Ansgar Neuhof / 30.07.2018 / 06:12 / Foto: Pixabay / 26 / Seite ausdrucken

Özil and Friends: Backe, backe Erdogan

Die Affäre um den Fußballer Mesut Özil wird immer politischer. Der türkische Staatspräsident Recep Erdogan hat sie für sich instrumentalisiert (und dabei auch noch eine Religion zur Rasse gemacht): „Einen jungen Mann, der alles für die deutsche Nationalmannschaft gegeben hat, wegen seines religiösen Glaubens so rassistisch zu behandeln, ist inakzeptabel … Ich küsse seine Augen“. Auch der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat sich zu Wort gemeldet. Nur zwei prominente Beispiele für viele. 

Hätte man den Fototermin von Özil und Gündogan bei „ihrem“ Präsidenten Erdogan trotz aller offenkundigen Wahlkampfunterstützung eventuell noch als unbedachten Ausrutscher darstellen lassen können, so hat sich Özil mitsamt seinem Berater, dem Strippenzieher Erkut Sögüt, endgültig als williger Unterstützer Erdogans offenbart, indem er ihm mit seinen absurden und verlogenen Rassismus-Tweets die Bühne zur Agitation bereitete. Jedenfalls lenkt das ab – von der Politik Erdogans einerseits und von den Hintergründen des Fototermins andererseits. 

Denn es geht nicht nur um Integration und angeblichen Rassismus, es geht auch um Politik und Geschäft. Der kürzlich auf Achgut veröffentlichte Artikel „Özil, Family & Friends“ beleuchtete die wirtschaftlichen Hintergründe der beiden Geschäftsleute Özil und Sögüt, insbesondere die zahlreichen Firmengründungen auf der britischen Insel in den letzten eineinhalb Jahren. Selbstredend können die beiden so viele Unternehmen besitzen, wie sie wollen. Doch wer bewusst in die Öffentlichkeit tritt, noch dazu mit Erdogan, muss sich fragen lassen, welche Hintergründe ein solcher PR-Termin hat. Cui bono? Welchen Vorteil versprachen sich also Özil und Sögüt von dem Fototermin? Wie hängen hier Politik und Geschäft zusammen?

Wir backen einen Weltkonzern

In dem Achgut-Artikel fand ein weiterer Name Erwähnung, der aber noch nicht thematisiert wurde: Cuneyt Solak. Er ist mit 5 Prozent direkt beziehungsweise indirekt über die gemeinsame Holdinggesellschaft Sheldon Investment Holding Ltd. an Özils Firmen beteiligt. Fünf Prozent ist nicht besonders viel, aber darauf kommt es häufig auch nicht an. Wichtiger sind zumeist die eingebrachten Kontakte und Beziehungen. 

Solak ist Leiter des Europa- und Amerika-Geschäfts des türkischen Unternehmenskonzerns Simit Sarayi Yatirim ve Ticaret A.S., ansässig in Levent/Istanbul. Dessen Vorstandsvorsitzender ist Abdullah Kavakcu. Das Unternehmen betreibt in mindestens 18 Staaten, auch in Deutschland, etwa 120 Backwarengeschäfte im Franchise-System. Es will eine weltweit bekannte Marke werden und den Weltmarkt in den nächsten fünf Jahren mit 2.000 (!) Geschäften erobern.  

Gegründet wurde es (den Google-Übersetzungen aus dem Türkischen nach) von Abdullah Kavakcu, Haluk Okutur und Mehmet Tarakci. Özils Partner Solak und diese drei Personen sind gemeinsam Geschäftsführer zahlreicher Unternehmen. Allein in England sind mehr als 20 Simit-Unternehmen gelistet, unter anderem 

1) Simit Sarayi UK Limited (Gesellschafter zu 100 Prozent: Simit Sarayi Yatirim ve Ticaret A.S., Istanbul)

2) Simit Sarayi UK Holding Limited (Gesellschafter zu 100 Prozent: Simit Sarayi Yatirim ve Ticaret A.S., Istanbul)

3) Simit Sarayi Wholesale Limited (Gesellschafter zu 100 Prozent: Simit Sarayi UK Holding)

4) Simit Sarayi Wholesale UK Limited (Gesellschafter zu 100 Prozent: Simit Sarayi UK)

5) Simit Sarayi Baker Street Limited (Gesellschafter zu 100 Prozent: Simit Sarayi UK Holding) 

Auch in Deutschland gibt es ein Simit-Unternehmen namens Simit Saray Europe GmbH, das von Solak, Kavakcu und Co geleitet wird und der türkischen Simit Sarayi sowie deren Gründern Okutur und Tarakci gehört.

Viele Wege führen zu Erdogan

Özils Partner Solak und der Simit Sarayi-Vorstandsvorsitzende Abdullah Kavakcu, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kavakcu Group ist, die in verschiedenen Branchen wie Bau, Ernährung und Unternehmensberatung tätig ist, verfügen über gute Kontakte zum türkischen Präsidenten Erdogan. 

Das belegt ein kurzer Bericht über einen Besuch Erdogans zur Eröffnung eines Geschäfts von Simit Sarayi in Belgrad. Da der Bericht auf türkisch ist, hier die Google-Übersetzung: „Als Erdogan und seine Begleitdelegation vom Vorsitzenden des Simit Sarayi, Abdullah Kavukcu, über die Investitionen informierten, prüften sie den Geschmack der angebotenen Produkte. Kurz vor dem Eintritt in den Markt des Landes durch den Kauf des Geschäftes "Cafe Costa" in Serbien hat SIMIT SARAYI 7 Geschäfte in der Hauptstadt Belgrad.“ 

Auch Özils Partner Solak ist auf Fotos von diesem Geschäftseröffnungstermin in Belgrad direkt bei Erdogan zu sehen (siehe zum Beispiel hier, der Herr mit der Glatze). 

Wer mag, kann weiterhin die Mär von den beiden Naivlingen Özil und Sögüt glauben, die nicht so recht wussten, was sie da beim PR-Termin mit Erdogan taten, und die von diesem für seine Propaganda instrumentalisiert wurden. Man kann aber auch annehmen, dass hier ein Politik- und Geschäftstermin zum beiderseitigen Vorteil stattfand. 

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N. Müller / 30.07.2018

Viel größer ist der Vorteil Özils dass er nun “Rassismus"Opfer ist. Es hat ihm doch schon die Kapitänsbinde bei Arsenal eingebracht, die er ohne seinen Opferstatus NIE bekommen hätte…

Svenja Gerwing / 30.07.2018

@Alex Meier Sie müssen aber von unseren Blockflöten-Leitmedien verwöhnt worden sein, wenn Sie das “Investigativ-Bemühen” des Herrn Neuhof hier derart schelten. Waren Ihnen die vielen negativen Bewertungen bei Focus-Online nun doch zu viel, dass Sie nun hier bei der Achse den wahren Qualitätsjournalismus diskreditieren wollen? DAS schaffen Sie nicht!

Rainer Nicolaisen / 30.07.2018

- und mit Löw zusammen hat man mal getestet, ob Deutschland schon reif sei zur türkischen Übernahme. Zur Abwechslung nach 1529 und 1683 mal nicht mit Waffen. Ist es nicht.

Alex Meier / 30.07.2018

Simit sind in der Türkei die leckeren Sesamringe, die an jeder Ecke angeboten werden. Der online Übersetzer zeigt das typisch deutsche Wort „Bagel“ an, was ja wohl ursprünglich aus dem Jiddischen kommt und über den Umweg USA zurück nach Deutschland in den hiesigen Sprachgebrauch Einzug fand. Saray heist Palast oder Schloss. Die Backwaren Kette heißt also übersetzt „Bagel-Schloss“... Anhand des Artikels werden Implikationen herbeirecherchiert, denen man unter dem Einsatz großer Abstraktionsfähikeit folgen könnte. Mir gelingt es ehrlich gesagt nicht.  Der eine Typ mit den 5% soll also der Strippenzieher hinter allem sein… und der Fototermin war also nur nebensächlich politische Propaganda, sondern eigentlich eine Promo für das „Bagel-Schloss“? Bei allem Investigativ-Bemühen, aber da ist noch noch viel Luft nach oben und es scheint eher ein Skandal-Luftschloss, neben dem ursprünglichen Skandal, sein.

W. Borchert / 30.07.2018

Na, das ist doch mal was: Erdogan macht für den Backwarenkonzern Simit Sarayi PR, und Simit Sarayi macht mit Özil (der mit einem der Simit Sarayi-Konzernchefs geschäftlich verbunden ist) PR für Erdogan. Gut, dass Achgut an der Sache drangeblieben ist und der Umdeutung des Vorgangs in den Medien etwas entgegensetzt. P.S. Will Erdogan bei seinem geplanten Deutschland-Besuch auch ein Simit Sarayi Geschäft eröffnen?

Robert Jankowski / 30.07.2018

Nichs davon wundert mich ernsthaft. Ein sehr gut eingefädeltes und durchdachtes Schmierentheaterstück vom Bosporus. Einen ehemaligen deutschen N11 Spieler, der ja bereits “rassistischen Verfolgungen” ausgesetzt war, wird man umso weniger bei undurchsichtigen Geschäften in die Parade fahren, weil sofort die Rassismuskeule droht. Man darf gespannt sein, wie “deutlich” die deutsche Appeasement Politik gegenüber Erdogan werden wird, beim anstehenden Staatsbesuch. Ob Mutti wohl mahnend den Zeigefinger hebt und ob der Zweitpräsident auch ein wenig alternativloses Geschwurbel dazu beitragen wird? Man darf gespannt sein, wie tief der Kotau angesichts der Drohung, Europa mit weiteren Millionen “Flüchtlingen” zu überfluten, ausfallen wird.

S.Niemeyer / 30.07.2018

Folge der Spur des Geldes - trifft häufig zu. Vielen Dank für die aufschlussreiche Recherche!

E. Thielsch / 30.07.2018

Esa ist interessant, dass religiöse Intoleranz als ‘Rassismus’ bezeichnet wird. Man kann also mit Fug und Recht und Erdogans Segen den Islam, diese Herrenmenschen-Ideologie, als ‘rassistich’ bezeichnen - Was er mit seinem Ausrottungsgebot gegen Juden ja ohnehin immer war.

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