Ramin Peymani, Gastautor / 02.03.2020 / 14:00 / Foto: Shehbaz Sharif / 64 / Seite ausdrucken

Refugees Reloaded: Der Sultan besorgt den Massenansturm

Eine neue Zuwanderungswelle rollt an. Und die Befürchtung, sie könne gewaltiger werden als die der Jahre 2015 und 2016, ist keinesfalls abwegig. Recep Tayyip Erdoğan hat erklärt, ab sofort niemanden mehr daran zu hindern, die türkischen Flüchtlingslager in Richtung EU zu verlassen. Der Präsident der Türkei und Vorsitzende der islamisch-nationalistischen AKP, der das „Flüchtlingsabkommen“ mit der Europäischen Union selbst nie wirklich ernst genommen hat, wirft Europa vor, sich nicht an den Deal zu halten.

Von Beginn an hat Erdoğan das Abkommen als Druckmittel benutzt, um Milliardenbeträge von der EU zu erpressen und seine Hegemonialinteressen durchzusetzen. Demütig las ihm Brüssel jeden Wunsch von den Lippen ab, getrieben von einer Bundesregierung, die in der existenziellen Sorge darüber erstarrt war, die Türkei könne die Fluttore öffnen und für einen neuen Zuwandereransturm sorgen. Es war vom ersten Moment an ein Pakt mit dem Teufel.

Und immer deutlicher wird, dass alles Wohlwollen, alle Unterwürfigkeit und die naive Hoffnung auf Erdoğans Kooperationsbereitschaft nur politische Tagträumerei ist. Europa macht diesen Fehler nicht zum ersten Mal. Im 20. Jahrhundert führte er zum vernichtendsten Krieg, den die Menschheit bis heute erlebt hat. Doch statt Erdoğan mit harter Hand in die Schranken zu weisen und den NATO-Partner Türkei wegen seiner offensichtlichen Verstöße gegen die Bündnis-Statuten an den Pranger zu stellen, erklärt man sich solidarisch. Dabei führt der türkische Machthaber einen Angriffskrieg nach dem anderen und macht keinen Hehl daraus, dass die Wiedererrichtung des Osmanischen Großreichs sein sehnlichster Wunsch ist.

Um seine Landnahme zu rechtfertigen, hat Erdoğan die Legende von einer Bedrohung geschaffen, die polit-medial auch in Europa regelmäßig unwidersprochen verbreitet wird. Kurdische Kämpfer machten sich von Syrien und vom Irak aus auf, die Türkei anzugreifen. Die Militäroffensiven seien darauf die Antwort und dienten der Selbstverteidigung. Weil die NATO auf Erdoğans Türkei als Bündnispartner und Stützpunkt im Nahen Osten nicht verzichten will, spielt sie das schmutzige Spiel mit.

Eine unbekannte Zahl von Islamisten

Tatsächlich bekämpft Erdoğan in seinem Angriffskrieg gegen Syrien ausgerechnet jene Truppen, die den IS in der Vergangenheit erfolgreich in Schach gehalten hatten. Wenig überraschend sind hunderttausendfach Flüchtlinge aus den IS-Hochburgen unterwegs, unter ihnen eine unbekannte Zahl von Islamisten, die als tickende Zeitbomben darauf warten, von der Türkei nach Europa durchgewunken zu werden. Nun scheint ihre Zeit gekommen: Mehr als 75.000 Migranten sollen es nach türkischen Angaben in den vergangenen Tagen über die Grenze geschafft haben, weil der Türkei der Wille und den europäischen Nachbarländern die Mittel fehlen, sie aufzuhalten.

Dies dürfte erst der Anfang sein. Zwar soll die EU-Grenzschutzbehörde FRONTEX nun Verstärkung leisten, doch kommt der Einsatzbefehl viel zu spät. Längst hätte man entsprechende Grenzsicherungen errichten können, denn bereits seit Mitte Oktober 2019 war klar, welch katastrophale Folgen Erdoğans Kriegstreiberei haben würde. Das halbherzige militärische wie auch diplomatische Agieren von NATO und EU steht sinnbildlich für die Unfähigkeit Europas, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.

Unterdessen tritt in Deutschland das sogenannte Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft. Es soll die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten erleichtern und gilt just ab dem Tag des offiziellen Starts des neuerlichen türkischen Militärschlags in Syrien. Um die neuen Regelungen war lange heftig gestritten worden, weil sie es auch Unqualifizierten künftig leichter machen, nach Deutschland einzuwandern, im Vertrauen, diese kämen mit ehrbaren Absichten und kümmerten sich nach ihrer Ankunft um eine entsprechende Weiterqualifizierung.

Ansturm auf gelockerte deutsche Zuwanderungsregelungen

Es ist bittere Ironie des Schicksals, dass der von Erdoğan in Gang gesetzte Ansturm auf gelockerte deutsche Zuwanderungsregelungen trifft. Uns stehen ungemütliche Zeiten bevor: Während das Ausmaß der Coronavirus-Epidemie noch nicht abzusehen ist, aber bereits deutlich wird, dass sich die Wirtschaft den Folgen einer weltweiten Ausbreitung kaum mehr länger wird entgegenstemmen können, bedeuten Massen von Zuwanderern aus dem arabischen Raum unabsehbare Zusatzbelastungen nicht nur für die Sozialkassen, sondern auch für eine Gesellschaft, die aufgrund der Immigrationspolitik der vergangenen Jahre ohnehin tief gespalten ist.

Eine hochexplosive Mischung, die Erdoğan in die Karten spielt – nicht nur, weil sie sein Erpressungspotential erhöht, sondern auch, weil er seinem erklärten Ziel näher kommt, dem Islam in Europa zu immer größerer Macht zu verhelfen. Der Sultan vom Bosporus wird seine Aktivitäten der ethnischen Säuberungen in den von der Türkei überfallenen souveränen Staaten daher intensivieren. Dem millionenfachen Faustpfand, den ihm die EU mit dem „Flüchtlingsdeal“ geschenkt hat, sei Dank.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Ramin Peymanis Liberale Warte

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Leserpost

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Dietmar Herrmann / 02.03.2020

Eine uralte Weisheit zum Umgang mit Erpressern : Wenn Du sie einmal fürs Gehen bezahlt hast, werden sie immer wieder kommen. Besonders dämlich ist es allerdings , wenn Du sie zu allerst ermuntert hast, überhaupt auf der Bühne zu erscheinen, weil Du dachtest, sie könnten Dir vermeindlich schmutzige Arbeit abnehmen, vor der Du dich drücken wolltest, weil Du eine Allergie gegen ” unschöne Bilder ” hast, auf gut deutsch keinen Allerwertesten in der Hose , und das trotz Hosenanzuggröße XXXXL.

S, Bahr / 02.03.2020

So sehen die Deals eben aus, die von unserer kinderlosen Kanzlerin Mutti ausgehandelt wurden. Ich glaube, Trump lacht sich gerade einen „Ast“.

Frank Dom / 02.03.2020

Saubere Analyse. Da der Text leider nicht in “einfacher Sprache” gehalten ist, steht zu befürchten, dass das polit-mediale Establishment es dennoch nicht verstehen wird. Dann noch eine technische Frage - über welche Hochtechnologie bzgl Grenzen verfügt Erdogan, dass er den Flüchtlingsstrom steuern kann? Unsere geliebte und weise Führung hatte doch dekretiert, dass dies unmöglich sei.

Roland Gossert / 02.03.2020

Als ich die neuen Szenen von Griechenland sah, erkannte ich meinen alten Freund und eingerauchten Sugarmummikenner Filimoni aus Kenia. Das Leben ist sehr hart. Ich hoffe er schaffts!

R. Schäfer / 02.03.2020

Was soll man da sagen? Die Regierung hätte sich zwischenzeitlich auch anderen Ländern angleichen und die Anreize reduzieren können, ausgerechnet das Ziel Deutschland zu wählen. Man hätte das Asylrecht aussetzen können, weil die Gewährung der gerechten Anwendung aufgrund der Massen nicht möglich ist. Man hätte die anderen Nachbarstaaten Syriens dazu auffordern können, Flüchtlinge aufzunehmen.  Man hätte die Einwanderung steuern können und wenigstens konsequent diejenigen abschieben können, die keinen Anspruch auf Asyl haben. Das Problem ist nur, daß die deutsche Regierung das nicht will. Sie will die ungesteuerte Einwanderung eines jeden. Sie will Signale in die Welt setzen: kommt bedingungslos alle! Sie will die Souveränität Deutschlands riskieren und die Souveränität des Landes hinter all dem anstellen. Und damit richtet sie weiter Schaden an. Und zwar doppelt: sowohl beim Thema innere Sicherheit als auch beim Thema Aussenpolitik. Was hier für Porzellan zerschlagen wird, das ist unglaublich! Beschämdend. Und auch jetzt noch der Kuschelkurs gegenüber Erdogan. Deutschland macht sich nicht lächerlich, Deutschland ist bereits lächerlich!

Paula Bruno / 02.03.2020

Ich glaube nicht, daß es hier irgendeinen auf der Achse gibt, den diese Entwicklung wirklich überrascht. Nur das mit dem Corona-Virus war nicht vorhersehbar. Ansonsten spare ich mir einen weiterführenden Kommentar. Ist alles schon hundertmal durchgekaut worden!

K.Anton / 02.03.2020

Das Schäbigste ist, dass Deutschland sich noch immer in der Rolle des Obermoralisten sonnt und die schmutzige Arbeit der Grenzverteidigung den armen Ländern des Balkans bzw den verpöhnten Griechenland und Ungarn überlässt. Wie kann man denn sooo tief sinken? Effektíve Hilfe wäre, wenn innerhalb von 72 Stunden einige Tausend Grenzbeamte samt Ausrüstung den Griechen zu Hilfe komme wurde um den Ansturm der Migranten abzuwehren. Statt dessen gibt es am nächsten Donnerstag eine Konferenz. Und von der Urheberin der Willkommenskultur ist nichts zu vernehmen. Deutschland, schäme dich. Wenigstens soll man den Mumm haben, Migranten aus der Türkei direkt einzufliegen, wenn man diese unbedingt haben will. Und kommt nicht mit dem ewigen Verteilungsgejammer. Ungarn war zB 150 Jahre von den Moslems besetzt. Nie wieder. Wenn, dann nur Christen als Einwanderer, die man aussucht. Die Moslems und Islamisten kann D haben.Frei Haus. Es wird Zeit, dass man endlich Tacheles redet .

Zdenek Wagner / 02.03.2020

Und ich hege nicht den geringsten Zweifel daran, dass der Idioten-Staat Deutschland seine ... ähm ... Grenzen weiterhin offen halten und somit weiterhin bunt und tolerant bleiben wird - seinem unaufhaltsamen Untergang entgegen steuernd. Wozu machen wir das Alles hier noch? Wozu noch dagegen anschreiben? Es ist längst beschlossene Sache. Die Lawine rollt bereits ins Tal, unaufhaltsam. Gute Nacht. Der Letzte mache bitte das Licht aus ...

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