„Meinungsfreiheit im Netz“ unterstützt eine Leserin der Achse des Guten, die sich, wie über 20 weitere Leser auch, aufgrund eines Kommentars unter einem dortigen Artikel einer Strafanzeige des weltberühmten Wuppertaler Bundestagsabgeordneten Helge Lindh (SPD) und einem Ermittlungsverfahren der Wuppertaler Staatsanwaltschaft ausgesetzt sieht. Wir dokumentieren hier, den Fall mit der Wiedergabe der anwaltlichen Stellungnahme.
Sehr geehrter Herr Kriminalhauptkommissar E.,
wir vertreten Frau Ursula S., unsere Vollmacht ist beigefügt. Dieser Text erscheint wortgleich auf „Die Achse des Guten“ und dient als „Beschuldigtenanhörung“. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal, die Sie mit der „Vernehmung“ unserer Mandantin beauftragt hat, dürfte ein eminentes Interesse daran haben, dass eine breite Öffentlichkeit davon Kenntnis erlangt, dass in Wuppertal die ganz heißen Eisen angepackt werden und Kriminalität, wo immer sie in Wuppertal ihr verbrecherisches Haupt zu zeigen wagt, mit aller Entschlossenheit und aller Härte des Gesetzes begegnet wird.
Der in Wuppertal weltbekannte SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh hat Strafanzeige wg. „Beleidigung“ erstattet. Natürlich nicht nur gegen unsere Mandantin, sondern gegen 26 weitere Leserbriefschreiber, die es gewagt haben, sich auf Achgut.com – aus durchaus gutem Grund – über ihn lustig zu machen. Die Kommentare erfolgten unter den lesenswerten Texten „Lieber renitent als flatulent“ von Henryk M. Broder (Fla·tu·lenz, Substantiv, feminin [die], Gasbildung im Magen oder Darm, Blähsucht, Abgang von Blähungen) und Lindh zartbitter über Achgut.com im Bundestag. Unsere Mandantin hat daraufhin folgenden Kommentar verfasst:
„Guten Morgen, Herr Broder, Kermit, der Frosch in menschlicher Gestalt!!! Das war zuviel satirische Vorstellung. Ich habe mir die links angesehen. Jetzt brauche ich eigentlich was. So eine A…..geige! Vertreter eines untergegangenes SPD- Wahlvolkes. also… Wenn wir nicht seiner Meinung sind, ist das keine Demokratie!! Habitus eines 12jährigen. Dem würde ich dringend tiefenpsychologische Tanz- und Ausdruckstherapie verschreiben. Warum? Um körperlichen und geistigen Nachholbedarf zu initiieren. Dringend. Aber - dann kommen wir nicht mehr in den Vorführgenuss dieser“ lustigen“ Person. LG.“
Wir wissen nicht genau, was daran strafbar sein soll. Vielleicht möchte Herr Lindh nicht mit Kermit dem Frosch verglichen werden. Dazu merken wir nicht nur zum Zwecke der Rechtsverteidigung, sondern aus voller Überzeugung an: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Denn über Kermit gibt es durchaus Positives zu sagen. Und wir finden, er sieht auch besser aus als Herr Lindh. Aber das ist sicherlich eine der strafrechtlichen Überprüfung entzogene Geschmacksfrage.
Stellvertretender Vorsitzender des Festausschusses im örtlichen Karnevalsverein
Wie in dem Film „Kermit der Frosch (Kermit's Swamp Years)“ aus dem Jahre 2002 dargestellt, war er im Alter von 12 Jahren der erste seiner Geschwister, der den Sumpf verließ, und einer der ersten Frösche, die mit Menschen sprachen. Beides Fähigkeiten, die Herrn Lindh ersichtlich fehlen.
Kermit wurde außerdem von der First Lady Michelle Obama und dem damaligen Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff und damit aufgrund seiner Dienststellung ranghöchsten General der amerikanischen Streitkräfte, Michael E. Dempsey, im Weißen Haus empfangen.
Nun werden Sie mir sicher zustimmen, dass Herr Lindh ein ganz ungewöhnlicher Politiker ist, dessen Fähigkeiten die Position als stellvertretender Vorsitzender des Festausschusses im örtlichen Karnevalsverein Rot-Blaue-Funken Wuppertal in ideal entsprechen dürfte. Ins Weiße Haus kommt Helge Lindh auf legale Weise allenfalls mit einem Besucherticket für Touristen, soweit ihm die Einreise in die Vereinigten Staaten denn tatsächlich gestattet wird.
Daraus ergibt sich, dass Herr Lindh sich geschmeichelt fühlen kann, wenn man ihn mit diesem Frosch vergleicht. Während es vielmehr Kermit ist, der sich durch diesen Vergleich herabgesetzt fühlen könnte.
Eine Strafanzeige von Kermit gegen unsere Mandantin hätte daher durchaus eine gewisse Chance auf Erfolg. Und wenn Sie jetzt entgegenhalten, Frösche hätten in unserem Rechtsstaat nicht die Befugnis, Strafanzeigen wegen Beleidigung zu erstatten, dann frage ich Sie: Was für ein Rechtsstaat soll das sein? Ich bin im Übrigen guten Mutes, dass sich diese Antragsbefugnis im Grundsatzprogramm der Grünen schon irgendwo wird hineinlesen lassen. Und mit dem Rückwirkungsverbot sollte man in so einem Fall auch nicht so zimperlich sein.
Unsere Mandantin wollte tatsächlich „Gesäßvioline“ schreiben
Oder stößt sich Helge Lindh an dem unvollständigen Wort „A….geige!“, das durch die Auslassungen bereits eine bewusste Abschwächung zur Schonung des feinfühligen Wuppertalers enthält? Unsere Mandantin wollte tatsächlich „Gesäßvioline“ schreiben und wurde durch die Autokorrektur „überschrieben“, hat dann in einem kurzen Moment großer Unachtsamkeit auf „Senden“ gedrückt. Aber Spaß beiseite. Arschgeige wäre eine Meinungsäußerung, eine Einschätzung, der ein großer Teil der Bundesbürger vielleicht sogar zustimmen würde. Vor allem aber ist es eine vom Meinen und Dafürhalten geprägte Bewertung der verschiedenen Einlassungen des Herrn Lindh, die in dem Artikel zu finden sind, den unsere Mandantin kommentierte. Ein Politiker, auch ein zukünftiger stellvertretender Festausschussvorsitzender von Rot-Blaue-Funken Wuppertal, hat das hinzunehmen.
Aus dem Kontext ergibt sich deutlich, dass unsere Mandantin sich mit den in dem kommentierten Artikel befindlichen Links zu völlig indiskutablen und undemokratischen Einlassungen des Herrn Lindh auseinandergesetzt hat:
„Ich habe mir die links angesehen. Jetzt brauche ich eigentlich was. So eine A…..geige! Vertreter eines untergegangenes SPD- Wahlvolkes. also… Wenn wir nicht seiner Meinung sind, ist das keine Demokratie!!“
Das darf unsere Mandantin sagen und das hat Helge Lindh nach seinen öffentlich vorgenommenen intellektuellen Kapitulationserklärungen hinzunehmen. Bei dem Kommentar handelt es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, die jeder, der sich in derartig indiskutabler Weise öffentlich präsentiert wie Herr Lindh, und erst recht so weltbekannte Politiker wie er, in stärkerem Maße hinzunehmen hat als der Normalbürger (vgl. OLG Köln, U. v. 9.12.2014 –15 U 148/14, Rdnr. 33).
Wussten Sie eigentlich, dass Herr Lindh im März 2018 schon einmal Opfer der organisierten Kriminalität geworden war? Damals erlangten Dritte Zugriff auf sein Amazon-Konto: „Das wiederum haben die Angreifer benutzt, um Korane, Hundekotattrappen und weitere Überraschungen an meine Adresse zu schicken – bezahlt mit meiner Kreditkarte.“ So Lindh gegenüber dem „Spiegel“. Was er mit den Hundekotattrappen gemacht hat, müsste noch ermittelt werden. „Man fühlt sich wehrlos und schutzlos“, ließ er die Öffentlichkeit mit einem Blick in seine aufgewühlte Gefühlswelt wissen. Während er also bei Hundekotattrappen zusammenklappt, gibt er auf Twitter den hartgesottenen Widerstandskämpfer:
„Lieber lasse ich mich von den ‚Türkenjägern‘ abknallen, als dass ich was an meiner Haltung änderte.“
Da soll er mal hier nicht so zimperlich sein.
Ob unsere Mandantin den Kommentar inzwischen gelöscht hat, wollten Sie noch wissen. 1. Kann Sie das gar nicht, weil sie keinen Zugriff auf die Inhalte eines der meistgelesenen politischen Blogs der Bundesrepublik Deutschland hat. 2. Warum sollte sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Schikaneversuche eines Hinterbänklers, der Kermit dem Frosch nicht das Wasser reichen kann, einschränken lassen?
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Nikolaus Steinhöfel