boris pfeift drauf

Jetzt geht es Boris Johnson an den Kragen. Mag das Parlament in London auch mehrheitlich hinter ihm stehen, wenn er die „Integrität Großbritanniens“ verteidigen will, in Brüssel schäumt Uschi gar fürchterlich. Mit seinem „Binnenmarktgesetz“ hat der Premier des Vereinigten Königreichs die Chefin der EU auf die Palme gebracht. Aus der Höhe ihres Wolkenkuckucksheims droht sie ihm mit der Einleitung „rechtlicher Schritte“.

In der Rage mag ihr entgangen sein, dass England bereits Ende Januar aus der EU ausgetreten ist und zum Schluss des Jahres auch die Zollunion und den EU-Binnenmarkt verlassen wird. Welches Gericht, bitteschön, soll dann noch in der Sache entscheiden – erfolgversprechend für eine Gemeinschaft, der die Beklagten nicht mehr angehören? Und selbst wenn es zu einem Verfahren vor dem EuGH, dem Europäischen Gerichtshof, käme, womöglich zu einer Verurteilung der Briten wegen der unterstellten Verletzung des Brexit-Vertrages, was wäre damit gewonnen? 

Was will Ursula von der Leyen tun, wenn Boris Johnson seinerseits tut, was er schon öfter getan hat und kurzerhand auf das Gewäsch der Eurokraten pfeift. Wird sie dann einen Gerichtsvollzieher in Marsch setzen, damit er den Kuckuck auf die Haustür von Downing Street No.10 klebt? Will sie selbst dort anklopfen, um eine Taschenpfändung bei Boris Johnson vorzunehmen? 

Gewiss gehört es zum politischen Procedere, gelegentlich große Töne zu spucken. Doch sollte man sich nicht mit denen anlegen, die darauf nichts geben müssen. Wer da den Schnabel zu weit aufreißt, macht sich am Ende nur zum Gespött. Dass so etwas der EU-Chefin egal sein kann, weil sie ohnehin schon in die Rolle der lächerlichen Figur auf der politischen Bühne Europas hinein gewachsen ist, ändert nichts an dem Blödsinn, den sie verzapft. Abermals wird ihre Selbstüberschätzung den Steuerzahler Unsummen kosten, indes Boris Johnson den Dingen ihren Lauf lassen kann. 

Nichts als Theaterdonner

Schon bisher waren alle Vorhersagen einer Verarmung seiner Insel infolge des Brexit nichts als Theaterdonner. Weder werden die Briten an Weihnachten auf ihren Christmas Pudding verzichten müssen noch sind die Banker in Scharen von London nach Frankfurt umgezogen. Keine Rede mehr von hunderten Wohnungen, die Volker Bouffier, Merkels Statthalter in Hessen, bauen lassen wollte, um die Zuwanderer standesgemäß unterzubringen. 

Im Gegenteil. Boris Johnson kann davon ausgehen, dass die deutsche Wirtschaft weiterhin Mittel und Wege finden wird, mit Großbritannien Handel zu treiben. So ist etwa der Darmstädter Chemie- und Pharma-Konzern Merck, einer der größten der Welt, eben dabei, verstärkt in England zu investieren. 

Wo es ums Geschäft geht, verhallen die Drohungen aus Brüssel im Wind. Fast möchte es einen erbarmen, sieht man, wie sich Uschi beleidigt hoch oben auf der Palme abstrampelt, weit über dem Boden der Realität. Wäre er kein britischer Gentleman und ein hochgebildeter dazu, würde Boris Johnson in schallendes Gelächter ausbrechen. 

Foto: Stefan Klinkigt

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dr. Joachim Lucas / 05.10.2020

Offensichtlich träumt die Dame von einer Art Kontinentalsperre, wie sie weiland Napoleon versucht hat - und gescheitert ist. Bei niemandem klafft das Selbstbild und das Fremdbild stärker auseinander als bei Leyen. Die Verkörperung von Murphys Gesetz, bei der die Protagonistin schon mehrere Ebenen ihrer Inkompetenzschwellen überschritten hat. Es ist schon schlimm, wenn Inkompetente fleißig sind.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Thomas Rietzschel / 13.03.2023 / 11:00 / 17

Pazifistische Kriegsführung mit Erfolgsgarantie

Dass unsere Panzer eher zufällig als zuverlässig anspringen, dass sie kaum Munition haben, die sie verschießen könnten – alles nicht so schlimm, lässt sich der Feind…/ mehr

Thomas Rietzschel / 26.11.2022 / 15:00 / 23

Die elf Affen von Katar

In den Siebzigern, nach 1968, waren die drei Affen von Benares groß in Mode. Jeder, der auf sich hielt, wusste von ihnen, eng aneinander gedrängt saßen…/ mehr

Thomas Rietzschel / 23.11.2022 / 16:00 / 24

Im neuen marxistischen Kapitalismus

Möchte der Staat die Bedeutung der Arbeit mit der Höhe seiner Sozialleistungen ausstechen, um den freien Bürger zum betreuten Mündel herabzusetzen? Mit der „wohltätigen“ Diskreditierung…/ mehr

Thomas Rietzschel / 25.09.2022 / 13:00 / 35

Vom heißen Herbst kalt erwischt

Die Angst geht um in den deutschen Regierungsbezirken, die Angst vor einem „heißen Herbst“. „Natürlich“, so tönt aus allen Amtsstuben, aus dem Kanzleramt sowie aus…/ mehr

Thomas Rietzschel / 14.09.2022 / 16:00 / 38

Im Rausch der Krisen

Man kann und muss die katastrophalen Zustände dieser Tage immer aufs Neue beschreiben, sollte aber auch beginnen, darüber nachzudenken, was für die Errichtung einer neuen…/ mehr

Thomas Rietzschel / 07.09.2022 / 16:00 / 21

Die Kehrseite der Krise

Sicher glauben noch immer viele, die Not würde sie nicht betreffen, wenn sie ihr Schicksal weiter in die Hände von Berufspolitikern legen. Deren Vertröstungen jedoch…/ mehr

Thomas Rietzschel / 24.08.2022 / 11:00 / 38

Glücklich ist, wer vergisst – Die Vergesslichkeit des Olaf Scholz

Olaf Scholz kann sich nicht erinnern, worüber er mit den Chefs einer Hamburger Bank gesprochen hat, als er noch Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg war.…/ mehr

Thomas Rietzschel / 31.05.2022 / 16:00 / 48

Putin und der Hunger als Waffe

Durch Putins Ukraine-Krieg wird für die Hungernden dieser Welt das Getreide knapp. Der Hunger wird wieder zur Kriegswaffe. Das stärkt die Erinnerung der Ukrainer daran,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com