Polizei: Eskalation durch Deeskalation

Kein Begriff wird in Bezug auf die deutsche Polizei missbräuchlicher verwendet, als die Vokabel „Deeskalation“. Der Betrug beginnt damit, dass man der Öffentlichkeit einredet, diese Bezeichnung wäre aus dem polizeilichen Fachterminus. Es soll dabei durchaus nicht abgestritten werden, dass dieser Ausdruck  auch in den polizeilichen Sprachgebrauch Einzug gehalten hat. Die Polizei ist ein Abbild der Gesellschaft und damit auch deren Sprache. Die Sprache spiegelt dabei die Gedanken der polizeilichen Einsatzführung, diese wiederum bestimmen maßgeblich das Einsatzszenario der eigenen Kräfte und des polizeilichen Gegenübers vor Ort. 

So auch bei einem polizeilichen Einsatz in Leipzig. In der Max-Liebermann-Straße hatten 30 politische „Aktivisten“ die Ausfahrt der Flüchtlingsunterkunft blockiert. Das Ziel war, eine polizeiliche Abschiebung zu verhindern. Die eingesetzten Polizeikräfte hatten den Gesuchten vor Ort nicht angetroffen. Das jedoch wollten die selbsternannten Kontrolleure in einem Akt der Selbstjustiz nicht glauben.

Schließlich wurde mit dem Polizeiführer auf Augenhöhe „verhandelt“. Der bot den Flüchtlingsunterstützern an, die Polizeifahrzeuge zu überprüfen, was prompt geschah. Somit mussten die Polizisten eine Kontrolle über sich ergehen lassen, indem bei jedem Fahrzeug die Schiebetür des Polizeiautos geöffnet wurde, um nachzuschauen, ob sich der polizeilich Begehrte vielleicht nicht doch im Fahrzeuginneren befindet. Erst als diese sich gründlich davon überzeugt hatten, dass das nicht der Fall war, hatte sich der Einsatz für beide Seiten erledigt. Hat jetzt die Polizei Glück gehabt?

Sieg auf der ganzen Linie!

„Deeskalation“ ist nach ihrem Ursprung  vielmehr ein Kampfbegriff aus der Politik. Besonders beliebt ist diese Stigmatisierung bei Politikern, um den politischen Gegner in die Defensive zu drängen, damit die eigenen Interessen rücksichts- und kompromisslos durchgesetzt werden. Dabei ist selbst die Entmenschlichung ein probates Mittel, wenn der Andere es wagen sollte, seine Interessen nachdrücklich durchsetzen zu wollen. Dann prangert man stets und ständig „nichtlegitimierte Gewalt“ öffentlichkeitswirksam an, stattdessen doch eine „Deeskalation“ angeblich viel besser gewesen wäre. Auch die Polizei kann ein Lied davon singen. Die Mahnung nach der „Deeskalation“ dient dann ausschließlich dazu, die Polizei oder andere manipulativ zu zwingen, den eigenen gesetzeswidrigen Forderungen stattzugeben.  

Leider springt die Polizei mitunter ebenso auf dieses hingehaltene Stöckchen, indem man die eigenen defensiven oder offensiven Handlungsalternativen mit „Deeskalation“ begründet. Anderen das Feld und damit die Initiative zu überlassen, widerspricht polizeilichem Handeln. Selbst bei einer Überlegenheit des Gegenübers, kann der taktische Rückzug nur eine zeitlich bedingte Defensivhandlung und Zwischenlösung sein, um eigene Kräfte zu sammeln, damit das Einsatzziel doch noch offensiv durchgesetzt wird. Das Gewaltmonopol hat ausschließlich der Staat und sonst niemand. Die Maßnahme muss geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein, dazu kann auch das mildeste Mittel dienen, das jedoch nicht „deeskalierend“ sein muss. 

Wenn Demonstranten anfangen, wie in Leipzig geschehen, physisch (Öffnen der Fahrertür) und psychisch (visuelle Kontrolle des Innenraums) offensiv gegen die Polizei vorzugehen und diese nur noch reagiert anstatt agiert, um angeblich zu „deeskalieren“, sind Einsatzgrundsätze verletzt. Dementsprechend gibt es bei der linken Abgeordneten Juliane Nagel und anderen eine euphorische Jubelstimmung. Sieg auf der ganzen Linie!

Polizeiliches Kauderwelsch aus der Pressestelle

Desto bedauerlicher ist, dass sich auch der Pressesprecher der Leipziger Polizei diesen politischen Kampfbegriff aneignet, um die „Richtigkeit“ der „kontrollierenden Bürger“ zu unterstreichen:

„Wir sind nicht dazu verpflichtet, wollen uns aber als transparente Polizei zeigen, mit dem Ziel deeskalierend zu wirken – was gelungen ist.“ Jedoch wolle man „je nach Lage“ die „rechtsstaatlichen Mittel“ durchsetzen.  

Polizeiliches Kauderwelsch aus der Pressestelle. Ich übersetze einmal: Man muss(te) eigentlich nicht … bemüht sich aber im Sinne der „Linksaktivisten“, wenn es dadurch vielleicht doch „deeskalierend“ sein müsste, unterwirft man sich auch mal. Nur der Rechtsstaat verpflichtet uns nun mal, auch etwas durchzusetzen, das tut uns leid, bitte tut uns nichts.

Beim nächsten derartigen Einsatz wird man in Leipzig staunen, wie eskalierend sich diese „Strategie“ der „Deeskalation“ auswirken wird. Wehe, die Polizei weigert sich dann, keine Kontrollen durch die selbsternannte Bürgerwehr über sich ergehen zu lassen… 

Mit dieser Politik der „Deeskalation“, erleidet auch der rot-rot-grüne Senat in Berlin regelmäßig Schiffbruch. Dort ist politische Deeskalation die blanke Eskalation für Polizeibeamte. Nicht nur im Görlitzer Park, bei dem sich die Polizei und kritisierende Anwohner ständig vorwerfen lassen müssen, sie seien „rassistisch“ oder in der Rigaer Straße, bei dem regelmäßig Steine und Flaschen auf Polizeibeamte und deren Fahrzeuge geworfen werden. Nicht die Politik badet ihre ideologischen Kampfbegriffe aus, sondern mit dem Einsatz von Leib und Leben unsere Polizeibeamten. 

Die sprachliche Verniedlichung 

Jedes unnötige Zurückweichen des Staates stärkt solche extremistischen und anderweitigen kriminelle Randgruppen, die immer mehr Einfluss in unserer Gesellschaft nehmen. 

Kommt jetzt nach dem Rückzug beziehungsweise der „Verschlankung“ des Staates (Stellenabbau in Polizei und Justiz) die große „Deeskalationswelle“ für linke „Aktivisten“? In Potsdam ist sogar die örtliche Polizei einem Toleranzbündnis beigetreten, das einseitig gegen „rechts“ arbeitet. In Berlin soll es eine Datenbank für „rechtslastige Einstellungen“ von Polizeibeamten geben. Eskalation auch für Andersdenkende, Streicheleinheiten für Linke wie in Leipzig und Berlin.

Die sprachliche Verniedlichung begegnet uns in den Medien schon lange. Sie trägt zur manipulativen „Deeskalation“ in der Bewertung von Straftaten bei. Wird diese Strategie als nächstes bei Clans, Gefährdern, Rockern, Hooligans, Schwerkriminellen  oder Rechtsextremisten angewandt oder bleibt sie auf die privilegierten Linken begrenzt?

 

Steffen Meltzer ist Autor von Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dr. Inge Frigge-Hagemann / 07.09.2019

@ Matze Axion: ich bin der gleichen Meinung, Herr Reul tut NRW gut. Ansonsten kann Deutschland, wenn das so weitergeht und das Gewaltmonopol derart aus der Hand gegeben wird nur zum Ganovenstaat mutieren. Die Verhältnismäßigkeit ist völlig aus dem Blick geraten: Deeskalieren bei linken Aktivisten, bei Drogenhändlern, bei kriminellen Zuwanderern, aber bei den urdeutschen Bürgern das Gewaltmonopol aufrechterhalten, da von dort kaum Protest oder Gegenwehr (Flaschen werfen, Spucken, Stechen etc.) zu erwarten ist. Aber was ist eigentlich mit dem beruflichen Selbstverständnis der Polizistentätigkeit?

B. Kurz / 07.09.2019

@HaJo Wolf: Danke für Ihre stets wohlwollenden Kommentare den Sachsen gegenüber. Allerdings hätte das Kommunalwahlergebnis noch viel klarer ausfallen müssen. Entsetzt bin ich immer wieder, dass gerade Leipzig es nicht mehr schafft, hier deutliche Zeichen zu setzen. Die Stadt ist längst rot/grün versifft, Sachsen bekommt nicht, was es gewählt hat und wenn die letzten deutschlandweiten Umfragewerte stimmen (CDU 27%, Grüne 23%), dann kann man jegliche Hoffnung fahren lassen.

Th. Rosché / 07.09.2019

Nächste Wahl AFD :  EU, Land, Kreis , Ort !!!  Und wenn Höcke Bundeskanzler wird und Gauland die Verteidigung übernimmt - ist mir auch wurscht. Man kann das alles kaum glauben !  Meine 10 er Valium sind schon wieder aufgebraucht, die Klinik- Packung innerhalb einer Woche.

Burkhard Mundt / 07.09.2019

Dirty Harry nur gegen Rechts ... Bei spezieller Klientel kuschen. Sonst “Fragen” (Künast).

Dietmar Schubert / 07.09.2019

Erschreckend ist, dass eine Vielzahl der Antworten denen der strammen, linientreuen SED-Genossen im Wendeherbst 1989 fast bis auf’s Wort gleichen.

J. Polczer / 07.09.2019

Manchmal frage ich mich, wenn ich gewisse Dinge lese, ob das noch wahr ist, oder ob heute schon wieder der 1. April ist. Vielleicht bin ich aber auch Gast bei “Verstehen Sie Spass?” Wer weiß das heute noch?

Claudius Pappe / 07.09.2019

Dieses Land ist verkommen. Dieses Land ist seit Merkel nicht mehr mein Land. Dieses Land ist von unten ( Behörden, Verwaltungen ) bis oben( Lügenkanzlerin) linksgrün verseucht. 87 % aller Mitbürger sind Täter. Alle haben davon gewusst und helfen tatkräftig mit dieses Land zu zerstören.

Bernhard Maxara / 07.09.2019

Es gibt keine “Verhandlungen auf Augenhöhe” mit Randalierern, Tagedieben und Rechtsbrechern. Was heute noch euphemistisch als “Aktivisten” bezeichnet wird, heißt vielleicht morgen “Saalschutz” und übermorgen “SA” bzw. entsprechend rotgrün umbenannt! - Einem qualifiziert ausgebildeten Enkel würde ich die Auswanderung in einen Rechtsstaat dringend nahelegen

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Steffen Meltzer, Gastautor / 12.10.2022 / 13:00 / 44

Die Flucht der Polizistinnen: die Berufungsverhandlung

Zwei Polizistinnen flüchteten vor einer Schießerei, ließen einen verletzten Kollegen als auch den Streifenwagen mit Bewaffnung zurück. In erster Instanz wurden sie zu einem Jahr…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 01.06.2022 / 12:00 / 33

Amokläufe: Ursachenforschung mit Scheuklappen

Nach jedem Schulmassaker äußern sich Politiker und Medien lautstark und öffentlich über die Ursachen von Amokläufen. Einst waren Videospiele „schuld“, jetzt ist es der Waffenbesitz.…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 25.04.2022 / 14:00 / 30

Überforderte Tafeln

Deutschlands Medien berichten, dass die Tafeln die vielen Bedürftigen nicht mehr ausreichend versorgen können. Die neuen und alten Probleme müssten eigentlich bekannt sein. Außer man ist in Bullerbü…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 30.12.2021 / 11:00 / 71

„Meinungsstreit zu stoppen ist keine polizeiliche Aufgabe“

Während sich die Bundes-GdP (Gewerkschaft der Polizei) vorwiegend dem „Kampf gegen rechts“ verschrieben hat, müssen Polizeibeamte an der Basis die Widersprüche zwischen den befohlenen Corona-Repressionen…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 03.12.2021 / 16:08 / 34

Neue deutsche Kopfrechnung mit Woidke

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte zu den Corona-Entscheidungen seiner Regierung: „Es ist ein Beschluss, auf den viele lange gewartet haben.“ Die Maßnahmen würden noch…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 24.11.2021 / 11:00 / 85

Die Flucht der Polizistinnen – das Urteil

Im Fall der beiden Polizeibeamtinnen, die im Mai 2020 bei einem Schusswechsel mit einem Drogendealer einen Kollegen im Stich ließen, ist nun das Urteil gefällt…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 04.11.2021 / 13:00 / 27

Kiffen gegen Corona

Wenn in Zeiten strengster Corona-Repressionen, die bekanntermaßen mit massiven Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten verbunden sind, plötzlich von einer geplanten Cannabis-Legalisierung die Rede ist, muss zu…/ mehr

Steffen Meltzer, Gastautor / 04.08.2021 / 15:00 / 50

Vor dem Virus sind alle gleich?

Ich musste am letzten Wochenende dazulernen, dass das Corona-Virus bei den CSD-, Klima- und BLM-Demos angeblich nicht wirkt. Er wirkt auch nicht, wenn keine Masken…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com