Susanne Baumstark / 25.08.2018 / 11:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 16 / Seite ausdrucken

Terre des Femmes-Aktion „Den Kopf frei haben!“

Die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ ist erfahrungsgemäß gut informiert, erörtert ihre Positionen ausführlich und steht dann auch zu den erarbeiteten Positionen. Mit ihrer aktuellen Unterschriftenaktion „Den Kopf frei haben!“ – laut Die Welt mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der Hauptversammlung beschlossen – will der Verein unter Bezug auf die UN-Kinderrechtskonvention ein Verbot der Mädchenverschleierung im öffentlichen Raum, vor allem in Schulen, bis hin zur Volljährigkeit erreichen.  Begründung:

„Die Frühverschleierung konditioniert Mädchen in einem Ausmaß, dass sie das Kopftuch später nicht mehr ablegen können … Uns geht es um den Schutz der Rechte der Mädchen und ihrer freien, selbstbestimmten Entfaltung in der Gesamtgesellschaft. Die Verschleierung von Mädchen aller Altersstufen – ein zunehmendes Phänomen in vielen Schulen und sogar in Kindergärten – steht für eine Diskriminierung und Sexualisierung von Minderjährigen.“ Erst die Freiheit vom „Kinderkopftuch“ ermögliche unter anderem „spontane Bewegungen beim Spielen“, „unverhülltes, selbstbestimmtes Denken und Handeln“ sowie „ein unverkrampftes Verhältnis zur eigenen Sexualität“. Verhüllung hingegen fördere Gesundheitsrisiken wie Vitamin D-Mangel durch Lichtentzug oder Entwicklungsstörungen durch Bewegungsmangel. Auf sozialer Ebene führe der „Drill zu einer traditionell minderwertigen Rollen-Identität als Frau“ zur Verinnerlichung des „Feindbildes Mann“ als „stetige sexuelle Bedrohung“.  

Frauenrechtlerinnen wie Necla Kelek sehen die zunehmende Verschleierung von Mädchen als einen Versuch der fundamentalistischen Einflussnahme, die man nicht kleinreden dürfe. Demnach ist die Verschleierung weniger ein religiöses, als vielmehr ein politisches Symbol. Die Direktorin des Forschungszentrums Globaler Islam: Vor 20 Jahren habe es Mädchen mit Kopftüchern an Grundschulen noch nicht gegeben. Auch wenn genaue Zahlen fehlten: Inzwischen sei das Phänomen vielerorts zu sehen. „Die Mädchen sollen schon als Kinder lernen, sich als Frauen zu unterwerfen.“ Der CDU-Politiker Ali Ertan Toprak meint sogar, es handle sich um eine „rechtsextremistische Ideologie“, die den öffentlichen Raum immer stärker besetze. „Viele Linksliberale wollten das nicht wahrhaben.“ 

Nix tun, raushalten und „Dialog suchen“

Die Terre des Femmes-Initiative ist mutig angesichts der absehbaren Diffamierung, insbesondere seitens der öffentlich-rechtlichen Medien. Obwohl sich Terre des Femmes unmissverständlich von der AfD abgrenzt, verkündet die Tagesschau in einem hinterfotzig gefärbten Beitrag: „Eine Partei hat Terre des Femmes allerdings auf ihrer Seite: die AfD.“

Die Lancierung der „Kritik“ des kommissarischen Leiters der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, man müsse dann in der Konsequenz jegliche religiöse Symbolik an Schulen verbieten, verdeutlicht dessen Weigerung anzunehmen, dass Terre des Femmes sich gegen Verschleierung als politisches Symbol bei Kindern wendet. Und Ziellosigkeit offenbart der Bundesbeauftragte für Religionsfreiheit: „Ich rate Kindergärten und Schulen, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen, ob das Tragen des Kopftuchs sinnvoll ist.“ Schön, wenn man mal darüber plaudert, lobhudelt die Tagesschau auch ihre Grünen und Linken, die „den Dialog suchen“ – und sich derweil dem schwierigen Prozess der Positionierung entziehen.   

Dass die Unterschriftenaktion bisher schleppend verläuft, weil große Plattformen für Petitionen „aus Angst vor Beifall von der falschen Seite“ nicht für sie werben, also: weil ihnen politische Machtspiele wichtiger sind, als der Einsatz für das Menschenrecht von Kindern auf eine unbeschwerte Kindheit, lässt sich ändern: Die Petition kann hier unterschrieben werden. Zu den Erstunterzeichnern der Petition gehören neben Frauenrechtlerinnen wie Seyran Ates auch Boris Palmer und Ahmad Mansour. Die Unterschriften werden im Oktober 2018 dem Bundesjustizministerium übergeben. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Luftwurzel

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Wilfried Cremer / 25.08.2018

Terre des Femmes schießt mit der Wasserpistole auf den Dino. Der ist sogar zu blöd, das wahrzunehmen. Trotzdem ist die gute Absicht löblich.

Enrique Mechau / 25.08.2018

Ich habe die Petition auch unterschrieben. Allerdings verstehe ich nicht warum es eine Terre des Fammes geben muss, wenn es doch eine Terre des Hommes gibt, wobei Hommes in diesem Fall nicht MÄNNER mein, sondern Menschen. @ Herr Knipperdolling Beim tragen des Koppftuches geht es NICHT im Freiheiten. Hier geht es um eine Indoktrinierung und Durchsetzung vorzeitlicher Meinungen - denn im Koran steht nichts von Kopftüchern - irgendwelcher alter Männer, die gerne mal 14, 15- jährigen Mädchen heiraten (Thema Zwangsheiraten) und diese natürlich vor Fremden verbergen wollen. Wenn Sie das “befohlene” Tragen des Kopftuches als Freiheit begreifen wundert mich das Fortschreiten der Islamisierung in diesem Land nicht mehr; oder tragen Ihre Frau und Tochter auch Kopftuch?

Werner Liebisch / 25.08.2018

@Knipperdolling, nehme an das ist ein Pseudonym, schade eigentlich.. “Hier wird keine islamische Ideologie bekämpft, sondern individuelle Entscheidungen, seien es die Entscheidungen der Mädchen oder die der Eltern.” Aha, ein 5,6,7…. jähriges Mädchen entscheidet sich also freiwillig, ein Kopftuch zu tragen…? (Das mag in manchen Fällen zutreffen). Wahrscheinlich möchte es sich auch freiwillig seine Genitalien verstümmeln lassen… Ok, ich trinke ein Gläschen Wein, meine sechsjährige Tochter möchte auch eins. Nun ist es die freiwillige Entscheidung meiner Tochter und auch meine wenn ich ihr dann auch eins gebe… Sie werfen der Achse Doppelmoral vor und unterstützen durch ihre Ansicht genau das, was von Terres de femmes kritisiert wird. Diese Kopftücher im Grundschulalter passen einfach nicht in unseren Kulturkreis, aus pasta.

Susanne antalic / 25.08.2018

Ich hatte vor Jahren in meine Praxis mehrere türkische Frauen, zwischen 25 und 35 Jahren, die nach D. gekommen sind, um türkische Witwer oder geschiedene Männer zu heiraten. Als sie das erstes mall gekommen sind, trugen sie keine Kopftücher und hatten geblumte Kleider. Ein Jahr später, Kopftuch und das übliche, als ich sie gefragt habe warum, haben sie geantwortet, die türkische Comunity hatte Druck ausgeübt und wollte sie ausschliessen. Sie haben mir auch gesagt, dass sie in der Türkei viel mehr Freiheiten genossen haben. Ein Teil von ihnen sind zurück in die Türkei gegangen. Man verschliesst die Augen von dem Druck der türkischen Comunitys denn es giebt sicher welche, die das aus purem Angst machen. Da man aber in Deutschland dieses, getarnt als Religionsfreihet, befürwortet wird sich nichts für die arme Frauen und Mädchen ändern. Die deutschen Politikerinen propagieren Burkas, Kopftücher und Burkinis und Frauen in islamischen Ländern kämpfen dagegen unter Einsatz ihres Lebens. In D. werden alle mögliche türkische Verbände von Steuergelder unterstützt, die für diese Zustände verantwortlich sind. So benehmen sich die “Weltoffenen” Damen gegen ihre Leidgenosinnen, man kann gar nicht so viel essen…..........

Andrèe Bauer / 25.08.2018

Ich habe gleich unterschrieben nachdem ich das Interview mit Mina Ahadi auf der WELT gesehen habe. Den Link habe ich in meinem Freundeskreis weitergeleitet und um Unterschrift sowie Verteilung gebeten. @ B. Knipperdolling: demnach ist dann auch die Beschneidung von Mädchen ein Erziehungsrecht oder eine “ freiwillige Entscheidung “ nicht wahr? Mädchen im Kindergarten Alter ziehen total freiwillig sich den Kopftuch über, sicher doch. Wenn ich so etwas höre, kriege ich wirklich Zuviel.

Hans Meier / 25.08.2018

Es handelt sich bei den meisten Mädchen, um nicht zu sagen bei fast allen Mädchen unter 18 Jahren um Mädchen, die das Kopftuch auf Druck ihres Elternhauses hin oder der Familie oder des örtlichen Moscheevereins hin tragen. Die Argumentation, dass ein Mädchen ein Kopftuch freiwillig trage ist in den meisten Fällen irrig, denn die meisten Mädchen werden dazu gedrängt. In meiner Schulzeit in den 90ern hatten wir auch bereits zahlreiche Mädchen auf dem Gymnasium, die türkischer Herkunft waren, aber nur eine davon lief im Kopftuch herum, heute sieht man an einigen Schulen Mädchen mit Kopftüchern in mehreren Dutzenden!!! Es hat in der Islam-Community eine “Konserativisierung” statt gefunden, die vor allem auch durch zugereiste Imame in den Moscheen stattfindet, deren Lebensmittelpunkt nicht Deutschland ist, sondern die arabische Welt und dort sehr fundamental-islamische Kreise!!! Wenn ein Imam in der Predigt predigt, er bete zu Gott, dass er ein entblößtes Mädchen verhüllen möge, dann hat das Auswirkungen auf die Gläubigen, ohne Frage!!! Man sollte dazu als Lektüre mal das Buch “Inside Islam” lesen. Das erklärt einiges!!! Das Grundproblem ist, wo keine Integration mehr gefordert wird, weil der Staat wegschaut, wenn Deutschkenntnisse nicht vorhanden sind, und diese nicht mehr nötig sind, weil man alles in Deutschland - dank verfestigter Parallelgesellschaften - auch auf Türkisch oder Arabisch erledigen kann, vom Sozialantrag stellen über Führerschein machen bis hin zur Hochzeit mit einem Partner aus dem ehemaligen Heimatland, dann findet Integration und Bekenntnis zur deutschen Kultur auch nicht mehr statt. Sogar die Rechtsprechung wird in Berlin schon in den Communities immer mehr von “Scharia-Richtern” erledigt!!!! Leidtragende sind die Mädchen, die durch ihr optisch im Gegensatz zu einem kleinen Kreuz an einer Kette, gut sichtbaren Kopftuch stigmatisiert werden.

Bernd Knipperdolling / 25.08.2018

Die Achse als große Verteidigerin der Freiheit gegen den zunehmenden Paternalismus des Staates predigt also Paternalismus, staatliche Bevormundung und die Einschränkung individueller Freiheiten, sobald es um Kopftücher geht. Das nenne ich Doppelmoral. Hier wird keine islamische Ideologie bekämpft, sondern individuelle Entscheidungen, seien es die Entscheidungen der Mädchen oder die der Eltern. Vielleicht sollte man sich besser um die Fälle kümmern, wo Kinder während des Ramadan kotzend über dem Klo hängen oder gleich ohnmächtig werden. Da hätte das Jugendamt nämlich auch nach bestehender Rechtslage eine Handhabe, wenn es denn wollte. Der Eingriff in das Erziehungsrecht von Eltern ist aus gutem Grund strikt geregelt. Oder wollen wir als nächstes eine Initiative, die Eltern dazu zwingt, ihren zehnjährigen Töchtern das Tragen kurzer Röcke zu verbieten, weil das ein überkommenes Rollenbild antizipiert? Die Diskussionen mit meiner Tochter darf dann gerne jemand anderes führen. Merke: Freiheitsrechte gelten entweder für alle, oder sie gelten gar nicht. Als Einzelfall-Gesetz wäre die angestrebte Regelung also aller Wahrscheinlichkeit nach sowieso verfassungswidrig.

Frank Pressler / 25.08.2018

“Terre des Femmes” scheint ja keine Scheuklappen zu haben. Lesenswert ist dort auch der Artikel zur weiblichen Genitalverstümmelung, die nicht nur ein afrikanisches, sondern auch ein islamisches Problem ist und im Nahen Osten und in Südostasien vorkommt. Zitat: „Interessant ist, dass die Genitalverstümmelung in Asien als religiöse Pflicht oder Empfehlung für ein gutes muslimisches Leben gilt.“

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