Dushan Wegner, Gastautor / 21.04.2022 / 16:00 / Foto: Mini Misra / 11 / Seite ausdrucken

Schaumbildung

In Gesellschaften bilden sich „Blasen“, mit eigenen Sprachcodes und eigenem Weltbild. Das ist normal. Im Propagandastaat Deutschland ist besonders, dass eine der durchgeknalltesten Blasen die „Realität“ für ALLE festlegen darf/kann/will.

Eine Leserin widerspricht mir, und das freut mich immer besonders! Kürzlich schrieb ich, dass scheinbar absurde Fragen wie die, was eine Frau sei, als „Köder" in die Gesellschaft geworfen werden, um unseren „inneren Wachhund" abzulenken, während wir ausgenutzt werden. – Die Leserin schreibt nun, in ihrem Kreis sei „Gendern" kein Thema. Manche könnten nicht einmal mit dem Wort selbst etwas anfangen, und das sind immerhin Frauen im Alter von 16 bis 90 Jahren.

Es sei ja nicht so, dass die Leserin selbst kein Interesse an der Frage hätte. Sie ist Sprachwissenschaftlerin und hat „Gendern" einst selbst im Studium behandelt. Doch die Funktion des Themas in der öffentlichen Debatte hat sich gewandelt (die Leserin ist „entsetzt“).

Teile der Gesellschaft haben sich aus angeblich superwichtigen Debatten „ausgeklinkt“ – und es geht ihnen blendend dabei.

Blasen im Schaum

Der Philosoph Sloterdijk beschrieb die Gesellschaft der Zukunft einst als Schaum: Die Blasen sind ko-isoliert. Jede Blase lebt für sich, und doch sind sie an ihren Grenzen verbunden, teilen also, was sie unterscheidet.

Sonst kennen wir es ja als Kritik, wenn einer von Blasen spricht. Ich finde es erfrischend, Blasen als den Naturzustand einer Gesellschaft anzunehmen. Wir alle leben in Blasen, bewegen uns in Blasen, haben Freunde in Blasen und fühlen uns wohl in Blasen. Genauer: in einer Auswahl der möglichen Blasen (eine Arbeitsblase, eine Freundeblase, eine Nachrichtenblase).

Beim Stichwort „Blase“ denken viele heute an die Algorithmen der Sozialen Medien, die für uns Nachrichten auswählen, welche zu unseren bislang manifestierten Interessen passen. Jedoch, schaffen diese Algorithmen wirklich neue Blasen, oder bilden sie bloß das ohnehin Vorhandene ab?

Mentale Dreifachsalti

Immer wieder hört man, dass ganz selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass „die Blase“ als Lebens- und Denkumgebung schlecht sei. Und: Nur der Andere lebt in einer hermetisch abgeriegelten Fake-News-Blase – ich selbst bin natürlich ein Freund der Realität. Ich selbst schrieb etwa 2021:

„Wenn dann aber doch, als ‚Betriebsunfall‘ quasi, etwas Realität in die linke Blase durchdringt, können die mentalen Dreifachsalti zur Bewältigung der kognitiven Dissonanz wahrlich circensische Qualität annehmen!" (Essay vom 18.1.2021)

Ich denke ja noch immer, dass das Weltbild der linken Blase auf Lügen gebaut ist, mit dem dementen US-Präsidenten Joe Biden als dem perfekten Vertreter der globalen Linken. Doch ich denke nicht, dass Blasen per se schlecht sind!

Das große Problem mit gesellschaftlichen Blasen entsteht, wenn die Bewohner einer bestimmten Blase ihre eigene Realitätsdeutung zur einzig erlaubten erklären.

Wir erleben heute in Deutschland, dass der Politik-Presse-Komplex eine eigene Blase abbildet. Politik und Presse des Propagandastaates haben sich eine eigene Blase erschaffen, mit eigener Pseudo-Realität (38 Geschlechter, alle Kulturen gleich gut, Covid nicht ansteckend, wenn korrekte politische Gesinnung, et cetera), eine eigene Blase, mit einer eigenen Sektensprache. Tagesschau und Co. hört man als Freund deutscher Sprache ja bald nur noch mit Bauchschmerzen (ich tat es letztens ausnahmsweise, zur Recherche – seufz! – was für ein trauriges Elend…), wenn auch die kompliziertesten Berufsbezeichnungen im neuen Geiste des Propagandastaates „gegendert" und damit also gedoppelt werden. Wenn eine Leserin mir schreibt, dass in ihrer Umgebung bestimmte von Politik und Presse des Propagandastaates vorgegebenen Themen schlicht nicht stattfinden, dann macht mich das froh!

Das Gegenkonzept

Es hält meine Hoffnung aufrecht, dass sich neben der irren Berliner Blase in Deutschland noch viele andere „normale" Blasen halten (oder sogar neu bilden) können. Das große Problem mit Blasen entsteht erst, wenn die Bewohner einer Blase die ihre für „die Realität selbst" erklären (können).

Die geistigen Vorgänge von Berliner Politikern und Journalisten sind definitiv nicht dieselben wie die von arbeitenden Menschen außerhalb von Berlin. Ich weiß: Es ist frustrierend, dass Menschen in ganz Deutschland die wirre Berliner Blase finanzieren müssen – und sich noch beschimpfen lassen müssen, wenn sie die Realität realistischer sehen.

Die Macht und Möglichkeiten der Berliner Blase mag bedrückend sein, doch es bleibt eine gute Sache, dass Menschen in ganz Deutschland so stur wie entspannt auf ihren eigenen „Blasen der Normalität" als Gegenkonzept zur „Blase Berliner Irrsinns" bestehen.

Ich sage: Sei selbstbewusst darin, dir Freunde zu suchen – und seien sie noch so wenige – welche sich nicht von der Berliner Blase einverleiben lassen.

Es gilt auch weiterhin, und gerade heute: Prüfe alles, glaube wenig, denke selbst – und such dir Freunde, die es ebenso tun!

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com

 

Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.

Foto: Mini Misra

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Leserpost

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Hans Meier / 21.04.2022

Hallo Herr Wegner, zu den diversen Blasen der Neuzeit gab es echt lustigere Vorzeiten. Ich hab mit Vergnügen um 1970 Horn im Posaunenchor geblasen, und Algorithmus war noch was mit Rechenschieber in Mathe. Einziger echter Philosoph war „Kant“ vier-kant, innen-sechs-kant usw., also der logische Immanuel, kein Breitmaullaberer. Ich finde es interessant bis peinlich was die „Sprachforscher“ so alles entwickelt haben, bis hin zu den 36 patentierten Geschlechter-Zusänden und vermute, das ham se in Amerika entwickelt um damit einen Export-Schlager in Europa, so über die „Brüsseler Schiene“ in Verkehr zu setzen. Die Wissenschaftlichen-Designer-Laboratotrien in Silicon-Valley sind ja Dienstleister, die Visionen zum Brüten bringen, wenn`s Cash bringt. Was die aktuellen Blasen betrifft vermute ich, die sind harmlos. Früher aufm Dorf wurden weit von den Gebäuden Luftballons mit Wasserstoffgas+ aufgeblasen, mit ner gaanz langen Lunte gezündet, um Zeichen an Nachbartäler zu senden. Also falls im TV jemand gendert hab ich sofort den Verdacht es handelt sich garantiert um sprachlichen Exhibitionismus, die Person hat einen Porno-Virus. Solange die nur zusammen Schaum machen um an der Sprache und untereinander zu fummeln ok, schlimm wird`s, wenn die „an Wasserstoff-Projekten“ fummeln wollen.

Christian Feider / 21.04.2022

versuchen sie einmal spasseshalber,die Lebensrealität eines Koches oder einer Krankenschwester im jeweiligen Dreischicht-System mit dem eines Angestellten oder Beamten mit 9-5 Job unter einen Hut zu bringen. Da reden vollkommen verschiedene Systeme über “Belastungen” und “work-live-balance” Das mal als kleinen Gedankenanstoss. in Nationen gilt der Dreisatz : Familie-Region-Nation als grösster vernünftig umgrenzbarer Einheitsrahmen,dabei sollte es besser auch bleiben,denn die Alternative der “USA”-Gesellschaft,die keine ist,ist nicht sonderlich erstrebenswert

Werner Schiemann / 21.04.2022

Ein ziemlich bedeutungsschwangerer Artikel und ein bisken viel Semantik. Also ich denke bei “Blase” eher daran, daß ich, altersbedingt, immer häufiger Pippi machen muß:-)

Ludwig Luhmann / 21.04.2022

@Arne Ausländer / 21.04.2022 - “Insofern freuen wir uns der vielen Blasen und hoffen, daß sie nicht sämtlich zerplatzen.”—- Man könnte auch natürlich gewachsene Blasen von künstlich kreierten Blasen unterscheiden. Da fällt mir zum Beispiel die vom Staat - war es das BMI? - in Kooperation mit dem WEF angedachten Smart Cities mit ihren 15-Minuten-Blasen. In diesen Kontroll- und Überwachungsblasen wird der Verfügungsmasse Mensch die bürgeliche Arbeit des Wählens durch “Künstliche Intelligenz” abgenommen.  Jedes E-Auto wird eine Kontrollblase sein. Jede Straße, jedes Haus, jedes Elektrogerät wird funktionaler Bestandteil kontrollierter und kontrollierender Blasen sein. Vielleicht werden spektatkuläre Suizide trendy, weil absolut old-school. Sicher wird die “KI” prospektive Sucher nach Menschlichkeit identifizieren und absondern können. Man muss nur Yuval Noah Harari, dem Leugner alles Menschlichen zuhören, wenn er sich seinen eiskalten Dreck aus den Fingern saugt und ernsthaften Entkernten vorführt.———> Schaut man sich das legendäre Kurzvideo “8 predictions for the world in 2030” des WEF an, dann sollte man kurz über den dort eingeblendeten Satz “An occasional treat, not a staple. For the good of the environment and our health” nachdenken, der zum Bild eines Waldes eingeblendet wird. Das bedeutet, dass man uns nur unter sehr bestimmten Bedingungen zu bestimmten Zwecken in den Wald lässt, weil wir Schädlinge sind. Und wenn man parallel an Harari denkt, dann ahnt man, dass Der Mensch zerstört werden soll.

Rudolf Dietze / 21.04.2022

Das große Problem mit gesellschaftlichen Blasen entsteht, wenn die Bewohner einer bestimmten Blase ihre eigene Realitätsdeutung zur einzig erlaubten erklären. Siehe Habeck zu den Ostermärschen. Darf man Berta von Suttner noch zitieren? Schön was heute Gauck auf dem Ludwig Erhard Gipfel sagte „Lasten zu tragen, haben wir nicht eingeübt.“ „Wir sind an einer Zeitenwende”. Gauck sagt voller Hoffnung: „Wir vermögen Größeres zu schultern, als das was uns vor Augen steht.” Nachzulesen bei Focus ca 12uhr).  Na, da hab ich schon wieder Schaum vorm Mund.

Emmanuel Precht / 21.04.2022

“Prüfe alles, glaube wenig, denke selbst – und such dir Freunde, die es ebenso tun!” So meint es die Bibel wenn darin steht: “Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst.” Wohlan…

Ludwig Luhmann / 21.04.2022

Es ist klar, dass das WEF “Blasen des Wahnsinns” produziert. Leider ist es schwer, in “Blasen der Normalität” durchzudringen, wenn man etwas mitzuteilen hat, was der präferierten Normalität entgegensteht. Ein Beispiel: Roger Köppel ist seit Jahren ein aktives Mitglied des WEF. Aber diese faktische Wahrheit, darf nicht ausgesprochen werden, weil es zu viele Bläschen in Blasen zum Zerplatzen bringen könnte. Wer diese Wahrheit nicht glauben will, aber doch noch ein Quentchen Mut hat, der kann die Wahrheit per Google schnell herausfinden. Auch auf der Seite des WEF gibt es eine Suchfunktion. Mit der findet man mehrere Videos, die ent-täuschen.. Allerdings denke ich, dass die Welt nicht den Mutigen gehört, wie man so sagt.

Arne Ausländer / 21.04.2022

Das Problem sind nicht die “Blasen” (in der DDR sprach man - nicht ganz gleichbedeutend - von Nischen), das Problem ist der Anspruch einiger, Normen für alle zu setzen. Der Mensch scheint psychologisch für ein Dorf ausgerüstet zu sein. In mittleren Städten wird das am wenigsten deutlich. Hier ist die Grenze zwischen Freundeskreis und Unbekannten fließend. In Großstädten dagegen sucht man sich sein Dorf, die übrigen werden so wenig wahrgenommen wie Statisten im Film. Eine totalitäre Gesellschaft, wie sie derzeit wieder mal entsteht, gibt sich damit nicht zufrieden und will alle in das von ihnen konstruierte Riesen-Welt-Dorf zwingen. Auch Twitter spiegelt schon strukturell diese Illusion und Anmaßung.—Leben entwickelte sich vom Einzeller zu komplizierten Organismen, nicht als Konstrukt. So sollten freie Einzelne sich mit ihren “Blasen” in regionaler Autonomie o.ä. mit anderen föderativ zusammentun, während die Regionen wiederum die Kooperation mit anderen organisieren. Eine Weltstruktur, vom Einzelnen ausgehend, statt von einer Pyramidenspitze. Im Wort Region steckt übrigens dieselbe Wurzel wie in Regierung oder auch Rex=König. (Könige wurden einst vom Volk gewählt, erst später entwickelte sich daraus das, was wir auch heute mit angeblich demokratischen Politikern erleben.) Regionen, die jeder noch wirklich kennen kann (anders als große Länder) scheinen mir eine ähnlich von der Natur vorgegebene Dimension zu sein, wie es das Dorf für den Alltag des Einzelnen ist.—Insofern freuen wir uns der vielen Blasen und hoffen, daß sie nicht sämtlich zerplatzen.

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