„Niemand, der nicht dabei gewesen ist, kann das Leben in einem totalitären Staat und im totalen Krieg wirklich begreifen.“ Das ist ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muß! Machen Sie uns doch begreiflich, was Sie als angehende Professorin unter Begreifen, verstehen. Vielleicht noch was Sie unter „wirkliches Begreifen“ verstehen und weil es so schön ist, was unter „unwirkliches Begreifen“ zu verstehen ist. Nüjöööö.
Meine volle Zustimmung zum vorstehenden Beitrag. Auch mir erscheint inzwischen jeder Holocaust-Gedenktag nicht nur als erstarrtes Ritual, sondern - schlimmer noch - als aktuelle Variante im “Kampf gegen Rechts”. Eine politische Kampagne, die von der Verleumdung Andersdenkender bis zum mehr oder minder versteckten Gewaltaufruf alle Zutaten einer totalitären Bewegungen in sich trägt.
In meinem allerersten Geschichtsunterricht fragte der Lehrer die Klasse, warum wir Geschichte lernen sollen. Ich meldete mich sofort und antwortete etwas neunmalklug: “Damit wir aus der Geschichte für die Zukunft lernen können und damit sich Schlimmes nicht wiederholt.” Mein Lehrer war begeistert, aber mir wurde doch schnell klar, dass dies eine hohle Phrase ist. Die Bereitschaft, NICHT aus der Geschichte zu lernen, zeigte sich mir nämlich bald sehr deutlich am Messen mit zweierlei Maß. Damals war Deutschland noch geteilt, aber die Lehren aus dem Sozialismus mit über 100 Mio. Toten wollten im Westen nur wenige ziehen - und das ganz ohne jeden Druck und Zwang. Das war für mich der Moment, wo ich kapierte, dass es in Wahrheit es gar nicht um das “Nie wieder!” ging. Jene, die den Sozialismus ohne jede Not schönredeten, haben sich in meinen Augen erst recht schuldig gemacht, weil sie durch ihr Schweigen die Verbrechen unter kommunistischen Vorzeichen begünstigten. Denn im Westen hatten sie - mit Ausnahme schiefer Blicke und Anfeindungen - nichts zu befürchten, wenn sie auch diese Verbrechen deutlich verurteilt hätten. Taten sie aber nicht. Im Gegenteil! Mit der Folge, dass sozialistische Ideen heute wieder fröhlich Urständ feiern, während nationalsozialistische Ideen weiterhin völlig zu recht geächtet bleiben. Es geht nicht um eine Gleichsetzung, wohl aber darum, die frappierenden Gemeinsamkeiten menschenverachtener Ideologien zu erkennen und auch, dass die wenigsten Menschen das Zeug zum Helden haben. Nicht in einer Demokratie, aber erst recht nicht in einer Diktatur - unabhängig von der Nationalität. Daran wird noch so viel Unterricht nichts ändern können. Schauen Sie sich um: die Mehrheit duckt sich immer weg und erschreckend viele bleiben verführbar. Was bleibt, ist für jeden einzelnen die oft quälende Frage, ob er den Mut hat, seinem Gewissen zu folgen.
Vor Jahren hatten wir einen – pardon – Stammtisch, jedoch einen überwiegend politisch-korrekten. Aus irgendeinem aktuellen Anlaß stellte ich die These auf, daß, wären die Zeiten andere, also „rechte“, von all den „edlen Seelen“ kaum einer sich etwa für verfolgte Juden einsetzen würde, im Gegenteil, die Leute seien immer dort, wo der Zeitgeist weht. Als einziger in unserem Kreis stimmte mir ein schon lange in Deutschland lebender US-Amerikaner zu. Alle anderen waren moralisch höchst entrüstet.
Die Erinnerung an das Dritte Reich wird zwar bei jeder Gelegenheit nicht nur wachgehalten, sondern sogar überstrapaziert - aber eben immer weniger, um ein Abgleiten in totalitäre Verhältnisse zu verhindern, sondern um diese Erinnerung als Waffe gegen pol. Gegner einzusetzen. Damit wird allerdings auch das Dritte Reich verharmlost, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die “Nazikeule” abgestumpft hat. Die Erinnerung an die DDR findet dagegen praktisch nicht mehr statt, obwohl auch diese Erinnerung wichtig ist, um ein Abgleiten in totalitäre Verhältnisse zu verhindern. Gerade weil beide totalitäre Staaten zwar pol. entgegengesetzt gesehen werden, aber auch viele - vor allem strukturelle und methodische - Gemeinsamkeiten aufweisen, eignen sie sich, um durch einen Vergleich genau das herauszuarbeiten, wie totalitäre Strukturen entstehen und arbeiten, was man also eigentlich letztlich verhindern wollen sollte. Durch den Missbrauch der einen Erinnerung für den K(r)ampf gegen “rechts” und das Totschweigen der anderen Erinnerung, das die früheren pol. Peiniger inzwischen wieder salonfähig gemacht hat, ist dieses vermeintliche Versprechen “Nie wieder” nur noch ein Lippenbekenntnis in einer Zeit, in der man sich an die Torpedierung und den den Abbau individueller Grundrechte und Freiheiten wieder gewöhnt hat. Deutschland hat weder aus der braunen Diktatur noch aus der roten Diktatur gelernt.
Entscheidend sollte doch der Modus operandi des jeweiligen politischen Systems sein und eben nicht dessen (wechselnde) politische Schale (braun, rot, grün). Die vereinfachende, narrative Gleichsetzung von rechts = faschistisch ist aus rein machttaktischen Gründen gewählt worden. Sie ist unfassbar dumm und perfide: Schuld für vergangene Taten sind also jene, die heute rechts der SPD denken. Überspitzt könnte man heute fast annehmen, dass die heutigen Konservativen Hitler ermöglicht haben. Durch das diffamierende Wegsprengen des gesellschaftlichen Konsens erlischt die Zukunft dieses Landes und die Chance, dessen Integritität über das 21. Jahrhundert hinaus zu bewahren. Das geographische Schrumpfen/Partitionieren von Deutschland wird weitergehen, soviel steht bereits heute fest. Ich persönlich bin der Meinung, dass die Deutschen endlich zu ihrem - vorsichtig formuliert - akzentuierten Volkscharakter und ihrem Hand zum barbarischen Autoritarismus frei und offen stehen sollten. Wer sie kennt, weiß, dass alles andere sowieso unglaubhaft ist.
Rene Girard gab mir den Hinweis, daß das Suhlen im Schuldkomplex samt Instrumentalisierung des Holocaust schlicht ein Zeichen von deutscher Arroganz ist. Die ungeheuerlichsten Verbrechen tragen wir wie eine Monstranz vor uns her. Sie sind unser Adelstitel, den wir uns um keinen Preis und von niemanden aberkennen lassen.
Ein Mensch, in diesem Fall einem „ Tätervolk“, dem man zur Selbstentlastung und aus ideologisch/ politischen Gründen von Außen und noch mehr von Innen permanent vorhält, das personifizierte Böse schlechthin zu sein, das Böse qua Zugehörigkeit in sich zu tragen und das damit ( natürlich ) für alle Zeiten wie ein gefährliches Tier „ gefesselt“ und domestiziert werden muss, wird auf diese Stigmatisierung im Privaten wie im Öffentlichen reagieren, je nach Persönlichkeit unterschiedlich. Sicher aber nicht so, wie man es in einer liberalen Demokratie von selbstbewussten BürgerInnen braucht. Das zu Unrecht glorifizierte GG enthält aufgrund dieser „ Einschätzung“ der Landsleuten Regelungsfehler. Interessanterweise werden exakt die Eigenschaften des Deutschen, die durchaus auch die Entwicklungen vor und nach 1933 begünstigt haben, heute wieder aktiviert, natürlich unter der Flagge der Erlösung zum Guten, einer Art Schuldabtragung durch Opfer verschiedenster Art und Güte. Dass es damals nationale Linke, heute internationale Linke sind, die ( moralische ) Überlegenheit, Weltbekehrungsattitüden, Totalitäten, Kollektivismen ( wer nicht folgt, ist mein und der Menschheit Feind ) verankern und sehr rigoros durchsetzen ( abwarten, was hier noch geliefert wird ) ist kein Zufall. Eine Erlösungs- und Entlastungsideologie trifft auf ein Volk, dass permanent in diesem Zustand, der Leibhaftige zu sein, gehalten wurde. Eine Emanzipation zur Demokratie und dessen selbstbewusster Ausübung der politischen Freiheit hat nie stattgefunden und war natürlich auch nicht gewollt. Dass damit - wenn der Sedierungseffekt des Konsumismus wegfällt - Probleme entstehen, die bisher durch Brot und Spiele beherrscht wurden, liegt auf der Hand. Spaltungen zwischen diesen und den hedonistischen Hipstern mit schlechtem Gewissen, die gleichfalls völlig unpolitisch handeln, nur kompensieren, anstatt schmerzlich zu reflektieren, tun ein Übriges zu einer psychopathologischen, politisch unwilligen Gesellschaft.
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