Henryk M. Broder / 29.04.2020 / 15:00 / Foto: Acgut.com / 39 / Seite ausdrucken

Nur Corona kann den Al-Quds-Marsch noch stoppen

Zu den Traditionen, die in Berlin liebevoll gepflegt werden, gehört neben dem Karneval der Kulturen, dem Revolutionären 1. Mai und dem Berlin-Marathon auch der Al-Quds-Marsch am Al-Quds-Tag, den der iranische Revolutionsführer Ayatollah Chomeini 1979 ins Leben gerufen hat. Es ist, würde Miss Sophie sagen, the same procedure as every year. Erst melden arabisch-islamistische Gruppen den Marsch an, dann überlegt die Senatsverwaltung unter der Führung des jeweiligen Innensenators, wie sie den Marsch verhindern könnte, um am Ende den Zug unter "strengen Auflagen" marschieren zu lassen. U.a. dürfen keine antisemitischen Parolen gerufen werden, wie z.B. "Hamas, Hamas, Juden ins Gas!" Die Auflage gilt natürlich nicht für Parolen, die sich gegen Israel richten wie z.B. "Kindermörder Israel". Das ist legitime Israel-Kritik.

Im verganenen Jahr ergab sich die kuriose Situation, dass der an sich zuständige aber gnadenlos inkompetende Innensenator, Andreas Geisel, SPD, an einer Gegendemo teilnahm, wo er mutig verkündete, der Al-Quds-Marsch sei eine der „widerlichsten Versammlungen, die es in Berlin gibt".

Was natürlich nicht stimmt. Die Sitzungen des Landesvorstandes der Berliner SPD sind noch widerlicher, finden aber nicht öffentlich statt. Die Genossen bleiben unter sich, wenn sie untereinander um Posten und Pensionen kämpfen. Die Jüdische Gemeinde in Berlin und der Zentralrat der Juden finden es zwar "unverständlich, dass diese Demo Jahr für Jahr genehmigt" wird, aber das ist auch schon alles, was ihnen zu der Causa einfällt. Während der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Bundesbürger dazu aufruft, als Zeichen der Solidarität mit Israel und den Juden eine "Kippa zu tragen". 

Eindämmungsmaßnahmenverordnung

Und so wird es auch in diesem Jahr sein, wenn der antisemitische Mob über den Kurfürstendamm tobt, begleitet von der Berliner Polizei und einigen Islamwissenschaftlern, die darauf achten sollen, dass nur die richtigen Koran-Suren zitiert werden. Die Berliner Polizei, die durchaus in der Lage ist, Demos aufzulösen, die sich gegen das Demonstrationsverbot richten, wird nicht eingreifen. Warum das so ist, hat der Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres und Sport folgendermaßen begründet:

Sehr geehrter Herr XYZ, 

dies vorneweg: Die diesjährige Al-Quds-Versammlung wurde nicht vom Land Berlin "genehmigt". Laut Versammlungsgesetz, basierend auf Artikel 8 des Grundgesetzes, müssen Demos nicht beantragt, sondern lediglich angemeldet werden. Die Al Quds Demo wurde bereits im Juli 2019 für den 16.5.2020 angemeldet.

Eine "Genehmigung" ist für Versammlungen unter freiem Himmel nach § 4 Absatz 6 der Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 21. April 2020 zur Bekämpfung des Corona Virus nur bis zum 3. Mai 2020 vorgesehen. Ab dem 4. Mai 2020 sind Versammlungen unter freiem Himmel mit bis zu 20 Teilnehmenden grundsätzlich erlaubt, ohne dass es einer Genehmigung bedarf. Die Möglichkeiten nach dem Versammlungsrecht, eine Versammlung mit Auflagen zu versehen oder auch zu verbieten, bleiben davon unberührt.

Derzeit prüft die Versammlungsbehörde, welche rechtlichen Maßnahmen in Bezug auf die Al-Quds-Versammlung in Betracht kommen. Dabei werden die rechtlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft. Eine endgültige Entscheidung ist angesichts der derzeitigen Entwicklungen der Corona-Pandemie noch nicht getroffen.

Der Innensenator hat sich in der Vergangenheit deutlich zu Al Quds geäußert: "Ich will nicht, dass solche antisemitischen Veranstaltungen in Berlin stattfinden. Wir schöpfen deshalb alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten aus, so etwas in unserer Stadt unmöglich zu machen."

Mit den besten Grüßen

Martin Pallgen
Pressesprecher der Senatsverwaltung
für Inneres und Sport

Klosterstraße 47
10179 Berlin
 

Mir kommen gleich die Tränen. Was der Sprecher des Innensenators zu erwähnen vergaß: Wenn der es nicht schafft, so etwas in unserer Stadt unmöglich zu machen, dann könnte er wenigstens verfügen, dass die Widerlichkeit irgendwo am Stadtrand stattfindet, in Marzahn oder Lichterfelde, wo es genug freie Plätze gibt, die für eine Demo taugen. 

In diesem Jahr hätte es sogar einen guten Grund gegeben, die Al-Quds-Parade auszulagern. Der Kudamm war schon vergeben. Aber an die Falschen. Eine Hoffnung bleibt: Wenn der Corona-Alarm lange genug anhält, wird der Senat die Lage neu bewerten. Eine endgültige Entscheidung ist angesichts der derzeitigen Entwicklungen der Corona-Pandemie noch nicht getroffen.

Foto: Achgut.com

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Frank Volkmar / 29.04.2020

Ich glaube sie irren Herr Broder. Es hat doch gestern oder vorgestern eine Beerdigung im Clan-Millieu stattgefunden, bei der man sich anscheinend so geeinigt hat, das die Trauergemeinde in Gruppen zu 20 Personen auf den Friedhof durfte. So findig wie man in Berlin auch bei der Polizei ist, wird man doch sicher einige Dutzend “Demonstrationsgrüppchen” a 20 Personen bilden können

Wolfgang Nirada / 29.04.2020

Dieser Tag der Schande (in Berlin natürlich wieder mal - warum fängt “es” immer zuerst in Berlin an?) muss verboten werden! Da gibt’s gar nix! Schon wegen Auschwitz… Gnom Heiko übernehme Dich… Kippa auf und los… Du schaffst das… Wer wenn nicht Du… (Zwinkerzwinkersmiley)

Andreas Mertens / 29.04.2020

20.000 Leute, “gewappnet” mit schweren, in ledergebundenen Grundgesetzausgaben, welche den Al-Quds-Marschierern “die Literatur nahebringen”, könnten den Marsch schon stoppen. Gibt es irgendwo das GG gedruckt in Schriftgröße 72, Grammatur 600g?

Bernd Neubig / 29.04.2020

Laut dem verlinkten BZ-Artikel wurden die Classic Days bereits im Mai 2019 beim Bezirksamt angemeldet, laut Senats-Pressesprecher die Al Quds Demo aber erst im Juli 2019. Damals hätte sie ja schon aus “formalen Gründen” gleich abgelehnt werden können - wenn man wirklich wollte. Wollte man offensichtlich aber nicht.

Leo Hohensee / 29.04.2020

Lieber Herr Broder, ich missbrauche mal diese Seite weil ich wirklich verzweifelt bin, so angegriffen, dass ich nicht einmal imstande bin, Ihren Text zu lesen. Meine Tochter berichtet mir gerade folgendes, sie ist halbtags in der Pflege tätig und jetzt wo die Geschäfte wieder offen sind, hat sie sich auf den Weg gemacht, mit ihren Beiden (zusammen 3 Personen), 10 + 9 Jahre alt, Schuhe zu kaufen. Vor Deichmann eine Warteschlange. Als sie vorne ist, wird ihr gesagt, mehr als 2 Personen wären nicht zulässig. Auf ihre Frage wie das gehen soll, sie habe 2 Kinder, wird ihr geantwortet, Einer muss draußen bleiben; auf ihren Protest kommt der Vorschlag, erst 2 Personen einzulassen, das zweite Kind gleich anschließend- aber man dürfte im Geschäft nicht zusammen treffen. Sie erfuhr noch, dass das eine Anordnung mit Strafandrohung vom Amt sei. Entsprechend ihrem Temperament hat meine Tochter den Laden auf dem Absatz verlassen. Ihr sofortiger Anruf beim Amt ergab nur, dass der zuständige Amtsleiter nicht erreichbar sei. - Ich auferlege mir jetzt keinerlei Zurückhaltung mehr: “diese hirnrissigen, aufgeblasenen und nach Aufmerksamkeit heischenden Pseudowissenschaftler vom RKI, dieser Unheilsbote schon aus dem Jahr 2009 von der Charite Berlin und diese VERBLÖDETE Politikerkaste und die GESETZESBRECHER IN REGIERUNGSVERANTWORTUNG (Missachtung aller bestehenden Verträge und bestehenden Gesetze z.b. GG), diese verknüpften Richter und Staatsanwälte - sie alle gehören mit ihren Taten dokumentiert und zur Rechenschaft gezogen. Sie gehören enttarnt zu werden und in ihren Querverbindungen bloßgestellt !!! Meine Ankündigung für eine Kostenbeteiligung steht!  (Tschuldigung - das war mir unfassbar )

Jürgen Kempf / 29.04.2020

Die Berliner Polizei, die durchaus in der Lage ist, Demos aufzulösen, die sich gegen das Demonstrationsverbot richten,..... Der war gut.☺

Martin Lederer / 29.04.2020

Und wenn der Marsch verboten würde? Was würde das ändern? Ändern sie dann ihre Ansichten “Ach, das wussten wir nicht. Wenn das in diesem Land verboten ist, werden wir unsere Ansichten natürlich ändern!” Genauso wenn “Deutschland, Du mieses Stück Scheiße” verboten wäre, was würde das ändern?

CZECH ALEX / 29.04.2020

Al Quds und all die anderen Alis marschieren schon seit 2015 auf Einladung von Mama Al Raute unaufhaltsam ins Rautenparadies der 72 grünen Jungfrau*innen. Im rotgrün versifften Al Berlinistan muss man dieses Ereignis jedes Jahr gebührend feiern. Corona hin oder her.

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