Georg Etscheit / 30.07.2021 / 06:10 / Foto: Pixabay / 115 / Seite ausdrucken

Salzburger Festspiele: Advokaten des Klimawandels

Die umweltbewegte Geigerin Patricia Kopatchinskaja gab bei den diesjährigen Salzburger Festspielen ihre Klimaschutz-Performance zum Besten. Ihr Mann unterstützt sie als „Advokat des Publikums“.

Dass es während der Salzburger Festspiele kräftig regnet, ist nichts Ungewöhnliches. Früher nannte man das austriakisch-verniedlichend Schnürlregen, weil im Alpenstau manchmal so viel Wasser vom Himmel kommt, dass es aussieht, als falle der Regen wie endlose Bindfäden herab. Heute gibt es keinen Schürlregen mehr, heute heißt das Starkregen und ist, auch in Salzburg, immer eine direkte Folge des menschengemachten Klimawandels.

Vor drei Jahren hatte es während eines solchen „Extremwetterereignisses“ – ein wunderbar deutsches Wort! – bei einem Klavierabend ins Große Festspielhaus hineingeregnet. Nun habe der Klimawandel endgültig das größte und renommierteste Musik- und Theaterfestival der Welt erreicht, hieß es hernach in den Medien. Dabei war wohl weniger ein in der Tat ungewöhnlich heftiger Platzregen für das Malheur verantwortlich, sondern die Tatsache, dass das im Jahre 1969 eröffnete Festspielhaus und insbesondere sein riesiges Dach dringend sanierungsbedürftig sind. Ein Jahr nach dieser hausgemachten Klimakatastrophe durfte der US-Regisseur und notorische Vielflieger Peter Sellars zur Eröffnung der Festspiele über den Klimawandel schwadronieren, wobei ihm Österreichs grüner Bundespräsident Alexander van der Bellen pflichtgemäß assistierte.

Auch in diesem Jahr wirft die Klimakrise ihren dräulichen Schatten auf die Salzburger Festspiele. Zuerst fiel wieder einmal die Premiere des „Jedermann“ ins Wasser, weil es am Premierenabend regnete, nicht außergewöhnlich stark zwar, aber es reichte, um das Spektakel vom Domplatz ins Festspielhaus verlegen zu müssen, wo es diesmal glücklicherweise trocken blieb. Zehn Tage später brachte die umweltbewegte Geigerin Patricia Kopatchinskaja in der Salzburger Kollegienkirche im Rahmen der Festspiel-„Ouverture spirituelle“ ihre Klimaschutz-Performance „Dies irae“ zu Gehör.

„Betroffenheit eines Musikers“ über den Klimawandel

Kopatchinskaja hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Luisa Neubauer von Fridays for Future, und sie redet und schreibt ähnlich dringlich. „Die Klimaerwärmung führt zur Selbstverbrennung des Planeten, das sagt die Wissenschaft. Bisherige Gegenmaßnahmen sind nicht mehr als ein Alibi. Dieses Programm umkreist die Betroffenheit musikalisch, unter anderem mit dem Dies irae: seit der Gregorianik bis hin zu Galina Ustwolskaja jener Ausdruck des endzeitlichen Zorn Gottes, der sich im Jüngsten Gericht entlädt. Und vor allem stellt es die Frage, wieviel Zeit uns noch bleibt.“

Die gebürtige Moldauerin Kopatchinskaja zieht schon seit 2017 mit ihrer Klimaschutz-Performance durch die Häuser. Dabei spielt sie nicht nur auf ihrer Meistergeige, sondern dreht auch effektvoll an einer Handsirene (solche vorsintflutlichen Apparaturen waren bei der jüngsten Flutkatastrophe an Ahr und Erft gerade nicht zur Hand) und lässt ihre Musiker wie tot auf dem Boden liegend spielen. Zum finalen Dies irae, einem mittelalterlichen Hymnus ans Jüngste Gericht, ticken Metronome und symbolisieren die ablaufenden Zeit. Das Stück soll die „Betroffenheit eines Musikers“ über den Klimawandel und die Ignoranz der Politik auslösen, die nicht bereit ist, sofort den weltweiten Klima-Lockdown zu verhängen, der dann allerdings auch Veranstaltungen wie jene von Frau Kopatchinskaja unmöglich machen würde.

Ihr blieben dann wohl nur noch Hauskonzerte in ihrer Wohnung in der Schweizer Hauptstadt Bern, wo sie 2017 ein Reporter der Neuen Zürcher Zeitung besuchte und sich freute, dass er sie überhaupt zu Hause antraf, denn sie gebe gegenwärtig „etwa 100 Konzerte pro Jahr in Europa und Übersee“. Seit Corona dürfte ihr Kalender zwar etwas ausgedünnt sein, doch finden sich von Juli bis Oktober 2021 immer noch Termine in Salzburg, Brüssel, Oslo, Edinburgh, London, Antwerpen, Bukarest, Wien, Berlin, Hamburg und Luxemburg. Es heißt, Kopatchinskaja habe ihre Agenten dazu verdonnert, vor allem Auftritte an Orten zu terminieren, die klimafreundlich per Zug erreichbar sind. Auf der Webseite ihres Ensembles Camerata Bern heißt es, die „künstlerischen Partnerin“ der Camerata, Kopatschinskaja, werde in der Saison 2021/22 auch Tourneen mit anderen Ensembles wie dem Budapest Festival Orchestra unternehmen, auch eine Nordamerika-Tour wird dort avisiert.

„Advokat des Publikums“

Die 41-Jährige teilt ihr Berner Haus mit ihrem fast doppelt so alten Ehemann Lukas Fierz, einem Psychiater und ehemaligen Mitbegründer und Parlamentsabgeordneten der Schweizer Grünen. Was den Klimawandel anbelangt, ist der Mediziner, Buchautor und Ex-Politiker so etwas wie Kopatchinskajas klimapolitscher Mastermind. Er vergöttert geradezu den einstigen Kanzlerinnenberater und „Klimapapst“ Hans Joachim Schellnhuber, aus dessen Endzeit-Epos „Selbstverbrennung“ er immer wieder zitiert, ein Schlagwort, das sich auch Kopatchinskaja im Programm der Salzburger Festspiele zu eigen macht.

Auf seinem Internetblog versteigt sich der Schweizer zu einem Vergleich, für den er sich in Deutschland wohl postwendend entschuldigen müsste. Für ihn ist die bevorstehende Klimakatastrophe ein zweiter Holocaust, „diesmal mit grauenhaften Folgen nicht nur für Mensch und Menschlichkeit, sondern für die ganze Biosphäre“. Und dieser „Holocaust 2“, eine Folge des Wachstums- und Konsumwahns, sei in seinen Konsequenzen sogar noch entsetzlicher. Und „genauso vorsätzlich wie der erste Holocaust, denn Ursachen und Folgen sind bekannt und sichtbar.“

Weiter unten verstrickt sich Fierz noch tiefer in seine kruden Gedankengänge: „Es wurde verschiedentlich bezweifelt, ob der Ausdruck Holocaust 2 zulässig sei“, schreibt er. „Ich habe diesen Text deshalb einem Halbjuden und einem Zigeuner vorgelegt, welche beide in Auschwitz Angehörige verloren hatten und somit befugt sind, zu urteilen. Beide bejahten, dass der Ausdruck zutreffe und gebraucht werden dürfe.“

Vor ein paar Jahren fand ein gemeinsam von Fierz und Kopatchinskaja geschriebener, reichlich verschwurbelter Text zum Klimawandel sogar Eingang ins Hochglanzmagazin der Bayerischen Staatsoper. Abermals eine Eloge auf Schellnhuber, das nobelpreisverdächtige Genie und der angeblich verkannte Mahner in Sachen Weltuntergang – und abermals ein Nazivergleich. Schellnhuber nämlich sitze in seinem Potsdamer Institut in dem gleichen Büro, das einst Albert Einstein benutzt habe, „dem der nationalsozialistische Pöbel einst sagen durfte, dass eine Relativitätstheorie jüdisch und deshalb falsch sei. Haben wir daraus gelernt?“

Laut Bayerischer Staatsoper unterstützt Fierz seine Gattin nicht nur bei „Programmentwicklung und Quellenstudium“, sondern agiere auch als „Ohr im Saal“ und „Advokat des Publikums“. Fragt sich, ob das Publikum solche Advokaten nötig hat.

Nachtrag:

Der Link zu Lukas Fierz Blogbeitrag „Redet endlich Klartext: Holocaust 2.0“ wurde offenbar abgeschaltet. Fierz teilte inzwischen mit, er habe den Artikel vorübergehend „zur Bearbeitung“ von der Seite genommen.

Foto: Pixabay

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Claudius Pappe / 30.07.2021

So, nun setz ich mich in meinen Verbrenner, und sorge durch den überflüssigen CO2 Ausstoß dafür, das es in Brasilien weiter schneit.

Volker Kleinophorst / 30.07.2021

@ S. Schönfelder Ich habe doch hier gar nicht kommentiert. Oder soll das eine Generalabrechnung mit mir sein. ;) “Vielleicht findet „Pätti“ dann aus ihrer antrainierten Kleinmädchennummer raus und beginnt SELBSTSTÄNDIG zu denken.” Nicht so lange die Kleinmädchennummer für “Pätti” funktioniert.  Dass alte, weiße Männer die Strippenzieher der aktuellen ja ziemlich frauenfeindlichen Politik alter, weißer Frauen sind, diesen Widerspruch habe ich schon mehrfach betont. Ebenso habe ich nie bestritten, dass Männer lügen, korrupt und unfähig sind/sein können, besonders die peinlichen Fiffis, die Frau neben sich duldet. PS.: Sicherlich benutzen immer noch mehr Frauen den Mann als sozialen Aufzug denn umgekehrt. @ M. Eiber “Ich muss ausnahmsweise dagegen halten: Pat Kopat ist eine der wundervollsten Geigerinnen, die ich kenne. Sie steht nicht anders als viele Künstlerkollegen mit dem Rücken an der Wand. Wie sollte sie denn auf die Idee kommen, dass der Klima-Alarmismus eine Ausgeburt des wissenschaftsbasierten Aktivismus ist?!” Da muss ich ebenfalls dagegen halten: 1. Dass Pat Kopat eine großartige Geigerin ist, tut nichts zur Sache. 2. Sehr, sehr viele stehen mit dem Rücken an der Wand. 3. Sie könnte sich informieren. Wenn zu schwer, einfach die Klappe halten. Sie kenne doch das zweitbekannteste Four Letter Word? Nein.

Norbert Hoffmann / 30.07.2021

Ich bin begeistert. Sie geigt für Frieden, Umwelt und manches mehr. Erinnert mich an meine Jugend: fuck for peace.

Rainer Mewes / 30.07.2021

Sabine@Schönfelder - liebe Frau Schönfelder, Sie sehen das zu eng mit dem Vaterkomplex. Wenn zwei Turteltäubchen, eins aus den künstlerischen, eins aus den wissenschaftlichen Höhen des menschlichen Daseins zueinander finden, dann kann es doch nur reine und unverfälschte Liebe sein, die “on the wings of the nightingale” mit Amors Hilfe sie in schicksalhafter Bestimmung zueinander hat finden lassen. Da braucht’s kein selbstständiges Denken. Wie dem auch sei, unsere Welt wird also beglückt mit einer hervorragenden Entertainerin und einem Pseudo-Weisen, der der Welt den Spiegel vorhält und deutlich macht “guck mal, wie sch… das aussieht”. Zur Katastrophenstimmung gibt’s so wenigstens harmonische Klänge. Gab’s auf der Titanic auch schon.

Andreas Mertens / 30.07.2021

Auch solche “Künstler” sind nur ein weiteres Zeichen spätrömischer Dekadenz. Kultur mag ein schwerwiegender Benfaktor für die Menschheit sein, aber sie ist nicht überlebensnotwendig. Wenn Morgen alle Künstler von der Flut geholt werden, dann ist die Welt ohne Zweifel ein wesentlich langweiligerer und tristerer Ort. Aber wenn stattdessen alle Klofrauen, Müllwerker und Kanalreiniger etc., verschwänden, dann sind wir spätestens eine Woche später in ernsthaften Schwierigkeiten. Eine Gesellschaft die teils mit Verachtung (vornehmlich dem elitären Teil)  auf Letztere blickt, aber die Ersteren (welche ohne Zweifel komplementäre Luxusprodukte sind) zu Vorbildern hochjubelt hat ein spätrömisches Dekadenzproblem.  Wenn sich die Kunst dann auch noch vom Hort wirklich herausragender Solitäre der Menschheit (Da Vinci, Bach, Vermer, Beethoven etc etc etc)  zu einem Endlager industrieller Massenfertigung wandelt (ein Blick in die Charts sollte reichen) dann ist es kein Wunder, das illiterate Politiker sich an Musikanten und anderes fahrendes Volk anbiedern, welche in gebildeteren Zeiten (nicht unbedingt besseren)  im Wirtshaus einen seperaten Tisch getrennt vom ehrbaren Volk hatten.

Stefan Riedel / 30.07.2021

Na, wenigstens ihre Violine ist nachweisbar aus nachhaltig hergestellten 120% Ökomaterialen. Oder? Holz für Geigen?

Ulla Schneider / 30.07.2021

@Giesemann, G. : Ich grüße Sie aus dem Norden. Zur Überbevölkerung bekam ich vor 3 Wochen eine Info, daß Gates, der alte “Weltretter” an einer Platine zur Steuerung der menschl. Fruchtbarkeit arbeite. Sie solle dann eingepflanzt werden und könne nach Bedarf auf positiven Eisprung eingestellt werden, wenn Kinder kommen sollen oder nicht. - Das wäre dann die Weiterentwicklung der Pille. -Wie nett, alles ferngesteuert! -Wenn es denn dabei bliebe, mir schwant nur anschließend nichts besonderes Nettes. MfG

giesemann gerhard / 30.07.2021

@Frances Johnson: Lieber graben sich die Hyperfertilen gegenseitig das Wasser ab als uns. Wohl dem, der am Oberlauf hockt. Aber am Evros/EUros ist Schluss. Amen.

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