Ricardas Wirtschaft

Für die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang geht Wohlstandssicherung ganz einfach per Gesetz: Mindestlohn rauf und Mieten runter! Kennt sie grundlegende ökonomische Zusammenhänge wirklich nicht oder will sie einfach nur schnell in die staatliche Planwirtschaft?

Manchmal können einem die Grünen ja fast leidtun. Alle Welt hackt auf ihren Ideen und Forderungen herum, und inzwischen gelten sie gemeinhin als Wohlstandsvernichter und klimatisch verblendete Ideologen. Man möchte fast ein wenig Mitleid entwickeln. Und dann kommt Ricarda Lang. Die Grünen Co-Vorsitzende ließ aktuell verlauten, dass sie die geplante Erhöhung des Mindestlohns um 82 Cent bzw. 6,8 Prozent für zu niedrig hält. Sie gab zu Protokoll, dass diese Erhöhung „ein Schlag ins Gesicht“ von Menschen sei, die wenig verdienen. Starke Worte für eine Studienabbrecherin, die sich normalerweise als potenzielles Mitglied dieser Gruppe qualifizieren würde.

Zum Glück ist Frau Lang trotz des Fehlens jeglichen berufsqualifizierenden Abschlusses Mitglied des Deutschen Bundestags. Damit erhält sie aktuell ein monatliches Salär von 10.195,70 Euro und sollte damit derartiger Probleme enthoben sein. Allerdings scheint sich ihre fehlende Ausbildung an zwei anderen Stellen Bahn zu brechen. Das wäre zum einen eine kleine Rechenschwäche. Der Mindestlohn ist nämlich seit Juli letzten Jahres bereits von 10,45 Euro auf 12 Euro oder, anders ausgedrückt, um 15 Prozent gestiegen. Nun sollen weitere 6,8 Prozent hinzukommen. Das summiert sich immer noch nicht zu einem hohen Einkommen – aber die implizite Behauptung, die Erhöhung läge unterhalb der Inflation, verfängt hier nicht.

Zum anderen hat sie offenbar ein grundlegendes betriebswirtschaftliches Prinzip nicht ganz verstanden. Löhne von Arbeitnehmern werden im Gegensatz zu Frau Langs Diäten nicht vom Steuerzahler beglichen. Vielmehr muss der Bruttolohn vom Arbeitgeber gezahlt werden. Daraus folgt, dass der Arbeitnehmer erst einmal dieses Gehalt plus einen Anteil an den Fixkosten plus Gewinn für den Arbeitgeber erwirtschaften muss. Wie das im Niedriglohnsektor grundsätzlich funktionieren soll, lässt Frau Lang hier offen. Doch ähnlich wie bei grüner Energiepolitik geht es hier ganz offenbar mehr darum, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen.

Dass ein übertrieben hoher Mindestlohn aber dazu führt, dass Unternehmen sich unter Umständen den Arbeitnehmer nicht mehr leisten können oder gar aufgeben müssen und dann die (Ex-)Angestellten gar kein Gehalt mehr bekommen, ficht Frau Lang offenbar nicht an. OK, fairerweise gesagt übernimmt dann wie bei Frau Lang die Staatskasse, in diesem Fall über Arbeitslosengeld. Das steigert allerdings gerade nicht die monatlichen Einnahmen der Betroffenen. Außerdem bedeuten höhere Löhne, wie schon beschrieben, höhere Kosten für den Unternehmer. Dieser muss, so er nicht komplett aus dem Wirtschaftsleben aussteigt, die Preise erhöhen, um zu überleben. Damit sinkt aber wieder die Kaufkraft und der Ruf nach höheren Löhnen wird wieder laut. Die Ökonomie spricht hier von einer Lohn-Preis-Spirale.

Hohe Preise zeigen Knappheit

Übrigens kann Frau Lang auch anders. Während ihr der Lohn nicht hoch genug sein kann, ist es bei anderen Dingen genau umgekehrt. Die dürfen nicht so hoch sein. Siehe das leidige Thema der steigenden Mieten. Hier fordert Frau Lang eine „Mieterschutzoffensive für bezahlbares Wohnen“. Im Einzelnen versteht sie darunter eine Verschärfung der Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen sowie eine Begrenzung von Indexmieten.

Und auch hier hat Frau Lang offenbar nicht so gut aufgepasst. Denn ansonsten wüsste sie, dass hohe Preise eines Gutes eine Knappheit anzeigen. In diesem Fall also eine von Wohnungen und Häusern. Das einzig langfristig probate Mittel dagegen ist logischerweise die Vergrößerung des Angebots, sprich mehr Wohnungen zu bauen. Da wir (noch) nicht in einer reinen Staatswirtschaft leben, ist es nötig, dass auch der private Sektor mithilft, dass also Unternehmen und Privatleute Wohnraum zur Miete bereitstellen.

Und was macht man, wenn man möchte, dass jemand etwas tut? Man macht es attraktiv. Grundsätzlich hat die Politik das Prinzip auch verstanden, man denke nur an die Elektroauto- oder Abwrackprämie. Nur an Frau Lang und einigen Sozialdemokraten bzw. Linken ist das wohl vorbeigegangen, denn sie wollen das Vermieten von Wohnungen offenbar unattraktiver machen. Gestützt werden sie dabei noch vom grünen (Miss-)Wirtschaftsminister, der mittels der Gesetzgebung zur energetischen Sanierung noch mehr Kosten für Immobilieneigentümer in seiner Wundertüte bereithält. Natürlich sollen Mieter hier auch vor einer eventuellen Umlage der Sanierungskosten geschützt werden.

Wenn es aber immer unattraktiver wird, Wohnraum bereitzustellen, werden das auch immer weniger Personen und Unternehmen tun und am Ende bleibt – hatten wir das nicht schon mal? – der Steuerzahler. Aber es hat natürlich niemand vor, eine Planwirtschaft zu errichten oder die Menschen vom Staat abhängig zu machen.

Bekanntlich geht manchen Menschen erst ein Licht auf, wenn es richtig dunkel wird. Bei der Energiepolitik der Regierung möglichweise im Realen, bei manch anderen Plänen von Frau Lang im übertragenen Sinn.

 

Jörg Michael Neubert ist Verhaltensökonom. Er lebt in Freiburg/Breisgau.Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

Foto: Raimond Spekking, CC BY-SA 4.0, Link

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

B. Ollo / 26.10.2023

Dass die Politik und speziell die Grünen das Prinzip verstanden haben, ist wohl eher verkürztes Wunschdenken. Der ganze Elektro-Blödsinn fußt einzig und allein auf staatlich verteuerten Sprit- bzw. Energieträgern-Preisen. Sogar so weit, dass die Politik dabei auch noch die Strompreise selbst verteuert hat durch Subventionen und verzerrtem Wettbewerb, was ebenfalls noch auf alle Energieträger umgelegt werden muss. Ohne die künstliche Verteuerung der Alternativen könnten die sich ihre E-Autos und Energiewende komplett sonstwo hin schieben. Kein Mensch würde da mitmachen. Würden das die Grünen genauso konsequent auch im Bereich Lebenmittel durchsetzen, würden die Bürger aufgrund der Kosten übelste Mangelernährung haben und die Landwirtschaft eine Insolvenzwelle erleben. Da nützt es auch nichts, wenn die Politik als Gegenmaßnahme künftig XXL-Kühlschränke von der Mehrwertsteuer befreit.

Lao Wei / 26.10.2023

Derartige Zeitgenossen sind die „Mittesser“ einer verwesenden Gesellschaft! Ja, wie wunderbar ist das. Das haben wir uns immer gewünscht!

Matthias Keller / 26.10.2023

Löhne in Deutschland 12 Euro Mindestlohn - 24 Euro Mitte - 36 Euro Höchstlohn. Das Paradies auf Ergen, quasi. Ich bin so knapp über die Mitte, je nach Zählung, sollte ich nach unter durchfallen stelle ich einfach die Arbeit ein. Als der Mindestlohn 8 Euro war, war mein in Stunden umgerechneter Lohn noch gut 3x so hoch, also sehe ich hier auch das Problem für die Arbeitgeben überhaupt einen Abstand zu gewährleisten. Wie gesagt wenn mein Einkommen nur noch 15% über dem Mindestlohn liegt, lohnt sich die Arbeit wie bis jetzt nicht mehr.

Fred Burig / 26.10.2023

Frau Lang denkt in allen Bereichen zu kurz - weil sie mehr von der Breite eingenommen ist .... MfG

Steffen Schwarz / 26.10.2023

Nachtrag:  Genauso albern ist die ständige Behauptung, der Unternehmer zahle die Hälfte der Sozialabgaben. Das ist einfach nicht auszurotten, das die üblichen kommunistischen Schreiberlinge das nicht verstehen, mag noch angehen,  aber auch sog. Ökonomiexperten verbreiten den Quatsch.  Dann gibt man dem Arbeitern eben die 50 Prozent zum Lohn hinzu und der zahlt es selber an die KK usw. . Für den Unternehmer ist das ein Nullsummenspiel. Es ist doch nur so geregelt, weil, wenn der Unternehmer ,meldet und zahlt, die KK und RV in der Regel auch Ihr (nicht immer verdientes) Geld wirklich bekommen.

S. Wietzke / 26.10.2023

“Doch ähnlich wie bei grüner Energiepolitik geht es hier ganz offenbar mehr darum, auf der moralisch richtigen Seite zu stehen.” Völlig falsch. Es geht darum den feudaltotalitären Elendsstaat zu errichten. “Und was macht man, wenn man möchte, dass jemand etwas tut? Man macht es attraktiv. “ Es will ja niemand das irgendwer etwa tut. Deshalb macht man es unattraktiv. Ihre Vorschläge sind also absolut zielführend und effektiv. Die Lang kann ja nichts dafür das sich Personen wie der Autor immer noch völlig abstruse Vorstellungen über die Ziele der Politik hingeben. Und das obwohl sie diese nicht mal im Ansatz je verschleiert haben. Es fragt sich da schon, wer hier unter Realitätsverweigerung leidet. “Bekanntlich geht manchen Menschen erst ein Licht auf, wenn es richtig dunkel wird.” Der Durchschnittshelot will doch das es dunkel wird. Da gebe ich mich keinerlei Illusionen hin.

Burkhard Mundt / 26.10.2023

Sag’ mir, wer dich regiert und ich sag’ dir, wie kaputt dein Land ist.

Steffen Schwarz / 26.10.2023

Das wissen Achse-Leser natürlich. Mir fehlt aber auch jegliche Fantasie wie man solche Leute von der Macht vertreiben kann.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Jörg Michael Neubert, Gastautor / 10.07.2023 / 12:00 / 46

Mit Bestechung zum Wirtschaftsstandort?

Intel baut eine hochsubventionierte Chipfabrik in Deutschland. Derartige „Bestechungen“ von Unternehmen können eine fatale Signalwirkung haben. Denn mit diesem System übernimmt der Steuerzahler faktisch den…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 26.05.2022 / 14:00 / 21

Studenten sind kein Prekariat

Einer Studie zufolge sind viele Studenten arm. Das ist statistisch irreführend. Nun also auch Studenten. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat eine Studie veröffentlicht, in der festgestellt…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 23.03.2022 / 11:00 / 32

Wohnen: Die CO2-Steuer und der Immobilienmarkt

Die Bundesregierung schafft Anreize, in energiesparende Bauten zu investieren. Die staatlich oktroyierte Mietpreisbremse tut genau das Gegenteil. Vermieter verzichten dankend auf Investitionen. Seit dem Ausbruch…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 15.10.2021 / 12:00 / 54

Wohnst du noch oder enteignest du schon?

In Berlin will eine Abstimmungsmehrheit große Wohnungsvermieter enteignen. Das würde mehr Probleme verursachen als lösen. Von Jörg Michael Neubert. Gottfried Benn wird der Spruch zugeschrieben,…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 20.09.2021 / 14:00 / 10

Schluss mit dem politischen Einheitsbrei

Welche Wahl haben wir? Das neue Novo-Buch „Raus aus der Mitte! Wie der Parteienkonsens unsere Demokratie untergräbt“ blickt auf politische Wettbewerber und wichtige Themen. Von…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 18.07.2021 / 14:00 / 9

Sag deine Meinung – solange es die richtige ist!

Meinungsvielfalt ade? Cancel Culture und andere Formen der Diskursverengung nehmen erkennbar zu, die Demokratie bröckelt. Der neue Novo-Band „Sag, was du denkst!“ nimmt sich diesen…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 08.07.2021 / 14:00 / 21

Das Abitur frisst seine Kinder

Wenn immer mehr junge Leute Abi machen und studieren, entsteht ein Überangebot an Akademikern. Dabei werden insbesondere auch Fachkräfte mit beruflicher Bildung gesucht. Von Jörg…/ mehr

Jörg Michael Neubert, Gastautor / 29.03.2021 / 15:00 / 18

Auftritt? Gecancelt!

Von Jörg Michael Neubert. Würde Martin Luther heute leben und eine Rede an einer Universität halten wollen, er könnte es nicht! Alleine die Ankündigung würde…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com