Robert von Loewenstern / 30.09.2018 / 06:29 / Foto: Olaf Kosinsky / 55 / Seite ausdrucken

Sie hätten Claus Kleber auch gemocht

Vor 25 oder 26 Jahren habe ich Claus Kleber in einer Washingtoner Bar kennengelernt. Es war eine zufällige Begegnung, aber keine unwahrscheinliche. Mein Kameramann und ich wussten natürlich, wo die öffentlich-rechtlichen Kollegen abends abhingen. Der Laden im schmucken Stadtteil Georgetown war nur ein paar Schritte von den ARD- und ZDF-Studios entfernt. 

Das war für uns arme Schlucker vom noch jungen Privatfernsehen ein guter Grund, gerade dort nicht hinzugehen. Wir hielten uns in der knappen Freizeit lieber in Adams Morgan auf. Da war es zwar gefährlicher als im touristisch überlaufenen Georgetown, aber dafür sehr viel „authentischer“, wie man heute sagen würde. Und man traf dort beim Billard mit Sicherheit nicht auf Journalisten, schon gar nicht auf die ängstlichen deutschen, was den Erholungswert von Adams Morgan ungemein steigerte.

Warum wir an besagtem Abend in Georgetown waren, weiß ich nicht mehr. Genauso wenig kann ich noch sagen, worüber ich mit Claus Kleber wohl eine gute Stunde – vielleicht waren es auch anderthalb oder zwei – geplaudert habe. Woran ich mich aber ganz genau erinnere, ist der Eindruck, den er bei mir hinterließ. Er war die Ausnahme. Er war keiner von den selbstverliebten Wichtigtuern, die man im Journalismus – ganz besonders im TV-Journalismus – häufig antrifft. Im Gegenteil. Er war ausgesprochen sympathisch, offen, angenehm, ein richtig netter Kerl, dazu ein interessanter und unterhaltsamer Gesprächspartner. Glauben Sie mir, Sie hätten ihn auch gemocht.

Bis heute wundere ich mich darüber, dass Kleber nun polarisiert wie wenige andere Journalisten, dass ausgerechnet er für viele Menschen zur Hassfigur wurde. Er, der Interessierte, der Nachdenkliche, der Hinterfragende – das genaue Gegenteil eines Ideologen oder Sektierers. Eigentlich war Kleber einer, der alles mitbrachte, um ein wirklich guter Journalist zu sein und ein noch besserer zu werden. Eigentlich.

„Demokratisch unterentwickelt“

Mittlerweile hat er sich den Unmut redlich verdient mit tendenziösen, manipulativen Moderationen und Interviews. Vor ein paar Tagen war es wieder so weit. Anlass war der „Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2018“, den die Bundesregierung vorgestellt hatte. Topmoderator Dr. Claus-Detlev Walter Kleber interviewte im „heute journal“ Bodo Ramelow, Linke-Ministerpräsident von Thüringen, zu der Frage, wie es um die Unterschiede zwischen Deutschland Ost und Deutschland West stehe. Zu verkosten in der ZDF-Mediathek (hier ab 8:52):

Kleber: Kommen wir zur Politik. Nach Chemnitz und Köthen sieht sich jetzt ein Klischee bestätigt, oder lebt wieder auf, dass irgendwie der Osten demokratisch ein bisschen noch unterentwickelt sei. Der Osten, der die demokratische Revolution geschafft hat – wie kann das sein?

Ramelow: Ich finde das ein ziemlich billiges Klischee, und es trifft mich auch, es verletzt mich auch. Ich habe eine Frage vor ein paar Tagen in Bad Hersfeld gestellt gekriegt, warum denn im Osten überall diese Demonstrationen sind. Und warum da denn die Nazis sind. Und da habe ich dem Journalisten gesagt, dass es 35, 40 Jahre her ist, dass ich als junger Gewerkschafter in Bad Hersfeld gegen die Nazis demonstriert hab‘ …

Kleber (unterbricht): … sprechen wir lieber über heute, Herr Ramelow. Heute sind die Stimmanteile bei der Bundestagswahl in Ihrem Bundesland doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt für die AfD. Ist das keine Sorge, ist da keine Sorge um die demokratische Kultur gerechtfertigt? Ist das normal?

Langsam, Herr Kleber!

Ramelow: Langsam, langsam, langsam, Herr Kleber! Das ist eben genau das Bild, das über den Osten gezeichnet wird …

Kleber: … na ja, das sind Zahlen …

Ramelow: … dass man es festmacht an der AfD. Nur, die AfD hat bei der letzten Sonntagsfrage, wenn ich sie richtig verfolgt hab’, 25 Prozent im Osten generell abgeschnitten, weil es ein Zeichen ist gegen die da oben und gegen die, die uns permanent ausgrenzen. Ich finde das zwar schade, und …

Kleber (unterbricht): Ist dafür nicht von Ihnen mal die Linke gegründet worden? Sind Sie gescheitert? Um diese Gefühle abzuholen …

Ramelow: Die Linke war … die Linke war so lange ein Erfolgsmodell, solange Pfarrer Hinze uns ausgegrenzt hat. Da waren wir kollektiv die Mitausgegrenzten. Und diese selbe Funktion, die weist man jetzt der AfD zu, und man macht es sich sehr einfach, indem man dann sagt, die Linke scheitert, und deswegen ist es der Aufstieg der AfD, dann hat man in Westdeutschland wieder überhaupt nichts verstanden über das, was hier gerade passiert. […] Und diese Ausgrenzungserfahrung, die heute noch stattfindet, ist es, die permanent verletzt.

Kleber: Herr Ministerpräsident, danke für das Gespräch.

Man muss kein Anhänger der AfD sein, nicht einmal Ostdeutscher, um bei den als Fragen verkleideten Unterstellungen Puls zu bekommen. Der bestbezahlte Nachrichtenmann des deutschen Fernsehens, nebenbei Honorarprofessor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, nennt Ostdeutsche „demokratisch unterentwickelt“. Nicht etwa, weil sie nicht wählen oder gerade bei Putschvorbereitungen erwischt wurden. Nein, sie gehen brav zur Wahl. Sie stimmen nur nicht so ab, wie es Herrn Kleber gefällt. Der Topjournalist beweist in aller Öffentlichkeit, dass er selbst genau das ist, was er den Ostdeutschen vorwirft: „demokratisch unterentwickelt“. 

Normalität ist nicht mehr normal

Dass Claus Kleber den Unterschied zwischen undemokratisch und urdemokratisch nicht erkennt, ist das Eine. Im nächsten Moment, kaum fällt das Stichwort „Nazis“, schließt er geschmeidig an mit seiner „Sorge um die demokratische Kultur“ wegen der AfD-Stimmanteile im Osten. Und schon ist die Assoziationskette wieder geschlossen: Ossis wählen AfD, AfD ist Nazi, AfD-Wähler sind Nazis, Ossis sind Nazis. 

Nun mag mancher einwenden: Na und? So geht es doch tagein, tagaus, seit Jahren schon, gerade im öffentlich-rechtlichen TV. Zweifel ist Angst, Unzufriedenheit ist Abgehängtheit, Skepsis ist Besorgtheit, Kritik ist Phobie, und alles ist sowieso rechts und damit auch gleich rechtsextrem, der Vollständigkeit halber. Was ist daran noch erwähnenswert? Das ist heute der Normalzustand, auch wenn er nicht normal ist.

Stimmt. Dass Intensivtäter Straftat um Straftat anhäufen können, ohne ins Gefängnis zu gehen, ist auch Normalzustand. Trotzdem dürfen wir uns nicht daran gewöhnen. Vielleicht nicht bei jedem, aber doch wenigstens bei jedem zehnten oder zwanzigsten Vergehen sollten wir daran erinnern, wie weit wir uns von der gewünschten und gewollten Normalität entfernt haben.

Beim Ramelow-Interview kommt noch etwas anderes hinzu. Es ist nicht irgendein Ostdeutscher oder AfD-Anhänger, der sich hier vehement gegen die öffentlich-rechtlichen Unterstellungen und Diffamierungen wehrt. Nein, es ist ausgerechnet ein führender Linker, geboren und sozialisiert im Westen, ein Spitzenmann von der entgegengesetzten Seite des politischen Spektrums, der sich gezwungen sieht, ostdeutsche AfD-Wähler vor „billigen Klischees“ in Schutz zu nehmen.

Aus fahrlässig wurde vorsätzlich

Da hätte selbst dem Gewohnheitstäter Kleber auffallen können, dass bei ihm etwas nicht mehr stimmt. Schließlich wurde er bereits vor geraumer Zeit öffentlich abgestraft und müsste sensibilisiert sein. Ende 2015 hatte er im „heute journal“ mit Blick auf das abgelaufene Jahr erklärt: „Hilfsbereitschaft, Empathie, Willkommen stellen in den Schatten, was Fremdenfeinde, Nationalisten und Zweifler auf die Straße bringt.“

„SPON“-Kolumnist Jan Fleischhauer spöttelte daraufhin: „Wer außerhalb der ZDF-Nachrichtenredaktion hätte gedacht, dass ,Zweifler‘ die Steigerungsform von ,Nationalist‘ und ,Fremdenfeind‘ sein könnte? […] Ich hielt ,Zweifler‘ bislang für eine neutrale Bezeichnung, die einen als Journalisten eher schmückt.“ Kleber knickte ein und bekannte: „Das war fahrlässig moderiert.“ Und weiter: „Ein Fehler und ein Eigentor. Zweifler bin ich selbst. Schon beruflich.“

Auf Fahrlässigkeit kann sich der scheinbar einsichtige Claus heute, fast drei Jahre später, nicht mehr berufen. Dafür hat er zu konsequent und unbeirrt nach seinem „Fehler“ weitergemacht. Juristen – er ist selbst einer – schließen hier auf Vorsatz. Zweifel, „schon beruflich“, können wir ihm ebenfalls nicht mehr abnehmen. Für Zweifel braucht es Abstand zum Objekt. 

Dass ihm diese Distanz abhanden gekommen ist, zeigte Kleber bereits im August 2015, als er vor Rührung mit Tränen kämpfte, weil ein deutscher Busfahrer einige Migranten beim Einsteigen freundlich begrüßte. Nichts hatte Kleber jemals zuvor öffentlich derart aus der Fassung gebracht, nicht tausende Tote bei Erdbeben, Überschwemmungen oder Hungersnöten, keine sonstige menschliche Katastrophe. Aber die Willkommensduseligkeit übermannte ihn.

Wann hat Kleber den Beruf gewechselt?

Wenigstens hält der ZDF-Mann immer noch theoretisch die Fahne eines ehrenwerten Journalismus hoch, anders als zum Beispiel sein ARD-Kollege Georg Restle. Der „Monitor“-Chef verabschiedete sich kürzlich ganz offiziell von seiner eigentlichen Jobbeschreibung. Man müsse als Journalist „nicht jeden Mist abbilden“, erklärte er, sondern solle lieber „über einen werteorientierten Journalismus nachdenken“. Übersetzt: Restle will weniger von „was ist“ und mehr von „was sein soll“.

Ob Propagandist oder Prediger, Heizer oder Heulsuse, im Ergebnis läuft es auf dasselbe hinaus. Journalisten sind sie alle nicht mehr, jedenfalls nicht so, wie sie sein sollten und müssten: Diener der Wahrheit.

Wann aber hat Claus Kleber seinen Beruf gewechselt? Wann wurde er vom Beobachter zum Botschafter? Zu einem, bei dem nicht mehr der Wille zum Erforschen im Vordergrund steht, sondern der Drang zum (Mit-)Machen? Ich kenne die Antwort nicht. Dafür habe ich seinen Weg nach unserem Kennenlernen vor einem Vierteljahrhundert nicht aufmerksam genug verfolgt. 

Vielleicht ist es einfach der Job. Stellen Sie sich vor, Sie würden über Jahre fast jeden Abend zu Millionen Menschen sprechen und dafür auch noch Millionen Euro erhalten. Sind Sie ganz sicher, dass Sie Demut bewahren, nicht von der eigenen Bedeutung überwältigt werden? Der Versuchung, sich für etwas Besseres zu halten, können in solcher Position wohl nur die Besten widerstehen. Claus Kleber, der nette Kerl, gehört nicht dazu.

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Leserpost

netiquette:

Heiko Loeber / 30.09.2018

Könnte mir den in der Tat sympathischen Kleber auch gut als Regierungssprecherin vorstellen. Die nötige Parteidisziplin würde er ja mitbringen. Dass er bei der Moderation der Sache mit dem Willkommens-Busfahrer ganz leicht gerührt reagiert, hatte ich ihm aber noch nie übel genommen. Wenn ich nicht mehrfach von schrecklich empörten Dritten darauf gestoßen worden wäre, hätte ich es nicht einmal bemerkt. Mensch bleiben wird er doch hoffentlich noch dürfen, bei aller Hochprofessionalität? Die entsprechenden Willkommenskampagnen-Auf-Kleber der BILD-sogenannten-Zeitung aus ungefähr denselben Tagen werde ich (der BILD-sogenannten-Zeitung) jedoch niemals vergessen. Hatte damals sogar überlegt meinen Lieblingssonntagsbäcker zu boykottieren, bei dem die Auf-Kleber auslagen - und irgendwie kaum weniger wurden. Die Qualität der Sonntagsbrötchen übertraf meinen eisernen Patriotismus jedoch bei weitem. - Typisch Wessie! Und froh darüber. (Mein Bäcker auch.)

Horst Hauptmann / 30.09.2018

Gut erkannt und völlig richtig. Drum wird er ja auch schon mal “der klebrige Klaus” genannt. Aber schauen Sie sich mal die Sommerinterviews, z.B. von Thomas Walde an! Bitte alle anschauen und die mit Herrn Gauland und Herrn Lindner mit den anderen vergleichen! Das sind keine Interviews, das ist Pranger pur. Von einem guten Journalisten erwarte ich, dass es recherchiert und dazu viele Quellen nutzt. Auch und vor allem solche, die seiner Meinung nicht unbedingt entsprechen. Es genügt, mal in die NZZ zu schauen oder in die BAZ (gerade aus dem Ausland betrachtet wird ein völlig anderes Bild von Deutschland vermittelt), gerne aber auch hier oder bei Tichys Einblick oder bei Publico. Seriöse Quellen gibt es genug. Aber weit gefehlt, man lebt viel lieber und bequemer in der eigenen Blase. Das ist die Ursache des Niedergangs des deutschen Journalismus. Ich habe mit bei ARD und ZDF oft beschwert über diese Dauer-Manipulation, die teilweise auch noch so dumm angelegt ist, dass sie nicht zu übersehen ist. Ich kann nur jedem TV-Nutzer raten: bombardieren Sie die Redaktionen mit Protest-Noten! Die Kontaktdaten sind schnell ermittelt.

Frances Johnson / 30.09.2018

Vielleicht ist es wie beim Fußball. Er verdient zuviel. Auch beim Spiel mit dem Ball scheint die Leistung mit steigendem Einkommen stark nachzulassen. Am besten sind immer die Neuen.

Jörg Kruse / 30.09.2018

Eigentlich ist es doch recht simpel. Der herzallerliebste Claus, die indolente Marionetta, die drollige Dunja, sowie das lästige Wimmerl Georg stehen Pars pro toto für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Und der ist quasi gezwungen, gegen die AfD zu agitieren. Da geht es ums nackte wirtschaftliche Überleben. Denn sie alle wissen genau, dass der Rundfunkbeitrag sofort abgeschafft wird, sobald die AFD in der Regierung ist. Dann wird der Selbstbedienungsladen ein für alle mal geschlossen. „Im ersten Schritt bist Du Herr, im zweiten bist Du Knecht - deines ersten Schrittes“ Wolfgang von Goethe

Mathias Lauer / 30.09.2018

Ja, Herr Kle… und seine nicht minder tendenziöse Kollegin, Frau Slo…, halten die un-gute Tradition ihres berühmt-berüchtigten Vorgängers, Herrn von Schni…, aus vollen Kräften Aufrecht. Aber auch mit voller Überzeugung? Diese Frage kann wohl erst abschließend Beantwortet werden, wenn der veröffentlicht-linksliche Meinungswind sich einmal in die andere Richtung drehen sollte. Wenn sie dann immer noch zu ihrer Meinung, die weiß Gott nicht die meine ist, stehen sollten, mit allen sich daraus für sie ergebenden beruflichen Konsequenzen, wäre ich der erste, der seinen Hut vor ihrer Courage ziehen würde. Aber die Geschichte ihrer Zunft hier in Deutschland, vor allem im vergangenen Jahrhundert, läßt Leider das Gegenteil erwarten… Oder, auf gut altdeutsch ausgedrückt… Wessen Brot ich es’, dessen Lied ich sing’. Da hat er Leider Recht, der Meister Brecht, der Mensch ist, Ideologie- und systemübergreifend, Schlecht (=opportunistisch).

S. Marek / 30.09.2018

Lieber Herr von Loewenstern, wer die Nachrichten über den Nahost, Israels Antwort auf die Raketen Beschießung seines Gebiets durch die PLO Terroristen aus dem Libanon, im Sommer 1982 verfolgt hat, der hat den Hrn. Kleber als relativerer des deutschen Vernichtungskriegs das im September 1939 gegen Polen begann und des folgenden Holocaust an den Juden Europas in voller Größe erlebt.  Da hat dieser “Journalist” sein wahres Gesicht der Öffentlichkeit gezeigt.    Wie kommentierte Er die Israelischen Truppen die vor Beirut standen und auf die von der PLO vor-geschickte Menschenschilder Rücksicht genommen haben: “Die Israelis sind ja nicht besser als wir!”, gemeint habe Er die Ehrenvollen Taten der Wehrmacht und der SS im zweiten Weltkrieg.    Seine ganze Reportage war im höchsten Masse antisemitisch und anti Israelisch.  Fakten wurden ausgeblendet und nur die arabischen “Nachrichten” als Faktengrundlage präsentiert.    So blieb es bis auch bis heute, wobei Er sich dann weiter entwickelt hat, wie man seit Jahrzehnten beobachtet.  Immer voll auf der Linie der Machthaber in der Regierung.

Heiner Hardschmidt / 30.09.2018

Ich hatte ein ähnliches Erlebnis mit dem Claus Kleber von vor 10 Jahren. Intelligent und nett ist er immer noch, aber er befindet sich heute einfach im innersten Ring der gesellschaftlichen Funktionsblase. Für ihn läuft der Laden, für ihn ist die “gesamtgesellschaftliche Verantwortung” von Bedeutung und für ihn lassen sich Probleme bereden und im Konsens lösen. Das bekommt er von seinem Umfeld gesagt, auch alles intelligente Leute und Funktionsträger im gesellschaftlichen Leben. Denn auch sie leben in dieser Funktionsblase und sie bilden den Ring um Kleber. Selten kommt es vor, dass jemand von außen dazu stößt und ihn auf die Ungereimtheiten aufmerksam macht. Die nimmt er zwar wahr, so ist er aber auch ein Mensch, der Argumente abwägt, Erfahrungen aufwiegt und letztlich mit den eigenen Augen in die Welt blickt. In dieser Sicht, so mein Eindruck über ihn, sind die Missstände aufgrund der überwältigenden Zahl der Positivberichte, die ihn erreichen eben keine notwendigen strukturellen Systemeigenschaften, sondern unprovozierte Fehler, die sich mit der Intensivierung des Systems herausarbeiten lassen. Würde man Kleber in eine Außenstelle in Neukölln oder Duisburg versetzen und vor Ort ein Büro neben einem Dönerladen und einem Wettbüro inklusive Hinterhofmoschee geben, ich bin mir sicher, er würde seine Meinung ändern. Intelligent genug dafür wäre er.      

Hjalmar Kreutzer / 30.09.2018

Ein Medium, was sich am Markt bewähren soll, muss die Leute ansprechen, sonst kauft es keiner. Eine öffentlich-rechtliche Anstalt, die dank staatlicher Verträge und unter Androhung staatlicher Sanktionen mit Zwangsabgaben finanziert wird, muss in erster Linie der Staatsführung gefallen. Ob der zur Zwangsfinanzierung Erpresste die Elaborate dieser Anstalt überhaupt zur Kenntnis nimmt, muss die dort tätigen Herrschaften überhaupt nicht interessieren. War der ÖRR überhaupt jemals „staatsfern“ oder dies nicht schon immer eine Illusion? Möglicherweise waren früher die „checks and balances“ im Staste zwischen Regierung und Opposition ausgewogener, also wirkliche Kontrolle der Regierung durch die Opposition und damit auch eine Ausgewogenheit in der Besetzung der Rundfunk-Gremien und der Berichterstattung eher gegeben? Oder ist das Ganze an sich ein historischer Konstruktionsfehler? Geht in USA die parlamentarische Demokratie unter, weil es keine Öffentlich-Rechtlichen gibt? Übrigens: Zwangsbeiträge für sonstige Körperschaften des Öffentlichen Rechts, Gesetzliche Sozialversicherungen, Kammern etc. werden einkommensabhängig erhoben, wenn sie denn schon sein müssen, was ich bezweifle. Warum wird der Bürger vom Stast für zu blöd erachtet, sich privat selbst gegen Krankheit zu versichern, privat für das Alter vorzusorgen? Warum muss Klempnermeister Röhrich eine Handwerkskammer alimentieren? Mit welchem Recht sollen wir Herrn Schönenborns Demokratieabgabe abführen?

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